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Diözesanbibliothek

Adresse. Überwasserkirchplatz 3, 4400 Münster [Karte]
Telefon. (0251) 4 68 38
Bibliothekssigel. <Mü 73; AKThB 65>

Unterhaltsträger. Bistum Münster
Funktion. Öffentlich zugängliche wissenschaftliche Spezialbibliothek.
Sammelgebiete. Theologie, mittelalterliche Geistesgeschichte.

Benutzungsmöglichkeiten. Ausleihbibliothek. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10-17 Uhr. Leihverkehr: DLV, kirchl. Leihverkehr.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät, Mikrofiche-Lesegerät.
Gedruckte Informationen. Instruktionen für den Benutzer (Faltblatt).
Hinweise für anreisende Benutzer. Fußwegnähe vom Hauptbahnhof (ca. 15 Minuten). Busverbindung ab Hauptbahnhof bis Haltestelle Prinzipalmarkt oder Domplatz (Linien 10, 11). - Parkmöglichkeiten auf dem Hindenburgplatz oder im Parkhaus Aegidiistraße.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Der Grundstock der Diözesanbibliothek geht auf die Büchersammlung des Fraterhauses in Münster zurück, das 1401 nach dem Vorbild der Deventer Brüder errichtet wurde. Diese Hausgemeinschaft war zugleich eine Büchergemeinschaft, insofern das Lesen und Schreiben im Scriptorium den Tagesablauf prägten und der Erlös aus dem Abschreiben die ökonomische Basis bildete. Durch die Wiedertäufer-Unruhen 1534/1535 wurden die bis dahin angesammelten Bücher fast restlos vernichtet. Unmittelbar danach begann der Wiederaufbau der Bibliothek mit Hilfe der seit 1499 zu einer Union zusammengeschlossenen Fraterhäuser aus Wesel, Hildesheim und Herford. Eine Reihe von wertvollen Hss. und eine Vielzahl von Inkunabeln zählen seitdem zu den beachtlichen Stücken der älteren Bestände. Aus den häufigen Registrierungen und Notizen in den Büchern wird ersichtlich, daß das Gros der Bücher auf Legate oder testamentarische Vermächtnisse zurückgeht. Die theologische Literatur nimmt hierbei naturgemäß den breitesten Raum ein, wobei ein besonderer Akzent auf der praktischen Seite einschließlich der Erbauungsliteratur liegt, wenngleich die zahlreichen Väterausgaben wie auch mittelalterliche oder spätmittelalterliche Autoren ebenso vertreten sind wie die anderen theologischen Disziplinen einschließlich des Schrifttums der Antike, des Humanismus, der Reformation und Gegenreformation.

1.2 Als Franz von Fürstenberg 1772 das Fraterhaus auflöste, wurde der verbliebene Bücherbestand der Bücherei des Tridentinischen Priesterseminars einverleibt, deren Nachfolgerin die Diözesan-Bibliothek ist. Hierher gelangten in der folgenden Zeit eine Reihe von Legaten von seiten der Kleriker. Auch die im Rahmen der Säkularisation erfolgte Umgruppierung des Klosterbesitztums erbrachte einen nicht unerheblichen Zuwachs von Literatur aus den Bücherfonds der Minoriten, Observanten und des Überwasserklosters, wenngleich sie inhaltlich und qualitativ unterschiedlich an Wert und Bedeutung waren.

1.3 Die Evakuierung der Bibliothek in der Kriegszeit führte zu Verlusten, vornehmlich im Bereich der Inkunabeln. Erwähnenswerte Bestandsgruppen sind eine aus etwa 500 Einheiten bestehende Gesang- und Gebetbuchsammlung aus 3 Jhn und seit 1960 die der Bibliothek inkorporierte Musiksammlung des Abbate Fortunato Santini (1778-1861) vornehmlich mit Kirchenmusik aus dem 16., 17. und 18. Jh. Seit 1960 ist die Diözesanbibliothek der Öffentlichkeit zugänglich und wird seitdem systematisch ausgebaut.

