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Fürstliche Bibliothek

Adresse. Schloß Corvey, 3470 Höxter [Karte]
Telefon. (05271) 6810
Telefax. (05271) 6 81 40
Bibliothekssigel. <110>

Unterhaltsträger. Franz-Albrecht Metternich-Sándor, Prinz von Ratibor und Corvey
Funktion. Privatbibliothek.
Sammelgebiete. Sammlung fast sämtlicher Wissenschaftsgebiete mit belletristischem Schwerpunkt. Der Bestand wird nicht vermehrt.

'Benutzungsmöglichkeiten.
'Benutzung nur durch Belser Mikrofiche-Edition und Reprint-Programm (s. u. 1.15) und über die Universitätsbibliothek Paderborn. Öffnungszeiten: April bis Oktober, täglich 9-18 Uhr (Besichtigung der Bibliothek nur im Rahmen von Schloßführungen). Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Hinweise für anreisende Benutzer. Busverbindung ab Bahnhof Höxter. A 2, Ausfahrt Bad Eilsen, B 83; A 44, Ausfahrt Zierenberg, B 83. Parkmöglichkeiten vor dem Schloß.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Fürstliche Bibliothek zu Corvey gelangte erst nach der Säkularisation nach Corvey. Sie ist seit 1834 Eigentum der Herzöge von Ratibor und Fürsten von Corvey, die sie von dem letzten Landgrafen von Hessen-Rotenburg erbten. Die Privatbibliothek erhielt zwar in den dreißiger Jahren dieses Jhs ein Sigel für den deutschen Leihverkehr, doch blieb dies ohne Folgen, weil es keinen brauchbaren oder veröffentlichten Katalog der Corveyer Bestände gibt. Hinzu kommt, daß in Corvey weder Personal noch Räume zur Benutzung der Bestände zur Verfügung stehen. So war die Bibliothek noch Anfang der achtziger Jahre kaum bekannt und praktisch nicht erschlossen.

1.2 Die fürstliche Büchersammlung befand sich ursprünglich nicht in Corvey, sondern war die Hofbibliothek der Landgrafen von Hessen-Rotenburg im Schloß zu Rotenburg. Von den Angehörigen dieses Hauses hat zunächst Landgraf Ernst Leopold (1725-1749), dann sein Nachfolger Constantin (1749-1778) in bescheidenem Rahmen Bücher gesammelt, was auch für die ersten Jahre der Regierung von Carl Emanuel (1778-1812) gilt. Bis zum Ende des 18. Jhs war die Bibliothek eine durchschnittliche Adelsbibliothek mit einer Sammlung älterer Schöner und zeitgenössischer Literatur. Ein vermutlich aus der Mitte des 18. Jhs stammender, im Fragment erhaltener Bibliothekskatalog verzeichnet fast nur französischsprachige Ausgaben, darunter Belletristik, galante Werke, Reiseliteratur, Erbauungsliteratur sowie europäische und vor allem klassische Bildungsliteratur.

1.3 Im Verlauf des letzten Jahrzehnts des 18. Jhs erfuhr die Bibliothek eine starke Bestandsvermehrung. Überraschend ist vor allem, daß in erheblichem Maße englischsprachige Literatur gesammelt wurde, eine für ein deutsches Adelshaus der Zeit erstaunliche Tendenz, die sich verstärkt im 19. Jh fortsetzte.

1.4 Landgraf Viktor Amadeus (1812-1834), der letzte Sproß des Hauses Hessen-Rotenburg, der wichtigste Sammler, war offenbar vom universalistischen Geist des 18. Jhs geprägt und kümmerte sich als sein eigener Bibliothekar intensiv um die Bibliothek. Er ließ aus der Buchproduktion seiner Zeit möglichst viele Bücher aus den drei europäischen Hauptsprachen (Französisch, Deutsch und Englisch) und aus vielen Wissensgebieten anschaffen und trug damit eine polyglotte Universalbibliothek zusammen. Die Anschaffungen erfolgten hauptsächlich über verschiedene Buchhändler in Deutschland, zudem brachten Viktor Amadeus und seine Gemahlin Elise, die sich ebenfalls sehr für die Bibliothek interessierte, auch von ihren Reisen so etwa aus England - Bücher mit.

