FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Dombibliothek im Bistumsarchiv Erfurt

Adresse. Domstr. 9, 99084 Erfurt (Eingang Stiftsgasse); [Karte]
Postanschrift: Herrmannsplatz 9, 99084 Erfurt; Postfach 296, 99006 Erfurt
Telefon. (0361) 65 74-400
Telefax. (0361) 65 72-444

Unterhaltsträger. Bistum Erfurt
Funktion. Dienstbibliothek mit historischer Stiftsbibliothek.
Sammelgebiete. Katholische Theologie und ihre Grenzgebiete, Historische Hilfswissenschaften, Regionalgeschichte.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag 10-12 Uhr und 13-16 Uhr, Freitag 10-12 Uhr; Freitag nacttags und an anderen Tagen nach Vereinbarung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät, Mikrofilm-Lesegerät, Reader-Printer.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erwünscht. Vom Hauptbahnhof Straßenbahnverbindung (Linien 3, 4 und 5) bis Haltestelle Domplatz. Die Stiftsgasse ist der Verbindungsweg zwischen Herrmannsplatz und Westaufgang des Mariendomes. A 4 (E 40), Ausfahrt Erfurt-Ost oder -West. Parkmöglichkeiten hinter dem Dom.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das Domarchiv besteht aus zwei Archiven; aus dem Archiv des ehemaligen, wahrscheinlich schon von Bonifatius gegründeten Kollegiatstiftes Beatae Mariae Virginis (erstmals sicher belegt 1117), das mit seinem Bestand von über 6200 Akten und über 3000 Urkunden nach Overmann ( s. u. 4.2) " vielleicht das größte Stiftsarchiv ist, das sich in Deutschland erhalten hat", und aus dem Archiv des seit 1312 nachweisbaren (Erzbischöflich-Mainzischen) Geistlichen Gerichts zu Erfurt.

1.2 Die Dombibliothek hat die gleichen Wurzeln, sie diente aber nicht nur den Kanonikern und dem Gericht, sondern auch der Stiftsschule mit ihrem Lehrapparat. Auf Grund des Handschriftenbestandes und über die Schenkungen einzelner Kanoniker an das Stift ( z. B. Hs. theol. 26) läßt sie sich bis in das 13. Jh zurückverfolgen.

1.3 Nach Kaliner ( s. u. 4.2) befand sich die " romanische" Bibliothek noch um 1200 in der Silberkammer im Südturm-Untergeschoß des Erfurter Domes; eine Truhe, in der, wie aus der Inschrift hervorgeht, Kopial- und Statutenbücher sowie Urkunden aufbewahrt wurden, hat sich im Domarchiv erhalten. Die inzwischen angewachsene " gotische" Bibliothek kam wohl Mitte des 14. Jhs in die im Südflügel des Kreuzganges gelegene Paramentenkammer. 1528 ist die " Liberey" dort bezeugt.

1.4 Die meisten der älteren Einbände sind gut erhalten. Zahlreich sind die gotischen Gebrauchseinbände aus Erfurter und Heiligenstädter Klosterbesitz, häufig mit dem für Erfurt charakteristischen Stempelprogramm - durchbohrtes Herz, Hund, Hirsch, Rosette verziert. Rein äußerlich fallen sie dem Betrachter zunächst durch die geschwungenen Lilien-Lederbandschließen und das Beschlagwerk auf.

1.5 Die frühen Klosterbände lassen Rückschlüsse auf die gelehrten Neigungen der einzelnen Stiftsherren und Vikare zu, die sich als Vorbesitzer und Stifter zu erkennen geben, z. B. Ludwig, Scholaster von St. Marien (er vermachte in seinem Testament von 1247/49 der Domkirche sein Missale, sein Epistelbuch, sein Evangeliar und das Graduale musicum), Konrad von Halle, Kantor von St. Marien (er vermachte in seinem Testament von 1305 der Domkirche seine Meßbücher und seine " Summa Ruperti") und die Universitätsrektoren Tillmann Ziegler, Dekan von St. Marien († 1455), Lambert von Goch, Kanoniker und Magister fabricae an St. Marien († 1463), Peregrinus von Goch, Kanoniker von St. Marien († 1467), Benedikt Stendal von Halle, Kanoniker von St. Marien († 1482), Heinrich Brambach, Scholaster von St. Marien († 1493) sowie Konrad Steyn von Jena, Kanoniker von St. Marien († 1499) und schließlich Johannes Klockereim, Kanoniker von St. Marien, Dekan von St. Severi und Generalrichter in Erfurt († 1501).

