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Bibliothek des Franziskanerklosters

Adresse. Stadtgraben 7, 6060 Hall [Karte]
Telefon. (05223) 572 79-0

Unterhaltsträger. Tiroler Franziskanerprovinz
Funktion. Ordensbibliothek.
Sammelgebiete. Theologie; Altphilologie und altklassische Literatur; italienische, französische und deutsche Literatur einschließlich Sekundärliteratur; Geschichte (Tirolensien); Pädagogik.
Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. - Benützung nach Voranmeldung. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Hinweise für anreisende Benützer. Westbahn bis Hall. Fußwegnähe vom Bahnhof (ca. 15 Minuten). - A 12, Abfahrt Hall.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die ersten Franziskanerniederlassungen in Tirol waren Schwaz (1507) und Innsbruck (1564). Im Zuge der Entstehung einer eigenen Tiroler Franziskanerprovinz (1580) kam es zur Gründung mehrerer Klöster, u. a. auch des Klosters in Hall.

1.2 Zunächst besiedelten die Franziskaner die ehemalige Glashütte in Hall. Pantaleon Schiestl von Liechtenthurn hatte den Patres den Ansitz Scheibenegg für den Klosterbau überlassen. Da jedoch die räumliche Entfernung zur Stadt Hall die Seelsorgetätigkeit der Franziskaner erschwerte, erwarben die Patres von Johann Jakob Gennger (Gienger) zu Grienpichl, Schaidenstein und Aicham um 2230 fl. einen Bauplatz für das neue Kloster, das sie 1645 bezogen. Als Stifter gilt Georg von Ettenhart (1648).

1.3 Das Erdbeben von 1670 überstand das Kloster unbeschadet, ebenso den Bayerneinfall 1703 und den Stadtbrand von 1740. Der Brand von 1760 legte jedoch weite Teile des Klosters in Schutt und Asche. Während u. a. die Bibliothek der Vernichtung entging, fiel auch der erste Band der Klosterchronik mit den Aufzeichnungen bis 1731 den Flammen zum Opfer und mußte aus anderen Quellen rekonstruiert werden. Zum Wiederaufbau des Klosters trug in besonderem Maße Gräfin Anna Kuen bei; sie gilt als zweite Stifterin. Franziskanerkloster

1.4 Im Haller Kloster wurden bereits in vorjosefinischer Zeit theologisch-philosophische Studien betrieben, und einmal pro Jahr fand eine öffentliche Disputation statt. Das Hauptbetätigungsfeld der Franziskaner war jedoch die Seelsorge, der sie nicht nur in Hall, sondern auch in anderen Tiroler Orten nachgingen. Der reiche Bibliotheksbestand zur Pastoraltheologie und Liturgik, vor allem aber die große Anzahl an Predigten und Werken zur Homiletik spiegelt dies wider.

1.5 Zwischen 1781 und 1795 war den Franziskanern die Aufnahme von Novizen untersagt. Der damit verbundene Personalrückgang wurde durch die Aufnahme von Franziskanern aus dem aufgehobenen Innsbrucker Kloster einigermaßen wettgemacht. Zugleich kamen Bücher aus der Innsbrucker Bibliothek nach Hall.

1.6 In josefinischer Zeit begann die öffentliche Unterrichtstätigkeit der Franziskaner, zunächst in der Normalschule, später auch am Gymnasium (s. Eintrag Professorenbibliothek des öffentlichen Gymnasiums der Franziskaner Hall), wo bisher die Lehrtätigkeit in den Händen der Jesuiten gelegen war. Seit den sechziger Jahren des 19. Jhs wurde das Gymnasium achtklassig geführt. In dieser Zeit erreichte das Kloster seinen höchsten Personalstand und war das größte innerhalb der Tiroler Provinz, die bis 1900 auch die Klöster der Steiermark (und bis 1927 jene Südtirols) umfaßte. Der personelle Zuwachs machte den Zubau der gartenseitigen Trakte (1877 und 1896) notwendig; der nördliche Trakt war größtenteils für die Bibliothek bestimmt. Erst etwa Mitte des 19. Jhs wurde mit dem kontinuierlichen Aufbau einer Bibliothek für die Professoren des Gymnasiums begonnen, zuvor dienten ihnen Bestände der Klosterbibliothek für Unterrichtszwecke.

1.7 Ebenfalls Mitte des 19. Jhs setzte die Missionstätigkeit der Haller Franziskaner ein. Zunächst entstand eine Franziskanerprovinz in Cincinnati, später weiteten sie ihr Einsatzgebiet auf China und Bolivien aus. Für diese Zwecke schaffte man wohl jene Missionspredigten an, die heute noch - neben einigen Werken über Franziskaner-Missionen - zum Bestand gehören.