1.5 Nach dem Erwerb von Corvey (1820) veranlaßte Landgraf Viktor Amadeus, daß die Bibliothek dorthin geschafft wurde, obwohl die Residenz bis zu seinem Tode in Rotenburg an der Fulda blieb. Der Transport der Bücher begann 1825 und dauerte bis 1833, nur einige wenige Bücherkisten verblieben in Rotenburg und wurden erst 1845 nach Corvey gebracht. Grund für die Überführung der Bibliothek war die schwierige Erbsituation. Da der Landgraf keine Nachkommen hatte, fielen nach seinem Tode die hessischen Besitzungen gemäß den Bestimmungen der hessischen Hausverträge an die Hauptlinie, das Kurhaus Hessen-Kassel, zurück. Die Besitzungen außerhalb von Hessen und damit die nach dorthin transferierte Bibliothek fielen nicht unter diese Bestimmungen.

1.6 Der Landgraf legte bei der Einrichtung seiner Bibliothek in Corvey auf das Äußere großen Wert. Er ließ die Bücher in repräsentativem Leder mit goldverzierten Rücken einbinden und sorgte auch für eine würdige Unterbringung. Die Räumlichkeiten in der belle étage des Schlosses erhielten eine entsprechende Ausstattung in Form von eigens angefertigten Tapeten mit dazu passenden klassizistischen Schränken, kunsthandwerklichen Meisterstücken.

1.7 Als Erben setzte Viktor Amadeus die Neffen seiner Frau Elise, Prinz Viktor von Hohenlohe-Schillingsfürst sowie dessen Bruder Prinz Chlodwig ein. Prinz Viktor begründete als erster Herzog von Ratibor und Fürst von Corvey das Haus Ratibor und Corvey, dem der heutige Besitzer entstammt. Der Fürst und sein Bruder bekleideten nach 1871 im neu gegründeten Deutschen Reich führende Ämter. So war Viktor zunächst Reichstagsabgeordneter und später Präsident des Preußischen Herrenhauses, Chlodwig war Reichskanzler unter Kaiser Wilhelm II.

1.8 Eine erste Systematisierung des Bestandes der damals noch in Rotenburg befindlichen Hofbibliothek war im 18. Jh nach einem einfachen System erfolgt, das die gängigen Gruppen mit einfachen Großbuchstaben bezeichnete. Unter Landgraf Viktor Amadeus von Hessen-Rotenburg (1812-1834) erfolgte eine systematische Neuaufstellung der nach Corvey transferierten Bücher. Das Haupteinteilungsprinzip der inzwischen ca. 36.000 Bde umfassenden Bibliothek waren die einzelnen Sprachen, die nach Fachdisziplinen untergliedert wurden. So erhielt die französische Literatur 18, die englische 11 und die deutsche 9 Untergruppen (z. B. Geschichte, Theologie, Geographie etc.). Innerhalb der Untergruppen wurde die wissenschaftliche Literatur chronologisch geordnet, die Belletristik nach Titeln (nicht nach Verfassern) alphabetisch sortiert.

1.9 In den vierziger Jahren des vorigen Jhs wurde Kammerrat Dedié mit der Aufsicht der Bibliothek betraut. Er führte eine neue Systematik ein, die er von der Hamburger Stadtbibliothek übernommen und den Corveyer Verhältnissen angepaßt hatte. Dediés Aufstellungssystematik, die noch heute gilt, ordnet die Bibliothek vom Allgemeinen zum Besonderen. So sollten sich in den ersten 7 Fächern Werke zur theoretischen Seite des Geistes finden, die Fächer 8-11 sich mit der pragmatischen Seite, dem Handeln des Menschen, beschäftigen, die Fächer 12-14 sollten Werke zur gesamten geistigen Tätigkeit und Entwicklung und die Fächer 15-17 ethnospezifische Differenzen in der geistigen Entwicklung enthalten. Die Hauptgruppen der Systematik Dedié waren: (A) Allgemeines, Bibliographie; (B) Enzyklopädien; (C) Philosophische Werke; (D) Mathematische Wissenschaften; (E) Naturwissenschaften; (F) Naturgeschichte, Biologie; (G) Medizin; (H) Geographie, Statistik, Reisen; (J) Politische Geschichte; (K) Staatswissenschaften; (L) Jurisprudenz; (M) Allgemeine Kultur- und Sittengeschichte; (N) Kirchengeschichte; (O) Theologie; (P) Orientalische Philologie, Orientalische Antiquitäten; (Q) Klassische Philologie; (R) Philologie der neueren Völker.