1.6 Anfang des 19. Jhs kamen Reste der Bibliotheken säkularisierter Erfurter Klöster in die Dombibliothek, wie das der Augustiner, der Benediktiner (Peterskloster, Schottenkloster), der Benediktinerinnen (Cyriakskloster), der Kartäuser und der Zisterzienserinnen (St. Martini) sowie des Severi-Stiftes, des Jesuitenkollegs und aus der Pfarrei St. Lorenz.

1.7 Nach Schwenke (Adreßbuch 1893, Nr. 472) befand sich die Dombibliothek, die " als Ganzes erst nach Aufhebung des Stiftes (1816) entstanden" war und auch die Bestände des ehemaligen Geistlichen Gerichts aufgenommen hatte, 1893 " in einer ehemaligen Kapelle am Kreuzgang des Doms". Sie enthielt zu dieser Zeit " über 2000 Bde hauptsächlich Theologie und Jurisprudenz, auch Geschichte", und 50 Hss. Schwenke charakterisierte den Bestand mit der Bemerkung " ohne hervorragenden Werth", die Urkunden-Sammlung des Archivs reiche allerdings bis in das 11. Jh zurück.

1.8 Der heutige Bibliotheksbestand ist ein Konglomerat unterschiedlichster Herkunft. Er läßt, historisch bedingt, keine eindeutige Erwerbungkonzeption erkennen. Vielmehr scheinen die geringen Überreste ehemaliger Erfurter Kloster- und Kirchen-Bibliotheken nach der Säkularisation eher zufällig, z. B. über Pfarreien, in die Dombibliothek gelangt zu sein, denn weitaus größere Teile von ihnen befinden sich in der Abteilung Wissenschaftliche Sondersammlungen der Stadt- und Regionalbibliothek Erfurt (s. Eintrag dort). Das trifft z. B. auf die Bibliothek des Jesuitenkollegs zu, die etwa 5000 Bde umfaßte. Nach der Aufhebung des Ordens in Erfurt 1772 übernahm die spätere Königliche Bibliothek zu Berlin 1786 etwa die Hälfte der Bände, der andere Teil gelangte in verschiedene Bibliotheken, darunter auch in die Dombibliothek. Quellenmaterial über diese Vorgänge war am Ort nicht zu ermitteln.

1.9 Die Mehrzahl der heute noch vorhandenen Bücher (2520 Bde) gehört zwar der Zeit vor 1800 an, doch ist von dem ursprünglichen Bestand an Drucken nur wenig überliefert. Bestandslisten fehlen. Ende des 18. Jhs war, bedingt durch die finanzielle Notlage der Stiftsgeistlichen und der Klöster, Bibliotheksgut verkauft worden. 1781 erwarben die Benediktiner von St. Peter im Schwarzwald domeigene Hss., die 1804 nach der Säkularisation dieses Klosters in die heutige Badische Landesbibliothek Karlsruhe kamen. Inkunabeln, die zwischen 1870 und 1885 abhanden gekommen waren, gelangten 1948 auf unbekannte Weise in das British Museum London bzw. 1950 in die Library of Congress in Washington. Auch durch unsachgemäße Umlagerungen des Bibliotheksbestandes innerhalb des Marienstiftes und der späteren Dom-Propstei traten Verluste ein.

1.10 Im Jahre 1929 veranlaßte der Dompropst Joseph Freusberg (1881-1964, Amtszeit 1922-1964) die Neuordnung und die Katalogisierung der Bestände durch den Stadtarchivar Alfred Overmann (1866-1946). Zusammen mit dem Domarchiv wurde die Dombibliothek 1933 in der Kiliani-Kapelle im Südflügel des Domkreuzganges untergebracht und im November desselben Jahres erstmals für die Benutzung geöffnet. Seit Herbst 1985 befindet sich das Domarchiv mit seiner Bibliothek im Seitenflügel der neuerbauten Priesterseminar-Bibliothek.

