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Bibliotheken im Fritz-Reuter- und Richard-Wagner-Museum

Adresse. Reuterweg 2, 99817 Eisenach [Karte]
Telefon. (03691) 20 39 71

Unterhaltsträger. Stadt Eisenach
Funktion. Spezialbibliotheken, geschlossene Sammlungen.
Sammelgebiete. Primär- und Sekundärliteratur zu Fritz Reuter und Richard Wagner.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung während der Öffnungszeiten des Museums: Dienstag bis Sonntag 10-17 Uhr. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung empfehlenswert. Vom Hauptbahnhof Eisenach Fußwegnähe (ca. 20 Minuten) in Richtung Wartburg oder Busverbindung (Linie 3) bis Haltestelle Prinzenteich. A 4 (E 40), Ausfahrt Eisenach-Ost oder -West. Parkplätze in der Nähe des Museums.

1. BESTANDSGESCHICHTE
Fritz-Reuter-Bibliothek

1.1 Fritz Reuter (1810-1874), der Begründer der niederdeutschen Dialektdichtung, der als Burschenschafter im Zusammenhang mit der Demagogenverfolgung 1833 zum Tode verurteilt, später zu dreißigjähriger Festungshaft begnadigt und 1840 aus strenger Haft entlassen worden war (Ut mine Festungstid, 1863), siedelte 1863 von Neubrandenburg nach Eisenach über. Dort bezog er zunächst ein Haus am Schloßberg, das ihm der Bankier Severus Ziegler (1817-1871), den er aus seiner Jenaer Studentenzeit (1832/33) kannte, gemietet hatte. 1864 schrieb Reuter, daß er der am höchsten honorierte Schriftsteller seiner Zeit sei, und 1866, daß er nun daran denken könne, sich ein " eigenes Hüsung" zu bauen. Zwischen 1866 und 1868 entstand im Helltal am Fuße der Wartburg nach Entwürfen des bekannten Architekten Ludwig Bohnstedt (1822-1885) eine Villa im Neorenaissance-Stil. Hier starb Reuter 1874, seine Frau im Jahre 1894. Laut Testament fiel das Haus der Deutschen Schillerstiftung zu, die es 1895 an die Stadt Eisenach verkaufte. Nachdem die Stadt auch noch die Wagner-Sammlung erworben hatte, wurde es 1897 als Reuter-Wagner-Museum eröffnet.

1.2 Das weitgehend originale Mobiliar, der historische Garten und eine ständige Ausstellung erinnern an den Dichter. Teile seiner Bibliothek befinden sich noch am angestammten Platz, in den beiden Bücherschränken des Arbeitszimmers. Der Hauptteil ist in einem kleinen, später eigens dazu eingerichteten Bibliothekszimmer aufgestellt. Die Bibliothek zählt insgesamt 1415 Titel (2200 Bde). Der handschriftliche Nachlaß Reuters wird zum größeren Teil im Fritz-Reuter-Museum zu Stavenhagen (Mecklenburg) aufbewahrt; der kleinere Teil und die Korrespondenz seiner Frau Luise befinden sich im Goethe- und Schiller-Archiv Weimar.

Richard-Wagner-Bibliothek

1.3 Richard Wagner (1813-1883) hat zu Eisenach nur flüchtige Beziehungen gehabt. Am 15. Mai 1849, im Oktober 1867 und im Juli 1877 weilte er kurz in der Stadt. Aber als Schauplatz seiner Oper Tannhäuser sind die Wartburg (die er im April 1842 zum ersten Mal sah), die Stadt und ihre Umgebung ( z. B. der Große Hörselberg) eng mit seinem Werk verbunden.