Erwin Gotenburg

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Bei einem Gesamtbestand von 227.086 Bdn umfaßt der historische Bestand ca. 29.700 Bde. Davon sind 231 Bde ausschließlich lateinische Inkunabeln. Das 16. Jh weist ca. 2250 Bde, das 17. Jh ca. 3010 Bde, das 18. Jh ca. 5220 Bde auf. Mit über 18.990 Bdn stammen die meisten Werke aus dem 19. Jh.

2.2 Insgesamt überwiegt Deutsch mit ca. 14.400 Bdn, davon ca. 12.200 Bde aus dem 19. Jh. Latein folgt mit insgesamt 11.500 Bdn, vom 15. Jh (231 Bde) bis zum 19. Jh (3970 Bde). Seit dem 17. Jh taucht Französisch als Sprache auf und macht mit insgesamt ca. 2400 Bdn die dritte Gruppe aus. Unter " Sonstige Sprachen" finden sich ca. 1400 Bde in Italienisch, Niederländisch, Englisch, Spanisch, Hebräisch und Griechisch (in quantitativer Reihenfolge). Während es im 16. Jh nur Titel in Niederländisch und Italienisch sowie wenige hebräische Bibeln gibt, kommen seit dem 17. Jh Englisch, Spanisch und Griechisch hinzu. Systematische Übersicht

2.3 Die systematische Übersicht richtet sich nach den alten Signaturen (aus dem 19. Jh). Während die Buchstaben A bis M die Gruppe der theologischen Schriften umfassen, sind ab N nichttheologische Schriften bezeichnet worden, mit Ausnahme von P (Dissertationen) und Z (Zeitschriften).

2.4 Die 231 Inkunabeln sind den jeweiligen Sachgebieten zugeordnet. Als Druckorte erscheinen schwerpunktmäßig Köln (mit den Druckern Quentell, Koelhoff, Petrus de Olpe), Nürnberg (Koberger) und Basel (Keßler, Johannes Froben u. a.). Gut vertreten sind weiterhin Deventer (Jacobus de Breda, Paffraet), Venedig (Simon Papiensis) und Straßburg (Pryß). Thematisch überwiegen Werke zur Theologie, darunter 23 Bibelausgaben und Psalmenbücher, je ca. 25 Bde Dogmatik (Bonaventura, Petrus Lombardus, Johannes Gerson u. a.) und Pastoraltheologie (Augustinus, Johannes Gerson u. a.) sowie 13 Bde zur Mystik. Außerdem sind Inkunabeln aus dem Bereich der Philosophie (besonders Boethius) vetreten, aus dem Bereich der Dichtung (darunter ca. 20 Bde des Dichters und Ordensgenerals Baptista Mantuanus, OCarm) und der Geschichte (meistens Hagiographien).

2.5 Unter den alphabetischen Gruppen umfaßt die erste, relativ kleine Gruppe (A) ca. 390 Werke zu Konzilien, Synoden und Regionalsynoden. In Latein sind ca. 280 Bde vorhanden. Eine nennenswerte Gruppe bildet die Bibelwissenschaft (B) mit über 2900 Bdn, vorwiegend in Latein und Deutsch. Unter den zahlreichen Bibelausgaben und Psalmenbüchern finden sich 23 Inkunabeln und über 60 zweisprachige Ausgaben (lateinisch-griechisch und lateinisch-deutsch). Einen weiteren Schwerpunkt machen die Kommentatoren des 16. und 17. Jhs aus (die Jesuiten Maldonat, Franz Toletus, Nikolaus Serarius, Cornelius a Lapide sowie die Dominikaner C. Jansenius, Wilhelm Estius u. a.). Außerdem gibt es einen guten Bestand von Werken deutschsprachiger Bibelforscher des 19. Jhs, insbesondere der Münsteraner Exegeten Johannes Hyacinth Kistemaker, August Bisping und Laurenz Reinke.

