FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Stiftsbibliothek mit Domherrenbibliothek

Adresse. Steinsgraben 15, 06712 Zeitz; [Karte]
Postanschrift: Schulstraße 3, 06712 Zeitz
Telefon. (03441) 21 24 81; Standort Steinsgraben: (03441) 21 20 60
Bibliothekssigel. <Z 2>

Unterhaltsträger. Domkapitel der Vereinigten Domstifter zu Merseburg, Naumburg und des Kollegiatstiftes Zeitz
Funktion. . Wissenschaftliche Spezialbibliothek, Archivbibliothek. Sammelgebiet. Geschichte des Stiftsgebiets.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung. Leihverkehr: DLV.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche Anmeldung unbedingt erforderlich. Fußwegnähe vom Bahnhof (ca. 15 Minuten). A 9 (E 51), Ausfahrt Naumburg oder Weißenfels, B 180 oder B 91; A 4 (E 40), Ausfahrt Gera, B 2. Parkmöglichkeit vorhanden.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Ihren Ursprung hat die Stiftsbibliothek in der Bibliothek der Bischöfe des Hochstifts Naumburg, die ab 1285 wieder auf der Bischofsburg in Zeitz ihren Wohnsitz nahmen. Hier erwuchs nach und nach eine Sammlung, zu der die einzelnen Bischöfe in unterschiedlichem Maße beitrugen. Allerdings hinterließen nicht alle Bischöfe ihre mitunter bedeutenden Privatbibliotheken dem Stift. So gelangte beispielsweise der sicher wertvolle Bücherbestand des Juristen Bischof Dietrich III. von Bocksdorf (im Amt 1463-1466) zum größten Teil in das Predigerkloster in Leipzig. Dagegen übereignete Bischof Julius von Pflug (1499-1564; im Amt 1546-1564) seine gesamte Bibliothek, die so umfangreich und bedeutend war, daß später statt von der Stiftsbibliothek fast nur noch von der " Bibliotheca Juliana" berichtet wurde. Als letzter Bischof von Zeitz verfügte er Bestimmungen über seine Bibliothek, die ganz in der Tradition seiner Vorgänger standen. Seit 1564 ist das Domkapitel in Naumburg für die Bibliothek verantwortlich.

1.2 Mit der Neuordnung der Bibliothek und Anfertigung eines Inventars wurde zu Beginn des Jahres 1565 Mag. Johannes Rivius, Rektor der Stiftsschule Zeitz (1546-1565), beauftragt. Sein Katalog weist die Bibliothek des Bischofs Julius von Pflug noch getrennt von der alten Bibliothek aus. Unter Einbeziehung der 1595 erfaßten ungebundenen Drucksachen dürfte der Zuwachs auf über 1500 Titel veranschlagt werden und überstieg damit den Umfang der Bibliothek seiner Vorgänger um ein Mehrfaches. Die Gelehrtenbibliothek Pflugs weist diesen als Juristen, Kirchenpolitiker und um Ausgleich bemühten Theologen aus, der an den neuen Erkenntnissen aller Wissensgebiete interessiert war und die maßgeblichen zeitgenössischen Ausgaben besaß. Der Bestand wird durch den handschriftlichen Nachlaß ergänzt, der auch zahlreiche kleinere, zumeist dedizierte Schriften in gedruckter Form enthält.

1.3 Ende 1594 wurde die Bibliothek vom bischöflichen Schloß in die angrenzende Stiftskirche verlagert. Von dieser Zeit an ist auch ein Bibliotheksetat nachweisbar für Ankäufe, Buchbinder- und sonstige Nachfolgearbeiten sowie die Besoldung eines Bibliothekars. Die Erwerbungspolitik bestimmte das Domkapitel, das den " Inspector Scholae", den Domprediger, mit der Ausführung beauftragte. Diese Praxis galt im stiftischen Bibliothekswesen von Naumburg noch bis zur Mitte des 19. Jhs. Die Bücherkäufe im 16. und 17. Jh erfolgten vornehmlich auf der Frankfurter, später auch auf der Leipziger Buchmesse.