1.10 Im 19. Jh arbeitete Hoffmann von Fallersleben in Corvey als Bibliothekar (1860-1874). Er führte Dediés Katalog weiter, ordnete jedoch einzelne Teilbereiche neu. So wurde die französische Geschichte umsortiert und neu katalogisiert, ebenso die französische, englische, deutsche und italienische Literatur. Entsprechend seinen eigenen Sammelinteressen fügte Hoffmann neue Systemstellen hinzu, so die Kleinen Schriften und Broschüren, die altdeutsche Literatur, die Geschichte Westfalens (insbesondere Höxters und Corveys), die Volksliedsammlung und die Bilderwerke. Die Biographien und die Abteilung Kriegswissenschaft, deren Bestände über die ganze Bibliothek verstreut waren, wurden von ihm zusammengefaßt. Außerdem legte er einen Alphabetischen Katalog an.

1.11 Hoffmann von Fallersleben versuchte daneben mit Nachdruck, den Ruf der Bibliothek als einer Sammlung von Unterhaltungsliteratur aufzubessern, indem er wertvolle Einzelwerke, Prachtbände und wissenschaftliche Literatur anschaffte. Die Sammelprinzipien des frühen 19. Jhs wurden nach dem Tode von Viktor Amadeus wieder aufgegeben. Schon vor 1860, aber auch nach Hoffmanns Tod (1874), erfolgten Anschaffungen unter sehr verschiedenen Gesichtspunkten: Neben Sachliteratur (Nachschlagewerke, Literatur zur Landwirtschaft, Verwaltungsrecht, Pferdezucht, Geschichte, Politik, Kunst etc.) kaufte man auch weiterhin deutsche Romane und Reiseliteratur zur privaten Lektüre.

1.12 In den fünfziger Jahren dieses Jhs wurde vom Privatsekretär des Herzogs, Paduch, ein neuer Systematischer Katalog erstellt, ohne daß die bisherige Aufstellung der Bücher nach Dediés Systematik verändert wurde. Im neuen Katalog erfolgte jedoch eine Aufteilung nach Nationalliteraturen. Die Geschichts- und Reisewerke sowie die Autoren einer Sprache wurden jeweils in Kataloggruppen zusammengestellt. In den einzelnen Philologien wurden die Romane alphabetisch aufgeführt, die übrige Belletristik nach Gattungen geordnet. Der Inhalt aus Dediés erstem Fach, der " theoretischen Seite des Geistes", wurde größtenteils zusammengefaßt, weitere Systemstellen wie Politik, Heraldik, Kultur und Sitte wurden angehängt. Die letzten Teilkataloge enthalten die Zeitschriften, die Bilderwerke und die Kriegswissenschaften.

1.13 Die Bibliothek hat seit dem Ende des 19. Jhs keine nennenswerte Erweiterung mehr erfahren. Sie ist ohne größere Verluste in einem in weiten Teilen sehr guten Zustand erhalten (sieht man von der Aussonderung der Erotika und von Teilen der Zeitschriftenliteratur im 19. Jh ab) und damit ein Denkmal europäischer Buchkultur vornehmlich des 19. Jhs. Die Bedeutung der Corveyer Sammlung liegt vor allem in dem reichen Bestand an Unterhaltungsliteratur (u. a. Romane), Reisebeschreibungen, Biographien, Memoiren, aber auch Dramen und Lyrik des ausgehenden 18. und frühen 19. Jhs. Da viele dieser Gattungen keinen hohen Stellenwert besaßen, sind sie in kaum einer anderen Bibliothek gesammelt worden, so daß zahlreiche Werke nicht in öffentlichen Bibliotheken Deutschlands, Englands, Frankreichs oder der USA erhalten sind.

1.14 Seit 1985 wird die Bibliothek von einer Arbeitsgruppe an der Universität-Gesamthochschule Pader- born mit finanzieller Unterstützung durch das Ministerium für Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und andere Institutionen erschlossen. Der erste Erschließungsschritt ist die Herstellung eines Alphabetischen Katalogs.