1.11 Einen bedeutenden Zugang erfuhr die Dombibliothek Ende des Jahres 1967 durch die rechtlich gesicherte Eingliederung kleinerer Bibliotheksbestände der bereits im 19. Jh säkularisierten Klöster des Eichsfeldes wie die des Benediktinerklosters Gerode, des Benediktinerinnenklosters Hadmersleben, des Zisterzienserklosters Reifenstein, des Zisterzienserinnenklosters Teistungenburg und des Franziskanerklosters Worbis über das Bischöfliche Kommissariat Heiligenstadt, wo die Bücher im ehemaligen kurfürstlichen Schloß zentralisiert worden waren. Dazu gehörten auch Bestände aus dem früheren Jesuitenkolleg Heiligenstadt, die den größten Anteil ausmachten; von der Bibliothek des Katholischen Gymnasiums waren nur wenige Bände dabei. 1970 gelangten Bücher aus der Stiftsherrenbibliothek Nordhausen und dem Zisterzienserinnenkloster Beuren bei Wingerode, 1976 aus der ehemaligen Prämonstratenserabtei Ilfeld und dem Pfarrarchiv in Witterda (zumeist " Klosterbände" aus dem Erfurter Peterskloster, darunter eine Inkunabel) in die Dombibliothek.

1.12 Seit dem 1. Januar 1994 im Archiv des Bischöflichen Amtes Erfurt-Meiningen, wurde die Dombibliothek mit der Gründung des Bistums Erfurt am 8. Juli 1994 Teil des Bistumsarchivs Erfurt. Dieses ist für den Dom und das Bischöfliche Ordinariat Erfurt mit allen Einrichtungen zuständig. Als wichtigstes Depositum befindet sich hier das " Regionalarchiv Ordinarien Ost" (Berliner Ordinarien- oder Bischofskonferenz).

1.13 Die Sammlung weltlicher und kirchlicher regionalgeschichtlicher Literatur begann unter dem Dompropst und Historiker Jakob Feldkamm (1849-1922, Amtszeit 1915-1922), der Domvikar Martin Hannappel (1898-1983, Amtszeit 1933-1938) führte die Sammlung fort. Von September 1966 bis Januar 1994 betreute Elfriede Trott (*1911) die Bibliothek. Sie nahm u. a. eine Neukatalogisierung der Bestände vor. Die älteren Bestände der Dombibliothek, in die die kleine Dienstbibliothek des Archivs mit landesgeschichtlicher Literatur integriert ist, werden nach Gelegenheit ergänzt. Zu den neueren Archivbeständen besteht im Archiv zusätzlich eine kleinere Handbibliothek.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der systematisch aufgestellte Bibliotheksbestand umfaßt mehr als 5000 Bde. Der an den Regalen ausgezählte historische Bestand zählt ohne die 187 Inkunabeln 4139 Bde (82,8 Prozent des Gesamtbestandes): 16. Jh 486 Bde (11,7 Prozent des historischen Bestandes), 17. Jh 501 Bde (12,1 Prozent), 18. Jh 1543 Bde (37,3 Prozent), 19. Jh 1497 Bde (36,2 Prozent); ohne Jahresangabe sind 112 Bde.

2.2 Fast die Hälfte des Bestandes liegt in lateinischer Sprache vor (1957 Bde, 47,3 Prozent), nahezu ebensoviele Bände (1930, 46,7 Prozent) sind in deutscher Sprache, 131 (3,2 Prozent) in französischer, 14 in englischer und 107 (2,5 Prozent) in anderen Sprachen vorhanden. Auffallend ist der hohe Anteil an Übersetzungen aus dem Französischen ins Deutsche.

