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Bibliothek der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde

Adresse. Pfarrhof 10, 99310 Arnstadt [Karte]
Telefon. (03628) 74 09 60

Unterhaltsträger. Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Arnstadt
Funktion. Spezialbibliothek. Sammelgebiet. Theologische Fachliteratur.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung empfehlenswert. Vom Hauptbahnhof Arnstadt Fußwegnähe (ca. 10 Minuten) Richtung Marktplatz. A 4 (E 40), Ausfahrt Arnstadt. Parkmöglichkeiten in der Nähe der Kirche.

1. BESTANDSGESCHICHTE
Ältere historische Kirchenbibliothek

1.1 Nachdem 1538 die Franziskaner-Mönche bei ihrem ultimativen Abzug aus dem 1246 gegründeten Arnstädter Barfüßerkloster entgegen der Absprache wohl doch ihren Büchervorrat mitgenommen hatten, waren " wohlgesinnte und Wissenschaften-liebende Gemüther" darum bemüht, eine " öffentliche Bücher-Sammlung vor Kirch- und Schul-Bediente" anzulegen. 1583 vermachte Leo Packmor, oldenburgischer Drost auf Delmenhorst († 1583), den es im Gefolge des Grafen Günther XLI. von Schwarzburg, genannt der Streitbare (Bellicosus; 1529-1583, reg. seit 1552), nach Arnstadt verschlagen hatte, der Schule (im ehemaligen Barfüßerkloster) und der Kirche ein Legat von 6000 Meißnischen Gulden. Dessen Zinsen sollten auch zur Gründung einer Bibliothek in der Sakristei der Barfüßerkirche (die wegen ihrer Lage später auch als Oberkirche bezeichnet wurde) verwendet werden.

1.2 Im Jahre 1588 wurden die ersten Bücher auf der Michaelismesse in Frankfurt a. M. gekauft (das erste eingetragene Werk ist das Testamentum novum Graece, Latine, Syriace ... von Joannes Immanuel Tremellius, Heidelberg 1569) und auf Anordnung des damaligen Superintendenten Friedrich Rothe (1548-1598) im Juli 1589 in einem vergitterten Schrank in der Sakristei aufgestellt. In diesem Raum befindet sie sich noch heute; linker Hand der Eingangstür steht der Grabstein des Stifters, über dem gotischen Türbogen wird in der Inschrift auch auf die Bibliothek angespielt (" mille instructa libris hinc bibliotheca super- bit ...").

1.3 Im Jahre 1590 kamen 41 Bücher aus der Bibliothek des Gräflich-Schwarzburgischen Leibarztes, Arnstädter Stadtphysikus und (seit 1595) Stadtschreibers Mag. Johann Wittich (1537-1596) hinzu. Es handelte sich um medizinische, physikalische und philosophische Schriften, die aber größtenteils wieder verkauft, getauscht oder weggegeben wurden. Im gleichen Jahr wurden 49 Werke, großenteils patristische Werke, aus dem Besitz des Hofpredigers und (seit 1592) Diakons an der Barfüßerkirche und späteren Kemnitzer Superintendenten, Lorenz Drabitius, erworben. Aus der Bürgerschaft gingen Buch- und Geldgeschenke ein, so von dem Ratsherren Nicolaus Fischer (1561-1626) 1592 einige Werke und 1603, als er Bürgermeister war, 100 fl. (Gulden) zur Anschaffung von Büchern. 1607 wurde die Danksagung in Gedichtform, auf Pergament gedruckt, in der Sakristei öffentlich ausgehängt.

1.4 Gräfin Catharina (1543-1624), Witwe des Günther Bellicosus, als geborene Gräfin von Nassau eine Schwester Wilhelm von Oraniens (1533-1584), stiftete 1593 nach ihrer glücklichen Rückkehr aus den Niederlanden (am 17. Juli) eine kostbare achtbändige polyglotte Bibel (Antwerpen: Plantin 1569-1572) für die neubegründete Kirchenbibliothek; am 23. Oktober 1594, 11. März und 10. April 1595 und am 13. Februar 1618 folgten weitere Geschenke. Ihr Vorbild veranlaßte Catharina Stieffel 1607 in ihrem Testament die Kirchenbibliothek mit 20 Meißner Gulden zu bedenken. Die dafür gekauften Bücher tragen ihren Namen.