1.15 Alle seltenen, für die Literaturversorgung im Lande Nordrhein-Westfalen, in der Bundesrepublik oder weltweit wichtigen Bücher werden auf Mikrofiche aufgenommen. Dies sichert nicht nur die Bibliothek, sondern ermöglicht gleichzeitig eine problemlose Nutzung der Bestände. Im Zuge der Verfilmung werden die Bestände auch systematisch neu gegliedert. Diese Gliederung ist in den ISBN-Nummern der Mikrofiche-Edition festgehalten. Eine Recherchemöglichkeit über ISBN im Datenpool des Hochschul-Bibliotheks-Zentrums in Köln ist vorgesehen. Daneben erscheint eine Reprint-Reihe (" Edition Corvey"), in der seltene und wertvolle Werke der Bibliothek wiederveröffentlicht werden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert seit März 1989 die Erschließung der Bestände unter literaturgeschichtlichen und literatursoziologischen Aspekten.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Da ein umfassender Katalog und eine befriedigende Systematik des Bestandes bisher noch nicht vorliegen (s. u. 3.1), mußte bei Ermittlung der Zahlen wie bei der Beschreibung auf alte Kataloge, den " Paduch-Katalog" des Gesamtbestandes, und für Teilbestände auf den " Dedié-Katalog" sowie auf Verzeichnisse von Hoffmann von Fallersleben zurückgegriffen werden. Da diese Kataloge fehlerhaft sind (Doppeleintragungen oder auch falsche Band- und Jahresangaben), stehen die Zahlen und Beschreibungen unter Vorbehalt. Ungenauigkeiten bei der Ermittlung von bibliographischen Einheiten sind durch zahlreiches Nachbinden der Bestände bedingt. Die sprachliche Zuordnung wird dadurch erschwert, daß bei den Nationalliteraturen auch Übersetzungen eingeordnet sind. Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Es handelt sich um eine Biedermeier-Bibliothek mit etwa 33.800 Titeln in ca. 67.000 Bdn. Etwa 70 Prozent des Bestandes ist dem Zeitraum von 1800 bis 1850 zuzuordnen; weitere 20 Prozent stammen aus der zweiten Hälfte des Jhs. Insgesamt ist das 19. Jh mit etwa 90 Prozent vertreten, das 18. Jh mit etwa 10 Prozent, die Zeit vor 1700 mit ca. einem Prozent.

2.3 Von den 67.000 Titeln sind ca. 32.600 deutschsprachig, 19.400 französischsprachig, 13.800 englischsprachig und 1300 in anderen Sprachen. Systematische Übersicht Die alte Klosterbibliothek

2.4 Die alte Klosterbibliothek wurde zweimal weitgehend zerstört, im Dreißigjährigen Krieg und wäh- rend der Säkularisation, als wiederum ca. 12.000 Bde zerstreut wurden. In der heutigen Schloßbibliothek befinden sich aus der alten Klosterbibliothek noch eine niederdeutsche Versifizierung der Vituspassion und die Translatio aus der zweiten Hälfte des 15. Jhs. Der Lokalhistoriker Paul Wigand (1786-1866) trug im 19. Jh wieder Literatur zu Corvey zusammen, die Hoffmann von Fallersleben 1863 zusammen mit Urkunden- und Abschriftenmappen erwarb. Die älteren Werke zur Geschichte Corveys sind somit größtenteils in der Bibliothek vorhanden (s. u. 2.56-2.57). Mehrere Hss., die bis ins 13. Jh zurückreichen und im wesentlichen Corveyer Besitz- und Rechtsverhältnisse zum Inhalt haben, bilden eine Ergänzung; darunter ist das zwischen 1660 und 1715 entstandene Tagebuch des Abtes Florenz von dem Velde. Die Fürstliche Bibliothek

2.5 Die deutschsprachige Literatur wurde von Paduch in 5 Teilkatalogen zusammengefaßt. Die Belletristik sowie die literaturwissenschaftlichen Werke sind in Bd I-IV, die Sprachwissenschaft ist in Bd XXVIII verzeichnet. Insgesamt sind 4676 Titel in 8965 Bdn aufgeführt, der Anteil der deutschsprachigen Belletristik beträgt 4350 Titel in 8302 Bdn.

