FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Fürstlich Ysenburg- und Büdingensche Bibliothek

Adresse. Schloß, Neuer Bau, 6470 Büdingen
Telefon. (06042) 6622

Unterhaltsträger. Kulturgut Fürst zu Ysenburg und Büdingen GbR
Funktion. . Wissenschaftliche Bibliothek für die Region Büdingen. Arbeitsbibliothek des angegliederten Archivs.
Sammelgebiete. 1. Allgemeine Sammelgebiete: Kunst, insbesondere Burgen und Schlösser; Forst und Jagd. 2. Besondere Sammelgebiete: Ysenburgica: Literatur zur Geschichte des Hauses Ysenburg und der ehemaligen ysenburgischen Territorien; Sekten- und Exulantenwesen der ehemaligen Grafschaft Ysenburg; Büdinger Drucke.

Benutzungsmöglichkeiten. Ausleihbibliothek. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8-12 und 14-17 Uhr. - Leihverkehr: DLV.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung empfehlenswert. Bahnbus-Verbindung ab Gießen oder Gelnhausen. A 66, Ausfahrt Gründau-Lieblos, B 457 bis Büdingen; A 45, Ausfahrt Altenstadt, B 521 bis Büdingen-Büches, B 457 bis Büdingen. Parkmöglichkeit auf dem Schloßplatz.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Schon bei den Erbteilungen der Jahre 1511/1517 finden eine Anzahl von Büchern aus dem Besitz des verstorbenen Grafen Ludwig II. zu Ysenburg-Büdingen (reg. 1461-1511) Erwähnung, darunter eine Evangelienschrift und theologische Traktate, diverse lateinische Autoren wie Cicero und Vergil und eine Grammatik. Der kleine Buchbestand wurde in einer eisenbeschlagenen Truhe aufbewahrt. Die Anfänge der eigentlichen Bibliothek im Schloß fallen ins 16. Jh. In Rechnungen aus dieser Zeit sind häufig Bücherkäufe oder Buchbinderkosten erwähnt. Auch für die Erziehung der jungen Grafen im neuen Geist der Reformation Martin Luthers Graf Anton (1501-1560) ließ sich eigens von Philipp Melanchthon in Wittenberg einen Hauslehrer empfehlen wurden vermehrt Bücher angeschafft. 1558 wird die " gemeine liberey", eine gemeinsame Bibliothek der beiden Ysenburger Linien, erwähnt, die sich damals den Besitz des Büdinger Schlosses teilten. Wie die Rechnungen ausweisen, war sie mit Tischen, Bänken und Pulten ausgestattet. Besonders wertvolle Werke waren mit Ketten angeschlossen. Als die Grafschaft 1601 unter Wolfgang Ernst I. (1560-1633) wieder in einer Hand vereinigt wurde, dürfte somit im Büdinger Schloß bereits eine ansehnliche Bibliothek vorhanden gewesen sein. Auch Graf Wolfgang Ernst, den sein Studium an der Straßburger Akademie zur Entscheidung für den Kalvinismus geführt hatte, war ein Freund des Buches. Dies zeigen nicht nur Bücherkäufe, vornehmlich auf den Frankfurter Messen, oder Autorenwidmungen, er rüstete auch die von ihm 1601 neu fundierte Büdinger Lateinschule mit einer stattlichen Bibliothek aus. Sie bildete über Jahrhunderte den Kern der Gymnasialbibliothek, bis sie 1958 aus Unverstand aufgelöst und verschleudert wurde. Von den ersten Bibliotheken im Büdinger Schloß und vermutlich auch in den anderen Residenzen der Ysenburger Grafen haben nur geringe Reste den Dreißigjährigen Krieg überstanden. Als die Grafschaft nach der Schlacht von Nördlingen 1634 von kaiserlichen Truppen eingenommen wurde, plünderte die Soldateska die Schlösser. Die Ysenburger mußten ins Exil gehen, ihr Territorium wurde der Sequesterverwaltung des hessischen Landgrafen unterstellt und erst 1642 bzw. durch die Generalamnestie des Westfälischen Friedens restituiert.

1.2 Nach der Landesteilung von 1687 in mehrere Teilgrafschaften wuchsen in den Kleinresidenzen wie Büdingen oder Wächtersbach (die Büchersammlungen der Birsteiner Linie in Schloß Birstein oder Offenbach bleiben hier außer Betracht) wieder eigene Bibliotheken zusammen, die den Grundstock der aktuellen Bestände bilden. Schon in einem Büdinger Inventar von 1674 sind wieder 320 Titel aus dem Besitz des Grafen Johann Ernst (1625-1673) genannt. Nach Einführung der Primogenitur in der Erbfolge wurde 1732 festgelegt, daß die vorhandenen Bestände nicht mehr geteilt, sondern " unzertrennt beim Primogenitus" verbleiben sollten, wohl aber durch Bücher aus dem Besitz verstorbener Familienmitglieder vermehrt werden konnten.