1.5 Im Jahre 1609 wurden aus dem Nachlaß von Esaias Silberschlag (1560-1606), Professor der Theologie und der hebräischen Sprache an der Universität Erfurt und Pfarrer der Augustiner-Gemeinde, ca. 100 Bde theologischer Fachliteratur gekauft, größtenteils Inkunabeln. Silberschlag hatte die Bücher auf allen Stationen seines Lebens (Jena, Erfurt, Marburg, Bunzlau, Halberstadt und wieder Erfurt) zusammengetragen, meist patristische und scholastische Werke, deren Einbände in Augsburg, Leipzig, Komotau und Erfurt (speziell in den Werkstätten des Nicolaus von Havelberg und von Ulrich Frenckel) gefertigt wurden. Sie prägen bis heute den Charakter der Bibliothek. Daneben gab es auch Stiftungen von Einzelwerken, wie eine Koberger-Bibel aus dem Besitz des Gräflich Schwarzburgischen Amt- und Kornschreibers Johannes Kö(h)ler (1603-1683, s. u. 2.4).

1.6 Die eingegangenen Stiftungsgelder wurden zu gezielten Buchankäufen nach den Vorstellungen der Bibliotheksbeauftragten verwendet, z. B. ermöglichte 1617 der Hof- und Justizrat Christoph Rauch die Anschaffung der im gleichen Jahr erschienenen zweibändigen Ausgabe der Historia sui temporis, des Hauptwerkes des Jacques Auguste de Thou (Frankfurt a. M.; gebunden 1618). Das Legat von 84 Florin, das Jobst von Pyrmont 1621 für die Bibliothek aussetzte, war für lange Zeit die letzte Zuwendung. Wilhelm Ernst Tentzel (1704 nach Struve) und Christian Juncker (1709 nach Tentzel) lobten die Arnstädter Bibliothek, die mit frühen Ausgaben zahlreicher christlicher und römischer Schriftsteller ausgestattet sei. 1701 charakterisierte Johann Christoph Olearius sen. die Bibliothek wie folgt: " Anitzo ist sie in guter Ordnung, und kan darinne eine feine Anzahl von Patribus, Exegeticis, Historicis, allerhand kostbaren Operibus, und andern guten Büchern zeigen. Wodurch denen Gelehrten und Studierenden in der Stadt und gantzem Lande, ein großer Vortheil und Nutzen gestifftet wird" (Olearius sen., Historia, S. 72).

1.7 Abwertung von Geld, Teuerung, Brandschäden, die große Pest von 1625 und das Wüten des Dreißigjährigen Krieges führten zu einer Stagnation in der Bibliotheksentwicklung; der Bücherkauf wurde zeitweilig aus Bußgeldern bestritten. Durch Graf Anton Günther II. von Schwarzburg-Sondershausen (*1653; reg. 1681-1716), der 1697 in den Reichsfürstenstand erhoben und damit Fürst zu Schwarzburg-Arnstadt wurde, erlangte die Bibliothek in der nunmehrigen Residenzstadt aufgrund des von ihm veranlaßten Restaurations- und Stiftungsbriefes vom 2. Dezember 1684 für kurze Zeit einen relativ gesicherten Etat, der aber bald wieder versiegte. Es wurde an " geist- und weltliche Gelehrte" appelliert, durch freiwillige Geschenke die Bibliothek zu bereichern. Möglicherweise stammen einige Bände der Bibliothek auch aus der von Anton Günther II. neu eingerichteten Fürstlichen (Schloß-)Bibliothek, die dieser allerdings schon bald dem Fürsten Günther von Schwarzburg-Sondershausen (*1678; reg. 1720-1740) schenkte.