2.6 Die deutsche Literatur vor 1810 ist nur schwach vertreten. Hoffmann von Fallersleben erwarb fast nur Werke, die inzwischen zum Kanon der " klassischen" deutschen Literatur zählten. Unter dem Landgrafen Viktor Amadeus wurde hingegen ein bedeutender Teil der zeitgenössischen literarischen Produktion angeschafft (über 2000 Titel). Auch in der Folgezeit wurden für den Lektürebedarf der herzoglichen Familie noch zahlreiche belletristische Werke gekauft und nach Ausweis der Benutzerspuren auch großenteils gelesen. Die Zeit zwischen dem Tode von Viktor Amadeus und dem Dienstantritt Hoffmanns von Fallersleben (1835-1860) ist allerdings nur mit 389 Werken repräsentiert, nach 1860 steigen die Zahlen wieder an: 749 Titel liegen aus der Zeit bis 1900 vor.

2.7 Die Bestände aus der Sammeltätigkeit von Viktor Amadeus enthalten hauptsächlich Unterhaltungs- und Trivialliteratur, die nirgendwo systematisch gesammelt wurde. Etwa zwei Drittel des Bestands in diesem Zeitraum machen Romane aus. Aus der Zeit von 1815 bis 1830 (der durch eine Spezialbibliographie erschlossen ist) sind ca. 600 Romane erhalten; davon sind über 100 nach bisherigen Recherchen in keiner anderen größeren Bibliothek nachweisbar. Etwa 45 Prozent der noch nachweisbaren deutschsprachigen Romane der Zeit sind mithin in Corvey vorhanden; in den späten zwanziger Jahren steigt der Prozentsatz auf über 70 Prozent. Der Anteil der anonym erschienenen Werke beträgt ca. 15 Prozent, der unter einem Pseudonym erschienenen ca. 22 Prozent. Der Anteil der schreibenden Frauen liegt bei insgesamt ca. 20 Prozent, steigt aber um 1830 auf über 30 Prozent an. Etwa 35 Prozent der Romane sind zweibändig, weitere 20 Prozent drei- oder mehrbändig. Es dominieren historische Romane mit deutlich über 50 Prozent; die bekannten Untergattungen (Ritter-, Räuber-, Schauer-, Abenteuerroman) sind ebenso reichhaltig vorhanden wie auch Liebes- und (die damals neueren) Familienromane.

2.8 Unter den Verfassern sind alle bekannten Autoren der Zeit, unter den Vielschreibern ragen heraus Aniello, Belani (Häberlin), Bronikowski, Clauren, Ewald, Fouqué, Fröhlich (Schöpfer), Hildebrand, Hildebrandt, Laun (Schulze), H. Müller, Schilling, Tromlitz (Witzleben), van der Velde, Voß, unter den schreibenden Frauen Ahlefeld, Fouqué, Gersdorf, Kronhelm (Wilke), Pichler, Schoppe. Nicht wenige Namen und Werke fehlen in Goedekes Grundriß.

2.9 Auch Erzählungsbände und -sammlungen sind in großem Umfang vorhanden, ferner über 200 Dramen, in geringerem Umfang hingegen Versepen, Gedichtbände, Essayistik; ferner eine größere Anzahl von literarischen Taschenbüchern, Almanachen und Zeitschriften. Der älteste Bestand der deutschen Belletristik ist in Paduchs Katalog II erfaßt, der die " Älteren Erzähler von den Anfängen bis 1840" aufführt. Hier finden sich neben vielen heute vergessenen Autoren und Vielschreibern auch Werke von E. T. A. Hoffmann, Novalis oder Tieck, obwohl eine eigene Systemstelle für die klassische Literatur existiert, die auch die Romantiker umfaßt. Insgesamt umfaßt dieser Teilkatalog 1242 Titel in 2513 Bdn; wegen der nicht integrierten Einzelbestände ist jedoch mit vielen Doppelnennungen zu rechnen.

2.10 Katalog I, in dem Paduch den zweiten Teil der Belletristik aufführt, fächert in alphabetischer Reihenfolge die deutschen Romane von 1840 bis in die " neueste Zeit" auf. Von den insgesamt 1229 Titeln (1505 Bde) sind 937 im Zeitraum von 1850 bis 1899 erschienen, nach 1900 wurden nur noch wenige Werke angeschafft. Auch hier finden wir neben vielen längst vergessenen Romanautoren bekaonte Namen wie Dewall, Hackländer, Mühlbach, Schücking, Spielhagen, Wachenhusen und Winterfeld. Auffällig ist der hohe Anteil an historischen Romanen sowie Reisebeschreibungen, unter denen besonders die Werke Friedrich Gerstäckers zahlreich vertreten sind. Der Bestand an Soldatengeschichten, etwa von Friedrich Wilhelm Hackländer, hängt vermutlich mit dem Interesse des herzöglichen Hauses an der Kriegsliteratur zusammen (s. u. 2.58).