2.6 In der Gruppe der Patristik (C) mit ca. 1600 Bdn sind ca. 1310 Titel in Latein verfaßt, davon ca. 215 zweisprachig (lateinisch-griechisch). Nahezu alle bedeutenden Schriften der Kirchenväter sind vorhanden, u. a. vollständig die Patrologia Graeca und Patrologia Latina von Migne. Darüber hinaus finden sich Schriften zur theologischen Auseinandersetzung mit der Patristik.

2.7 Unter den ca. 2100 dogmatischen Werken (D) aus nahezu allen Epochen sind neben den Vertretern der Hochscholastik (Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Bonaventura, Duns Scotus) besonders die Ordensschulen des 17. und 18. Jhs erwähnenswert (Thomisten-, Franziskaner-, und Jesuitenschule) mit ca. 650 Bdn, vorwiegend in Latein. Aus dem dogmatischen Bestand dieser Zeit sind auch von den Theologen der Sorbonne zahlreiche Schriften (Jacques Bénigne Bossuet, Natalis Alexander u. a.) sowie dogmatische Handbücher (Ludwig Abelly u. a.) zu finden.

2.8 Die Abteilung Apologetik (E) weist ca. 1200 Bde auf. Besonders gut vertreten sind dabei die Kontroverstheologen aus dem 16. und 17. Jh mit ca. 480 Bdn (Gregor von Valencia, Thomas Stapleton, Martin Becanus u. a.), sowie deutsche Theologen des 19. Jhs mit ca. 500 Titeln (so Johann Adam Möhler, Begründer der historischen Tübinger Schule). Die Moraltheologie (F) weist ca. 750 Bde auf, wobei auf Latein ca. 570 und auf Deutsch ca. 150 Titel entfallen. Schwerpunkte sind die kasuistische Moral des 17. und 18. Jhs sowie die Moraltheologie des 19. Jhs, besonders in Deutschland.

2.9 Die Signatur (G) bezeichnet eine Gruppe, die sowohl Mystik und Texte der Meditation als auch eine umfangreiche Sammlung an Gebet- und Gesangbüchern enthält, darunter als erstes offizielles Gesangbuch des Bistums Münsters mit hochdeutschen Liedern das Münsterisch Gesangbuch (Münster 1677). Unter den insgesamt 2850 Bdn (mit 13 Inkunabeln und 125 Bdn aus dem 16. Jh) finden sich neben ca. 1630 deutschsprachigen und ca. 910 lateinischen auch ca. 220 französische und ca. 90 anderssprachige Ausgaben. Vorhanden sind alle namhaften Vertreter der mittelalterlichen Mystik (von Bernhard von Clairvaux über Johannes Tauler, Heinrich Seuse bis zu Thomas von Kempen). Besonders hervorzuheben ist die Gruppe der mystischen Theologen des 16. und 17. Jhs (Ludwig Blosius, Johannes Bona, Thomas a Jesu, Ludwig de Ponte, Franz von Sales u. a.).

2.10 Die meisten Werke (ca. 300 von insgesamt ca. 580 Bdn) aus dem Gebiet der Pastoraltheologie (H) sind im 19. Jh in Deutsch erschienen. Besonders groß ist der Anteil der Homiletik und der Katechese (J) am Gesamtbestand (ca. 2730 Bde, davon ca. 1960 deutsche und ca. 610 lateinische). Neben zahlreichen Predigtsammlungen von Predigern aus allen Epochen finden sich Handbücher und Anleitungen zur Homiletik. Im Bereich der Katechese liegen Hilfen zur Gemeindekatechese, zum Schulunterricht sowie zu bestimmten Anlässen vor. Besonders gut vertreten sind die Schriften des Kirchenlehrers Petrus Canisius. Liturgische Werke (K) sind aus allen Jhn vorhanden. Unter den insgesamt ca. 1380 Bdn sind Manuale, Antiphonarien, Rituale, Martyrologien und auch Bücher über nicht-katholische Riten vorhanden.