1.3 Im 18. Jh entstanden so die typischen Schwerpunkte, die noch heute der Schloßbibliothek ihr Gesicht geben. Dazu zählt die reiche Sammlung religiös-theologischer Werke, von Erbauungsschriften bis zur Kontroversliteratur, die wegen der praktizierten Toleranz in der Grafschaft Ysenburg, einer " Freistatt des Glaubens", auf besonderes Interesse stießen. Denn seit 1699 wurden hier die verschiedensten Gruppen von Exulanten aufgenommen und angesiedelt, darunter die aus Sachsen ausgewiesenen Herrnhuter unter dem Grafen Zinzendorf, die zwischen 1738 und 1750 auf dem Herrnhaag bei Büdingen auch zu einer Blüte ihrer geistlichen Literatur fanden. Durch die 1717 in Büdingen von J. F. Regelein eingerichtete Buchdruckerei, die später von seinem Schwiegersohn Stöhr fortgeführt wurde und deren Drucktradition bis heute wirksam ist, entstanden neue Publikationsmöglichkeiten, die von dem intellektuellen Potential unter Klerus, Lehrern und Beamten rege genutzt wurde, so von dem Pietisten Samuel König (1671-1750), zeitweise Pfarrer und Hofprediger in Büdingen, später Professor für Orientalistik und Mathematik in seiner Vaterstadt Bern, oder dem Mediziner Dr. Johann Samuel Carl (1677-1757), zeitweilig Vorsteher der Büdinger Inspiriertengemeinde. Für Zwecke der Regierungsbehörden und der Verwaltung wurde die für ein kleines Reichsterritorium typische juristische und historische Literatur angeschafft. Am Ausgang des 18. Jhs war auch eine eigene " Kinderbibliothek" mit mehr als 50 Titeln im Schloß vorhanden, aus welcher Jugendschrifttum und pädagogische Werke in den heutigen Bestand übergegangen sind. Aus den letzten Jahrzehnten des 18. und dem frühen 19. Jh sind ein interessanter Bestand an Reiseliteratur, gute Reihen von Kalendern und Almanachen sowie Modezeitschriften überkommen.

1.4 Im Zerfallsprozeß des Alten Reiches wurden die Büdinger Teilgrafschaften mediatisiert und gingen 1806 im Rheinbundfürstentum Isenburg unter Fürst Carl von Isenburg-Birstein auf. Die Entscheidungen des Wiener Kongresses 1815 führten zum Verlust der Souveränität. Die wichtigste Wirtschaftsgrundlage wurde nun der Besitz des ausgedehnten Büdinger Waldes, hinzu kamen Einnahmen aus dem Agrarbereich, den in Pacht oder Eigenwirtschaft betriebenen Höfen sowie dem Abbau von Bodenschätzen (Basalt, Braunkohle). Diese Entwicklung spiegelt sich in der Bibliothek in der Literatur zum Forst- und Jagdwesen, zu Landwirtschaft, Tierzucht oder Bergbau wider. An die Seite der deutschen Klassikerausgaben treten französische und englische Schriftsteller. Doch blieb man nicht nur aktuell auf dem laufenden, aus dem Geist von Romantik und Historismus kam es auch zu einer nach rückwärts gewandten Sammeltätigkeit. Mancher frühe Druck wurde nun erst für die Bibliothek erworben. Dabei zeichnete sich besonders der historisch interessierte und wissenschaftlich begabte Erbgraf und spätere Fürst Ernst Casimir II. (1806-1861) aus. Er gab auch den entscheidenden Anstoß zu der 1865 in Frankfurt erschienenen dreibändigen Hausgeschichte von G. Simon und legte durch seine Sammlungen den Grundstock zu dem späteren Schloßmuseum. Entsprechend zahlreicher wurden nun in der Bibliothek Werke zu Kunst und Geschichte. Ernst Casimir versammelte auch einen kleinen interessierten Kreis um sich, zu dem der spätere Sprachforscher Wilhelm Crecelius (1828-1889) zählte, der während seiner Büdinger Hauslehrerzeit als erster auf bedeutsame Handschriftenfragmente und andere Sprachdenkmäler im Archiv des Hauses aufmerksam machte. Die Schloßbibliothek wurde nunmehr in das unveräußerliche Fideikommißvermögen des Hauses überführt, auf das sich die Linien 1834 bis 1841 verpflichtet hatten. Daneben entstanden eine eigene Forstbibliothek und bei der Rentkammer ein Handapparat von Gesetzes- und Verordnungssammlungen, Literatur zum Kameral- und Steuerwesen oder zur Agrartechnik. In den sechziger Jahren des 19. Jhs wurden die Bestände durch den Bibliothekar Viktor Illig neu katalogisiert.

1.5 In den Jahren 1907 und 1908 wurde bei der Wiederherstellung des Wachtbaues ein reich ausgestatteter Bibliotheksraum eingerichtet, mit in die Wandvertäfelung eingebauten Bücherschränken. Dieser Raum enthält heute die Abteilung Theologie. Die Handbibliothek des Archivs, die später in den allgemeinen Bestand übernommen wurde, bildete mit einem Grundstock an Literatur zur Genealogie, historischen Hilfswissenschaften und hessischer Landeskunde den Anfang einer wissenschaftlichen Arbeitsbibliothek. Nachdem die Gesetzgebung der Weimarer Republik das Institut der Fideikommisse aufgehoben hatte, dachte man 1931 an einen Verkauf der Bibliothek, der aber nicht zustande kam. Für den Erhalt verwandte sich u. a. Fürstin Marie zu Ysenburg-Büdingen (1890-1973), eine Buchliebhaberin, die in ihrer Jugend selbst schöne Bucheinbände anfertigte und ihre Exlibris selbst entwarf. Der größere Teil ihrer privaten Bibliothek wurde nach ihrem Tode in die Schloßbibliothek integriert. 1941 traten Fürst Otto Friedrich zu Ysenburg und Büdingen von der Wächtersbacher Linie und seine Gemahlin Fürstin Felizitas geb. Prinzessin Reuß j. L. das Erbe im alten Stammschloß der Familie in Büdingen an. Ihrer stetigen Förderung verdankt die Schloßbibliothek ihre heutige Gestalt und die Aufnahme eines Großteils der Bestände in die nunmehr Zug um Zug restaurierten Wohnräume des Schlosses.

