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Francisceumsbibliothek

Adresse. Weinberg 1, 39261 Zerbst [Karte]
Telefon. (03923) 74 09 23
Telefax. (03923) 74 09 22
Bibliothekssigel. <Ze 1>

Unterhaltsträger. Landratsamt Anhalt-Zerbst
Funktion. Öffentlich zugängliche wissenschaftliche Fachbibliothek.
Sammelgebiete. 1. Allgemeine Sammelgebiete: alle Wissensgebiete. 2. Besonderes Sammelgebiet: Anhaltina.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9.30-14 Uhr. Nach Vereinbarung auch außerhalb dieser Zeit. Leihverkehr: DLV.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung empfehlenswert. Vom Bahnhof Fußwegnähe (ca. 20 Minuten). Busverbindung (Stadtlinie). A 9 (E 51), Ausfahrt Coswig, B 187, B 184, oder Ausfahrt Dessau-Ost, B 185, B 184. Parkmöglichkeit neben dem Gymnasium/Museum.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Geschichte der Bibliothek ist eng mit der Entwicklung des Schulwesens in dem um 1200 planmäßig angelegten Zerbst verbunden. Die Stadt fiel 1307 an die askanischen Fürsten von Anhalt (Köthener Linie). Im Jahre 1582 wurde in dem 1235 gegründeten und 1526 aufgehobenen Franziskanerkloster eine kleine anhaltische Landesuniversität zur Ausbildung von Theologen und Juristen für ganz Anhalt, das " Gymnasium illustre Anhaltinum", gegründet. Diese akademische Einrichtung bestand etwa zeitgleich mit dem Fürstentum Anhalt-Zerbst (jüngere Linie 1603-1793) bis 1798. Zum Zeitpunkt der Gründung der Universität wurde auch eine anstaltseigene Offizin für den Druck von Reden, Disputationen und Schulschriften der Rektoren und Professoren eingerichtet. Die Drucke bildeten gemeinsam mit den oft aus bescheidenen Mitteln finanzierten Buchankäufen, Buchschenkungen und einigen vermutlich aus der Klosterbibliothek stammenden Restbeständen den Grundstock der Bibliothek.

1.2 Dank zahlreicher Schenkungen und Nachlässe, u. a. von anhaltischen Fürsten sowie ehemaligen Lehrkräften und Studenten der Universität, wuchs der Bestand während der ersten zwei Jahrhunderte kontinuierlich an. Bereits Gregor Bersmann (1538-1611), erster Rektor der neuen Akademie, schenkte von ihm selbst verfaßte altsprachliche Werke und Teile seiner Privatbibliothek. Von dem Zerbster Superintendenten Wolfgang Amling (1542-1606) sind viele seiner theologischen Schriften, Reden und Carmina vorhanden. Größtenteils aus der Sammlung seines Vaters David Voit (1530-1589), Universitätsprofessor und Hofprediger Herzog Albrechts von Preußen, stammten die 22 Bde, die Albert Voit († 1606) der Bibliothek schenkte.

1.3 Von Heinrich Kitsch aus Leipzig, Ethik- und Politik-Professor in Zerbst von 1614 bis 1626, sind 148 Bde, 119 davon zur Philologie, zu finden ( u. a. 33 griechische, 40 lateinische und 30 neulateinische Autoren). Der aus Eisleben stammende Lehrer, Diakon und Büchersammler Samuel Fabricius (1577-1625) spendete aus seiner großen Privatbibliothek ca. 140 Titel, u. a. zu Theologie (78), klassischen Sprachen (36) und Geschichte (10) mit dem Besitzvermerk " Samuelis Fabricius Islebiensis". Als Kuriosum sei vermerkt, daß er nach gründlicher und sichtbar anmerkungsreicher Lektüre seinen Büchern gern eine mit roter Tinte auf dem Titelblatt eingetragene Zensur gab. Nach dem Dreißigjährigen Krieg, insbesondere den Plünderungen von 1626, dürfte der Bestand gegen Ende des 17. Jhs noch etwa 400 bis 500 Bde betragen haben.