1.4 Mit der Einrichtung einer sächsischen Sekundogenitur in Zeitz und dem Umbau des bischöflichen Schlosses im dritten Viertel des 17. Jhs in ein fürstliches Residenzschloß (Moritzburg) nahmen die Herzöge als Administratoren des Stifts Einfluß auf die dortige Stiftsbibliothek. Sie wurde aus der Stiftskirche, in der sie alle Plünderungen und Kampfhandlungen während des Dreißigjährigen Krieges ohne Verluste überstanden hatte, wieder ins Schloß verlagert, wo sie in der Folgezeit noch öfter ihren Platz wechselte. Die Umlagerung war nötig geworden, um mehr Raum zu schaffen, denn im Jahre 1671 konnten die verbliebenen Teile (2500 Bde) der ursprünglich 5000 Drucke umfassenden Bibliothek des 1667 in Leipzig verstorbenen Arztes, vielseitigen Gelehrten und bedeutenden Philologen Thomas Reinesius (1587-1667) einschließlich eines kleinen handschriftlichen Nachlasses für die Stiftsbibliothek angekauft werden. Diese Bände sind zumeist im 16. Jh erschienen und stammen häufig aus dem Besitz bekannter Gelehrter der Zeit. Sie sind oft mit handschriftlichen Anmerkungen überladen, die auf eingelegten Zetteln Fortsetzung finden. Die Eingliederung der Reinesius-Bibliothek erforderte eine Neukatalogisierung und Neuordnung des Gesamtbestandes. Auch die Organisation und Bereitstellung der Fonds der Stiftsbibliothek wurden in diesem Zusammenhang neu festgelegt. Die Finanzierung erfolgte fortan ausschließlich durch das stiftische Prokuraturamt, das auch heute noch die Stiftsbibliothek unterhält.

1.5 Zu einem kontinuierlichen Ausbau trugen im folgenden Jahrhundert vor allem günstige Erwerbungen auf Buchauktionen in Sachsen und Thüringen bei. Dazu kam im Jahre 1788 durch testamentarische Übereignung die Bibliothek des Rektors der Zeitzer Stiftsschule und langjährigen Stiftsbibliothekars Christian Benedikt Milke (1712-1788). Die fast vollständige Privatbibliothek dieses humanistisch gebildeten Gelehrten umfaßte weit über 3000 Titel, wenn man zu den 2763 seinerzeit aufgelisteten Titeln die in 32 Paketen enthaltenen theologischen, historischen, philologischen und philosophischen Programmata und Disputationen hinzuzählt.

1.6 Im ausgehenden 18. Jh wurde die Erwerbungspolitik der Bibliothek, die von Rektor und Stiftsbibliothekar Christian Gottfried Müller (1718-1820) als wissenschaftliche Allgemeinbibliothek beschrieben wurde, der " nach den großen öffentlichen Bibliotheken in Dresden, Leipzig und Wittenberg ... in Rücksicht der Anzahl ihrer gedruckten alten und seltenen Bücher, besonders aber ihrer Handschriften, nicht leicht eine andere Bibliothek im Königreiche Sachsen den ersten Rang streitig machen" wird, neu bestimmt. Neben der älteren sollte von nun an weit mehr die neuere Literatur und vor allem die Lokalgeschichte in den Vordergrund der Neuanschaffungen treten.

1.7 Politische und wirtschaftliche Veränderungen zu Beginn des 19. Jhs brachten eine Minderung der für die Stiftsbibliothek bestimmten Fonds mit sich. Das Erwerbungsprofil beschränkte sich zunehmend auf das Sachgebiet Geschichte, besonders auf die preußische Geschichte. Im Jahre 1828 mußte die Stiftsbibliothek den Schloßkomplex verlassen und siedelte in das bis heute genutzte Franziskanerkloster um. In den vierziger Jahren erfolgte eine Neuordnung des Bestandes, die nun auch die bis dahin gesondert aufgestellten Milkeschen Bücher einbezog. Die neue Systematik gliederte den in handschriftlichen Bandkatalogen erfaßten Bestand in 11 Sachgruppen. Sie dient noch heute als Standortnachweis.