1.6 Eine der Hauptmaßnahmen wurde die Vereinigung der Bibliothek aus Schloß Wächtersbach, die nach Büdingen verbracht worden war, mit den dortigen Beständen. Auch bei der 1687 entstandenen Linie der Ysenburger mit Residenz im Städtchen Wächtersbach östlich von Gelnhausen war ein ansehnlicher Buchbestand angewachsen. Durch gezielte Zukäufe und rege Sammeltätigkeit entstand in der ersten Hälfte des 19. Jhs die sogenannte " Maximili-Bibliothek" im Schloß. Im Zusammenhang mit der 1832 gegründeten Wächtersbacher Steingutfabrik im Besitz der Familie, die später vor allem durch ihre Jugendstilproduktion zwischen 1900 und 1920 (Atelier Christian Neureuther in Verbindung mit der Darmstädter Jugendstilkolonie) bekannt wurde, wuchs das Interesse an Werken über Kunst und Dekoration oder keramischen Techniken. Im Rahmen der frühen sozialen Einrichtungen der Fabrik wurde auch eine Werksbücherei zur Weiterbildung der Mitarbeiter eingerichtet. Fürst Friedrich Wilhelm (1850-1933), vielseitig interessiert und selbst wissenschaftlich und publizistisch engagiert, hat die Bibliothek im Wächtersbacher Schloß weiter ergänzt. Am 27. Oktober 1939 wurde das Schloß jedoch von einem Großbrand heimgesucht. Die Bibliothek konnte zwar weitgehend gerettet werden, doch waren die Bestände in Unordnung geraten und der Katalog vernichtet. Als die fürstliche Familie nach Schloß Büdingen umzog, wurden die Bücher bis nach Kriegsende zunächst provisorisch eingelagert. Seit 1948 wurden sie mit dem vorhandenen Bestand vereinigt und gemeinsam neu katalogisiert. Allmählich begann auch die Öffnung der Bibliothek, d. h. die öffentliche Nutzung, insbesondere für wissenschaftliche Zwecke. Ein wichtiger Schritt dazu wurde der Anschluß an den Leihverkehr der wissenschaftlichen Bibliotheken, wobei die Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt/M. als Leitbibliothek fungiert.

1.7 Gegenwärtig erlaubt es ein kleiner Anschaf- fungsetat, die Bestände schwerpunktmäßig zu ergänzen und auszubauen. In möglichst vollständiger Form wird das Schrifttum zur Geschichte des Hauses Ysenburg und der ehemals ysenburgischen Territorien gesammelt. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Stadt Büdingen und ihr Umland. Die Neuanschaffung von Quelleneditionen und Werken zur hessischen Landesgeschichte sollen den Wert als Arbeitsbibliothek erhalten. Weitere Schwerpunkte sind Kunstgeschichte und das Forst- und Jagdwesen. Unter Einarbeitung von noch nicht katalogisierten älteren Werken werden jährlich zwischen 200 und 300 Titel neu in die Bibliothek aufgenommen. Auch eine Anzahl von Zeitschriften, vornehmlich landeskundlicher Art, wird gehalten. Es wird Wert darauf gelegt, den privaten Charakter der Schloßbibliothek zu erhalten. Über die Neuzugänge unterrichtet ein jährliches Verzeichnis, das Interessenten kostenlos zur Verfügung steht. Durch die Bibliotheksverwaltung wird ferner jährlich das Verzeichnis der Ysenburgica herausgegeben, mit Neuerscheinungen und Beiträgen in Zeitschriften zur Geschichte des Hauses Ysenburg und den ehemaligen ysenburgischen Territorien. Auf die Sammlung Mörschel, ein bedeutsames Depositum mit Druckwerken der Inspirationsgemeinschaft aus dem 18. Jh und deutscher Auswanderungsliteratur des 19. Jhs, wird unten eingegangen (s. 2.18-2.19). In jüngster Zeit sind weitere Bücherstiftungen für die Bibliothek erfolgt, die möglichst zusammenhängend Aufstellung finden. Die Bibliothek, die heute auf neun Räume des Schlosses verteilt ist, nähert sich damit der räumlichen Kapazitätsgrenze.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Bestandsbeschreibung beruht auf der Auszählung am Alphabetischen bzw. Systematischen Katalog sowie auf der Überprüfung undatierter Bücher am Standort. Rund 100 nicht auffindbare Titel wurden nicht mitgezählt. Berücksichtigt wurden dagegen Faksimiles und Nachdrucke, wenn sie zur Ergänzung von Sammelschwerpunkten angeschafft wurden. Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Die Bibliothek umfaßt rund 16.000 Titel (rund 32.000 Bde bzw. Einzelschriften, geschätzt). Mit 9898 Titeln ist ein Anteil von rund 62 Prozent vor 1900 erschienen. Die überwiegende Mehrzahl sind Monographien. Mit 5328 Titeln entfällt die Mehrheit (54 Prozent) auf das 19. Jh. Bemerkenswert ist mit 3647 Titeln (37 Prozent) der Anteil des 18. Jhs. Geringer vertreten sind dagegen das 17. Jh mit 734 Titeln (7,4 Prozent) und das 16. Jh mit 152 (1,5 Prozent). Hinzu kommen 10 Inkunabeln.