2.3 Die ältesten Werke im Bestand sind zwei theologische Hss. aus dem 13. Jh (Hs theol. 26 und 47). Zu den ältesten Drucken gehört eine Straßburger Inkunabel, Augustinus' De doctrina Christiana sive de arte predicandi, entstanden um 1468 in der Werkstatt Johann Mentelins (GW 2873). Die Druckorte der Inkunabeln sind Straßburg (45), Nürnberg (43), Basel (21), Leipzig (10), Köln und Speyer (je 9), Venedig (8), Eßlingen (7), Mainz (5), Reutlingen (4), Hagenau, Rom und Tübingen (je 3), Bamberg, Erfurt und Lyon (je 2), Augsburg, Eichstädt, Magdeburg, Mailand, Pavia, Perugia, Siena, Ulm und Würzburg (je eine) sowie 2 Titel ohne Druckort.

2.4 Besondere Aufmerksamkeit verdient ein heute leider unvollständiger Sammelband mit deutschprachigen Erfurter Drucken (Ink. 77a). Er enthält u. a. Diß büchlei[n] sagt wie ma[n] fisch un[d] vogel fahen soll (stark restauriert, [Erfurt: Hans Sporer 1498]; GW 5681). Es handelt sich um die anonyme Übersetzung eines um 1492 in flämischer Sprache erschienenen Werkes. Der mit zwei Holzschnitten (Fisch und Krebs) ausgestattete Druck wurde im 16. Jh oft nachgedruckt. Eine weitere Schrift, Diß buchlin saget vo[n] einer verzuckten selen eines Ritters genant Tundalus ( o. O. o. J.; H 15544), beeindruckt durch lebendige Holzschnitt-Illustrationen.

Systematische Übersicht

2.5 Die 1966 eingeführte hauseigene Aufstellungs-Systematik wurde nach den Gesichtspunkten der Aufgabenbereiche einer kirchlichen Verwaltungsbibliothek unter Verwendung von Elementen der Dezimalklassifikation eingerichtet. Die umfangreichsten Gruppen sind Religion, Theologie (D) und Geschichte (H).

2.6 Die Sachgruppe Allgemeines (A) enthält ca. 30 Lexika, Orts- und Personenverzeichnisse, Schematismen und biographische Literatur. Neben den Nachschlagewerken von Jöcher, Lossius, Pierer und Brockhaus ist auch das Dictionnaire historique et critique von Pierre Bayle (Rotterdam 1720) vorhanden (" Ex libris Ernesti Bartels"); vom Hoch-Fürstl. Sachsen-Gothaisch- und Altenburgischen Hof- und Adress-Kalender ist Jahrgang 1751 im Bestand. Der Jenaer Archidiakon Adrian Beier ist mit seinem Syllabus rectorum et professorum Jenae in Studio Generali Judicium in Judicio Provinciali ... ([Jena] 1659) vertreten, Franz-Karl Felder mit seinem Gelehrten- und Schriftsteller-Lexikon der deutschen katholischen Geistlichkeit (Landshut 1817-1822). Karl Friedrich Bahrdts Geschichte seines Lebens (Berlin 1790), mit einem Verzeichnis seiner Schriften findet sich ebenso wie der von Johann Melchior Goe(t)ze erbrachte Beweis, daß die Bahrdtische Verdeutschung des Neuen Testaments keine Uebersetzung, sondern eine vorsetzliche Verfälschung ... sey (Hamburg 1773).

2.7 Die Sachgruppe " Erziehung und Unterricht" (B) ist unbedeutend (15 Titel), ebenso ist unter Philosophie und Psychologie (Sachgruppe C) nur wenig Literatur nachgewiesen, darunter Johann Christoph Gottscheds Erste Gründe der gesammten Weltweisheit (Leipzig 1743) und Johann Claudius Hadrianus Helvetius' Discurs über den Geist des Menschen, mit einer Vorrede von Gottsched (Leipzig und Liegnitz 1760).

2.8 In der zweitgrößten Systematikgruppe " Religion und Theologie" (D, über 1100 Nachweise) finden sich von dem Prediger und Tübinger Professor Gabriel Biel, der 1457 in Erfurt den Titel " licentiatus theologiae" erworben hatte, das Inventarium generale (Tübingen 1501) und dessen Sacri canonis missae expositio (Basel 1510), weiterhin die Concordia (Dresden 1581), ferner von Hugo Grotius De veritate religionis Christianae (Amsterdam 1684) und die Institutiones theologicae dogmaticae in usum academicum (Ingolstadt 1791) von Stephan Wiest, der mehrfach vertreten ist. Die Bibliothek besitzt zahlreiche Bibelausgaben, darunter eine Koberger-Bibel (Nürnberg 1512).