1.4 Eine beträchtliche Vergrößerung um mindestens 4000 Bde brachten im 18. Jh die Schenkungen der Familie von Raumer und des Zerbster Bürgermeisters Christian August Schmidt († 1766). 1000 Bde gelangten in den Bestand, als 1714 der Dessauer Präsident Johann Georg von Raumer (1671-1728) den größten Teil seiner wahrscheinlich vom Großvater Georg von Raumer (1610-1691; Superintendent und Konsistorialrat in Dessau) ererbten Privatbibliothek schenkte und im Folgejahr auch der Anhaltische Staatsminister und Diplomat Friedrich Amadeus von Raumer (1642-1728) seine gesamte Bibliothek übereignete. Wegen Verlust des Kataloges ist ihr Umfang nicht bekannt. Auch Christian August Schmidt, bis 1765 Anhaltisch-Zerbster Rat und Bürgermeister von Zerbst, bestimmte testamentarisch die Überführung seines 2933 Bde umfassenden Büchernachlasses mit zahlreichen juristischen, theologischen und philosophischen Werken, die sich jedoch im Bestand nicht mehr im einzelnen nachweisen lassen. Nach einem 1785 abgeschlossenen handschriftlichen Katalog war der Bestand zu dieser Zeit auf 7133 Titel angewachsen. Davon wurden auf einer Auktion am 23. März 1785 etwa 1400 Bde aus der Raumerschen und Schmidtschen Schenkung sowie vermutlich auch ältere Bestände der Bibliothek verkauft, so daß sich der Umfang auf ca. 2600 Bde verringerte. Der Auktionskatalog ist nicht erhalten.

1.5 Nach Erlöschen der Zerbster Fürstenlinie 1793 und dem Zuschlag von Amt und Stadt Zerbst an das Fürstentum Anhalt-Dessau Ende 1797 wurde 1798 die kaum noch besuchte reformbedürftige Universität aufgehoben. Für die Neubelebung des Zerbster Schulwesens eröffnete Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Dessau (*1740; reg. 1758-1817) nach Umbauten des z. T. verfallenen Klostergebäudes 1803 ein humanistisches Gymnasium, 1836 mit dem Namen Francisceum. Leopold III. veranlaßte auch die Aufstellung der aus dem Gymnasium illustre übernommenen Bibliothek in einem mit Kreuzgewölben und paßgerechten Spitzbogenregalen ausgestatteten gotischen Saal. Ferner wies er 1803 die Übernahme der 1567 gegründeten Bibliothek der Zerbster St. Bartholomäuskirche (ca. 2500 Bde) an, womit neben wertvollen Pergamenthandschriften mit Texten des Papstes Gregor aus dem 10. Jh auch ein großer Bestand an Reformationsschriften, Flugblättern und naturwissenschaftlichen Abhandlungen des 16. Jhs in die Bibliothek gelangten. 67 Bde waren aus dem 1567 aufgelösten Kloster Nienburg/Saale in die Kirchenbibliothek gekommen, deren stärkste Bereicherung insbesondere in der Zeit zwischen 1567 und 1600, in geringerem Umfang (67 Bde) in der zweiten Hälfte des 17. Jhs stattgefunden hatte. Aus dem Nachlaß des Hofpredigers von Fürst Johann von Zerbst, Superintendent Johann Dürr (1613-1685), waren der Kirchenbibliothek 105 Bde (Theologie und Philosophie) zugegangen.

1.6 Im weiteren Verlauf der Bibliotheksentwicklung des 19. Jhs vermehrten auch jährliche Schenkungen ehemaliger Schüler, Nachlässe verstorbener Lehrer sowie Stiftungen den Buchbestand. 1812 erhielt die Bibliothek des Gymnasiums die aus dem 15. bis 17. Jh stammende Büchersammlung des Rates der Stadt Zerbst (1398 Bde) mit zahlreichen historischen Ausgaben griechischer und römischer Klassiker. Einen erheblichen Verlust bedeutete 1813 der Verkauf von 74 Büchern, zumeist Inkunabeln, einige Dubletten griechischer Klassiker und alte Missalien, durch Rektor Gottfried Fähse (Amtszeit 1809-1830) an den russischen Gesandten beim preußischen Kronprinzen, Graf von Suchtelen, während der Einquartierung russischen Militärs in der zeitweise geräumten Schule. Gleichsam als symbolische Wiedergutmachung wurden die Buchgeschenke aufgenommen, die der Kaiserlich-russische Archivar und Kollegienrat Dr. von Schardius († 1855) als Freund oder Sohn der Stadt Zerbst dem Francisceum zwischen 1843 und 1855 regelmäßig aus St. Petersburg übersandte. Die 250 Bde " Schardiana" sind gesondert aufgestellt ( s. u. 2.16), ebenso wie die philologische Privatbibliothek des Zerbster Schulrats Karl-Heinrich Ferdinand Sintenis (1806-1867; Direktor des Francisceums 1850-1867; s. u. 2.17) und die 679 Bde aus dem Besitz des frühverstorbenen Leiters der Schulbibliothek Dr. Herman Zurborg (1851-1884). Weitere bedeutende Zuwendungen erfuhr die Bibliothek in der zweiten Hälfte des 19. Jhs vor allem von den ehemaligen Schülern Geheimer Archivrat und Historiker Gustav Adolf Harald Stenzel aus Breslau (1792-1854), Geheimer Hofrat und Philosoph Dr. Heinrich Ritter (1791-1869) aus Göttingen, Professor für Archäologie Heinrich Brunn (1822-1894) aus Bonn sowie von dem Verlagsbuchhändler Christian Bernhard Tauchnitz (1816-1895) aus Leipzig.