1.8 Die Erwerbungen im 20. Jh galten vorrangig der Geschichte des Stiftsgebietes und des gesamten Bistumssprengels. Hinzu kamen die Belegexemplare der nach stiftischem Archiv- und Bibliotheksgut erarbeiteten Publikationen sowie private Schenkungen. Erwähnt sei der zu Beginn des 20. Jhs übernommene Bibliothekskomplex des Rittergutsbesitzers Rohland auf Etzoldshain, Reichs- und Landtagsabgeordneter des Wahlkreises Naumburg-Zeitz-Weißenfels von 1860 bis 1888. Aus seiner Tätigkeit stammen die stenographischen Berichte des preußischen Land- und Deutschen Reichstags sowie seltene Drucke aus dem letzten Drittel des 19. Jhs. Die Privatbibliothek des Zeitzer Lehrers und Naturforschers Richard Leißling (1878-1957) enthält hingegen nur wenige Titel des 19. Jhs. Seine Sammlung wurde gesondert aufgestellt und erschlossen.

1.9 Die Stiftsbibliothek erlitt im Laufe der Jahrhunderte keine nennenswerten Verluste. Verloren gingen infolge von Kriegseinwirkungen auf die Stadt Wittenberg während des Zweiten Weltkriegs 48 Titel, die zu diesem Zeitpunkt an die Lutherhalle Wittenberg ausgeliehen waren. 1959 wurden der Stiftsbibliothek Restbestände der Bibliothek des Stiftsgymnasiums Zeitz übereignet ( s. u. 2.17).

1.10 Von der Stiftsbibliothek mitverwaltet wird die Domherrenbibliothek, die Kapitelsbibliothek des Kollegiatstifts Zeitz ( s. u. 2.18-2.20). Der historische Bestand der Domherrenbibliothek des um das Jahr 1030 gegründeten Kollegiatstifts Zeitz nimmt einen gleichberechtigten Platz neben dem der Stiftsbibliothek ein. Die Anfänge der Bibliothek lassen sich nicht mehr feststellen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß sie im 15. Jh vorhanden war. Ihre Bestände scheinen ausschließlich aus Schenkungen hervorgegangen zu sein. Eigene Bibliotheksfonds lassen sich nicht nachweisen. Auch der Kreis der Stifter beschränkt sich auf die Domherren.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Stiftsbibliothek

2.1 Bei einem Gesamtbestand einschließlich der Sonderbestände von ca. 35.000 Titeln umfaßt der historische Bestand insgesamt ca. 14.000 Titel. Davon entfallen auf den historischen Bestand der Stiftsbibliothek ca. 12.000 Titel. Neben 198 Inkunabeln dominieren Drucke aus dem 16. und 17. Jh. Die zeitlichen Schwerpunkte variieren jedoch zwischen den einzelnen Bestandsgruppen. So sind z. B. in der Gruppe Theologie 1,2 Prozent der Titel aus dem 15. Jh; 55,6 Prozent aus dem 16. Jh; 32 Prozent aus dem 17. Jh; 9,2 Prozent aus dem 18. Jh sowie 2 Prozent aus dem 19. Jh. In der Gruppe Jura sind 1,5 Prozent der Titel aus dem 15. Jh; 36 Prozent aus dem 16. Jh; 50 Prozent aus dem 17. Jh; 12 Prozent aus dem 18. Jh sowie 0,5 Prozent aus dem 19. Jh. Erwähnt seien auch die umfangreichen Publikationsserien des 18. und 19. Jhs, die bei einer Titel-Auszählung nur wenig ins Gewicht fallen.

2.2 Dem hohen Anteil von Drucken des 16. und 17. Jhs entspricht die Dominanz der lateinischen Sprache. Es folgt als Fremdsprache das Griechische. Zu Ende des 18. Jhs besaß die Stiftsbibliothek außerdem 167 Titel in Hebräisch, Chaldäisch bzw. Arabisch sowie 346 Titel in Spanisch, Italienisch und Französisch.