1.8 1938 wurde das Gymnasium der Franziskaner in eine Oberschule für Jungen umgewandelt. 1940 erfolgte die Aufhebung des Klosters, und die Ordensmitglieder wurden aus dem Haus verwiesen. Das Archiv und die Bibliothek, welche damals rund 40.000 Bde umfaßt haben soll, wurden beschlagnahmt. 1945 konnten die Franziskaner das Kloster wieder in Besitz nehmen und ihre Lehrtätigkeit fortsetzen. Kirche und Kloster hatten großen Schaden erlitten, der Bibliothek waren hingegen nur einige Inkunabeln abhanden gekommen. 1967 wurde die Bibliothek des Innsbrucker Franziskanerklosters übernommen.

1.9 Neben der Klosterbibliothek gibt es die Bibliothek des Gymnasiums der Franziskaner, die der Unterstützung des Lehrbetriebs dient und demgemäß hauptsächlich Literatur zu den Unterrichtsfächern des Gymnasiums enthält. Die Professorenbibliothek wird seit der Übernahme des Gymnasialbetriebs nach der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 betreut (s. Eintrag Hall 2).

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Von insgesamt 24.242 Titeln sind 11.070 historisches Buchgut. Aus dem 16. Jh liegen 984 Titel vor, aus dem 17. Jh 1235, aus dem 18. Jh 2464 und aus dem 19. Jh 6387. Hinzu kommen 117 Inkunabeln (s. u. 2.15). Die Zahlen wurden mittels Autopsie der einzelnen Werke gewonnen. Es dominiert die lateinische Sprache, gefolgt von Deutsch, Italienisch und Französisch. Die Inkunabeln sind mit Ausnahme zweier deutscher und zweier polyglotter Titel in Latein verfaßt.

Systematische Übersicht

2.2 Die Ordensbibliothek ist nach Sachgebieten gegliedert (Abteilungen A-Z, zumeist mit Unterabteilungen). Diese Aufstellungsabfolge ist Grundlage der anschließenden Beschreibung des Bestandes, der zu rund 66 Prozent der Theologie (inklusive Aszetik, Erbauung, franziskanische Literatur) gewidmet ist.

2.3 547 Titel (16. bis 19. Jh, davon 15 Prozent aus dem 16. und 17. Jh) betreffen die Heilige Schrift. Neben Gesamt- und Teilausgaben finden sich Bibelkonkordanzen und exegetische Werke. Die Kirchenväter und Kirchenlehrer sind mit 173 Titeln (16. bis 19. Jh) vertreten. Mit 38 Prozent ist hier der Anteil der Titel aus dem 16. und 17. Jh besonders hoch. 67 Titel aus dem 16. bis 19. Jh umfaßt der Bereich Gesamttheologie (u. a. Literatur zu Konzilen, Bullarien) - davon stammen rund 27 Prozent aus dem 16. und 17. Jh.

2.4 Die Abteilung Dogmatik schließt auch Werke zur Apologetik und Katechetik mit ein. Von insgesamt 1070 Titeln beschäftigen sich 516 (16. bis 19. Jh, davon 30 Prozent aus dem 16. und 17. Jh) allein mit Dogmatik, darunter 65 Kompendien zur Dogmatik aus dem 17. bis 19. Jh. 317 Titel (16. bis 19. Jh, davon 48 Prozent aus dem 16. und 17. Jh) verteilen sich auf Dogmatik und Apologetik, 141 auf Dogmatik und Katechetik (16. bis 19. Jh). 96 Werke (16. bis 19. Jh) befassen sich ausschließlich mit Katechetik.

2.5 Der Bestand zur Moraltheologie umfaßt 33 Titel (18. und 19. Jh), jener zur Pastoraltheologie 191 (16. bis 19. Jh, davon 18 Prozent aus dem 16. und 17. Jh). Zur Liturgik besitzt die Bibliothek 205 Werke (16. bis 19. Jh, davon 14 Prozent aus dem 16. und 17. Jh). Daß die Predigttätigkeit stets im Zentrum des Wirkens der Franziskaner stand, läßt sich am großen Bestand an Predigtliteratur - 750 Titel des 16. bis 19. Jhs, davon 33 Prozent aus dem 16. und 17. Jh - ablesen. Gut vertreten ist mit 347 Titeln (16. Jh, 18. und 19. Jh) auch die Homiletik. Fasten- und Missionspredigten ergeben weitere 195 Titel (18. und 19. Jh). 1.8