1.7 Im Jahre 1925 gelangte als Legat die Handbibliothek (500 Bde, schwerpunktmäßig zu Theologie und romanischer Philologie) von Prof. Georg Glöckner (1844-1924), Lehrer am Zerbster Gymnasium zwischen 1875 und 1908, in die Bibliothek. 1927 erhielt sie ca. 1000 Bde verschiedener Wissensgebiete aus dem Nachlaß von Prof. Hermann Wäschke (1850-1926), Oberlehrer des Gymnasiums von 1882 bis 1889 und späterer Direktor des Anhaltischen Staatsarchivs in Zerbst. Um Bibliotheksgeschichte ( s. u. 4) und Bestandserschließung verdient machte sich vor allem Oberstudiendirektor Dr. Franz Münnich (Rektor des Francisceum-Realgymnasiums von 1927 bis 1945). Er erarbeitete in den dreißiger Jahren eine zeitgemäße und übersichtliche Systematik.

1.8 Die ab 1976 hauptamtlich geleitete Bibliothek war bis 1991 als Wissenschaftliche Abteilung der Stadt- und Kreisbibliothek Zerbst zugeordnet. Als im April 1992 die Erweiterte Oberschule " Albert Kuntz" (nach 1945 als Erweiterte Oberschule geführt) erneut zum Gymnasium umgewandelt wurde und in Rückbesinnung auf die lange Schultradition den Namen Francisceum erhielt, ging auch die seit 410 Jahren bestehende Bibliothek als Francisceumsbibliothek wieder an die Schule über.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Bei einem Gesamtbestand von 42.000 Bdn beträgt der historische Bestand laut Auszählung des Systematischen Kataloges ca. 32.700 Titel, darunter 74 Inkunabeln. Auf das 16. Jh entfallen rund 3900 Titel, auf das 17. Jh 8100, auf das 18. Jh 5800 und auf das 19. Jh 14.800.

2.2 Das gedruckte Schrifttum bis 1500 liegt, bis auf 4 deutsche Titel, ausschließlich in Latein vor. Von den Drucken des 16. Jhs sind 1640 in Deutsch, 2250 in Latein und 10 in anderen Sprachen. Im 17. Jh beträgt der deutschsprachige Anteil 4570 Titel, der lateinische 3450, 80 sind anderssprachige Ausgaben, darunter 44 in Französisch. Bei fortlaufendem Rückgang lateinischer Drucke steigt der deutschsprachige Anteil im 18. und 19. Jh auf 75 Prozent an. Auch der Anteil anderssprachiger Drucke nahm entsprechend zu, z. B. mit 170 französischen Titeln im 18. und 630 im 19. Jh. Systematische Übersicht

2.3 Der Bestand ist in 23 Hauptgruppen gegliedert; innerhalb der Gruppen sind die Bände nach Formaten geordnet und numerisch nach dem Zugang erfaßt. Die für die regionale Geschichtsforschung besonders ergiebige Anhaltina-Sammlung stellt mit ca. 2150 Titeln (8500 Bde) zugleich die größte Sachgruppe dar. Ein erheblicher Teil stammt aus dem landesgeschichtlichen Nachlaß von Prof. Hermann Wäschke ( s. o. 1.7). Unter den Drucken des 16. bis 18. Jhs enthalten 75 Folianten und 31 Quartbände Trauer- und Festreden sowie Carmina über Mitglieder anhaltischer Fürstenhäuser, die bisher nicht detailliert gezählt und erschlossen wurden. 876 Leichenpredigten liegen über adlige und bürgerliche Personen aus Anhalt und Sachsen vor. Vorhanden sind auch historische Einzeldrucke zum Gymnasium illustre.

