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Flensburger Propstei-Bibliothek

Adresse. S. Flensburg Landeszentralbibliothek Schleswig-Holstein

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Im Jahre 1990 konnte die Flensburger Propstei-Bibliothek, die jahrzehntelang im Propstei-Gebäude (Spanuth-Haus) in der Mühlenstraße in Flensburg aufgestellt war, mit ihren ca. 2000 Bdn als Dauerleihgabe in die Landeszentralbibliothek übernommen werden. Diese Bibliothek, die vor allem theologische Schriften umfaßt, ist zwar erst im Jahre 1927 begründet worden, ihre älteren Bestände gehen aber auf eine Büchersammlung aus der ersten Hälfte des 19. Jhs zurück.

1.2 Am 3. November 1828 gründeten 27 Geistliche in Flensburg den Literarischen Verein der Prediger der Propstei Flensburg, der sich nach seinen Statuten insbesondere die " Herbeischaffung derjenigen literarischen Hülfsmittel, welche für die wissenschaftliche Fortbildung des Predigers nothwendig und unentbehrlich" sind ( s. u. 3), zum Ziel setzte. Zur Erreichung dieses Zieles wurde die Flensburger Predigerbibliothek begründet, die durch Beiträge der Vereinsmitglieder und durch Geschenke schnell einen beachtlichen Bestand an theologischen Schriften aus dem 18. und 19. Jh, teilweise auch aus der Zeit davor erlangte. Der Verein, der seine Bücher bei der Marienkirche in Flensburg unterbrachte, bezog mehrere Zeitschriften, die nach einem bestimmten Schlüssel bei den Mitgliedern zirkulierten.

1.3 Aus dem überlieferten " Statutenbuch und Deliberations-Protocoll" ( s. u. 4) läßt sich die Bedeutung des Vereins für das geistige Leben in Flensburg und Umgebung erkennen. Ersichtlich ist auch, daß der Verein seit Ende der dreißiger Jahre verstärkt in die nationalen deutsch-dänischen Auseinandersetzungen hineingezogen wurde, was in der Zeit der dänischen Herrschaft nach 1850 zum vorübergehenden Ende der Vereinstätigkeit führte.

1.4 Im Jahre 1843 gab der Verein in einem Druck, in dem auch die Statuten enthalten sind, ein Verzeichniß der zur Flensburger Predigerbibliothek gehörenden Bücher ( s. u. 3) heraus. Danach umfaßte die Sammlung damals ungefähr 800 Bücher und mehr als 100 Flugschriften. Am Schluß des Verzeichnisses wurden die gesondert untergebrachten beinahe 200 Bde der sogenannten " Carls-Bibliothek" aufgeführt, die aus der reichhaltigen Büchersammlung des ehemaligen schleswig-holsteinischen Statthalters, des Landgrafen Carl von Hessen (1744-1836), stammten und z. T. sein Wappen trugen. Diese Bände waren der Predigerbibliothek 1843 von einem Erben des Landgrafen, Herzog Carl von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (1813-1878), geschenkt worden ( s. u. 2.3 und 3).

1.5 Die Versuche, den Verein, der bis 1853 weitere 200 Bde übernommen hatte, nach 1864 wiederzubeleben, waren nicht erfolgreich. Im ausgehenden 19. Jh kamen jedoch aus der Flensburger Marienkirche einige ältere theologische Werke aus dem 16. und 17. Jh hinzu. Erst zu Beginn des 20. Jhs griff man auf die Tradition zurück und erweiterte die Bibliothek bis in die zwanziger Jahre um weitere theologische Schriften. Als die Bibliothek 1927 aufgelöst wurde über 200 Bde gelangten damals in die Bibliothek des Alten Gymnasiums, andere wurden von einzelnen Pastoren übernommen -, bildeten die übriggebliebenen Bände den Grundstock der neugegründeten Flensburger Propstei-Bibliothek, für die im Jahre 1927 ein besonderer gedruckter Katalog erschien ( s. u. 3). In der Zeit danach gelangten noch einige ältere theologische Schriften vom 16. Jh bis zum beginnenden 18. Jh in die Bibliothek, u. a. aus der Lehrerbücherei eines Flensburger Gymnasiums (heutige Goethe-Schule).