2.3 Der Charakter einer privaten, nicht unbedingt wissenschaftlichen Bibliothek spiegelt sich in der sprachlichen Verteilung wider. Mit 7647 Werken sind mehr als drei Viertel der Titel (77,2 Prozent) in Deutsch. Bei den Fremdsprachen dominiert mit 1391 Titeln (14 Prozent) Französisch, nur 587 (6 Prozent) sind lateinisch. Die restlichen 273 Titel verteilen sich auf 8 Sprachen: Englisch (155), Italienisch (60) und Niederländisch (46) bilden den Hauptteil, der Rest (12) verteilt sich auf Spanisch, Skandinavisch, Polnisch, Russisch und Griechisch. Die lateinische Literatur dominiert bei den Inkunabeln (90 Prozent) und im 16. Jh mit über 50 Prozent der Titel, bis 1750 hält sie noch einen bedeutsamen Anteil (15 bis 20 Prozent), danach wird sie bedeutungslos. Einen ähnlichen Bruch um 1750 weist die französische Literatur auf. Im 17. Jh stellt sie die relative Mehrheit der Werke mit fast 40 Prozent und in der ersten Hälfte des 18. Jhs immerhin noch 34 Prozent. Danach sind die Bücher zu fast 90 Prozent in Deutsch mit Ausnahme spezieller Sammelschwerpunkte. Systematische Übersicht

2.4 Die Bibliothek ist durch einen alphabetischen Verfasserkatalog und einen Sachkatalog erschlossen.

2.5 Einen deutlichen Schwerpunkt im Bestand setzt mit 2261 Werken die Abteilung Geschichte, die auch das Gesamtgebiet der Geographie (Landeskunde, Reisebeschreibungen) mit umfaßt. Rund die Hälfte der Titel fällt in die Zeit zwischen 1750 und 1850, aber auch das 17. Jh ist stark vertreten. Zur Untergruppe der Geographie gehört eine Anzahl größerer Kartenwerke bzw. Atlanten des 17. und 18. Jhs, häufig Nürnberger oder niederländischer Provenienz (Mercator und Hondius, Blaeu, Hermann), darunter auch einige Spezialatlanten. Hinzu treten Cosmographien (Sebastian Münster, Basel 1569) und Topographien (Braun-Hogenberg, Köln 1574; Merian), umfassende Erd- und Länderbeschreibungen (Büsching), geographisch-statistische Lexika und frühe historisch-geographische Landeskunden (z. B. Rheinischer Antiquarius, 1744; Wetterauischer Geographus, 1747). Über Länder- und Völkerkunden, häufig in französischer Sprache, reicht der Bogen bis zu wissenschaftlichen Standardwerken des 19. Jhs (A. von Humboldts Kosmos u. a.). Beliebt war Reiseliteratur, die für das 17. bis 19. Jh reich vertreten ist, von literarischen Schilderungen prominenter Reisender (E. M. Arndt, Friedrich Nicolai, Sophie von La Roche) bis zu Entdeckungsreisen und wissenschaftlichen Expeditionen. Darunter befinden sich häufig gut ausgestattete Kupferstichwerke. Zu erwähnen sind schließlich Reisemagazine und -journale.

2.6 Der engere Bereich der Geschichte beginnt mit frühen Weltchroniken (Hedio, 1539) und reicht bis hin zu oft vielbändigen Welt- oder Universalgeschichten (Rotteck, Schlosser, Lavisse). Zahlreich sind Nationalgeschichten, wobei Frankreich mit Werken des 17. bis 19. Jhs auffallend stark vertreten ist neben England, den Niederlanden, der Schweiz, Italien, Rußland und Polen sowie der Türkei bzw. dem Osmanischen Reich. Das Gebiet der Alten Geschichte (alter Orient, Griechen und Römer) ist gut, das Mittelalter vergleichsweise weniger stark vertreten, das Gebiet der Neuzeit breit gefächert. Einen starken Sonderkomplex bildet die Landeskunde zum hessischen Raum im weitesten Sinne, und darin nocls die Spezialliteratur zum Hause Ysenburg und zur Büdinger Region, darunter auch Prozeßschriften und sonstige Amtsdrucksachen. Neben dem Gebiet des Großherzogtums und Kurfürstentums Hessen lassen sich örtliche Schwerpunkte (Frankfurt, Gelnhausen, Friedberg, Hanau) feststellen. Auch eine Anzahl landeskundlicher Zeitschriften ist vorhanden, die älteren Jahrgänge meist vollständig, später häufig mit Lücken. Bei den Urkunden- und Regestenwerken sind neben Hessen auch Mainz (Gudenus, Würdtwein) oder Fulda (Schannat) vertreten. Gut ausgestattet ist die Gruppe der historischen Hilfswissenschaften, mit Schwerpunkt bei der Genealogie (zahlreiche Ausgaben der Tafeln von Hübner). Bei Memoiren und Biographien liegt der zeitliche Schwerpunkt im frühen 19. Jh, hier finden sich auch einige ältere Leichenpredigten.