2.6 Von den 558 Titeln zur Kirchengeschichte stammen knapp 14 Prozent aus dem 16. und 17. Jh (18. Jh 111 Titel, 19. Jh 370). Im Anschluß an die Literatur zur Kirchengeschichte ist das Legat Anderlan aufgestellt. Dabei handelt es sich um geistliche und weltliche Musikalien - Partituren, Klavierauszüge, aber auch Textbücher zu Kompositionen des 18. und 19. Jhs - aus dem Besitz des Tiroler Komponisten P. Hartmann von An der Lan-Hochbrunn (1863-1914). Das Legat umfaßt rund 150 bibliographische Einheiten, darunter auch Hss.

2.7 Die franziskanische Literatur gliedert sich in sechs Abschnitte. Werke des hl. Franziskus und Biographien dieses Heiligen ergeben 68 Titel (16. bis 19. Jh). 110 Titel (16. bis 19. Jh) widmen sich vor allem der franziskanischen Hagiographie allgemein sowie heilig- und seliggesprochenen Franziskanern und Franziskanerinnen. Mit der Geschichte der Franziskaner beschäftigen sich 66 Titel (17. bis 19. Jh), mit der Missionstätigkeit der Franziskaner 18 (17. bis 19. Jh). Die größte Bestandsgruppe (125 Titel des 16. bis 19. Jhs) setzt sich insbesondere mit der franziskanischen Ordensregel, dem Ordensrecht und mit franziskanischer Aszese auseinander. Beachtlich ist der Anteil der Titel aus dem 16. und 17. Jh - er beläuft sich auf rund 46 Prozent. 88 Werke (16. bis 19. Jh) haben die franziskanische Geschichte bzw. die Geschichte der Kapuziner (Heilige und Selige aus diesem Orden) und den Dritten Orden zum Inhalt.

2.8 Der Bereich Gestalten der Kirche umfaßt 48 Titel (16. bis 19. Jh). Zudem finden sich 49 Legenden (16. bis 19. Jh) und weitere 89 Legendenbücher des 16. bis 19. Jhs im Großformat bzw. Werke, die sich mit Gestalten der katholischen Kirche beschäftigen. Hinzu kommen 80 Biographien (16. bis 19. Jh) heiliger Männer und 80 Werke (17. bis 19. Jh) über heilige Frauen.

2.9 Von 226 Titeln zum Staats- und Kirchenrecht stammen 48 Prozent aus dem 16. und 17. Jh (37 bzw. 72 Titel; 18. Jh 86, 19. Jh 31). 221 Titel betreffen die Geschichte. Davon entfallen 65 Werke (17. bis 19. Jh) auf Weltgeschichte, 53 (18. und 19. Jh) auf Geschichte allgemein, 13 (19. Jh) auf die deutsche bzw. europäische Geschichte, 62 (17. bis 19. Jh) auf die österreichische Geschichte und 28 (18. und 19. Jh) auf Einzelbiographien.

2.10 Der Bestand zur Geographie umfaßt 189 Titel (18. und 19. Jh) - darunter auch Atlanten -, jener zur Geographie Österreichs 37 (18. und 19. Jh). Gut repräsentiert ist mit 594 Titeln die Literatur über Tirol. Mit der Geschichte Tirols beschäftigen sich 214 Werke (16. bis 19. Jh), mit der Geographie 183 (Großformat; 18. und 19. Jh), mit der Topographie 197 (Großformat; 17. bis 19. Jh).

2.11 1656 Titel, rund 15 Prozent des historischen Bestandes, entfallen auf Aszetik, Mystik sowie auf Exerzitien-, Betrachtungs- und Erbauungsliteratur. Aszetik und Mystik sind mit 503 Titeln (16. bis 19. Jh) vertreten. Eigene Gruppen bilden die auf Christus bezogenen aszetischen Schriften (171 aus dem 16. bis 19. Jh) und die auf Maria bezogenen (148 aus dem 16. bis 19. Jh). Die Exerzitienliteratur setzt sich aus 172 Titeln (16. bis 19. Jh) zusammen, die Betrachtungsliteratur aus 293 (16. bis 19. Jh, davon 17 Prozent aus dem 16. und 17. Jh). Der Erbauung dienen 240 Bücher (16. bis 19. Jh). Vorhanden sind ferner 129 aszetische Zeitschriften und Sammelwerke (17. bis 19. Jh).

