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Bibliothek des Franziskanerklosters

Adresse. Gilmstr. 1, 6130 Schwaz [Karte]
Telefon. (05242) 6 32 65

Unterhaltsträger. Franziskanerkloster Schwaz
Funktion. Ordensbibliothek.
Sammelgebiete. Alle Sparten der Theologie, Geschichte.
Benutzungsmöglichkeiten. Nach Voranmeldung. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für Benützer. Kopiergerät im Kloster.
Hinweise für anreisende Benützer. Westbahn bis Station Schwaz, ab Bahnhof Fußwegnähe (10 Minuten). - A 1, Abfahrt Schwaz. Parkmöglichkeit beim Kloster.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das Franziskanerkloster in Schwaz wurde 1507 auf Betreiben der Bergwerksherren bzw. Bergknappen und der Bürger von Schwaz mit Erlaubnis Kaiser Maximilians I. gegründet. Es gehörte anfangs zur Österreichischen (Wiener) Franziskanerprovinz und wurde 1580 Mitglied der neu errichteten Tiroler Franziskanerprovinz. Das Schwazer Kloster ist das älteste noch bestehende im Raum dieser Provinz, welche die Bundesländer Tirol, Salzburg, Kärnten und Oberösterreich umfaßt.

1.2 Von Anfang an wurde im Kloster eine - für damalige Verhältnisse - große Bibliothek eingeplant. Auffallend umfangreich ist der Bestand an Inkunabeln (791 Titel), über dessen Herkunft nur Vermutungen angestellt werden können, da sämtliche Bände lediglich den Schwazer Bibliotheksstempel tragen. Möglicherweise kamen sie aus Wien und wurden wegen der im Osten Österreichs bereits herrschenden Türkengefahr nach Schwaz in Sicherheit gebracht.

1.3 Da das Kloster im Laufe seiner nun fast fünfhundertjährigen Geschichte nie aufgehoben wurde, besitzt es einen bemerkenswerten Bestand an theologischer Literatur seit dem Beginn des Buchdrucks. Dies liegt vor allem darin begründet, daß das Kloster seit 1580 immer als Standort für die ordensinterne Klerikerausbildung vorgesehen war und bei Neuanschaffungen sowohl die Aktualität der Werke als auch die quantitative Ausgewogenheit der Literatur zu den einzelnen Disziplinen berücksichtigt werden mußte. Größere Bestandslücken konnten dadurch vermieden werden. Im 17. und 18. Jh war im Kloster das Noviziat der Tiroler Franziskaner stationiert, was zu einer reichen Ausstattung mit aszetischer Literatur führte.

1.4 Bedeutende Zuwächse brachte darüber hinaus die Übernahme von Büchersammlungen anderer Klöster. Ca. ein Drittel des vorhandenen Bestandes aus der Zeit vor 1800 stammt aus dem 1785 durch Josef II. aufgehobenen Franziskanerkloster in Innsbruck. Bücher, die in Schwaz bereits vorhanden waren, wurden in das neugegründete Franziskanerkloster in Lienz überstellt. Die aus Innsbruck übernommenen Bestände zählen insofern zu den wertvollsten, als sie mehrere vollständige theologische Reihenwerke enthalten. Sie sind durch den Bibliotheksstempel des Innsbrucker Klosters gekennzeichnet, wurden aber bei der letzten Neuordnung der Bibliothek (1960) in den Gesamtbestand integriert.

1.5 Eine weitere Vergrößerung erfuhr die Bibliothek 1846, nachdem bei einem Großbrand in Reutte auch Teile des dortigen Klosters und der Bibliothek vernichtet worden waren. Wohl aus Angst, daß sich ein solches Unglück wiederholen könnte, brachte man die bedeutenderen Werke (ca. 150, z. T. sehr wertvolle Bände) des Restbestandes nach Schwaz.

1.6 Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Schwaz zum zentralen Studienkloster der Tiroler Franziskanerprovinz. Für die Bibliothek hatte das insofern Bedeutung, als man noch mehr als bisher bemüht war, die verschiedenen Sparten der Theologie zu berücksichtigen. Besonderer Wert wurde in dieser Zeit auf Exegese und orientalische Sprachen gelegt. Da die Tiroler Franziskanerprovinz damals auch eigene Missionsgebiete übernahm (zunächst China, ab 1931 Bolivien), wurde die Bibliothek verstärkt mit Werken zur Missionstheologie ausgestattet.