2.4 Ein Großteil des theologischen Bestandes (1900 Bde, 3690 Titel) wurde mit der Bartholomäusbibliothek übernommen ( s. o. 1.5). Dieser Bestand verfügt über fast alle Baseler und Straßburger Ausgaben des nachapostolischen und altkatholischen Zeitalters mit den Werken u. a. von Athanasius, Basilius dem Großen, Gregor von Nyssa, Gregor von Nazianz, Cyrill von Jerusalem, Eusebius, Diodor, Hieronymus, Augustinus, Theodoret, Ephräm dem Syrer, Johannes von Damaskus (Damaszenus) und Gregor dem Großen. Die als Decretum Gratiani bekannten Quellensammlungen des kanonischen Rechts sowie das Corpus iuris canonici, Hauptquelle des mittelalterlichen Kirchenrechts aus dem 12. bis 16. Jh, liegen ebenso vor wie die Schriften der deutschen Mystiker und der Vorreformatoren John Wyclif und Jan Hus in verschiedenen Ausgaben.

2.5 Der Entwicklung des theologischen Bestandes entsprechend ist die Reformationsliteratur besonders stark vertreten. Neben einer beachtlichen Anzahl von Sammelbänden des 16. und 17. Jhs in lateinischer Sprache gibt es ca. 500 Bde mit Einzeldrucken und Werkausgaben Luthers und Melanchthons aus dem 16. bis 19. Jh. Aus dem historischen Zeitraum der Reformationsereignisse stammen 96 Drucke Luthers einschließlich der Werkausgaben von Wittenberg, Jena und Altenburg. Davon erschienen 59 Titel zu Lebzeiten des Reformators. Von Melanchthon sind ca. 50 Schriften aus dieser Zeit vorhanden. In großer Zahl finden sich auch die Veröffentlichungen ihrer Mitstreiter und Gegner, z. B. von Zwingli, Calvin sowie deren Umfeld. Der Bestand spiegelt den Streit nach Luthers Tod zwischen Genesiolutheranern und Philippisten um die Konkordienformel (1577) und das Konkordienbuch (1580) wider, der Anhalt und insbesondere Zerbst heftig in Mitleidenschaft zog, aber auch den Kampf zwischen Lutheranern und Reformierten. Der Bestand enthält zugleich viele kleine, die Auseinandersetzungen begleitende Flug- und Streitschriften. Ca. 40 Veröffentlichungen liegen ferner von Johann Reuchlin und Erasmus vor.

2.6 Die Inkunabelsammlung (74 Titel) stammt ebenfalls zum größten Teil (ca. 70 Bde) aus der Bartholomäusbibliothek. Vorhanden sind 35 theologische, 27 philologische, 6 medizinische und je 3 geschichtliche und rechtswissenschaftliche Werke, darunter z. B. eine dreibändige Ausgabe der Biblia Latina (Straßburg: Adolph Rusch 1481), zwei Ausgaben von Hartmann Schedels Weltchronik (Nürnberg: Koberger 1483 aus dem Besitz des Zerbster Bürgermeisters Johannes Esche, Amtszeit ab 1560, † 1593; und Nürnberg: Koberger 1493 aus der ehemaligen Bartholomäus-Bibliothek) sowie eine hochdeutsche Ausgabe des Sachsenspiegel (Augsburg: Schoensperger 1496). Neben 4 Drucken aus unbekannten Druckorten und Druckereien stammen die z. T. mehrbändigen Inkunabeln aus Offizien in Augsburg (3 Titel), Basel (9), Freiburg und Ingolstadt (je einer), Köln (3), Leipzig (5), Lübeck (einer), Nürnberg (14), Speyer (2), Straßburg (12), Utrecht (einer), Lyon (2), Paris (2), Mailand (2), Pavia (einer) und Venedig (11 Titel).

2.7 Die Hauptgruppe " Deutschwissenschaften" verzeichnet 1070 Titel (2200 Bde). Als Besonderheiten seien hervorgehoben eine Historia von D. Johann Fausten (Berlin 1590) sowie der von Christoph Martin Wieland herausgegebene Deutsche Merkur (Jg. 1773-1810). Eine gesonderte standortfreie Kataloggruppe weist darüber hinaus die große Zahl der Bücher zur deutschen Literatur nach, die in anderen Sachgruppen zu finden sind.