2.3 Die Beschreibung folgt der um 1840 erarbeiteten Systematik, die den Bestand in 11 Sachgebiete gliedert.

2.4 Die enzyklopädische Literatur (" Libri encyclopaedici") umfaßt 120 Titel. Vorhanden sind z. B. Johann Heinrich Zedlers Großes vollständiges Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste (68 Bde, Halle und Leipzig 1733-1754), Johann Georg Krünitz' Ökonomische Enzyklopädie (126 Bde, Berlin 1773-1818), Johann Samuel Ersch und Johann Gottfried Grubers Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste (167 Bde, Leipzig 1818-1882), Meyers Konversationslexikon (Leipzig und Wien 1896-1899) sowie das Journal des sçavans (182 Bde, Amsterdam 1665-1772). In der Gruppe sind auch allgemeinwissenschaftliche Werke zu finden, außerdem einige wenige Militaria, darunter vor allem Werke zum Festungsbau und zur Militärtechnik aus dem 17. Jh.

2.5 Die 340 Titel umfassende Sachgruppe zur Bibliographie und Literaturgeschichte (" Libri bibliographici") enthält bibliographische Nachschlagewerke, Bibliotheks- und Handschriftenkataloge, Gelehrten- und Schriftstellerlexika sowie Übersichtswerke zur europäischen Literatur- und Bibliotheksgeschichte. Vorhanden sind auch Literaturzeitungen, wie z. B. die Unschuldigen Nachrichten von alten und neuen theologischen Sachen (Leipzig 1701-1745).

2.6 Die Sachgruppe Geschichte (" Libri historici") stellt mit knapp 3000 Titeln den größten Komplex neben der Theologie. Die Mehrzahl der Werke stammt aus den Bibliotheken von Julius von Pflug, Thomas Reinesius und Benedikt Milke (allein ca. 800 Titel). Die Gruppe enthält 34 Inkunabeln. Besonders zahlreich vertreten sind die griechischen, römischen und byzantinischen Geschichtsschreiber in Ausgaben bis zum 19. Jh, wie das Corpus scriptorum historiae Byzantinae (Bonn 1829-1855). Einen breiten Raum nehmen Quellen- und Übersichtswerke zur europäischen Geschichte des Mittelalters ein. Unter den zahlreichen Chroniken ist auch eine Ausgabe der Schedelschen Weltchronik (Nürnberg 1493). Erwähnung unter den Ausgaben des 17. und 18. Jhs verdienen neben den Darstellungen zur Geschichte der europäischen Einzelstaaten vor allem die großen Übersichtswerke zur europäischen und Weltgeschichte, wie das Diarium Europaeum (38 Bde, Frankfurt und Berlin 1659-1683), die Teutsche Kriegskanzley auf die Jahre 1757-1763 (16 Bde, Frankfurt und Leipzig 1763) oder die von Siegmund Jacob Baumgarten, später von August Ludwig Schlözer herausgegebene Allgemeine Welthistorie (81 Bde, Halle 1744-1814).

2.7 Die Bibliothek besitzt spezielle Serien, wie z. B. die Acta eruditorum (80 Bde, Leipzig 1682-1745) oder die von Gotthilf August Francke und J. G. Knapp herausgegebenen Der Königl. Daenischen Missionarien aus Ostindien eingesandte ausführliche Berichte und deren Fortsetzung Nachricht von einigen evangelischen Gemeinden in America (44 Bde, Halle 1735-1770). Aus dem 19. Jh stammt die Description de l'Egypte (26 Bde, darunter 9 Bildbände mit großformatigen Zeichnungen, Paris 1821-1829). Kleinere Darstellungen, wie Dissertationen und Disputationen, runden den Bestand ab.

2.8 Vorhanden sind auch Titel zur Genealogie und Chronologie. Der Bestand zur Kirchengeschichte ist gut ausgestattet, angefangen von Ausgaben des antiken Kirchenhistorikers Eusebius bis zu reformationsgeschichtlicher Literatur. Hinzu kommen Quellenpublikationen wie Georg Spalatins Annales reformationis (Leipzig 1718) oder Karl Gottlieb Bretschneiders Corpus Reformatorum (Halle 1834-1852). Der Komplex Geographie, Topographie bzw. Kosmographie enthält neben Ausgaben antiker (Strabo und Ptolemäus) und mittelalterlicher Geographen (Gerhard Mercator) des 15. und 16. Jhs auch Kartenwerke des 17. und 18. Jhs.