2.11 Der überwiegende Teil der Abteilung Recht (L) behandelt das Kirchenrecht. Außerdem sind noch einige Werke zur Rechtsgeschichte, Reichsabschiede und Schriften über das Verhältnis von staatlicher Gesetzgebung und Kirche vorhanden. In den insgesamt ca. 1130 Bdn werden außer dem Kanonischen Recht einschließlich Kommentaren und Kompendien (z. B. Giovanni Paolo Lancellotti, 16. Jh) auch das Verhältnis von Kirchenrecht und kasuistischer Moral behandelt (Paul Laymann, Hermann Busenbaum u. a., 19. Jh).

2.12 Die Abteilung Geschichte (M) weist mit ca. 6150 Bdn den mit Abstand größten Anteil an historischem Bestand auf. Es finden sich zwar auch profanhistorische Werke und Literatur zur Regionalgeschichte, besonders des Münsterlandes und des Bistums Münster, der Schwerpunkt liegt jedoch eindeutig auf der Kirchengeschichte. Außer den Werken in Latein (ca. 1350 Bde) und Deutsch (ca. 3160 Bde) ist auch ein nennenswerter Bestand in Französisch (ca. 1150 Bde) und in anderen Sprachen (ca. 490 Bde) zu verzeichnen. Von den Begründern der historischen Theologie im 17. und 18. Jh (Caesar Baronius, Dionysius Petavius, Natalis Alexander, Ludovico Antonio Muratori, Scipione Maffei u. a.) bis zum 19. Jh (z. B. Johann Joseph Ignaz von Döllinger) sind die wichtigsten Verfasser kirchenhistorischer Werke vorhanden. Es finden sich außerdem viele Biographien im Bestand, wobei die Biographien und Hagiographien von (höheren) Weltklerikern und Ordensgründern ebenso wie die zahlreich vorhandenen Ordensgeschichten zumeist von französischen Historikern stammen. Wichtige Quellenwerke ergänzen den Gesamtbestand.

2.13 Die restlichen ca. 5880 Bde sind ausschließlich nichttheologische Schriften. Auf dem Gebiet der Sprachlehre (N) mit Wörterbüchern und Grammatiken finden sich außer den bereits genannten Sprachen noch etliche andere, vor allem (alte) orientalische und skandinavische Sprachen. Die " sonstigen Sprachen" nehmen ca. 260 Bde von insgesamt ca. 770 Bdn dieser Gruppe ein.

2.14 Als Sammelgruppe für Bücher aus nichttheologischen Sachgebieten erweist sich die Signatur (O) und in wesentlich geringerem Umfang die Signatur (S). Dort sind Werkausgaben deutscher Klassiker, europäische Literatur des 19. Jhs, Erzählungen, Reiseberichte, Lehr- und Sachbücher aus anderen Wissensgebieten (vorwiegend Psychologie, Pädagogik, Naturwissenschaften, Medizin und Geographie), Lexika, Enzyklopädien (vor allem kirchliche wie die Encyclopédie catholique, Paris 1839-1848) sowie philosophische Werke deutscher und europäischer Autoren der Neuzeit zu finden. Erwähnenswert sind die zahlreichen lateinischen Ausgaben klassischer Autoren und die dazugehörigen Grammatiken, darunter Melanchthons Grammatica latina (Münster 1568). Von den insgesamt ca. 4870 Bdn sind ca. 2890 Bde in deutscher Sprache verfaßt. Latein ist mit ca. 1380 Bdn (davon ca. 30 lateinisch-griechisch), Französisch mit über 380 Bdn vertreten, die sonstigen Sprachen mit ca. 220 Bdn. Erwähnenswert ist außerdem eine Abteilung mit ca. 240 Kunst- und Bildbänden (U). Die meisten davon, über 200 Bde, stammen aus dem 19. Jh und sind in deutscher Sprache.