1.7 Während des Zweiten Weltkriegs war das ordenseigene Studium aufgehoben, das Kloster blieb aber bestehen, und die Bibliothek erlitt keinen Schaden. In den Jahren 1960 bis 1962 erfolgte die Neuordnung der Bibliothek nach Sachgebieten (s. u. 2.3). Mit der Einstellung des ordenseigenen Studiums in Schwaz (1972) ging ein gewisser Bedeutungsverlust der Bibliothek einher. Sämtliche theologischen Reihenwerke und Zeitschriften (27) werden zwar weitergeführt, doch werden seither nur mehr die wichtigsten theologischen Werke angeschafft. Besonderes Augenmerk gilt dabei den Lexika.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Bei einem Gesamtbestand von ca. 21.000 Bdn sind 19.530 Titel bis 1900 erschienen: 1838 (9,5 Prozent) im 16. Jh, 3325 (17 Prozent) im 17. Jh, 4946 (25,5 Prozent) im 18. Jh und 9421 (48 Prozent) im 19. Jh. Dazu kommen 791 Inkunabeln und 1044 Titel, die wegen des fehlenden Erscheinungsjahres im folgenden nicht berücksichtigt werden. Insgesamt ist das historische Buchgut mit rund 21.400 Titeln zu veranschlagen. Die Zählung erfolgte anhand des Autorenkataloges.

2.2 Die vorwiegend theologische Ausrichtung der Bibliothek bringt es mit sich, daß neben der deutschen Sprache (12.003 Titel) vor allem Latein gut vertreten ist (6615). Der Rest verteilt sich hauptsächlich auf Italienisch (ca. 300) und Französisch (ca. 110).

Systematische Übersicht

2.3 Die Bibliothek wurde in den Jahren 1960 bis 1962 von P. Dr. Gerold Fussenegger vollständig neu nach Sachgebieten geordnet. Aufstellungskriterien innerhalb der Systematik sind erstens das Format und zweitens das Erscheinungsjahr. 1.3

2.4 Der Bereich Heilige Schrift und Exegese umfaßt 1091 Titel (633 lateinische, 383 deutsche, 18 hebräische, 9 griechische). Erst bei den Werken aus dem 19. Jh dominiert die deutsche Sprache (254) gegenüber dem Lateinischen (173). Zu den Besonderheiten zählen das Lexicon Heptaglotton von Edmund Castell (London 1669) und eine viersprachige Bibelsynopse (1583).

2.5 Auf die Abteilung Kirchenväter und Konzilien tfallen 702 Titel (193 deutsch, 490 lateinisch). Zu den Konzilien verdienen vor allem Severinus Binius' Concilia generalia (Köln 1618) und Giovanni Domenico Mansis Sacrorum Conciliorum (41 Bde, Florenz 1759 ff.) Erwähnung, zur Patristik die vollständige Kirchenväter-Ausgabe von J. P. Migne.

2.6 1418 Titel sind zur Kirchengeschichte vorhanden, von denen 1103 in Deutsch und 286 in Latein verfaßt sind. Den wertvollsten Bestand dieser Gruppe stellt die vollständige Ausgabe der Acta Sanctorum (1643 ff.) dar. Etwas zahlreicher sind die Titel zur Profangeschichte. Von insgesamt 1658 Titeln (1103 deutsch, 286 lateinisch) stammen 1086 aus dem 19. Jh. An älteren Werken seien die mit zahlreichen Holzschnitten ausgestattete Cosmographie aller Länder des Thomas Münzer (Basel 1561) und J. S. Semlers Allgemeine Welthistoria (47 Bde, Köln 1759-1810) hervorgehoben.

2.7 Von den 1011 Titeln zur Moraltheologie sind 551 (316 des 19. Jhs) in Deutsch verfaßt, 450 (60 des 19. Jhs) in Latein. Die Gruppe Dogmatik setzt sich aus 1175 Titeln zusammen, 474 deutschsprachigen (197 des 19. Jhs) und 692 lateinischen (71 des 19. Jhs). Die meisten Werke erschienen im 18. Jh (336), am kleinsten ist der Bestand aus dem 19. Jh (268). Zu den ältesten Titeln zählt die deutsche Ausgabe des Katechismus von Petrus Canisius (Köln 1563).

2.8 315 Titel betreffen das Kirchenrecht (258 lateinisch, 57 deutsch). Etwas umfangreicher ist mit 503 Titeln (317 lateinisch, 176 deutsch) der Bestand zum Zivilrecht. Rund die Hälfte davon stammt aus der Bibliothek des Klosters in Reutte, wo im 17. Jh zeitweise ein Kurs für Kirchenrecht für die Kleriker der Tiroler Franziskanerprovinz eingerichtet war. Dementsprechend überwiegen die Drucke aus dem 16. und 17. Jh (118 bzw. 170).