2.9 Die umfangreichste Sachgruppe bildet mit über 3400 Titeln, davon 35 Inkunabeln, die Theologie (" Libri theologici"). Sie enthält nahezu alle älteren und neueren Kirchenschriftsteller, zahlreiche Ausgaben des Alten und Neuen Testaments, hebräische Bibeln, das griechische Alte und Neue Testament, das syrische Neue Testament, die Polyglotten sowie einen reichhaltigen Bestand an z. T. seltener Reformationsliteratur, ein Großteil davon aus der Pflug-Bibliothek. Genannt seien die Biblia cum glossa (Basel: Froben & Johann Petri 1498), die Complutensische Polyglotte (Alcala 1514-1517) sowie zwei von Erasmus besorgte Ausgaben des Neuen Testaments (Basel 1516 und 1519). Luther ist mit 270 Titeln vertreten, Melanchthon mit 70 und Erasmus mit 50, ohne die von ihm herausgegebenen und übersetzten Werke. Vorhanden sind auch Schriften katholischer Kontroverstheologen wie Hieronymus Emser (1477-1527), Johannes Cochläus (um 1479-1552) und Johann Eck (1486-1543). Erwähnung verdienen auch diverse Ausgaben der Kirchenväter und -schriftsteller (Augustinus, Ambrosius oder Origenes) aus dem ersten Drittel des 16. Jhs.

2.10 Vom Umfang her an dritter Stelle steht mit 1300 Titeln der juristische Bestand (" Libri juridici"). Die meisten Werke stammen aus den Schenkungen von Julius von Pflug und Thomas Reinesius. Die 19 Inkunabeln scheinen auf frühere Bischöfe zurückzugehen, wie Pflug meist Juristen. Die Gruppe enthält einen beachtlichen Bestand zum Kanonischen Recht und Römischen Zivilrecht. Im Vordergrund stehen Rechtsquellen und Rechtsauslegungen, wie die Dekretalen Gregors IX., die Werke von Gratian sowie Schriften bekannter Kommentatoren des Kanonischen Rechts, wie Nicolaus de Tudeschis (Panormitanus, Ende 14. Jh-1445) oder Johannes Andreae († 1348). Nennenswert im Bestand zum Römischen Recht sind vor allem die Ausgaben von Justinian mit Kommentaren italienischer Rechtsgelehrter wie Bartolus de Saxoferrato (1314-1357). Das frühe Deutsche Recht wird u. a. repräsentiert durch den Sachsenspiegel (Leipzig 1490). Erwähnung unter der Rechtsliteratur der Neuzeit verdienen vor allem die vielbändigen Ausgaben von Johann Christian Lünig (1662-1740) und Johann Jacob Moser (1701-1785). Daneben sind juristische Dissertationen und Disputationen vorhanden. Aus dem Nachlaß des Reichs- und Landtagsabgeordneten Rohland stammen die Verhandlungen des Hauses der Abgeordneten und des preußischen Herrenhauses (1860, 1867-1870), des Reichstages des Norddeutschen Bundes (1867-1870), des Deutschen Reichstages (1871-1888) und des Deutschen Zollparlaments (1868-1869) sowie weitere parlamentarische Veröffentlichungen.

2.11 Die Bestandsgruppe Philosophie (" Libri philosophici") umfaßt 700 Titel, darunter 42 Inkunabeln (6 Prozent), häufig frühe Ausgaben der antiken Philosophen. Genannt seien die griechischen Aristoteles-Ausgaben von Aldus Manutius (Venedig 1497 und 1498) und die Edition von Platons Werken in Griechisch und Latein (Lyon 1590) sowie eine griechische Ausgabe seiner Werke (Venedig: Aldus Manutius 1513), außerdem die Werke Senecas (Treviso 1478). Die Gruppe enthält Werke zur Moralphilosophie ( z. B. Epiktet und Plutarch), Dialektik und Naturphilosophie. In die Gruppe Philosophie eingeordnet wurden auch Titel wie Albertus Magnus, Liber mineralium (Köln 1499 und Oppenheym 1512), Konrad Gesner, Historia animalium (Zürich 1551-1558), Georg Agricola, De re metallica libri XII (Basel 1556), Noel Antoine Pluche, Schau-Platz der Natur ( Wien und Nürnberg 1753-1755 sowie Frankfurt und Leipzig 1761) oder George Louis Leclerc de Buffon, Allgemeine Naturgeschichte (Berlin 1771-1809).