2.15 Zu dem historischen Bestand können noch ca. 2850 Zeitschriftenbände (Z) aus dem 19. Jh hinzugerechnet werden (in Deutsch ca. 2090 und in Französisch ca. 400 Bde). Es handelt sich vorwiegend um Periodika mit theologischem, kirchlichem oder kirchenhistorischem Inhalt. Bei den nichttheologischen Gebieten dominiert Geschichte, aber auch Philosophie, Pädagogik, Archäologie, Kunst und Musik sind gut vertreten.

Siegfried Schwedt

Sammlung Santini

2.16 Seit 1862 befindet sich die Musiksammlung des römischen Priesters und Komponisten Abbate Fortunato Santini (1778-1861) in Münster. Durch Vermittlung des münsterischen Domvikars und späteren Domchordirektors Bernhard Quante konnte der damalige Bischof von Münster, Johann Georg Müller (Bischof 1847-1870), unter Einschaltung des deutschen Priesterkollegs am Campo Santo die Sammlung für das Diözesanmuseum erwerben. Santini hatte sich ausbedungen, daß sie bis zu seinem Tode in Rom gegen Entrichtung einer jährlichen Rente von 465 Scudi verblieb.

2.17 Etwa 1800 hatte Santini mit seiner Sammlertätigkeit begonnen. Einen Teil der Musikalien soll er von seinem Lehrer Giuseppe Jannacconi (1741-1816) geerbt haben. Er selbst suchte vor allem in Kirchen- und Adelsarchiven Roms nach wertvollen Drucken und Hss. Bereits 1820 konnte er einen eigenen gedruckten Katalog herausgeben. Eine vollständige Bestandsaufnahme der Drucke und Hss. existierte erst mit der Erstellung eines Gesamtkatalogs der " Practica" von Wilhelm Wörmann in den fünfziger Jahren dieses Jhs. Nach Abschluß der Katalogisierungsarbeiten für die musikalische Quellenforschung (RISM) liegt dieser Katalog heute in einer überarbeiteten, erweiterten Fassung vor.

2.18 Durch seine vielfältigen Kontakte zu führenden Musikgelehrten, Bibliothekaren und privaten Sammlern wie R. G. Kiesewetter und A. Fuchs in Wien, A. Botté de Toulmon und A. E. Choron in Paris, F. J. Fétis in Brüssel, V. Stassoff in St. Petersburg, G. Gaspari in Bologna, G. W. Teschner und C. von Winterfeld in Berlin, E. Goddard in Chichester, A. F. J. Thibaut in Heidelberg und K. Proske in Regensburg erhielt seine Sammlung internationalen Rang. Bedeutende Musiker des 19. Jhs wie Mendelssohn-Bartholdy, Liszt und Otto Nicolai kehrten bei Santini ein und brachten oftmals gedruckte Partituren ihrer eigenen Werke oder solcher mit, die in Rom schwer erhältlich waren. Liegt der Schwerpunkt der Santinischen Sammlung auch auf den etwa 4500 Hss. mit vorwiegend geistlicher Musik des 16. bis 19. Jhs, so sind die ca. 1100 Drucke (Practica und Theoretica) von nicht geringerem Wert.

2.19 Practica. Aus der Frühzeit des italienischen Notendrucks (vor 1700) sind etwa 160 Drucke vorhanden. Mehrfach handelt es sich dabei um Unikate. Kompositionen von Agazzari, G. F. Anerio, Bononcini, Capece, Cazzati, Cifra, Colonna, Foggia, Gesualdo, Graziani, Legrenzi, Marenzio, Palestrina, Quagliati, Ratti, Torelli, Ugolini, Vecchi, Victoria, Ziani und anderen mehr sind in Einzeldrucken vertreten aus Verlagen in Rom (Balmonti, Belmonte, Fei, Grignani, Lazari, Mascardi, Masotti, Muti, Robletti, Soldi, Zanetti); in Venedig (Amadino, Gardano, Magni, Sala, Scotto, Vincenti); Bologna (Micheletti, Monti, Silvani); in Neapel (Magnetta, Riccio, Vitale) sowie in Bergamo, Florenz, Genua, Mailand und Perugia. Hinzu kommen Sammeldrucke von Caifabri, Costantino und Silvestri.