2.9 Einer der bevorzugten Autoren ist der aus Geismar im Eichsfeld stammende Konrad Martin (1812-1879), der sich als Bischof von Paderborn für die Aufhebung der Kirchenspaltung einsetzte (Ein bischöfliches Wort an die Protestanten Deutschlands, Paderborn 1864; Wozu noch die Kirchenspaltung?, Paderborn 1868) und im sogenannten Kulturkampf der siebziger Jahre des 19. Jhs mit der preußischen Regierung in Konflikt geriet. Sein Lehrbuch der katholischen Moral ist in verschiedenen Auflagen (3. Aufl., Mainz 1855; 4. Aufl., Mainz 1859) vorhanden.

2.10 Mit über 300 Nachweisen ist innerhalb der Gruppe D die Kirchengeschichte relativ umfangreich vertreten. Vorhanden ist die Geschichte der Religion Jesu Christi von Friedrich Leopold Graf zu Stolberg (Hamburg 1800-1818, Wien und Hamburg 1825) und die populäre Geschichte der Kirche in einem getreuen Auszug (Augsburg und Wien 1821-1825) von Antoine-Henri-Jean-François de Bérault-Bercastel, ebenso wie die Rettung der wolgegründten Ursachen des Abtrittens von den Secten von Michael Bentzius (München 1569) und die Pragmatische Geschichte des Ordens der Jesuiten (Halle und Helmstedt 1760) von Johann Christoph Harenberg. In Erfurt erschienen 1787 3 Hefte des Magazins zur Geschichte der Jesuiten, das von Carl Christian André herausgegeben und Friedrich Nicolai in Berlin gewidmet war.

2.11 Zur Homiletik sind sechs Predigtausgaben des Pelbart von Temesvár († 1504) vorhanden, die zwischen 1504 bis 1516 in Hagenau erschienen sind, sowie Schriften des Jesuiten Petrus Canisius (1524-1610), des evangelisch-reformierten Predigers Georg Joachim Zollikofer (1730-1788), des Kontroverstheologen und Dompredigers zu Augsburg Aloys Merz (1727-1792) und des Regensburger Bischofs und Moraltheologen Johann Michael Sailer (1751-1832). Für angehende Prediger verfaßte Johann Wirsing Anweisungen, die gewöhnlichen Sonntags-Evangelien eines katholischen Kirchenjahres praktisch zu Predigten zu bearbeiten (Jg. 1, Erfurt 1802). Das Homiletische Real-Lexikon von Franz Edmund Krönes ist vollständig vorhanden (Regensburg 1872).

2.12 Die Untergruppe Katechetik enthält überwiegend Katechismen und Lehrbücher des 19. Jhs zum Schulgebrauch. Der Nucleus catecheticus (Köln 1694) von Bernardinus Mercator ist als ein früheres Beispiel zu nennen. Unter den zahlreichen liturgischen Werken befinden sich eine Agenda ecclesiae Moguntinensis (Mainz, um 1510 und spätere Ausgaben), eine Agenda rerum ecclesiasticarum (Leipzig 1522), ein Missale Moguntinum (Speyer 1507), ein Missale Moguntinense (Mainz 1507 und 1513, Basel 1515) und ein Rationale divinorum (Hagenau 1509).

2.13 Andachtsbücher, Traktate, Gebet- und Gesangbücher sind unter " Spiritualia und Erbauungsschriften" eingeordnet, die eine umfangreiche Gruppe bilden. Das Psalterium Davidis ging 1509 aus der Presse von Melchior Lotter, dem amtlichen Drucker der Stadt Leipzig, hervor. Bei dem Lateynisch Psalter mit dem teutschen darbey getruckt (Metz: Caspar Hochfeder 1513) sollte nach Absicht des Druckers die Zweisprachigkeit die " Nutzbarkeit" des biblischen Textes erhöhen. Der Spiegel christlicher Walfart (Straßburg 1509) von Johannes Schott stammt aus dem Archiv der Lorenz-Kirche.