2.7 Der Umfang von Militaria und Kriegsgeschichte mit 832 Titeln erklärt sich, wie bereits angedeutet, aus der Geschichte des Hauses Ysenburg, wo die jüngeren Söhne üblicherweise militärische Chargen anstrebten, aber auch aus dem allgemeinen Interesse am Militär- und Kriegswesen, das den Adel des 19. Jhs prägte. Der Teilbestand, der zu 90 Prozent ins 19. Jh fällt und überwiegend deutsch ist, enthält zahlreiche Feldzugsbeschreibungen oder Kriegserinnerungen seit den napoleonischen Kriegen, daneben strategische und taktische Schriften, Ranglisten, Exerzierreglements oder Bekleidungsvorschriften.

2.8 Die Abteilung Theologie, eingeschlossen Kirchengeschichte, ist mit 1295 Titeln recht umfangreich und zählt dem Inhalt nach zu den wichtigsten Beständen. Dies hängt zusammen mit dem zeitweise starken Interesse an religiösen Fragen an einem der pietistisch geprägten " frommen Grafenhöfe" der Wetterau (vgl. 1.3). Vertreten ist die gesamte Breite älterer theologischer Literatur, von Bibelausgaben (einige des 16. Jhs, darunter eine kolorierte Lutherbibel von 1561), über Systematische Theologie, Traktat- und Erbauungsliteratur bis zu Predigten, Gesang- und Gebetbüchern. Auch allgemeine Religionsgeschichte, insbesondere Frankreichs, und die Geschichte von Glaubensverfolgungen und Exulanten fanden wegen der Toleranzpolitik Interesse (s. a. Sondersammlungen, 2.18 f.). In der Abteilung Theologie sind deutlich kleinere private Buchbestände eingegangen, so aus dem Besitz der Gräfin Christine Eleonore geb. Gräfin Stolberg-Gedern (1692-1745). Dies erklärt auch Vorlieben für bestimmte Autoren wie J. C. Lavater, J. Arndt, G. Arnold oder J. L. Ewald. Aus sprachlicher Sicht ist das Lateinische mit nur etwa 60 Titeln auffallend schwach vertreten, stärker jedoch das Französische. Auch eine Anzahl niederländischer Werke ist vorhanden. Am Rande sei ein kleiner Bestand Judaica erwähnt mit einigen älteren Werken des 17. und 18. Jhs und Schriften zur Judenmission des 18. und 19. Jhs.

2.9 Die Gruppe Philosophie mit 202 Titeln ist wenig homogen. Darunter findet sich auch Literatur zum Freimaurertum wie überhaupt zu Geheimgesellschaften. Einen relativ hohen Anteil stellen französische Autoren in Ausgaben des 17. Jhs. Hervorzuheben sind Werke von Hobbes, David Hume (deutsche Ausgaben aus der zweiten Hälfte des 18. Jhs), Moses Mendelssohn, Kant und Fichte. Ein Großteil dieser Gruppe besteht aus Essays, Enzyklopädien und Lehrbüchern.

2.10 Die Gruppe Pädagogik umfaßt 574 Titel, davon 465 aus dem Zeitraum zwischen 1750 und 1850, überwiegend in deutscher Sprache. Neben Schulbüchern und Elementarwerken für alle Fächer finden sich Grammatiken, Sprachlehren, Naturgeschichten, Sammlungen für die Jugend und überhaupt erzieherische und unterhaltende Jugendliteratur, aber auch einige allgemeine Erziehungswerke (so etwa Knigge in Ausgaben von 1788 und 1796).

2.11 Eine bemerkenswerte Sammlung stellen die 674 Titel zu Land- und Forstwirtschaft dar. 600 davon sind nach 1790 erschienen. Neben allgemeinen und speziellen Fragen zur Jagd behandeln die nahezu ausschließlich deutschsprachigen Werke alle Aspekte des Forstwesens, der Tierzucht, des Ackerbaus und der Agrartechnik. Eine kleine Gruppe bilden 72 medizinische Werke, überwiegend in Deutsch und fast ausschließlich im 18. und 19. Jh erschienen. Darunter sind einige Werke von J. S. Carl (1677-1757), zeitweise Hofarzt in Büdingen.

2.12 Die Gruppe Mathematik und Naturwissenschaften umfaßt 136 Werke, zumeist in deutscher, aber auch französischer Sprache, 91 davon erschienen zwischen 1750 und 1850. Neben der Mathematik (Arithmetik und Geometrie) sind die naturwissenschaftlichen Einzeldisziplinen vertreten, relativ stark die Botanik, auch mit regionalen Übersichten. Hinzu kommen systematische Darstellungen, darunter mehrere Ausgaben von Linné, ältere Naturgeschichten z. T. mit Kupfern, Akademieabhandlungen und anderes. Starken Praxisbezug weisen die 85 Werke der Gruppe Oekonomie und Technologie auf, 77 davon in Deutsch, mit zeitlicher Dominanz vom letzten Viertel des 18. bis zur Mitte des 19. Jhs. Hier finden sich Werke der Kameralwissenschaften, Literatur zu Manufakturen, Fabriken, Wirtschaftsjournale, aber auch praktische Ratgeber, Haushalts- und Kochbücher.

2.13 Die Abteilung Kunst umfaßt 211 Titel. Nur wenige davon reichen vor das Jahr 1700 zurück, meist Architekturwerke (Serlius, 1558 u. a.). In diese Gruppe fallen auch eine Anzahl von Graphikbänden (Kupferstiche, Lithographien). In der Sondergruppe der Musikalien findet sich eine Sammlung von rund 40 Textbüchern für Opern und Singspiele, meist in Deutsch.