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Von den ca. 2000 Bdn der Flensburger Propstei-Bibliothek sind nach ersten Schätzungen mehr als die Hälfte vor 1900 erschienen. Der größte Teil des historischen Bestandes stammt aus der ersten Hälfte des 19. Jhs, eine beachtliche Anzahl auch aus dem 18. Jh, während aus dem 16. und 17. Jh nur ungefähr 30 Bde vorhanden sind (darunter 8 Bde der Jenenser deutschsprachigen Luther-Gesamtausgabe aus dem 16. Jh). Neben deutschen finden sich auch einige französische, dänische und englische Drucke.

2.2 Die Bibliothek ist nach einer Systematik geordnet, die Anfang des 20. Jhs für die Predigerbibliothek entwickelt wurde. Danach schließen sich an den Bereich Theologie, zu dem der überwiegende Teil des Bestandes gehört, die beiden kleineren Gruppen Philosophie (ca. 80 Bde) und Verschiedenes ( u. a. Pädagogik) an. Die sechs Abteilungen, in die der Bereich Theologie zerfällt, gliedern sich in (1) Historische Theologie (ca. 250 Bde), darunter eine interessante Flugschriftensammlung zu Claus Harms und dem Harmsschen Thesenstreit (ab 1817); (2) Exegetische Theologie (ca. 100 Bde), unterteilt in Altes und Neues Testament; (3) Systematische Theologie (ca. 100 Bde) mit Dogmatik, Ethik, Symbolik, Apologetik und Religionsphilosophie, -geschichte und -psychologie; (4) Praktische Theologie (ca. 250 Bde), unterteilt in Pastoraltheologie (Homiletik, Liturgie, Katechetik, Kirchenlied), Erbauungsschriften (Predigten, Gesangbücher) und Äußere und Innere Mission (Kirchenrecht, soziale Fragen); (5) Theologische Hilfswissenschaften (ca. 50 Bde) mit einer Bibelsammlung, diversen Nachschlagewerken u. a.; (6) Zeitschriften (ca. 100 Bde), vorwiegend aus der ersten Hälfte des 19. Jhs. Die Sammlung vermittelt einen guten Einblick in die theologischen Richtungen vor allem in Schleswig-Holstein. Nicht in der Systematik berücksichtigt sind mehrere Gesetzessammlungen, vor allem die Herzogtümer Schleswig und Holstein betreffend, sowie eine kleine Sammlung von Gesangbüchern und weiteren Bibelausgaben.

2.3 Die 110 Bde der " Carls-Bibliothek", die heute zwischen Propstei-Bibliothek und Bibliothek des Alten Gymnasiums (s. dort 1.12; 2.11) aufgeteilt sind, sind theologischen und philosophischen Inhalts und bilden eine Sondersammlung, obwohl sie in der Propstei-Bibliothek in die vorliegende Systematik eingeordnet sind. Beachtenswert sind 6 englische Drucke vom Beginn des 18. Jhs im Folioformat, Lockes Werke (London 1714); eine Bibelausgabe (Oxford 1717) und The Book of Common Prayer (London 1735).

3. KATALOGE

Verzeichnis der in der Flensburger Predigerbibliothek enthaltenen Bücher [hschr. Zugangsbuch mit Verzeichnis der Bücher (Nr. 1-978) und der Flugschriften (Nr. 1-112); z. T. mit Angabe des Ladenpreises; geführt von 1829 bis 1853]

Statuten des literarischen Vereins für die Prediger der Probstey Flensburg. [Flensburg 1843]

[gedruckt; beigefügt sind nach Formaten und alphabetisch geordnet: " Verzeichniß der zur Flensburger Predigerbibliothek gehörenden Bücher" (775 Bücher und 112 Flugschriften) und " Carls-Bibliothek" (192 und 2 Bücher)] Katalog der Flensburger Predigerbibliothek

[hschr. Systematischer Katalog in Heftform; geführt von ca. 1900 bis 1927; Bücher, die 1927 in die Propstei-Bibliothek bzw. in die Bibliothek des Alten Gymnasiums übergegangen sind, sind besonders gekennzeichnet]

Katalog der Flensburger Propstei-Bibliothek. [Flensburg] 1927 [gedruckter Systematischer Katalog]

Die Bestände sind weder im Norddeutschen Zentralkatalog noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

QEULLEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Quellen zur Geschichte der Flensburger Propstei-Bibliothek und der Flensburger Predigerbibliothek finden sich im Propstei-Archiv (im Stadtarchiv Flensburg: u. a. St.A. XI Prop 208 Bd 47: " Statutenbuch und Deliberations-Protocoll für den Litterarischen Verein der Prediger der Probstey Flensburg") und in der Propstei-Bibliothek selbst (Sig. VIII 13 a, b)

Stand: Februar 1993

Gerhard Kraack


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.