1.8 Die Bibliotheksverwaltung wurde dem jeweils untersten Diakonus übertragen. Er hatte jährlich dem Konsistorium über die geleistete Arbeit Bericht zu erstatten und über die Kassenverhältnisse Rechenschaft zu geben. Erster Bibliothecarius wurde auf diese Weise Mag. Martin Müller († 1694), der auch den ersten Katalog anlegte. Durch zahlreiche Anschaffungen hatte die Bibliothek nach und nach den Charakter einer öffentlichen Bibliothek angenommen, so daß Johann Christoph Olearius (1668-1747) 1701 berichten konnte, daß sie im Unterschied zur Hochgräflichen Bibliothek die Stadt- oder Kirchenbibliothek genannt werde (Olearius sen., Historia, S. 71).

1.9 Johann Christian Olearius betont in der Vorrede zu seinem Katalog, daß in der Bibliothek " Moden-Postillen" und zeitgenössische Predigten nicht anzutreffen seien, auch, solange er die Bücheranschaffung in den Händen habe, nicht angekauft würden. " Sucht jemand aber gute Codices und Versiones Bibliorum, Exegeten und tüchtige Commentatores auch andere Prakticos, der findet sie zur Genüge. Es fehlt auch vor Liebhaber nicht an Philologis, Scriptoribus in Hist. Eccles. et Civili u. a. m." (Olearius jun., Nachricht, Vorrede, Bl. [22v]).

1.10 Die Ausleihordnung der Bibliothek ist ein frühes Beispiel für eine liberal und demokratisch geregelte Bibliotheksbenutzung. Jeder Bürger konnte Bücher bis zu vier Wochen entleihen. Die Zweckbestimmung der Bibliothek lag nach Absicht des Stifters Leo Packmor und ihres Neubegründers Graf Anton Günther II. in der Förderung der Wissenschaften in den Schwarzburgischen Landen; sie war den Lehrern und Schülern des angrenzenden Gymnasiums unmittelbar zugänglich.

1.11 Von 1722 bis 1736 trat wieder eine Phase des Stillstandes in der Bibliotheksentwicklung ein, die dadurch beendet wurde, daß Johann Christian Olearius (1699-1776) die Bibliotheksarbeit übertragen wurde (bis 1748). Er ordnete die Bücher neu nach systematischen Gesichtspunkten (" Hauptmaterien"), legte ein neues Verzeichnis an und verwahrte sie in Schränken. Dabei fiel ihm auf, daß zahlreiche Titel abhanden gekommen waren, sei es durch Feuer in fremden Häusern, Diebstahl oder " Vertauschungen". 1746 ließ Olearius auf hohen Befehl und auf Kosten der Bibliothek den ersten Katalog drucken, um die wertvollen Bestände öffentlich bekannt zu machen und zur Vermehrung und Benutzung derselben anzuregen.

1.12 In ihrer inneren Struktur und äußeren Gestalt hat sich die Bibliothek seit Olearius' Zeiten nicht mehr verändert, da sie späterhin nur gelegentlich und ab 1800 kaum noch ergänzt wurde. Sie bildete seitdem, wie Eduard Weise (1862-1951; Diakon in Arnstadt und Superintendent in Gehren) 1908 feststellte, ein historisch gewachsenes, in sich abgeschlossenes Ganzes. Sie ist eine der ältesten überlieferten protestantischen Kirchenbibliotheken in Thüringen. Wegen ihrer bibliotheksgeschichtlichen Bedeutung und wegen ihres musealen Charakters (Aufstellungsort und kulturelles Umfeld, originale Regalausstattung, Porträts der Amtsträger) wird sie als wertvolles historisches Arbeitsinstrumentarium von Generation zu Generation überliefert. Das 1908 von Weise erarbeitete Neue Verzeichnis der Kirchen-Bibliothek setzte den Schlußpunkt der Bestandserfassung. Weise führte einheitliche Signaturen ein, zählte (unter Beibehaltung der alten Ordnung) 2131 Bde (einschließlich der Inkunabeln und Hss.) und sichtete die Lutherdrucke (56 Folianten, 61 Sammelbände Quart- und 70 Sammelbände Oktavschriften).