2.8 Der Bestand zur Erziehungslehre und Erziehungswissenschaft umfaßt 2610 Titel. Die Gruppe Fremde Sprachen enthält rund 2000 Bde vorwiegend zur französischen (1195 Titel), englischen und italienischen Literatur des 17. bis 19. Jhs. Vergleichsweise geringeren Umfang haben die Hauptgruppen Medizin (450 Titel), Literaturgeschichte (160) und Weltweisheit (250, größtenteils aus dem 19. Jh).

2.9 Für die Gruppe Geographie (550 Titel) ist vor allem auf die beachtliche historische Kartensammlung hinzuweisen (ca. 300 Karten und 50 Atlanten bis 1800). Erwähnt sei u. a. Die gemeine Landtaffel des Deutschen Landes (Wittenberg 1560) von Tilemann Stella von Sigen (1525-1589), einem Schüler Sebastian Münsters. Von Stella stammt auch eine Spezialkarte von Mansfeld (1571) in dem Kartenwerk von Leonhard Thurneysser zum Thurn, Deß Menschen Circel und Lauff. Planetenbuch ... über den Planetenlauf für die Jahre 1575-80 ( o. O., um 1600). Die erste gedruckte Landkarte von Deutschland, ein Holzschnitt von Michael Wolgemut (1434-1519), ist in der Schedelschen Weltchronik Liber chronicarum (Nürnberg: Koberger 1493) enthalten. Ferner besitzt die Bibliothek Sebastian Münsters Cosmographiae universalis libri VI (Basel 1559).

2.10 Die Hauptgruppe Philologische Disziplinen (2710 Titel, 3717 Bde) gliedert sich in die vier Gruppen Allgemeines (1033 Bde), Philologica Graeca (1335), Philologica Romana (1031) und Neulateiner (318). Dazu gehören u. a. Beda, Repertorium auctoritatum Aristotelis (Nürnberg: Peter Wagner 1490, GW 2767) und die Ausgabe von Horaz' Opera (Straßburg: Johann Grüninger 1498, HC 8898).

2.11 In der Gruppe Kunst und Musik finden sich insgesamt 1030 Titel (1140 Bde). Neben Darstellungen zur Kunst gibt es 319 Musikalien-Titel, davon 40 des 16. Jhs aus der Bartholomäusbibliothek ( s. o. 1.5), 164 des 19. Jhs aus der 1886 übernommenen Stiftung des Chordirektors, Kantors und Lehrers am Francisceum Friedrich Stallbaum (1811-1890) sowie 75 Titel bis zum Anfang des 20. Jhs vom Konzertverein Zerbst. Die Musikdrucke der ehemaligen Bartholomäusbibliothek aus der Zeit von 1538 bis 1580 stammen aus Nürnberg, Venedig, München, Magdeburg und Dresden. Zu den Komponisten gehören u. a. Orlando di Lasso (1532-1594), Heinrich Loris (1488-1563), Gallus Dreßler (1533-1580 oder 1585), Antonius Scandellus (1517-1580) und Caspar Füger (1562-1617).

2.12 Die Hauptgruppe Naturwissenschaften (995 Titel, 1490 Bde) hat zwei Bestandteile mit unterschiedlichen Signaturen: die Bibliothek des Landwirtschaftlichen Vereins (140 Bde des 18. und 19. Jhs) und die Bibliothek des Naturwissenschaftlichen Vereins (390 Bde des 19. und 20. Jhs). Aus der Bartholomäus-Bibliothek erhielt das Francisceum auch naturwissenschaftliche Werke des 16. Jhs, z. B. von Conrad Gesner (Fischbuch, Zürich 1575, Vogelbuch, Zürich 1582 und Thierbuch, Zürich 1585), oder aus dem 18. Jh die beiden mit zahlreichen handkolorierten Kupferstichen ausgestatteten Arbeiten von Elizabeth Blackwell, Herbarium (Nürnberg 1750) und Johann Leonhard Frisch, Vorstellung der Vögel Deutschlands (Berlin 1763).