2.11 Die Unterabteilung " Neue Zeit" (ab 1700) umfaßt neben anderen Gattungen die " Classische Literatur" mit 692 Titeln in 1846 Bdn, wobei die Literatur des Barock und der deutschen Klassik kaum in Originalausgaben, sondern in Editionen des 19. Jhs vertreten ist. Neben den " deutschen Classikern und den Dichterkreisen ihrer Vor- und Nachzeit" finden sich die Schriften der Romantiker sowie zahlreiche Werke von Erfolgsautoren der damaligen Zeit wie Müllner, Oehlenschläger, Pückler-Muskau und Julius von Voss mit entsprechender Sekundärliteratur und biographischer Literatur. Die Abteilungen " Literatur um Goethe" sowie " Literatur um Schiller" umfassen 43 Titel in 57 Bdn bzw. 12 Titel in 22 Bdn. Die Werke Hoffmanns von Fallersleben sowie Literatur über ihn sind zahlreich vorhanden.

2.12 Auf Hoffmanns Sammelinteresse zurückzuführen sind viele germanistische Abhandlungen, Literaturgeschichten, alt- und mittelhochdeutsche Wörterbücher etc. aus den beiden Jahrzehnten nach 1850, insgesamt 315 Titel in 553 Bdn. Der Beginn der Volkskunde spiegelt sich in zeitgenössischen Märchen- und Sagensammlungen (128 Titel, 335 Bde). Weiterhin sind Lyriksammlungen und Einzelwerke, darunter von Hoffmann angeschaffte Liedersammlungen aus Deutschland und benachbarten Ländern (147 Titel in 190 Bdn), Dramatische Literatur (79 Titel in 118 Bdn) sowie Almanache, Taschenbücher und Kalender (59 Titel in 177 Bdn) vorhanden.

2.13 Auch der in Katalog IV zusammengefaßte Bestand an altdeutscher Literatur wurde zum größten Teil von Hoffmann von Fallersleben zusammengetragen. Neben 96 Broschüren bietet die Bibliothek mit 364 Titeln in 971 Bdn aus der Zeit vor 1700 einen ziemlich vollständigen Überblick über die seinerzeit erhältliche Literatur. Von besonderem Interesse sind Gymnasialschriften zu einzelnen altdeutschen Themen mit Verzeichnissen von Eigennamen. Auf Hoffmanns volkskundliches Interesse geht vermutlich auch die Sammlung von Wörterbüchern und Werken zur Sprachlehre zurück (Katalog XXVIII " Linguistik"). Es handelt sich um 326 Titel in 663 Bdn, die sich mit allen europäischen Sprachen sowie mit Dichtern und Ortsidiomen befassen.

2.14 Dem Katalog angehängt sind die Reste der Abteilung Medizin, die Paduch wegen der räumlichen Nähe hier zuordnete. Der ursprünglich umfangreiche Bestand an medizinischer Literatur ist aus Platzgründen und wegen des " Aktualitätsverfalls" in den vierziger Jahren dieses Jhs verkauft worden. Es liegen jedoch noch 119 Titel in 178 Bdn vor, darunter Werke zum Magnetismus bei Mensch und Tier, zu Hygienefragen und allgemeiner Gesundheitsfürsorge sowie zu Heilbädern und zum Kurwesen.

2.15 Einen großen Anteil an der deutschsprachigen Literatur haben die historischen Werke (Teilkataloge V-X). Es handelt sich um 5089 Titel, wobei es bei Reisebeschreibungen zu Doppelzählungen kommen kann (s. u. 2.34, 2.48, 2.52 ff.). Die Gruppe Universalgeschichte verzeichnet neben der Geschichte der Revolutionen, des Kolonialwesens und der politischen Vereinigungen (20 Titel in 49 Bdn) allgemein-historische Schriften mit 228 Titeln in 1387 Bdn sowie zahlreiche Zeitschriften, Broschüren, Flugschriften und Annalen.