2.9 Die Predigten gliedern sich in zwei Abteilungen, die zusammen die größte Bestandsgruppe bilden. Fremdsprachige Predigten sind mit 919 Titeln vertreten (796 lateinisch, 101 italienisch, 22 französisch), die deutschen Predigten mit 2374. Der systematischen Vermehrung der Predigtliteratur wurde besondere Aufmerksamkeit geschenkt, da die Predigttätigkeit stets zu den wesentlichen Aufgaben der Schwazer Franziskaner zählte.

2.10 Zur Pastoraltheologie und Liturgie liegen 1022 Titel vor, davon sind 657 deutsch und 350 lateinisch. Da es sich um jüngere theologische Disziplinen handelt, stammt mehr als die Hälfte der Werke aus dem 19. Jh. 1038 Titel (519 deutsch, 349 lateinisch, 125 italienisch, 25 französisch) betreffen die franziskanische Ordensgeschichte. Zu den wertvollsten Werken gehören das Bullarium Franciscanum (8 Bde, Rom 1759-1904) und die von Lukas Wadding herausgegebenen Annales Minorum (derzeit 32 Bde, Rom 1731 ff.), die aufgrund der Vollständigkeit der Reihe eine Rarität darstellen.

2.11 Relativ gering ist mit 1049 Titeln (625 deutsch, 409 lateinisch) der Bestand zur Philosophie, da diese Wissenschaft bei den Franziskanern - außer in der Frühzeit des Ordens - einen geringeren Stellenwert hatte als bei anderen Orden. Die Aszese ist als Einzelabteilung die am stärksten vertretene Disziplin (s. o. 1.3). Von den vorhandenen 2417 Werken sind 1522 in Deutsch verfaßt, 861 in Latein, 100 in Italienisch und 60 in Französisch.

2.12 1533 Titel (913 deutsch, 470 lateinisch, 39 glisch, 28 französisch, 25 italienisch, 15 griechisch) gehören zur Gruppe Klassiker. Insgesamt dürfte sich der Bestand aber auf rund 2000 Werke belaufen, da ca. die Hälfte der rund 1000 Bücher ohne Erscheinungsjahr dieser Abteilung angehört. Entsprechend der sprachlichen Aufteilung finden sich vor allem Werke der deutschen Klassik sowie lateinische und griechische Klassiker-Ausgaben (größtenteils in lateinischer Übersetzung). Ergänzend dazu gibt es Grammatiken zu den genannten Sprachen, aber auch zum Türkischen, Arabischen, Syrischen und Russischen, da man den Franziskaner-Missionaren, die im 18. und 19. Jh vorwiegend im Hl. Land und z. T. auch in Rußland tätig waren, bereits in der Heimat die Möglichkeit des Sprachstudiums bieten wollte.

2.13 1154 Titel (984 deutsch, 94 lateinisch, 55 italienisch, 20 französisch) sind Biographien. Es handelt sich um Lebensbeschreibungen Heiliger; erst unter den Werken ab der Mitte des 19. Jhs finden sich auch Biographien bedeutender weltlicher Persönlichkeiten.

2.14 Inkunabeln. Die 791 Inkunabeln im Besitz des Klosters sind fast ausschließlich in lateinischer Sprache verfaßt. Acht Werke, von denen mehrere mit zahlreichen Holzschnitten ausgestattet sind, sind deutschsprachig. 220 Inkunabeln wurden in 15 verschiedenen Orten Deutschlands gedruckt, davon 63 in Straßburg, 47 in Nürnberg und 35 in Augsburg. 169 Inkunabeln stammen aus italienischen Offizinen (12 verschiedene Orte), davon 99 aus Venedig und 44 aus Rom. 46 Inkunabeln liegen aus Basel vor.

3. KATALOGE

Autorenkatalog

[in Zettelform; um 1890 nach hauseigenen Regeln angelegt und seither laufend ergänzt]

Verzeichnis der Wiegendrucke des Franziskanerklosters zu Schwaz, Juni 1919

[Hs.; verfaßt von P. Dionys Gmeiner; geordnet sowohl nach Autoren als auch nach Druckorten]

Chronik des Franziskanerklosters Schwaz

[gibt Aufschluß über Bücherankäufe, vor allem im 18. Jh]

Stand: Juli 1996

Erich Pfeifer

Christian Tschidere


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.