2.12 Die Gruppe " Libri epistolographici et biographici" umfaßt ca. 700 Titel. Erwähnung unter den frühen Ausgaben verdient vor allem Aeneas Silvius, Epistolae familiares (Nürnberg 1486). Biographische Literatur ist aus dem 16. und 17. Jh, aber auch aus den nachfolgenden Jahrhunderten gleichmäßig vorhanden.

2.13 Die Gruppe " Libri poetae, mythologici" umfaßt mehr als 800 Titel. Neben einigen Inkunabeln stammt der Großteil der Werke aus dem 16. Jh, darunter z. B. Ausgaben von Aristophanes und Sophokles (2), Vergil (15. Jh 2, 16. Jh 11), Ovid (14), Euripides (5), Horaz (7), Lukrez (2), Terenz (15. Jh eine, 16. Jh 11), Prudenz (2), Juvenal (6), Catull (eine) sowie Aesop (3). Vorhanden sind auch Ausgaben älterer spanischer, italienischer und französischer Prosaiker und Lyriker.

2.14 In der kleinen Gruppe " Libri oratores, rhetores" (ca. 300 Titel) finden sich 42 Inkunabeln (14 Prozent). Unter den vor allem von Pflug gesammelten Rhetorikern hervorgehoben seien Demosthenes, Isokrates und Cicero.

2.15 Die Gruppe " Libri philosophici, critici, grammatici, lexographici" (über 1200 Titel) erhielt den größten Zuwachs aus den Bibliotheken von Reinesius und Milke. Sie führten ihr die wichtigsten griechischen und lateinischen Klassiker in ausgewählten kritischen Werkausgaben zu. Vorhanden sind auch Quellenwerke wie Ludwig Anton Murators Novus thesaurus veterum inscriptionum (Mailand 1739-1742) oder Johann Georg Graevs Thesaurus antiquitatum Romanorum et historiarum Italicae (56 Bde, Leiden, Utrecht und Lyon 1694-1725).

2.16 Die " Libri mathematici, physici, medici" umfassen insgesamt 300 Titel und entstammen hauptsächlich den Sammlungen von Pflug und Reinesius. Breiten Raum unter den 16 Inkunabeln und Ausgaben des 16. Jhs nehmen die antiken Autoren ein. Von Claudius Ptolemaeus liegen allein 12 Titel vor, darunter die Cosmographia cum subiectis tabulis (Ulm 1486). Ebenfalls in frühen Ausgaben vertreten sind Hippokrates (Libellus de medicorum astrologia, Venedig 1485), Galenus, Celsus, Euklid ( u. a. Elementa geometrica, Venedig 1482) oder Diadochus Proklos († 485; u. a. Sphaera, Venedig 1499 und Köln 1543). Die vorhandenen Werke zur Meteorologie gehen auf das 16. Jh zurück. Erwähnung verdienen auch die Erstausgaben von Sebastian Münster und Georg Agricola ( u. a. zum Türkenkrieg). Aus dem 17. Jh sind einige Standardwerke zur Architektur hervorzuheben. Sonderbestände Bibliothek des Stiftsgymnasiums Zeitz