2.16 Die Gruppe Alte Geschichte umfaßt neben der Mythologie und Altertumskunde die klassische Antike. Die historischen Werke nehmen hier den geringeren Raum ein (Römische Geschichte 60 Titel in 166 Bdn, Griechische 48 Titel, 99 Bde). Zahlreicher ist die Klassische Literatur der Griechen (127 Titel in 329 Bdn) und Römer (204 Titel in 538 Bdn). In vielbändigen Sammelwerken finden sich alle Autoren des humanistischen Bildungskanons. Die lateinischen Werke liegen jeweils im Original und in deutschen, französischen und englischen Übersetzungen vor, die griechischen Autoren nur in Übersetzungen. Ein Anhang verzeichnet Werke zur " Orientalischen Philosophie" (48 Titel in 63 Bdn), der Literatur über die Geschichte der Karthager und Ägypter, der Juden und der Mohammedaner enthält. Welches Klassik-Verständnis zugrundelag, zeigt die Aufnahme mittelalterlicher Werke wie der Carmina Burana oder einiger Literatur um Abaelard und Heloise. In der Gruppe " Mittelalter im Allgemeinen und überhaupt" finden sich nur 18 Titel (42 Bde) zur allgemeinen mittelalterlichen Geschichte sowie 15 Titel (38 Bde) über die Kreuzzüge.

2.17 Die " Allgemeine Neuere Geschichte" ist mit 91 Titeln in 310 Bdn verzeichnet. Der Zeitabschnitt von 1500 bis zum Wiener Kongreß nimmt mit 40 Titeln in 145 Bdn einen geringeren Raum ein als die relativ kurze " neueste Zeit" mit 51 Titeln in 165 Bdn. Die verbleibenden Gruppen enthalten Werke zur deutschen Geschichte von der " Germanischen Zeit" über Reformation, Friedrich den Großen, Napoleon und die deutsche Revolution bis zur Gegenwart (136 Titel in 248 Bdn). Hier finden sich auch kulturhistorische Werke über Geschichte und Funktion des Adels wie der übrigen Stände, patriotische Schriften sowie historische Erzählungen (114 Titel in 313 Bdn). Eine weitere Gruppe verzeichnet die Geschichte der deutschen Bundesstaaten; angehängt sind Schriften zu den europäischen Ländern wie Österreich-Ungarn, der Schweiz, den Niederlanden, Portugal und Spanien (438 Titel in 717 Bdn).

2.18 Schrifttum zur Geschichte Preußens sowie der Provinzen Westfalen und Schlesien ist in den Katalogen VIII-X aufgeführt. Umfangreiche Hof- und Adelsliteratur, viele Memoiren und Biographien, Werke zu Verfassungsfragen, Staatshandbücher, Archive und Pläne betreffen die brandenburgisch-preußische Geschichte (765 Titel in 1210 Bdn). Der Broschürenbestand (300 Titel) ist erwähnenswert. Aus der Zeit der Freiheitskriege sind ca. 260 Flugschriften, Pamphlete, Abhandlungen und Berichte vorhanden. Die Ereignisse um das Jahr 1848 herum sind ausführlich in Broschüren und Flugschriften dokumentiert. Die Geschichte der beiden Heimatprovinzen des herzoglichen Hauses, Westfalen und Schlesien, umfaßt 138 Titel in 227 Bdn bzw. 233 Titel in 704 Bdn. In den Werken über Westfalen fallen einige Titel über die Feme sowie 31 Titel über die " Kirchliche Bewegung" auf.

2.19 Ein spezielles Interesse wird im Katalog X sichtbar. Hier ist umfangreiche Literatur zur Geschichte der Hohenzollern sowie Bismarcks gesammelt, die jedoch zur " Kriegsbibliothek" gezählt wird (s. u. 2.58). Des weiteren finden sich hier Werke zur Geschichte der Familienwohnsitze Corvey, Höxter, Hohenlohe, Ratibor und Rauden.