Ephoralbibliothek

1.13 Sie vereinigt die im 19. Jh erworbenen, fast ausschließlich theologischen Werke und wurde Ende des 19. Jhs aus bibliothekspraktischen Gründen von der älteren historischen Kirchenbibliothek abgetrennt. Sie befindet sich heute, zu einem Teil magaziniert, in der Fürstenloge der Bonifatiuskirche, an der von 1703 bis 1707 der junge Johann Sebastian Bach (1685-1750) als Organist wirkte und die deshalb auch als Bachkirche bezeichnet wird, zum anderen Teil (aktuelle Literatur) im Stadtkirchenamt im Pfarrhof. Sie bildete sich im 19. Jh auf der Grundlage eines Lesezirkels heraus und wurde, wie die Provenienzen belegen, durch Ankäufe und Geschenke erweitert. Seit dem Ende des 19. Jhs diente sie zugleich als Diözesanbibliothek. Noch 1922 waren mit ihr zwei Lesezirkel verbunden. Sie zählt heute über 3000 Bde.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Ältere historische Kirchenbibliothek

2.1 Der am Katalog ausgezählte Bestand umfaßt 2005 Titel, ohne die 4 Hss. und 71 Inkunabeln und die Leichenpredigten. 977 Titel (49 Prozent) stammen aus dem 16. Jh, 642 (32 Prozent) aus dem 17. Jh, 307 (15 Prozent) aus dem 18. Jh und 79 (4 Prozent) aus dem 19. Jh.

2.2 Der überwiegende Teil ist in lateinischer Sprache (1064 Titel, 53 Prozent), 930 Titel sind in deutscher Sprache (46,5 Prozent). Die übrigen Sprachen sind ohne Belang (Französisch 5, Englisch einer, sonstige Sprachen 5).

2.3 Die Bibliothek enthält Literatur zu folgenden Fachgebieten: (1) Theologie (970 Titel, 48,5 Prozent; 16. Jh 446, 17. Jh 357, 18. Jh 125, 19. Jh 42); (2) Kirchengeschichte (323 Titel, 16 Prozent; 16. Jh 192, 17. Jh 69, 18. Jh 55, 19. Jh 7); (3) Allgemeine Geschichte (216 Titel, 10,8 Prozent; 16. Jh 104, 17. Jh 79, 18. Jh 29, 19. Jh 4); (4) Philologie (113 Titel, 5,7 Prozent; 16. Jh 61, 17. Jh 28, 18. Jh 21, 19. Jh 3); (5) Staat und Recht (91 Titel, 4,6 Prozent; 16. Jh 27, 17. Jh 23, 18. Jh 36, 19. Jh 5); (6) Gelegenheitsschriften (88 Titel, 4,4 Prozent; 16. Jh 61, 17. Jh 17, 18. Jh 6, 19. Jh 4); (7) Naturgeschichte, Medizin (70 Titel, 3,5 Prozent; 16. Jh 26, 17. Jh 35, 18. Jh 8, 19. Jh einer); (8) Philosophie (43 Titel, 2 Prozent; 16. Jh 20, 17. Jh 14, 18. Jh 4, 19. Jh 5); (9) Allgemeines (32 Titel; 16. Jh 7, 17. Jh 2, 18. Jh 17, 19. Jh 6); (10) Geographie (28 Titel; 16. Jh 12, 17. Jh 13, 18. Jh 2, 19. Jh einer); (11) Biographien (24 Titel; 16. Jh 14, 17. Jh 5, 18. Jh 4, 19. Jh einer); (12) Musik (7 Titel, 16. Jh).

2.4 Unter den (nach Weise) 2131 Bdn des Gesamtbestandes befinden sich 71 Inkunabelbände und 4 Hss., darunter eine aus dem Zisterzienserkloster Walkenried stammende Pergamenthandschrift (Biblia Latina) des 13. Jhs, die 1623 Friedrich Felder († 1625) der Bibliothek übereignete, wie aus der Schenkungsurkunde hervorgeht. Ältester Druck der Arnstädter Bibliothek ist Bartolus de Saxoferrato, Tractatus quaestionis ventilatae coram Christo inter virginem Mariam et Diabolum (Pavia 1473). Weitere Druckorte der Inkunabeln sind Venedig, Straßburg, Basel, Nürnberg, Bamberg, Köln, Ulm, Memmingen, Paris und Lyon. Einträge in den Bänden und Prägungen auf den Buchdeckeln bezeugen die enge Verbundenheit der Arnstädter Bürger mit der Bibliothek. Außerdem ist die um 1600 in einer Leipziger Werkstatt von Paul Wagner gebundene Bibel (Nürnberg: Koberger 1483) zu erwähnen.