2.13 Die 640 Titel (830 Bde) zur Jurisprudenz stammen überwiegend aus der Schenkung des Zerbster Bürgermeisters Christian August Schmidt aus dem Jahr 1766, darunter z. B. ein Speygel der Sassen (Köln: Bartholomeus de Unckel 1480; Matthaire, Annalium Typographicorum Suppl. I. 1, 887) und der Sachsenspiegel mit Cautelen des Theoderich von Bockstorff (Augsburg: Johann Schönsperger 1496; H 14080). In der Gruppe Lebende Sprachen (460 Titel, 760 Bde) stehen Lexika und Wörterbücher, Literatur und Grammatik, Etymologie und Arbeiten zur Sprachgeschichte und allgemeinen Sprachkunde. Außer Werken in Deutsch, Englisch und Französisch liegen Titel in italienischer, spanischer, russischer und türkischer Sprache vor. Insgesamt gibt es Abhandlungen in über 38 Sprachen.

2.14 Wesentlichen Anteil am Aufstreben der Zerbster Hochschule und am geistigen Leben Anhalts hatte die 1582 zusammen mit dem " Gymnasium illustre" gegründete Buchdruckerei. Bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges fertigte sie mindestens 177 Drucke an, die sich heute in Zerbst und in der Anhaltischen Landesbücherei Dessau befinden. Unter den größtenteils theologischen Werken finden sich allein 49 Drucke von dem Zerbster Professor Wolfgang Amling, dem geistigen Begründer der reformierten anhaltischen Landesuniversität. Sondersammlungen

2.15 Seit 1837 existiert die Sondersammlung Schulprogramme, die bis Kriegsende 1945 ergänzt wurde. Sie umfaßt insgesamt 50 Bde und 1072 Einzelhefte, darunter 16 Bde und ca. 700 Hefte vom Zerbster Francisceum sowie 32 Bde und ca. 200 Hefte von den Gymnasien Bernburg, Köthen, Dessau und Ballenstedt. Die restlichen Schulprogramme gingen aus anderen Teilen Deutschlands ein, überwiegend als Schenkungen ehemaliger Schüler des Gymnasiums.

2.16 Sondersammlung Schardiana. Den jahrzehntelangen Zuwendungen des aus Zerbst gebürtigen Petersburger Staatsrates und Archivars Dr. von Schardius († 1855) ist der Besitz von ca. 250 Schriften der Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg zu danken, darunter 162 Titel in Deutsch, 91 in Französisch, 20 in Latein, 7 in Russisch und einer in Englisch. Das Bulletin Scientifique der wissenschaftlichen Akademiesitzungen ist aus den Jahrgängen 1835-1855 vorhanden. Die Autoren der für die naturwissenschaftliche und geisteswissenschaftliche Abteilung getrennt erschienenen Mémoires und anderer selbständiger Akademieschriften stammen aus Deutschland (6), Rußland (4), den baltischen Ländern (3), aus Finnland (2) und Frankreich (einer). Genannt seien z. B. der Astronom Friedrich Georg Wilhelm Struve (1793-1864; 7 Titel), der Mediziner und Zoologe Karl Ernst von Baer (1792-1876; 17), der finnische Sprachforscher und Historiker Anders Johann Sjoegrem (1794-1855; 5), der französische Orientalist Marie Félicité Brosset (*1802; 9), der Sprachforscher Isaak Jacob Schmidt (1779-1847; 14) sowie der Geologe Ernst Hoffmann (Ostsibirienreise 1843; ein Titel). Von dem Mathematiker Leonhard Euler (1701-1783) veröffentlichte die St. Petersburger Akademie allein 240 Arbeiten. Regionale Schwerpunkte der Berichte über Untersuchungen und Forschungsreisen bilden die Gebiete des hohen Nordens (Lappland, Archangelsk, Alaska), die Territorien Ost- und Südrußlands sowie Mittelasiens. Behandelt werden vorwiegend geologische, meteorologische, ethnologische, archäologische und sprachwissenschaftliche Aspekte.

2.17 Sondersammlung Sintenisiana. Die 2130 Titel (2310 Bde) umfassende Sammlung philologischen Inhalts von Karl-Heinrich Ferdinand Sintenis ist bis heute nach der von Sintenis angelegten Systematik geordnet: griechische und lateinische Autoren, Nachschlagewerke, Sprachgeschichte, Grammatik der klassischen Sprachen, Geschichte, Philosophie, Pädagogik, Theologie, Jurisprudenz und neuere Literatur. Die Bücher zur griechischen und lateinischen Philologie wurden von Wilhelm Sickel in den 1898 und 1899 gedruckten Katalog der Lehrerbibliothek ( s. u. 3.3) aufgenommen. Einen gesonderten Platz in der von ihm geleiteten Schulbibliothek erhielten nach seinem Willen auch die 512 Titel (653 Bde) und 26 Sammelbände zu Altphilologie und Germanistik von Dr. Herman Zurborg ( s. o. 1.6).