2.14 Unter den Drucken des 16. Jhs finden sich auch das Breviarium ecclesiae Numbergensis (Leipzig 1510) und das Breviarium Moguntinum (Mainz 1518). Der Mystiker und Theosoph Jakob Böhme (1575-1624) ist vertreten mit den Schriften Eine Einfeltige Erklärung Von Christi Testament der Heyl. Tauffe (Amsterdam 1658), Eine kurtze Erklärung von Sechs Puncten (Amsterdam 1676), Betrachtung Göttlicher Offenbahrung (Amsterdam 1677) und Der Weg zu Christo, verfasset in sechs Büchlein (Amsterdam 1677). In diese Gruppe gehören aber auch Der Christ in der Einsamkeit (Leipzig 1764) von Karl Friedrich Bahrdt, die Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen (Leipzig 1789-1793) von Zollikofer und die Gedanken von Johann Josef Natter Uiber die Kunst, bei den Uibeln und Unfällen des Lebens seine Ruhe zu behaupten (Prag 1812).

2.15 Die Systematikgruppen Rechts- und Staatswissenschaften (E), Wirtschafts- und Sozialwissenschaft (F) und Politik (G) sind nicht von Belang. Dagegen dürften annähernd zwei Drittel des Bestandes der Gruppe Geschichte, einschließlich der Thuringica und der Erfurtensien (H), zuzuordnen sein. Die Werke dieser Abteilung stammen allerdings in der Mehrzahl aus dem 20. Jh.

2.16 Die Gruppe Historische Hilfswissenschaften ist gut ausgestattet. Unter den Schriften zur " Chronologie" ist auch Der aufrichtige Kalendermann (Leipzig 1829) von dem Geraer Publizisten Christoph Gottlieb Steinbeck anzutreffen. Erwähnenswert zur Geschichte Thüringens sind die Thüringer Chronika (Buch 2, Erfurt 1738) von Johann Heinrich von Falckenstein und die Thüringer Chronik (Erfurt 1842) von Heinrich Döring sowie für die neuere Zeit die seit 1852 erscheinende Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde, das von Paul Lehfeldt seit 1888 publizierte Grundlagenwerk über die Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens und die von Otto Dobenecker seit 1896 bearbeiteten und herausgegebenen Regesta diplomatica. Literatur zu Burgen, Kirchen, Klöstern, Orten und Gebäuden wurde in großer Vielfalt gesammelt. Einen Schwerpunkt bildet das Eichsfeld mit seinen Klöstern und den Städten Heiligenstadt und Worbis. Das Hauptwerk des Jesuiten und Lehrers am Heiligenstädter Jesuitenkolleg und später nach dessen Schließung am Gymnasium, Johann Vinzenz Wolf (1743-1826), Politische Geschichte des Eichsfeldes (Göttingen 1792-1793), brachte ihm den Ruf eines " Vaters der eichsfeldischen Geschichtsschreibung" ein. Von ihm sind noch weitere Schriften vorhanden.

2.17 Die umfangreiche Erfurtensien-Sammlung tritt der gleichnamigen Spezialsammlung in der Stadt-und Regionalbibliothek ergänzend zur Seite, weil in ihr die Stadtgeschichte vorrangig unter dem Aspekt des Kirchenwesens aufbereitet wird. Ein schon Sermonn tzu Erffurdt in der Kaufmannskirchenn geprediget, vom Creutz und Leiden wie es ein rechter Christ tragen sol (Erfurt 1522) von Luther ist als Reprint vorhanden. Unter den Gelegenheitsschriften befindet sich auch ein Christliches Danckgebet, Welches Wegen glücklich vollbrachter Korn- und WeinErnde etc. In der Stadt Erffurdt (Anno 1648) gebrauchet worden. Schrifttum über das Kultur- und Bildungswesen der Stadt (Kurmainzische Akademie nützlicher Wissenschaften, Gymnasien, Schulen und die Universität) ist exemplarisch vorhanden.