2.5 Die Bestandsbildung begann 1588 mit der Erwerbung von Schriften der Kirchenväter und der damals " berühmten reinen Gottes-Gelehrten" wie Luther, Melanchthon, Brentius, Selneccer, Aegidius Hunnius u. a. Herzog Christian I., Kurfürst zu Sachsen (*1560; reg. 1586-1591), schenkte der Bibliothek (oder einem unbekannten Spender) 1590 eine 1574 in Wittenberg bei Johann Krafft gedruckte Biblia Germanico-Latina, deren zehn, durch Rollen und Platten verzierte Renaissance-Einbände 1579 in der Werkstatt des Dresdner Hofbuchbinders Jacob Krause (1531-1585) gefertigt wurden. Mit ihren Blindpressungen gehören sie zu den einfacheren Werkstattarbeiten des Meisters. Die übrigen Renaissance-Einbände stammen aus Wittenberg, Leipzig und Erfurt ( z. B. aus der Werkstatt von Georg Kirsten). Die restlichen Einbände, sämtlich in gutem Erhaltungszustand, sind meist schlichte Schweinslederbände mit dem Aufdruck K(irchen) B(ibliothek) Z(u) A(rnstadt). Zur Eigentumskennzeichnung wurde auch ein Präge-Exlibris mit einem Adler (dem Wappentier Arnstadts) verwendet.

2.6 Die Bibliothek besitzt eine Reihe bedeutender Bibeln, darunter eine Koberger-Bibel (s. o. 2.4), die Wormser Bibel von 1529, die schon Olearius jun. als Besonderheit anführte, ein Testamentum novum Graece, Latine, Syriace ... (Heidelberg 1569), eine Biblia Germanico-Latina (s. o. 2.5) und eine Wittenberger Bibel von 1682. Letztere gelangte vermutlich durch Anton Günther II. in die Kirchenbibliothek, ein Exemplar, in dem er seinen handschriftlichen Eintragungen zufolge täglich las. In der Bibelsammlung befindet sich auch die eigenwillige Übersetzung des Neuen Testaments durch Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700-1760), die er auf seiner Reise nach Amerika anfertigte (Büdingen 1739).

2.7 Eine Besonderheit der Bibliothek ist die bedeutende Sammlung von (nach Belwe, s. u. 4.2) 1011 Lutherdrucken, die Olearius sen. der Bibliothek vermachte. Sie war in dreißigjähriger Sammeltätigkeit entstanden und übertraf zu ihrer Zeit die des Herzogs Rudolf August von Braunschweig-Lüneberg (1627-1704), die an die Universitätsbibliothek Helmstedt ging. Mit Hilfe dieser Sammlung von Lutherdrucken wurde damals die von Johann Georg Walch (1693-1775) herausgegebene neueste vermehrte Ausgabe von Luthers sämtlichen deutschen Schriften bei Gebauer in Halle 1740 bis 1753 gedruckt. Diese befindet sich heute in zwei Exemplaren sowohl im Bestand der älteren historischen Kirchenbibliothek als auch in der Ephoralbibliothek.

2.8 Die Bibliothek besitzt zahlreiche Werke der Exegese, Patristik, Scholastik und Kirchengeschichte. An theologischen Schriften finden sich Werke beider Konfessionen, wobei jedoch die theologischen Strömungen innerhalb der protestantischen Kirche überwiegen. Vorhanden sind zahlreiche Schriften von Johann Gerhard (1582-1637), der in Jena als ein bedeutender Vertreter der lutherischen Orthodoxie wirkte und dessen Bruder Andreas von 1621 bis 1623 in Arnstadt Kanzler war, aber auch die Theologischen Bedencken von Philipp Jacob Spener (1635-1705) und die Kirchen- und Ketzer-Historie (Halle 1712-1721) des radikalen Pietisten Gottfried Arnold (1655-1714). Die Bibliothek besitzt 17 Sammelbände mit 318 Leichenpredigten, zahlreiche Gesangbücher (darunter ein Unikat mit nur 8 Liedern, Erfurt 1525) und mehrere Chorbücher (das älteste von 1520). An nicht-theologischen Schriften sind besonders Werke zur Geschichte zu erwähnen, darunter zahlreiche Chroniken, z. B. Jacques Auguste de Thou, Historia sui temporis (Frankfurt a. M. 1617). Außerdem ist ein unvollständiges Exemplar des Zedlerschen Universallexikons vorhanden. Ephoralbibliothek