2.14 Die Gruppe Sprachwissenschaft mit 114 Titeln, in der Regel 18. und 19. Jh, enthält hauptsächlich Wörterbücher. Hervorzuheben ist ein 1472 in Eltville gedruckter deutsch-lateinischer Vocabularius. Der Bestand Allgemeines mit 321 Titeln stammt zu fast gleichen Teilen aus dem 18. und 19. Jh. Hier wurden auch Zeitschriften und sonstige Periodika eingereiht, darunter diverse, wertvoll ausgestattete Modezeitschriften des frühen 19. Jhs. Auch gute Ausgaben von Lexika und Enzyklopädien sind vorhanden.

2.15 Die Gruppe Almanache und Kalender umfaßt etwa 140 Stück aus der Zeit zwischen 1750 und 1850 mit dem Schwerpunkt zwischen 1800 und 1830, fast ausschließlich deutsch. Es handelt sich um die vor allem bei der Damenwelt sehr beliebten Taschenkalender, aber auch Hofkalender, genealogische Kalender und sonstige Spezialkalender, vielfach in schöner Ausstattung (Kupferstiche usw.). Sie stellen eine wichtige Sammlung dar, da in den Kalendern häufig Erstdrucke oder Einzelveröffentlichungen der deutschen Klassiker und Romantiker enthalten sind.

2.16 Den drittgrößten Umfang weist die Abteilung Recht mit 941 Titeln auf. Dies erklärt sich aus dem praktischen Nutzen für die Regierungskollegien und Verwaltungseinrichtungen der Grafschaft. In diesem Bereich dominiert bis ca. 1750 die lateinische Sprache, der hohe Anteil lateinischer Literatur stellt fast die Hälfte aller lateinischen Titel der Bibliothek dar. Hier fällt ein relativ großer Anteil der Werke ins 17. und auch noch 16. Jh, darunter ein Layenspiegel von 1510. Die gesamte " Reichspublizistik" (Pütter, Moser u. a.) des 18. Jhs ist gut vertreten. Im 19. Jh überwiegen Gesetzes- und Verordnungssammlungen sowie Verwaltungs- und Steuerwesen.

2.17 Die Abteilung Literatur (Schöne Literatur, Belletristik) gliedert sich nach 8 Sprachgruppen. Die größte Gruppe bildet die deutsche Literatur mit 854 Titeln (bis auf 5 auch in deutscher Sprache). Sie sind größtenteils ab 1750, in der Masse ab 1800 erschienen. Hervorzuheben sind frühe Gesamtausgaben, vor allem der deutschen Klassik (Goethe, Schiller, Wieland, Herder, Gellert, Lessing, Klopstock). Gut vertreten sind aber auch weniger bekannte Autoren des 18. und frühen 19. Jhs (z. B. Bürger, Gleim, Gutzkow, Kotzebue, Sophie von La Roche, von Haller, Voss), ferner Schauspieltexte (Iffland) und Sprachdenkmäler (Volkslied- und Sagensammlungen). Für das 19. Jh sind auch einige regionale Autoren zu nennen, wie der Volksschriftsteller O. Glaubrecht. Die französische Literatur ist mit 556 Titeln vertreten, davon 534 auch in französischer Sprache. Die Hälfte der Titel (286) ist zwischen 1600 und 1750 erschienen, dann wechselte man bei der Alltagslektüre stärker zur deutschen, im 19. Jh auch zur englischen Sprache. Hervorzuheben sind frühe Ausgaben von Voltaire und Rousseau. Selten und von besonderem Interesse sind die größtenteils zusammenhängend aufgestellten Exemplare der Gebrauchs- oder Trivialliteratur, häufig in den Niederlanden (Amsterdam oder Den Haag) verlegt. Einen weiteren Schwerpunkt bildet das frühe 19. Jh mit etwa 140 Werken, darunter zahlreiche bei Didot, Paris, verlegte Gesamtausgaben. Die Untergruppe englische Literatur weist bei 244 Titeln nur 126 in englischer Sprache auf, diese fallen zu 95 Prozent ins 19. Jh. Der Rest sind Übersetzungen ins Deutsche, darunter auch Shakespeare-Ausgaben von Schlegel und Tieck. Die 283 Titel klassische Literatur (Griechen und Römer) verteilen sich auf das 16. bis 19. Jh, der Schwerpunkt mit 170 Titeln, auch Schulausgaben, liegt im 19. Jh. Ab 1750 werden die deutschen Übersetzungen zahlreicher. Von den 61 Titeln italienischer Literatur fallen 46 ins 19. Jh, auch die Klassiker italienischer Sprache (Boccaccio, Dante, Petrarca, Tasso) liegen in deutschen Ausgaben des 19. Jhs vor. Vorhanden sind auch etwa 35 Opern-Libretti in italienischer Sprache. Die 25 Titel spanischer Literatur liegen überwiegend in deutschen und französischen Übersetzungen vor (Calderon und Cervantes in Ausgaben des 18. Jhs), das gleiche gilt für die skandinavische Literatur mit 17 Titeln des 19. Jhs, davon 16 in Deutsch, und 3 deutschen Übersetzungen slawischer Literatur des 19. Jhs. Sondersammlungen Depositum Sammlung Mörschel