2.12 Zu Philosophie, Psychologie und Ästhetik liegen 143 Titel (16. bis 19. Jh) vor. Nur geringe Bestände - 60 Titel aus dem 18. und 19. Jh - finden sich zu den Naturwissenschaften; es sind dies allgemeine Abhandlungen zur Zoologie, Botanik, Physik etc. 31 Titel (16. bis 19. Jh) gibt es zur Medizin, ebenfalls 31 (18. und 19. Jh) zur Soziologie. Die ädagogik ist mit 107 Titeln (16. bis 19. Jh) vertreten.

2.13 Besonders viele alte Drucke enthält der Bereich Latein. Von insgesamt 497 Titeln erschienen 78 (knapp 16 Prozent) im 16. Jh und 147 (knapp 30 Prozent) im 17. Jh. Ähnlich verhält es sich im Bereich Griechisch; 155 Titel verteilen sich auf 45 (29 Prozent) aus dem 16. Jh, 11 aus dem 17. Jh, 15 aus dem 18. Jh und 84 aus dem 19. Jh. Auch die 540 Titel (16. bis 19. Jh) umfassende Bestandsgruppe Italienisch weist zahlreiche Drucke des 16. und 17. Jhs auf (24 bzw. 44; 4 bzw. 8 Prozent). Der Bereich Französisch (368 Titel des 16. bis 19. Jhs) setzt sich zu 14 Prozent aus Drucken des 16. und 17. Jhs zusammen. 80 Titel zum Englischen verteilen sich auf das 18. und 19. Jh, 89 Titel zu verschiedenen anderen Sprachen auf das 16. bis 19. Jh (18 Prozent aus dem 16. und 17. Jh).

2.14 14 Titel (19. Jh) sind allgemeine Schriften zur Medizin, Anatomie, Gesundheitslehre, Pathologie, Diagnostik, Therapie, Krankenpflege sowie über Arzneimittel und Toxikologie. Der Kunst widmen sich 184 Titel (18. und 19. Jh), den Leibesübungen und Spielen 3 (19. Jh). Den Abschluß bildet die 468 Titel umfassende Abteilung Deutsch. Sie enthält größtenteils Literatur - Belletristik und (Werk-) Ausgaben deutscher Klassiker, überwiegend aus dem 19. Jh (430 Titel).

Sondersammlungen

2.15 Inkunabeln. Nach den im Zweiten Weltkrieg eingetretenen Verlusten sind heute noch 117 Inkunabeln vorhanden. Sie befinden sich in der Abteilung W (Wiegendrucke). Drei Inkunabeln werden zusammen mit den handschriftlichen Beständen verwahrt. Die Drucke stammen vor allem aus dem mitteleuropäischen Raum, hauptsächlich aus Süddeutschland (Nürnberg, Augsburg) und Oberitalien (führend ist Venedig). Es handelt sich um theologische Gebrauchsliteratur, u. a. Kommentare zu den Kirchenschriftstellern und Sermones-Sammlungen.

2.16 Alte Drucke. Die 420 Titel der Abteilung X verteilen sich auf 401 aus dem 16. Jh, 13 aus dem 17. Jh, 5 aus dem 18. Jh und einen aus dem 19. Jh. Sie sind für den täglichen Gebrauch im Kloster bestimmt und betreffen die Bereiche Theologie (vor allem Franziskanische Literatur), Philosophie, Recht, Physik, Klassische Sprach- und Literaturwissenschaft, Belletristik und Geschichte.

3.KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Autoren- und Schlagwortkatalog

[in Zettelform, nach hauseigenen Regeln]

3.2 Historischer Katalog

Von den vorhandenen hschr. Bandkatalogen, die alle unvollständig sind, sei hervorgehoben:

Catalogus Bibliothecae ad S. Cruc. Oenipont. OFM 1726

[verzeichnet, jedoch nicht vollständig, sowohl Bestände des ehemaligen Innsbrucker Klosters als auch des Haller Klosters; Ms II 1]

4. QUELLEN UND DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Chronik des Franziskanerklosters Hall

[Franziskanerkloster Hall]

Original des Grundstück-Kaufvertrages für den Klosterbau vom 15. März 1644 [Provinzarchiv der Franziskaner Schwaz]

4.2 Darstellungen

Nothegger, Florentin: Klöster in Hall und ihr Wirken. In: Haller Buch. Innsbruck 1953 (Schlern-Schriften, 106) S. 290-336 [zum Franziskanerkloster Hall S. 302-317]

Stand: Juni 1996

Eva Ramminger

Sieglinde Sepp


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.