1.4 Ein begeisterter Verehrer Wagners, der österreichische Industrielle Nikolaus Oesterlein (1841-1898), hatte in den siebziger Jahren alles, was zu Wagner Bezug hatte, zu sammeln begonnen: Gedrucktes, Porträts, Fotografien, Büsten und Medaillons, Programmzettel, Plakate, Materialien zu den Opernaufführungen, zu Orten und Gebäuden usw. Als 1895 der vierte Band seines Kataloges erschien, umfaßte sein Museum 22.800 Stücke. Die weitere Ausdehnung der Sammlungen überstieg die Kräfte und die Mittel eines einzelnen, deshalb suchte Oesterlein nach einer größeren Stadt, die das Museum und seine Weiterführung zu übernehmen bereit war. Auf Initiative des aus Eisenach stammenden Verlegers Joseph Kürschner (1853-1902) und mit Hilfe von Spenden wurde es möglich, 1895 Oesterleins Richard-Wagner-Museum für 85.000 Mark anzukaufen und nach Eisenach zu überführen. Die gerade vom Rat der Stadt erworbene Reuter-Villa schien für die Aufstellung geeignet. Im Juni 1897 wurde das Reuter-Wagner-Museum dort eröffnet.

1.5 Im Wagner-Gedächtnis-Jahr 1963 erhielt die Ausstellung zu Leben und Werk Wagners neue Räume im Erdgeschoß, wo sie sich heute noch befindet. Nach den Gedenkstätten in Bayreuth besitzt Eisenach die umfangreichste Wagner-Sammlung. Ihre Bedeutung liegt weniger im repräsentativen Wert ( z. B. von Gegenständen aus Wagners Besitz) als vielmehr, und das ist das Verdienst Oesterleins, in der thematischen Geschlossenheit des Gesammelten.

1.6 Das Kernstück ist die Bibliothek mit ihren damals etwa 5000 Bdn. Sie enthält neben den sämtlichen Schriften und Kompositionen Wagners die Wagneriana bis über die Jahrhundertwende hinaus in einmaliger Vollständigkeit auch Randgebiete fanden Berücksichtigung. Neuere Wagner-Literatur ist in Auswahl vorhanden. Ergänzt wird die Bibliothek durch eine Sammlung von über 15.000 Artikeln und Notizen, Illustrationen und Karikaturen aus Zeitungen und Zeitschriften. Zu erwähnen sind außerdem über 200 Briefe von Wagner selbst und über 400 Briefe aus seinem Umkreis ( u. a. von Liszt, Hans von Bülow, Moritz von Schwind und König Ludwig II. von Bayern), weiterhin eine handschriftliche Rienzi-Partitur aus der Zeit der Uraufführung mit über 1000 eigenhändigen Zusätzen des Komponisten.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Fritz-Reuter-Bibliothek

2.1 Der Buchbestand wurde anhand des Standortkataloges ausgezählt. Aus dem Zeitraum von vor 1900 stammen 1047 Titel (74 Prozent des Gesamtbestandes), ausschließlich aus 19. Jh. Davon sind 988 Titel (94,4 Prozent) in deutscher, 25 (2,4 Prozent) in englischer, 12 (ein Prozent) in französischer, einer in lateinischer und 4 in einer weiteren Sprache. Nur 17 Titel (1,6 Prozent) liegen in Plattdeutsch vor.

2.2 Es handelt sich hauptsächlich um von Reuter gesammelte Literatur (890 Titel; 85 Prozent), um Textausgaben seiner Werke (119 Titel; 11,4 Prozent) und um Sekundärliteratur (38 Titel; 3,6 Prozent). Unter den Autoren, die Reuter interessierten oder mit denen er in Verbindung stand, finden sich Gottfried Keller, Berthold Auerbach, Gustav Freytag, Otto Ludwig, Theodor Storm, Paul Heyse, Victor von Scheffel und Theodor Fontane. Es fällt auf, daß z. B. die Cottaschen Ausgaben von Walter Scott (Stuttgart 1851-1852), Berthold Auerbach (Stuttgart und Augsburg 1857-1858) und Goethe (Stuttgart 1857-1858) erst in der Eisenacher Zeit erworben worden sind, und zwar durchgängig über die Berliner Buchhandlung Gsel- lius.