2.9 Der am Regal ausgezählte historische Bestand umfaßt 1892 Bde (63 Prozent des Gesamtbestandes). Davon stammen 15 Bde aus dem 17. Jh, 109 (5,9 Prozent) aus dem 18. Jh und 1768 (93,4 Prozent) aus dem 19. Jh. Er ist zu 98 Prozent deutschsprachig.

2.10 Innerhalb der Fachgruppen steht naturgemäß das theologische Schrifttum mit 753 Bdn (40 Prozent) an erster Stelle (17. Jh 8, 18. Jh 40, 19. Jh 705). Es folgen die Gruppen Allgemeine Geschichte, Ortsgeschichte mit 243 Bdn (13 Prozent; 17. Jh 2, 18. Jh 4, 19. Jh 237); Pädagogik, Schulwesen mit 170 (9 Prozent; 18. Jh 7, 19. Jh 163); Biographien mit 49 (2,5 Prozent; 18. Jh einer, 19. Jh 48); Literatur, Kunst, Musik mit 46 (2,4 Prozent; 18. Jh 3, 19. Jh 43); Geographie mit 38 (2 Prozent; 19. Jh); Philosophie, Recht mit 26 (19. Jh) und Naturkunde, Medizin mit 16 (18. Jh 2, 19. Jh 4). Außerdem liegen 273 Bde Fachzeitschriften vor (14 Prozent; 19. Jh), 149 Gesangbücher (8 Prozent; 18. Jh 44, 19. Jh 105) und 129 Bde Lexika (7 Prozent; 17. Jh 5, 18. Jh 8, 19. Jh 116).

2.11 An Arnstädter Provenienzen begegnen u. a. das Fürstliche Gymnasium, die Fürstliche Realschule, der Evangelische Männer- und Jünglingsverein, die Landschullehrer-Bibliothek und die Bücherei der Bürgerschulen. Die von dem Superintendenten Hans Prautzsch (1901-1980) laufend ergänzte Gesangbuchsammlung ist besonders hervorzuheben.

3. KATALOGE

Ältere historische Kirchenbibliothek:

Rothe, Friedrich: Inventarium aller gebundenen bücher in der Bibliothec der Barfüsser Kirchen zu Arnstadt. 22. Januarij Anno Christi 1591

[hschr. Liste]

Inventarliste unter Aufsicht des Arnstädter Notars Johannes Stigel. 1597

[Müller, Martin:] Catalogus librorum Bibliothecae Ecclesiasticae. 1687

Gedruckter Katalog nach Sachgruppen. In: Johann Christian Olearius: Kurtze doch hinlängliche Nachricht ... 1746, S. 1-143 [ s. u. 4.2]

Verzeichniß der Bücher, welche seit 1771 in die Kirchenbibliothek gekommen sind und in dem alten Kataloge nicht stehen: gefertiget im Sommer 1852 von Ernst Carl Rauch, Diakonus. Fortgesetzt und ergänzt von G. Stephani, Diakonus (bis 1862); R. Michael, Diac. (von April 1862 an)

[1771-1862; hschr. Liste nach Fachgruppen]

Weise, E[duard]: Neues Verzeichnis der Kirchen-Bibliothek in Arnstadt i. Th. Arnstadt 1908

[alphabetisch nach Verfassern und Sachtiteln]

Systematischer (Standort-) Katalog

[in Zettelform; Sonderkatalog für Leichenpredigten, Hochzeitsreden und -gedichte]

Ephoralbibliothek:

Nachtrag zum Verzeichniss der Arnstädter Kirchenbibliothek. Arnstadt 1892 [nach Sachgruppen]

Verzeichnis der neuen Kirchenbibliothek zu Arnstadt. 1922 [hschr. Titelliste nach Sachgruppen]