2.17 Im Jahre 1959 wurden der Stiftsbibliothek die geringen Restbestände der Bibliothek des ehemaligen Stiftsgymnasiums Zeitz übereignet (748 Bde), das seit dem Tode von Bischof Philipp 1541 im freigewordenen Franziskanerkloster untergebracht war, in das 1828 auch die Stiftsbibliothek einzog. Die seit 1661 über gesonderte Fonds für Bücherankäufe verfügende Gymnasialbibliothek erfuhr ihre größten Zuwächse im 19. Jh (4700 Titel). Dieser zeitliche Schwerpunkt spiegelt sich auch in dem heutigen Restbestand, der zum überwiegenden Teil aus dem 19. Jh stammt. Aus dem 18. Jh liegen nur 23 Bde vor, aus dem 17. Jh 19 sowie aus dem 16. Jh 22. Der Bestand gliedert sich in 16 Hauptgruppen, z. B. die " Griechische Sprache" (200 Bde, 80 Prozent davon in Griechisch). Die Gruppe enthält neben Lexika, Grammatiken und Übungsbüchern die üblichen Textausgaben der an humanistischen Gymnasien gelesenen griechischen Schriftsteller, darunter 2 Aristoteles-Ausgaben sowie Homers Ilias in einer Ausgabe aus dem 16. Jh. Die Gruppe " Lateinische Sprache" (183 Bde, 80 Prozent davon in Latein) folgt demselben Ordnungsprinzip. Den größten Raum nehmen neben Lexika, Grammatiken und Übungsbüchern Textausgaben der bekannten lateinischen Autoren ein, darunter auch Cicero- und Hyginus-Ausgaben aus dem 16. Jh. In der Gruppe " Theologie" (86 Bde) finden sich neben Titeln zur Kirchengeschichte ( u. a. Ausgaben der Kirchenväter in Latein und Griechisch) 8 Bibeln sowie andere Werke in Hebräisch. Im Bereich Geschichte (115 Bde) dominieren Darstellungen zur Preußischen Geschichte aus dem 19. Jh sowie Quellen-Lesebücher. Domherrenbibliothek

2.18 Den besonderen Wert bezieht die Domherrenbibliothek ( s. o. 1.10) neben den Handschriften vor allem aus den frühen Drucken. 87 Prozent des Bestandes sind Inkunabeln und Postinkunabeln. Dagegen sind das 17. und 18. Jh nur noch mit einem kleinen Anteil vertreten. Die Erwerbungen des 19. Jhs dienten ausschließlich Verwaltungsaufgaben.

2.19 Allein 160 Titel (fast 75 Prozent) der 215 Inkunabeln behandeln das Römische Zivilrecht und das Kanonische Recht. Vorhanden sind u. a. die Rechtskodifikationen von Kaiser Justinian, die Dekretalen von Papst Gregor IX., Bonifaz VIII. und Innocenz IV. mit Kommentaren, hauptsächlich von Vertretern der italienischen Schule, wie Bartolus de Saxoferrato, Baldus de Ubaldis († 1400), Nicolaus de Tudeschis (Panormitanus), Alexander Tartagnus de Imola († 1477) sowie Johannes Andreae oder Johannes de Imola (15. Jh). Die Drucke stammen fast ausschließlich aus italienischen Offizinen, vornehmlich aus Venedig. Aus deutschen Druckereien liegen nur vereinzelt Ausgaben vor. Das deutsche Recht ist mit einer Ausgabe des Sachsenspiegel (Basel 1474) vertreten. Die meisten dieser Juridica stammen aus dem Besitz von Nicolaus Thilemann († 1531), einem Juristen und Kanoniker des Kollegiatstifts Zeitz.

2.20 Der Anteil der Theologie beträgt knapp 15 Prozent. Vorhanden sind u. a. Schriften von Thomas von Aquin und Augustinus. Der Rest des Bestandes ist den Bereichen Philosophie und Poetik zuzuordnen, darunter auch Ausgaben von Aristoteles, Boccaccio und Petrarca. Die aus dem 16. Jh stammende Literatur hat ebenfalls juristischen Charakter, bis auf einige theologische Titel, die die aktuellen Glaubensauseinandersetzungen widerspiegeln.

3. KATALOGE

3.1 Moderne allgemeine Kataloge

Alphabetischer Katalog [in Zettelform; nach PI; seit 1988 nach RAK]

Systematischer Katalog [in Bandform]

Brinkmann, Adolf: Alphabetischer Katalog der in der Königl. Stiftsbibliothek zu Zeitz vorhandenen Druckwerke. Zeitz 1910 [überdurchschnittlich hohe Fehlerquote]

Akzessionskataloge [in Bandform]

3.2 Moderne Sonderkataloge

Bech, Fedor: Verzeichnis der alten Handschriften und Drucke in der Domherren-Bibliothek zu Zeitz. Berlin 1881

Schrimpf, Otto: Verzeichnis der Bücher der Bibliothek des Königlichen Stifts-Gymnasiums zu Zeitz. 2 Teile. Zeitz 1901-1902 (Jahresbericht des Stiftsgymnasiums Zeitz. 1901-1902) [1901: Programm Nr. 275; 1902: Nr. 282; Beilagen]

Verzeichnis der Inkunabeln der Stiftsbibliothek Zeitz [mschr.]