2.18 Der Historische Leseverein Zerbst spendete zwischen 1841 und 1940 die von den Vereinsmitgliedern gelesenen 983 Titel (1610 Bde) aus den Bereichen Geschichte und Belletristik, darunter neben Geschichtswerken auch übergreifende Reihen und Veröffentlichungen des 20. Jhs.

2.19 Sondersammlung Lyzeum. Ostern 1939 wurde die Höhere Töchterschule Zerbst (Lyzeum) mit dem Francisceum vereinigt. Die Schülerinnen-Bibliothek wurde aufgelöst. Die Bücher gingen z. T. in die Schülerbücherei des Francisceums ein. Ein zweiter Teil wurde in die Lehrer-Bücherei des Lyzeums eingereiht, die als selbständige Bibliothek erhalten blieb. Im Katalog der Lehrer-Bücherei des Lyzeums wurden (einschließlich der Erwerbungen der ersten drei Jahrzehnte des 20. Jhs) gezählt: Pädagogik 372 Titel (693 Bde); Religion 258 Titel (335 Bde); Deutsche Sprache 467 Titel (1001 Bde); Geschichte und Geographie 586 Titel (1215 Bde); Naturwissenschaften 176 Titel (378 Bde); Französische Sprache 314 Titel (429 Bde); Englische Sprache 267 Titel (373 Bde); Schriften vermischten Inhalts 574 Titel (847 Bde).

3. KATALOGE

3.1 Moderne allgemeine Kataloge

Alphabetischer Katalog [in Zettelform; nach RAK]

Systematischer Katalog [in Zettelform]

Standortkatalog [in Zettelform]

Die Bestände sind im Zentralkatalog Sachsen-Anhalt nachgewiesen.

3.2 Moderne Sonderkataloge

Alphabetischer Katalog der Arbeitsbibliothek

[in Zettelform; nach RAK]

Systematischer Katalog der Periodika Alt-Zerbst (1904-1929), Zerbster Jahrbuch (1905-1938) und Zerbster Heimatkalender (ab 1950)

[in Zettelform; nach hauseigenen Regeln]

3.3 Historische Kataloge des Francisceums

Kitschius, Henricus: Tabella exactissima titulorum bibliothecae Anhaldi-Servestae. 1609 [hschr.]

Katalog der Bartholomäusbibliothek. 1771-1789

[hschr. Bandkatalog. Gliederung: Theologici, Juridici, Medici, Philosophici, Musici]

Catalogus Bibliothecae Gymnasii acad. Anhalt

[hschr. Bandkatalog, 6 Folio-Bde, ca. 1780; Bde 1-3 Bibliothecae juridicae Pars I-III; Bd 4 Bibliotheca Historica; Bd 5 Bibliotheca Philosophica; Bd 6 Bibliotheca Generalis, Philosophica, Theologica]

Lietzo, Johann Andreas Christoph: Katalog [hschr. Bandkatalog, 3 Folio-Bde, ca. 1803-1805; Zugangskatalog; numerisch geordneter genauer Inventar-Nachweis mit fortlaufender Zählung ohne inhaltliche Gliederung; Bd A enthält 1693 Nummern, Bd B und C enthalten 2041 Nummern]

Freese, K.: Systematischer Katalog

[hschr. Bandkatalog; als Real- und Standortkatalog nach 23 neuen Hauptgruppen 1878 angelegt; ca. 1930 durch Franz Münnich als mschr. Bandkatalog in drei Ordnern überarbeitet; Ordnung innerhalb der Sachgruppen nach Formaten sowie numerisch nach Zugang, teilweise mit Verfasser und Sachverzeichnissen]

Katalog der Schülerbibliothek des Herzoglichen Francisceums zu Zerbst. Bearb. von Hermann Zurborg. Zerbst 1880

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform; angelegt von Wilhelm Sickel, ca. 1890]

Sickel, Wilhelm: Katalog der Lehrerbibliothek [mit Einschluß von altphilologischen Werken aus der Sammlung Sintenisiana]. Zerbst 1898-1899. Teil 1: Griechische und lateinische Schriftsteller. 1898. Teil 2: Erklärungsschriften und klassische Altertumswissenschaften. 1899 (Beilage zum Bericht über das Schuljahr 1897/98; 1898/99)