2.3 Unter den Werkausgaben Reuters befindet sich auch die in 60.000 Exemplaren zwischen 1877 und 1878 nach seinem Tode bei Hinstorff in Wismar erschienene Volksausgabe. Zu Reuters Lieblingsbüchern zählte die von Wilhelm von Kaulbach illustrierte Ausgabe des Reineke Fuchs (Stuttgart: Cotta 1857) und der Don Quixote des Cervantes mit den Illustrationen von Gustave Doré (Berlin und New York 1868). Unter den Mecklenburgica ist das vollständig vorhandene Unterhaltungsblatt für beide Mecklenburg und Pommern zu erwähnen, eine Wochenzeitung, die von 1855 bis 1856 in Neubrandenburg erschien und von Reuter herausgegeben wurde. Fast alle Beiträge des Blattes stammen aus seiner eigenen Feder.

Richard-Wagner-Bibliothek

2.4 Die Bibliothek zählt insgesamt 5717 Bestandseinheiten (1994). Der anhand des Standortkataloges ausgezählte historische Bestand umfaßt 4258 Titel (74,5 Prozent des Gesamtbestandes): 16. Jh 6, 17. Jh 4, 18. Jh 74 (1,7 Prozent) und 19. Jh 4174 (98 Prozent).

2.5 Es handelt sich überwiegend um deutschsprachige Literatur: 3763 Titel (88,4 Prozent; 16. Jh 6, 17. Jh 4, 18. Jh 71, 19. Jh 3682) und 131 Titel in englischer (3,1 Prozent; 19. Jh), 256 in französischer (6 Prozent; 18. Jh einer, 19. Jh 255), 17 in lateinischer 18. Jh 2, 19. Jh 15) und 91 (2,1 Prozent; 19. Jh) in einer weiteren Sprache.

2.6 Zeitschriften belaufen sich auf 776 Bde (18,2 Prozent; 18. Jh 4, 19. Jh 772), Textbücher machen 464 Titel aus (10,9 Prozent; 18. Jh, 19. Jh 463). Musik- und Kulturgeschichte umfassen 418 Titel (9,8 Prozent; 18. Jh einer, 19. Jh 417), Musikhistorische Werke mit Bezug auf Wagner 203 Titel (4,8 Prozent; 19. Jh). Zur Theatergeschichte liegen 435 Titel vor (10,2 Prozent; 18. Jh 22, 19. Jh 413). Werke von und über Wagner (265 Titel oder 6,2 Prozent; 19. Jh) werden ergänzt durch Literatur zu einzelnen Opern: Der Ring des Nibelungen 308 Titel (7,2 Prozent; 18. Jh 10, 19. Jh 298); Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg 155 Titel (3,6 Prozent; 16. und 17. Jh je einer, 18 Jh 7, 19. Jh 146); Die Meistersinger von Nürnberg 85 Titel (2 Prozent; 16. Jh 5, 17. Jh einer, 18. Jh 2, 19. Jh 77); Tristan und Isolde 45 Titel (ein Prozent; 19. Jh); Rienzi 35 Titel (19. Jh); 166 Titel zu weiteren Opern schließen sich an (3,9 Prozent; 19. Jh). Zu Bayreuth sind 93 Titel vorhanden (2,2 Prozent; 19. Jh). Zu Personen um Wagner 92 (2,2 Prozent; 19. Jh); zur Mythologie 60 (1,4 Prozent; 18. Jh 2, 19. Jh 58); zur Zeit des Dresdner Aufstandes (1,3 Prozent; 19. Jh) und zu Jean Paul 60 (1,4 Prozent; 18. Jh 11, 19. Jh 49). Parodien sind 38 Titel (19. Jh). Theaterzettel sind in 15 Bdn gesammelt (19. Jh), dazu kommen mehrere Hundert Einzelblätter. Zur Rassentheorie liegen 39 Titel vor (19. Jh), zur Vivisektion 24 (19. Jh), zum Vegetariertum 11 (19. Jh). Allgemeines zu Wagner und seiner Zeit beläuft sich auf 416 Titel (9,8 Prozent; 17. Jh 2, 18. Jh 14, 19. Jh 400).