2.18 Bei dieser Dauerleihgabe handelt es sich um einen geschlossenen Buchbestand der " Gemeinschaft der wahren Inspiration", einer aus dem radikalen Pietismus hervorgegangenen Erweckungsbewegung, die im 18. Jh ihr Zentrum in der Grafschaft Ysenburg hatte. Ihre Angehörigen konnten hier als " Stille im Lande" unbehelligt leben, bis es seit 1833 zu Konflikten wegen der Schulgesetzgebung mit der hessen-darmstädtischen Regierung kam. Unter Führung von Christian Metz wanderte die Inspirationsgemeinde 1842/43 geschlossen nach den Vereinigten Staaten aus, wo nach einer Zwischenstation schließlich seit 1855 im Staate Iowa die Amana-Colonies begründet wurden, die heute noch durch die Amana Church Society geprägt werden. Kern des Bücherbestandes bilden die seit 1736 jeweils für ein Jahr oder kürzere Zeitabschnitte herausgegebenen " Sammlungen" oder " Jahrbücher" in fortlaufender Folge. Sie spiegeln das Glaubensleben der Gemeinschaft getreulich wider, vor allem die " Ein- und Aussprachen" der " Werkzeuge" mit der Gabe der Inspiration, die genau aufgezeichnet wurden. Auch die Gründung und die Anfänge der Gemeinschaft unter Eberhard Ludwig Gruber (1665-1728) oder die Reisen seines Nachfolgers als Führer der Gemeinschaft Johann Friedrich Rock (1678-1749) durch Teile Europas sind genau dokumentiert, ebenso wie die Auseinandersetzung mit den Herrnhutern unter dem Grafen Zinzendorf, die ebenfalls eine zeitweilige Bleibe in der Grafschaft gefunden hatten. Die Bücher dürften in Büdingen gedruckt worden sein, erschienen aber wegen des Sektenverbots der Reichsverfassung ohne Angabe von Druckort oder Verleger. Die " Jahrbücher" wurden mit einer jüngeren Folge, hrsg. von Christian Metz und Barbara Landmann, fortgesetzt, die zwischen 1823 und 1884 in deutscher Sprache in den Vereinigten Staaten erschien. Hinzu kommen weitere Schriften der Gemeinschaft, deren historische Entwicklung schließlich Gottlieb Scheuner in einer mehrbändigen Inspirations-Historie zusammenfaßte. Die geistigen Traditionslinien werden an Ausgaben älterer Erweckungs- und Erbauungsschriftsteller deutlich, wie Johann Arnd, Gottfried Arnold, John Bunyan, Gerhard Teerstegen, J. V. Petersen oder J. H. Jung-Stilling. Auffallend sind die zahlreichen Ausgaben der Nachfolge Christi des Thomas von Kempen.

2.19 Ein zweiter Schwerpunkt liegt bei der Auswandererliteratur, die meist in Amerika in deutscher Sprache erschien, darunter eine Anzahl in Amana selbst. Hier finden sich etwa eine in Amerika verlegte Ausgabe der gesammelten Erzählungen des rheinischen Volksschriftstellers Wilhelm Oertel von Horn (1798-1867), aber auch eine Anzahl von Büchern zum praktischen Gebrauch wie Sprachlehren, Wörterbücher, populärwissenschaftliche Naturkunde oder einige reizvolle Schulfibeln. Die Buchbestände wurden seit 1963 von dem Büdinger Bauunternehmer Philipp Mörschel, einem Nachkommen aus einer der wichtigsten Inspiriertenfamilien, aus Amana zunächst auf die Ronneburg bei Büdingen verbracht und später der Schloßbibliothek als Depositum übergeben. Die Bücher waren zuvor gesichtet, grob nach Sachgebieten geordnet und fortlaufend numeriert worden. Nach dem Tode Philipp Mörschels 1987 wurde ein noch in seinem Besitz verbliebener Restbestand mit der Sammlung im Schloß vereinigt. Insgesamt sind 287 Bde (380 Titel) vorhanden. Diese verteilen sich mit 99 Titeln auf das 18. und 236 auf das 19. Jh, der Rest fällt zumeist ins frühe 20. Jh. Mit Ausnahme von zwei englischen Werken aus dem 20. Jh liegen alle Bücher in deutscher Sprache oder deutscher Übersetzung vor. Die Sammlung Mörschel bildet somit eine relativ umfangreiche, geschlossene literarische Überlieferung von hohem Quellenwert für eine der kleinen christlichen Gemeinschaften. Depositum Dohna

2.20 Das Depositum Dohna, von der Familie der Grafen zu Dohna 1959 der Schloßbibliothek übergeben, enthält neben umfangreichem genealogischen Material auch einen kleinen Spezialbestand an Büchern. Bei dem genealogischen Material handelt es sich hauptsächlich um handschriftliche Stammtafeln, die weit über das Geschlecht der Grafen und Fürsten zu Dohna hinausgehen. Sie wurden von Eberhard Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten (1876-1957) und von Wilhelm Hans Reichsgraf von Oppersdorff (1896-1989) erarbeitet. Der Buchbestand umfaßt 92 Titel (235 Bde, 72 Hefte, ein Ms.). Fünf Titel sind aus dem 18. Jh, 40 aus dem 19. Jh, der Rest aus dem 20. Jh. Es handelt sich im wesentlichen um Regenten- und Stammtafeln, Literatur zur Genealogie, überwiegend zu Adelsfamilien, mit dem Schwerpunkt bei den Grafen zu Dohna, des weiteren Werke zur Heraldik, Biographien, historische und Reiseliteratur, Regesten- und Urkundensammlungen. Büdinger Drucke