2.20 Aus dem 18. und 19. Jh liegen vor allem englische, französische und deutsche Editionen vor, darunter die erste Gesamtausgabe der Werke Händels von S. Arnold (London 1740-1802), sowie Erst- und Frühdrucke mit Kompositionen von C. Ph. E. Bach, J. S. Bach, Beethoven, C. H. Graun, J. Haydn, Mendelssohn-Bartholdy, Mozart, C. Loewe, L. Spohr, C. M. von Weber und vielen Kleinmeistern aus der ersten Hälfte des 19. Jhs.

2.21 Es finden sich alle Musikgattungen. Zwar überwiegt, wie bei den Hss., das geistliche Repertoire (Messen, Oratorien, Kantaten, Motetten), doch gibt es ebenfalls Partituren und Klavierauszüge von Opern (z. B. französische Drucke mit Werken von Lully, Rameau und Grétry), Liedersammlungen (darunter ein Exemplar der ältesten russischen Volksliedersammlung von Trutowsky, St. Petersburg 1776-1779) sowie reine Instrumentalmusik (Sinfonien, Kammermusik, Klavier- und Orgelwerke). Manches scheint erst später der Sammlung zugeordnet worden zu sein und aus dem Besitz münsterischer Dommusiker zu stammen.

2.22 Theoretica. Auch theoretische Werke sind später in Münster der Handbibliothek Santinis zugeführt worden. Inwieweit diese erhalten ist, läßt sich heute nicht mehr genau feststellen. Eine Vielzahl bedeutender Originalausgaben der Musikliteratur ist allerdings unschwer auf Santini zurückzuführen. Genannt seien die musiktheoretischen Schriften von Aiguino, Albrechtsberger, Artusi, d'Avella, Bartoli, Bottrigari, Adami da Bolsena, Chiavelloni, Crivellati, Eximeno, Fux, Galeazzi, Gasparini, Herbst, Manfredini, Marpurg, Penna, Picerli, Ponzio, Reicha, Sala, Tartini, Tigrini, Türk, Zarlino; ferner die Musiklexika von Bertini, Lichtenthal, Lipowsky, Rousseau; die musikhistorischen Darstellungen von Bontempi, Burney, Hawkins, Kalkbrenner, Padre Martini, Winterfeld. Erwähnenswert sind Abhandlungen speziell zur italienischen Operngeschichte, wie Arteagas Rivoluzioni, Donis Compendio und B. Marcellos Teatro alla moda. Eine Rarität ist das Fragment des Hortulus Musices von Ulrich Burchard (Leipzig 1514) mit handschriftlichen Randglossen.

Klaus Kindler

3. KATALOGE

Alphabetischer Katalog [nach RAK, modifiziert]

Schlagwortkatalog

Katalog der Santini-Sammlung:

Indice della musica sacra, profana, madrigalesca e da Camera, che si trova presso Fortunato Santini

[Bandkatalog, hschr.]

Indice generale della musica sacra e profana, antica e moderna a 1 ... 12 e 16 voci molta della quale con stromenti che trovasi nell' Archivo di Fortunato Santini [Bandkatalog, hschr., am umfangreichsten]

Bandkatalog [3 Bde, mschr.]

Die Bestände sind weder im Zentralkatalog Nordrhein-Westfalen noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen. Die Musikdrucke bis 1800 sind im Répertoire international des sources musicales (RISM) verzeichnet.

Stand: März 1991

Siegfried Schwedt


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.