Bücherverzeichnis der Schülerbibliothek des Francisceums zu Zerbst. Zerbst 1926

Verzeichnis der Leichenpredigten der Bibliothek des Francisceums zu Zerbst, angelegt von Franz Münnich. 1935 [mschr. Bandkatalog, beendet 1935]

3.4 Historische Kataloge der Sondersammlungen

Bibliotheca Schardiana: Verzeichnis derjenigen Werke und Schriften, welche der Herr Doctor von Schardius in St. Petersburg ... geschenkt hat [hschr. in Listenform, ca. 1855]

Alphabetisch geordnetes Verzeichnis der gegenwärtig dem Historischen Leseverein zu Zerbst gehörenden Bücher. 1. Fortsetzung. Zerbst 1858

Katalog der Vereins-Bibliothek Zerbster Lehrer-Verein [hschr., 1878]

Sachlich geordnetes Verzeichnis des gegenwärtigen Bestandes der Bibliothek des Historischen Lesevereins zu Zerbst. Zerbst 1889

Alphabetisch geordnetes Verzeichnis der Erwerbungen des Historischen Lesevereins zu Zerbst in den Jahren 1889-1897. Nachtrag I zu dem sachlich geordneten Verzeichnis der Bibliothek dieses Vereins von Januar 1889. Zerbst 1897

Katalog der Lehrer-Bücherei A (vor 1939)

[hschr. Bandkatalog; 8 Sachgruppen]

Katalog der Schülerinnen-Bücherei B (vor 1939)

[hschr. Bandkatalog; 5 Sachgruppen]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Sickel, Wilhelm: Ueberblick über die Geschichte des Francisceums. Zerbst 1913 [Programm]

Münnich, Franz: Die Bibliothek des Francisceums zu Zerbst. Beiträge zu ihrer Geschichte und ihrem Bestande. In: Zerbster Jahrbuch 15 (1930) S. 4-88

Münnich, Franz: Die Bibliothek der Oberschule. In: 150 Jahre Oberschule Zerbst. Zerbst 1953, S. 26-28

Münnich, Franz: Geschichte des Gymnasium illustre zu Zerbst 1582-1798. Duderstadt 1960

Seidler, Hannelore: Aus der Geschichte der alten Gymnasialbibliothek in Zerbst. In: Magdeburger Blätter 3 (1984) S. 94-95

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Francisceumsbibliothek Zerbst. In: Karin Tietz; Rolf Jürgen Wegener: Kostbarkeiten in Bibliotheken Sachsen-Anhalts. Magdeburg 1994, S. 60-63 (Mitteilungsblatt der Bibliotheken in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt 92; Sonderheft)

Münnich, Franz: Aus der Bibliothek des Francisceums. In: Zerbster Jahrbuch 21 (1936) S. 3-25

Münnich, Franz: Die Leichenpredigten-Sammlung des Francisceums in Zerbst. Verzeichnis. Mit dem " Stolberger Katalog" verglichen und überarbeitet durch Wolfgang Schütz. Hrsg. vom Korbschen Sippenarchiv. Regensburg 1958 (Die Fundgrube. Eine Sammlung genealogischen Materials Heft 14)

Schulprogramme des Francisceums. Jahresbericht über das Schuljahr ... Zerbst 1837-1945 [jährliche Veröffentlichungen zur Bibliothek]

Schulze, Hans: Russisches Schrifttum in der Bibliothek der Erweiterten Oberschule. In: Zerbster Heimatkalender 14 (1973) S. 78-81

Schulze, Hans: Schedels Weltchronik. In: Zerbster Heimatkalender 24 (1983) S. 82-86 Völlger, Iruta: Von Anhaltinen und Inkunabeln. In: Zerbster Heimatkalender 30 (1989) S. 52-55

Werner, Th. W.: Die im Herzoglichen Hausarchiv zu Zerbst aufgefundenen Musikalien aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. In: Zeitschrift für Musikwissenschaft 2 (1920) S. 681-724

Zurborg, Hermann: Mitteilungen aus der Gymnasialbibliothek. In: Einladungsschrift des Herzoglichen Francisceums in Zerbst. Zerbst 1879

Stand: Februar 1999

Iruta Völlger

Petra Volger

Bearb.: Waltraut Guth


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.