2.21 Am 1. Januar 1717 nahm in Büdingen die privilegierte Hof- und Kanzleibuchdruckerei von Johann Friedrich Regelein, der zuvor in Erlangen gearbeitet hatte, ihre Tätigkeit auf. Sie ging 1733 an den Schwiegersohn Johann Christoph Stöhr und um 1800 an Andreas Heller über, dessen Familie das traditionsreiche Unternehmen bis heute weiterführt. Neben den in der Schloßbibliothek enthaltenen Druckwerken (eine gesonderte Kartei darüber fehlt) wird auch im Archiv eine Sammlung Büdinger Drucke, vornehmlich Kleinschriften, aufbewahrt. Neben einem Druck der Gräflich Büdingischen Hofbuchdruckerei von De Launoy in Offenbach von 1713 als Vorläufer-Offizin enthält diese Sammlung bisher 44 Büdinger Drucke zwischen 1717 und 1867, davon 19 aus dem 18. Jh. Insgesamt bilden theologische Werke unter Einschluß von Predigten mit 14 und Personalschriften (Leichenpredigten, Glückwunschschriften o. ä.) mit 13 Stücken die umfangreichsten Gruppen. Eine Kartei aller auffindbaren Büdinger Drucke zwischen 1717 und 1900 ist im Aufbau begriffen, sie wird ergänzt durch andere frühe Druckerzeugnisse in der ysenburgischen Residenzstadt Offenbach. Handschriftenfragmente

2.22 Die ebenfalls im Archiv aufbewahrte, aber gemeinsam mit der Bibliothek verwaltete Abteilung Handschriftenfragmente umfaßt Pergamentseiten oder Bruchstücke davon, die später als Einbände von Akten gedient haben. Zumindest ein Teil der Ursprungshandschriften dürfte aus den während der Reformationszeit aufgelösten Klöstern der Grafschaft stammen (Selbold, Meerholz, Hirzenhain), anderes scheint als Makulatur in Frankfurt erworben worden zu sein. Verzeichnet und z. T. genauer bestimmt wurden bisher 79 verschiedene Stücke, darunter häufig mehrere zusammengehörige Fragmente. Die Hss. umfassen den Zeitraum vom 10. und 11. bis zum 17. Jh, mit dem Schwerpunkt im 14. und 15. Jh. Die Mehrzahl entstammt theologischen und liturgischen Werken, einschließlich Bibeltexte oder -exegesen, Homiletik, Nekrologe u. ä. Unter den deutschen Texten sind eine sogenannte Minnesängerhandschrift des frühen 14. Jhs hervorzuheben, mit Strophen des Reinmar von Zweter und des Litschouwers, weiter ein Fragment des " Trojanerkriegs" des Konrad von Würzburg, ein niederländisches Bruchstück des " Welschen Gasts" von Thomas von Zerclaere oder Bruchstücke von Heinrich Susos " Buechlin von der ewigen Weisheit" und der " Erlösung", einer anonymen geistlichen Dichtung des 14. Jhs. Die deutschen Literaturfragmente sind z. T. schon seit der Mitte des 19. Jhs bekannt und wurden auch veröffentlicht.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform; seit 1948 nach PI]

Sachkatalog [nach hausinterner Systematik]

Standortkatalog [seit 1980, in Vorbereitung]

Lenz, Rudolf u. a. (Bearb.): Katalog der Leichenpredigten und sonstigen Trauerschriften in Bibliotheken und Archiven der Vogelsberg-Region. Marburg/Lahn 1987

Decker, Klaus-Peter: Verzeichnis des Depositums " Sammlung Mörschel". Büdingen 1981 [mit Ergänzungen Nr. 277-348, Büdingen 1988; mschr. vervielfältigt; mit Registern der Autoren, Herausgeber, Besitzervermerke, Verlags- und Druckorte]

Die Bestände sind im Hessischen Zentralkatalog, jedoch nicht in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Katalog der Gräflichen Bibliothek in Büdingen

[von 1732]

" Verzeichnis der Bücher der Kinder-Bibliothek"

[zweite Hälfte des 18. Jhs]

Katalog der Fideikommißbibliothek Büdingen

[ca. 1860, erstellt von Victor Illig; mit späteren Zugängen (1867-1900); umfaßt auch ein Verzeichnis der Forstbibliothek]

Teilkataloge der Abteilungen Theologie, Jurisprudenz, Forst- und Jagdwissenschaft [erstellt 1862 von Victor Illig]

Katalog der Bibliothek von Prinzessin Adelheid zu Ysenburg-Büdingen [von 1874]

Bei den historischen Katalogen handelt es sich um hschr. gebundene Verzeichnisse, die heute im Archiv aufbewahrt werden.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Fürstlich Ysenburgisches Archiv Büdingen [Abteilung Archivariatsakten, F. Bibliothekssachen, ab Mitte des 16. Jhs, Bücherlisten, Ausleihzettel u. a., auch historische Kataloge]

4.2 Darstellungen

Simon, Gustav: Die Geschichte des reichsständischen Hauses Ysenburg und Büdingen. Frankfurt/M. 1865

Reimers, Dagmar: Ysenburgische Kulturinstitute im Dienste von Wissenschaft und Volksbildung. In: Isenburg-Ysenburg 963-1963. Zur tausendjährigen Geschichte des Geschlechtes. Hanau 1963, S. 132-135

Decker, Klaus-Peter: Einleitung zum Verzeichnis des Depositums " Sammlung Mörschel" in der Schloßbibliothek Büdingen. Büdingen 1981

Stand: Mai 1991

Klaus Peter Decker


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.