Alphabetischer Katalog [nach Hausregeln] und Systematischer (Standort-)Katalog [in Zettelform]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Pfarrarchiv der Evang.-Luth. Kirchgemeinde Arnstadt: Bibliothekserwähnungen in der allgemeinen Chronik. In: (1) [Omnium]

Geburts-, Ehe-, Sterbe- und Konfirmanden-Register. 1589-1611. - (2) Ehe-Register. 1612-1701. (3) Ausleihjournal. 1691-1789. (4) Bestandsliste um 1750. (5) Akten des Kreiskirchenamtes zu Arnstadt betreffend die Diözesanbibliothek. 1893-1925

Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt: Bestand Konsistorium Arnstadt, Nr. 1332, 1333, 1362, 1527, 1620

4.2 Darstellungen

[Bei einigen der frühen Literaturangaben handelt es sich lediglich um Kurzcharakteristiken der Kirchenbibliothek.]

Olearius, Johann Christoph: Historia Arnstadiensis. Jena, Arnstadt 1701 [zur Bibliothek S. 71-72, 309-310]

Tentzel, Wilhelm Ernst: Curieuse Bibliothec, oder Fortsetzung Der Monatlichen Unterredungen ... Frankfurt, Leipzig 1704 [zur Bibliothek S. 458-459]

Juncker, Christian: Discours von den in den Chur- und Fürstlichen Sächsischen Landes Zeithereo befindlichen und bekannten öffentlichen Bibliothequen. Eisenach 1709 [zur Bibliothek S. 5]

Struve, Burchard Gotthelf: Introductio in notitiam rei litterariae ... Jena 1710 [zur Bibliothek S. 148]; dass. 6. Aufl., hrsg. von J. C. Fischer. Frankfurt, Leipzig 1754, S. 345-346

Olearius, Johann Christian: Kurtze doch hinlängliche Nachricht von der öffentlichen Kirchen-Bibliotheck in Arnstadt ... Arnstadt 1746 [Vorrede (bibliotheksgeschichtlicher Abriß) Bl. 3-27, Katalog S. 1-143]

Jugler, Johann Friedrich: Bibliotheca historiae litterariae selecta ... Jena 1754 [zur Bibliothek S. 396-397]

[Belwe, Max]: Besichtigung der Kirchenbibliothek [in Arnstadt]. In: Jahresbericht. Erfurter Bibliotheks-Gesellschaft 3 (1927) S. 152-185 Prautzsch, Hans: Die Oberkirche in Arnstadt. Jena 1962 [S. 48-56: Die Kirchenbibliothek]

Marwinski, Felicitas; Marwinski, Konrad: Beiträge zur Einbandkunde aus der Kirchenbibliothek zu Arnstadt in Thüringen. In: Einbandstudien: Ilse Schunke zum 80. Geburtstag am 30. Dezember 1972 gewidmet. Berlin 1972, S. 98-119

Marwinski, Felicitas; Marwinski, Konrad: Die Arnstädter Kirchenbibliothek ihre Geschichte und ihre Einbände. In: Glaube und Heimat 28 (1973) Nr. 40 vom 7. Oktober 1973 [auch unter dem Titel: Die Kirchenbibliotheken in Arnstadt, Sondershausen und Sclkalden. In: Laudate Dominum. Berlin 1976, S. 161-164]

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Das Erfurter Enchiridion: gedruckt in der Permentergasse zum Ferbefaß 1524; und der Ergänzungsdruck ETliche Christliche Gesenge ... [Erfurt] 1525. Faksimiledruck, mit einem Geleitwort von Konrad Ameln. Kassel [ u. a.] 1983 (documenta musiologica 1. Reihe, 36)

Seeger, Rudolf; Lappé, F. W.: Die Leichenpredigtsammlung in der Kirchenbibliothek zu Arnstadt/Thüringen. In: Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft für Familiengeschichte im Kulturkreis Siemens Berlin (1959/60) S. 2-5, 56-60, 72-78, 92-98, 108-110, 112-115; (1961) S. 2-7

Stand: November 1993

Felicitas Marwinski

Barbara Brakhage


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.