2.18 Die beiden Systematikgruppen Sprach- und Literaturwissenschaft (I, u. a. mit Wörterbüchern und als Schullektüre verwendeten lateinischen Autoren) und Kunst, Bildende Kunst, Kunstgewerbe (K, u. a. mit Ausstellungskatalogen) sind geringeren Umfangs, die Gruppen Naturwissenschaften (N), Mathematik, Geodäsie und Kartographie (O), Geographie (P) und Belletristik (Q) enthalten jeweils nur wenige Titel.

2.19 Die 169 Leichenpredigten und Hochzeitsgedichte stammen überwiegend aus der zweiten Hälfte des 17. Jhs. Sie beziehen sich auf Erfurter und Thüringer Personen, z. B. auf den Magister Georg Silberschlag, Pfarrer zu den Predigern, der 1636 verstarb.

Sondersammlungen

Handschriftenbestand

2.20 Von besonderem bibliotheksgeschichtlichen Interesse sind drei Bibliothekskataloge: das Registrum librarie des Kartäuserklosters aus der zweiten Hälfte des 15. Jhs (Großfolio, 976 Einträge, 281 Bl.; Hs. Hist. 6) mit einem reich verzierten Initial-Alphabet, der systematisch angelegte Catalogus bibliothecae Cartusiae prope Erfordiam (1783, etwa 500 Einträge, 44 Bl.; Hs. Erf. 11) und der Catalogus Bibliothecae Monasterii SS. Apostolorum Petri et Pauli Ordin. S. Benedicti Erfordiae, in tres partes divisus. Prima complectitut libros theologicos, juridicos, historicos, philosophicos, philologicos, miscellanea [6524 Einträge]; secunda libros prohibitos [ohne Titelangaben]; tertia manuscripta (1783; Hs. Erf. 22).

Heiligenstädter Depositum

2.21 Der Katalog des größtenteils noch gesondert aufgestellten Heiligenstädter Depositums verzeichnet 629 Nummern " Sammelwerke und Einzelbände in lateinischer, griechischer und hebräischer Sprache, die aus den aufgehobenen Klöstern stammen" und 95 deutschsprachige Positionen aus der gleichen Provenienz. Hervorzuheben sind Bollandus' Acta Sanctorum (Bd 1-59, Antwerpen 1643-1770). Auch die von Caesar Baronius herausgegebenen Annales ecclesiasticae (Bd 2-20, Antwerpen, später Köln 1591-1691) und die Opera omnia (Venedig 1594) des Thomas von Aquin gehören zu den Restbeständen aus dem 1575 gegründeten Heiligenstädter Jesuitenkolleg, das nach der Aufhebung des Ordens 1773 als Katholisches Gymnasium weitergeführt worden war. 1907 war die " sehr reichhaltige und wertvolle Bibliothek [des Kollegs] von mehreren tausend Bänden" an die Königliche Bibliothek zu Berlin gegeben worden, die Gymnasialbibliothek soll nach dem Zweiten Weltkrieg von der Landesbibliothek Gotha übernommen worden sein.

2.22 Aus dem Bischöflichen Kommissariat Heiligenstadt gelangte weiterhin amtliche Literatur der kirchlichen und staatlichen Behörden (361 Nrn, 19. und 20. Jh) in die Dombibliothek, u. a. das Amtsblatt der Kgl. (Preuß.) Regierung Erfurt (1818-1936) und das Amtliche Schulblatt für den Regierungsbezirk Erfurt (1889-1935). In den Gruppen Theologie (D, 43 Nummern), Kirchengeschichte (E, 25 Nummern), Kirchenrecht (F, 13 Nummern), Apologetik (G, 18 Nummern), Predigtwerke (H, 9 Nummern) und Religiöse Unterrichts- und Andachtsbücher (I, 29 Nummern) findet sich Literatur aus der ersten Hälfte des 20. Jhs.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetischer Verfasserkatalog

[in Zettelform, nach PI]

Systematischer Katalog

[in Zettelform, hauseigene Systematik in Kombination mit der DK; für die Verwaltungsbibliothek des damaligen Generalvikariats Erfurt 1966 erstellt von Elfriede Trott]