Verzeichnis der Inkunabeln der Domherrenbibliothek Zeitz [mschr.]

3.3 Historische Kataloge

Alle historischen Kataloge ab 1565 sind lückenlos überliefert. Im folgenden werden nur die wichtigsten Kataloge aufgeführt.

Index librorum veteris bibliothecae ...

[1565; erstellt von Johannes Rivius in: Domstiftsarchiv Naumburg Tit. XVI Nr. 3 Bl. 74-82]

Index bibliothecae, quam instructam in arci Cizensi ... [1565; erstellt von Johannes Rivius in: Domstiftsarchiv Naumburg Tit. XVI Nr. 3 Bl. 1-73]

Index bibliothecae

[1595; erstellt von Athanasius Schmidt (Faber) in: Domstiftsarchiv Naumburg Tit. XVI Nr. 4]

Index Bibliothecae Priscorum Episcoporum potissimam vero partem Julii; Index Bibliothecae Novae post Julii tempora instructae

[1649; erstellt von Johann Zader]

Systematischer Katalog

[Bandkatalog; ab ca. 1675; 21 Bde]

Nominalkataloge. 5 Bde

Catalogus Bibliothecae Milkianae

[aus dem Jahr 1789]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Stiftsbibliothek Die überlieferten Archivalien zur Geschichte der Stiftsbibliothek befinden sich an unterschiedlichen Standorten. Nur die wichtigsten Bestände werden aufgeführt. Domstiftsarchiv Naumburg: Tit. XVI. Bibliothekssachen [umfaßt die Sachakten des Domkapitels zur Zeitzer Stiftsbibliothek ab dem Jahre 1565]

Tit. XXII. Kapitelsprotokolle [enthält die wichtigsten Beschlüsse zur Zeitzer Stiftsbibliothek, besonders ab 1594]

Archiv des Prokuraturamts Zeitz: Bibliothekssachen [Unterlagen zum Bibliotheksetat und zur Anschaffungspolitik]

Registratur der Stiftsbibliothek [Dienstregistratur ab 1760]

Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden:

[Angaben zur Stiftsbibliothek finden sich in verschiedenen Beständen des Sächsischen Hauptstaatsarchivs Dresden]

Domherrenbibliothek Archiv des Kollegiatstifts Zeitz: [Bibliothekssachen]

Schulbibliothek Stiftsbibliothek Zeitz: Bibliotheca scholae Cizensis [Katalog pag. 77 Nr. 15]

4.2 Darstellungen

Die Stiftsbibliothek in Zeitz. In: Allgemeiner literarischer Anzeiger (1801) Nr. 177, S. 1711-1712

Müller, Christian Gottfried: Geschichte und Merkwürdigkeiten der Stiftsbibliothek in Zeitz. Leipzig 1808

Petzholdt, Julius: Zur Literatur der Naumburg-Zeitzer Stiftsbibliothek zu Zeitz. In: Serapeum 1 (1840) Heft 14, S. 215-218

Bech, Fedor: Vorwort zur Geschichte der Bibliothek. In: ders.: Verzeichnis der alten Handschriften und Drucke in der Domherren-Bibliothek zu Zeitz. Berlin 1881

Brinkmann, Adolf: Die Königliche Stifts-Bibliothek in Zeitz von 1564 bis 1909. In: ders.: Alphabetischer Katalog der in der Königl. Stiftsbibliothek zu Zeitz vorhandenen Druckwerke. Zeitz 1910, S. I-XV

Wießner, Heinz: Bibliotheksgeschichte. In: Wießner, Heinz (Bearb.): Das Bistum Naumburg. Bd 1. Berlin, New York 1997, S. 93-103 (Germania Sacra N. F. 35: Die Bistümer der Kirchenprovinz Magdeburg 1)

Stand: Januar 1999

Roswitha Nagel


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.