2.7 Die Systematik Oesterleins sah 6 Abteilungen vor: (1) Richard Wagner, (2) Übersetzungen, Bearbeitungen von Tondichtungen, Bildnisse Richard Wagners, Ansichten, Vermischtes, (3) Über Richard Wagner, seine Kunst und Sache im Allgemeinen, (4) Wagner-Vereine, (5) Bayreuth und (6) Curiosa. Oesterleins universale Sammeltätigkeit richtete sich darauf, Quellen (im weitesten Sinne) zum Leben und zum Werk Wagners bereitzustellen. So befinden sich in der Bibliothek z. B. Criemhildens Rache, und die Klage; zwey Heldengedichte, hrsg. von Johann Jakob Bodmer (Zürich 1757), der Volksroman Tannhäußer und der treue Eckart (Riga 1794), Eyn gesprech von den Scheinwercke der Gaystlichen und jren gelübdten von Hans Sachs (o. O. 1524) und die Conjuration de Nicolas Gabrini dit de Rienzi (Amsterdam 1734). Unter den Curiosa ist der Grazer Portemonnaie-Kalender (Graz 1883) mit dem Porträt Wagners, ein Miniaturband von 3 x 4 cm.

2.8 Ein Band Drucksachen (Beglaubigte Copien aus den, in Gemäßheit der Ministerial-Verordnung vom 29. Mai 1849, bei dem Stadtgericht zu Dresden in der Untersuchung wegen des daselbst vom 3ten bis 9ten d. M. Statt gehabten Aufruhrs geführten, General-Acten) dokumentiert Wagners Beteiligung an den revolutionären Ereignissen in Sachsen.

2.9 Ein wertvoller Bestandteil der Sammlung sind die zeitgenössischen Musikzeitschriften: die Wiener Allgemeine Musikalische Zeitung (1, 1813; Reprint 1986), die Signale für die musikalische Welt (Jg. 1-42, 1843-1884), die Allgemeine Deutsche Musikzeitung (Jg. 1-58, 1874-1931), das Musikalische Wochenblatt (Bd 1-73, 1870-1906), Dwight's Journal of Music (Bd 1-24, 1852-1864), die New Yorker Musikzeitung (Jg. 17-19, 1874-1876) und die Revue et Gazette musicale de Paris (Jg. 7, 1840 lückenhaft).

3. KATALOGE

Fritz-Reuter-Bibliothek:

Alpabetischer Katalog

[in Zettelform, nach Hausregeln]

Sachkatalog

[in Zettelform, nach Hausregeln; der Katalog liegt auch als Mikrofiche vor]

Standortkatalog, 1983 ff. [in Bandform]

Richard-Wagner-Bibliothek:

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform, nach Hausregeln]

Sachkatalog

[in Zettelform, nach Hausregeln; der Katalog liegt auch als Mikrofiche vor]

Standortkatalog, 1983 ff. [3 Bde]

S. auch u. 5

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Seidel, Heinz: Das Fritz-Reuter- und Richard-Wagner-Museum in Eisenach. 2. Aufl. Eisenach 1973

Ossmann, Gudrun: Das Fritz Reuter-Richard-Wagner-Museum. In: Wartburgstadt Eisenach. Marburg 1990, S. 194-199

Reuter-Villa. In: Museen in Thüringen. Gera [1991], S. 85

Ossmann, Gudrun: Wie kam Wagner in die Reuter-Villa? Zur Geschichte der Wagner-Sammlung im Reuter-Haus. In: Eisenach-Jahrbuch 1 (1992) S. 99-106

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Oesterlein, Nikolaus: Katalog einer Richard-Wagner-Bibliothek. Bd 1-4. Leipzig 1882-1895 [Beschreibendes Verzeichnis des Richard-Wagner-Museums in Wien]

Stand: Juni 1994

Gudrun Osmann

Felicitas Marwinski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.