Inkunabelkatalog

[in Zettelform; auf der Grundlage des von Franz Cramer 1907 erarbeiteten, 187 Titel verzeichnenden handschriftlichen Cataloges der Dom-Bibliothek zu Erfurt, Handschriften und Inkunabeln]

Katalog der Leichenpredigten und Hochzeitsgedichte

[in Zettelform, 169 Einträge]

3.2 Historische Kataloge

Inventarium super bibliotheca collegiatae ecclesiae B[eatae] Mariae V[irginis] Erphordensis quae die 3., 4., 5., 7 octob[ris] 1658 erecta et renovata est per M[agistrum] Jacob[um] Heun, decan[um] praelibatae ecclesiae

[in Listenform; Sig. Hs. Philol. 11]

Handbücherei der Stiftsherren

[Bestandsliste, 301 Nummern]

Bischöfliches Kommissariat Heiligenstadt. Verzeichnis der bis zum Jahre 1945 im hiesigen ehemaligen kurfürstlichen Schloß in eigenen verschließbaren Räumen lagernden Bücher- und Akten-Bestände. Von Heinrich Wetter, Lehrer i. R. Oktober 1963

[Bandkatalog, Bücherliste; keine Akten verzeichnet, 1369 Eintragungen; Provenienzen Jesuitenkolleg und Katholisches Gymnasium Heiligenstadt, die Klöster Reifenstein, Worbis und Gerode]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Bistumsarchiv: Akten St. Marien, Stift, XV 1-26 [betr. Archiv] Akten St. Marien, Propsteipfarrkirche, 1 p a [mit Beiakte Bibliothek] Akten Geistliches Gericht, Jüngerer Bestand II A 3 [betr. Archiv]

Chronik des Domarchivs und der Dombibliothek. 1933-1993 [enthält u. a. jährliche Tätigkeitsberichte]

4.2 Darstellungen

Arnold, Theodor Ferdinand Kajetan: Erfurt mit seinen Merkwürdigkeiten und Alterthümern. Gotha 1802 [S. 198 Erwähnung der Dombibliothek]

Zaunick, Rudolf: Das älteste deutsche Fischbüchlein vom Jahre 1498 und dessen Bedeutung für die spätere Literatur. Berlin 1916 (Archiv für Fischereigeschichte. Festgabe für Emil Uhles zu seinem 75. Geburtage)

Lenn, Paul: Erfurter Bibliotheken im Mittelalter. In: Jahresbericht. Erfurter Bibliotheks-Gesellschaft 1 (1925) S. 20-21

Overmann, Alfred: Das Domarchiv zu Erfurt und seine Bedeutung für die Erfurter und Thüringer Geschichtsforschung. In: Das Thüringer Fähnlein 3 (1934) Heft 5, S. 308-312

Gamber, Klaus: Das Erfurter Weihnachtsgloria. Ein Beitrag zur Geschichte des Kirchenliedes in der Liturgie. In: Monatsschrift für Gottesdienst und kirchliche Kunst 46 (1941) Heft 5/6, S. 70-74 [betr. Hss. Lit. 6]

Führer durch die Bistumsarchive der Katholischen Kirche in Deutschland. 2., überarb. u. erw. Aufl. Siegburg 1991 [zur Bibliothek S. 210-212]

Kaliner, Walter: Eine vergessene Schatzkammer. Wo hatten die Stiftskanoniker des Erfurter Domes ihre Bibliothek? In: Denkender Glaube in Geschichte und Gegenwart. Leipzig 1992, S. 15-25 (Erfurter theologische Studien 63)

Matscha, Michael: Das Bistumsarchiv Erfurt. In: Archive in Thüringen, Heft 8 (1995) S. 7-9

Matscha, Michael: Zur Geschichte der Dombibliothek im Bistumsarchiv Erfurt und ihrer Handschriften- und Inkunabelbestände. In: Ein Jahrhundert Akademische Bibliothek in Paderborn. Hrsg. von Karl Hengst. Paderborn 1996, S. 144-155 (Veröffentlichungen zur Geschichte der mitteldeutschen Kirchenprovinz 10)

Stand: März 1995

Felicitas Marwinski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.