2.20 Umfangreiche Bestände deutschsprachiger Werke beinhalten die Kataloge XXIII-XXVII. Es handelt sich um Kultur- und Sittengeschichte, unterteilt in die Gruppe " Kultur und Künste" (660 Titel in 1132 Bdn), die Kataloge, Spezialstudien und Biographien aus den Bereichen Mythologie, Archäologie, Malerei, Baukunst, Musik und Theaterwissenschaften umfaßt. Eine weitere Untergruppe bilden " Kultur und Sitte" (1065 Titel in 2484 Bdn) mit Werken zur Kirchengeschichte, Bibel-Ausgaben, Predigtliteratur, kirchlichen Biographien und Freimaurer-Literatur. An bibliographischen Werken finden sich 1027 Titel in 3674 Bdn, vornehmlich Sammelwerke, Enzyklopädien und Spezialwerke aus den Bereichen Philosophie, Psychologie, Ethik, Magie, aber auch aus den Naturwissenschaften wie Astrologie, Mathematik, Physik, Geologie, Zoologie und Botanik. In der Gruppe Politik liegen 852 Titel in 1574 Bdn vor; hierunter fallen jedoch auch Nationalökonomie, Handel, Verkehr und Jurisprudenz. Zur historischen Hilfswissenschaften mit Heraldik, Numismatik und Chorologie finden sich 423 Titel in 1416 Bdn.

2.21 Der große Anteil der französischsprachigen Druckwerke (1848 mit über 16.000 Bdn gut zwei Fünftel, heute mit rund 19.000 Bdn fast ein Drittel) spiegelt das allgemein hohe Ansehen der französischen Kultur im 18. Jh und zu Beginn des 19. Jhs wider. Die französische Literatur des 18. Jhs ist besser vertreten als die deutsche und englische. Gesamtausgaben und mehrere Erstausgaben von Einzelwerken von Klassikern wie Marivaux, Voltaire und Beaumarchais zeigen, daß sich die Anschaffungen unter den Landgrafen Ernst Leopold, Constantin und Carl Emanuel auf die französische Literatur konzentrierten. Der literatursoziologisch und mentalitätsgeschichtlich interessanteste Teil ist der reiche Bestand an Unterhaltungsromanen aus den ersten vier Jahrzehnten des vorigen Jhs.

2.22 Die Hauptmasse der französischsprachigen Druckwerke wurde von Paduch in den drei Teilkatalogen XX, XXI und XXII erfaßt. Band XX, der insgesamt ca. 1400 Titel in 3000 Bdn verzeichnet, ist in neun Abteilungen gegliedert, die nach gänzlich heterogenen Kriterien zusammengestellt sind; diese entsprechen einerseits sachlichen Kategorien wie " Französische Sprache" oder " Philosophie" und den gängigen literarischen Gattungen (" Poeten", " Theater"), andererseits aber auch historisierend-wertenden und formalen Kategorien (" Classische Autoren en prose et en vers") oder auch buchbinderischen bzw. bibliothekarischen Kategorien (" Kleinformate"). In der Bestandsaufnahme wird die Abteilung " Kleinformate" im Rahmen der übrigen Sachgebiete berücksichtigt.

2.23 Die Abteilung " Französische Sprache" (ca. 90 Titel in 300 Bdn) enthält Ausgaben alt- und mittelfranzösischer und einiger altitalienischer Texte hauptsächlich aus der ersten Hälfte des 19. Jhs, ferner Wörterbücher (u. a. Raynouard, Diez, Mozin, Littré) sowie Poetiken und Rhetoriken aus dem 18. und 19. Jh. Die Abteilung Philosophie (ca. 120 Titel in 210 Bdn, darunter viele Quartbände) spiegelt mit über drei Vierteln der Titel aus dem 18. Jh die aufklärerischen Tendenzen des landgräflichen Hofes wider. Sie enthält französische Übersetzungen von Pope, Christian Wolff und Moses Mendelssohn und der englischen Empiristen Bacon, Locke und Hume ebenso wie Werke von Montesquieu, d'Argens, d'Alembert, Helvétius und Rousseau, Arbeiten über Montaigne und Bayle, über Naturphilosophie und die bereits im 18. Jh vieldiskutierte Frauenfrage.

2.24 Die umfangreichste Abteilung mit ca. 460 Titeln in 1100 Bdn verzeichnet die " Grands Autores [sic] en prose et en vers". Hier finden sich neben Gesamt- und Auswahlausgaben alle gängigen Gattungen der Zeit (außer Romanen und Prosaerzählungen). Entsprechend dem klassischen Literaturkanon ist das 16. Jh - immerhin mit Marot, Rabelais und Brantôme schwach vertreten, die Musterautoren des 17. Jhs liegen häufig in mehr als einer Gesamt- oder vielbändigen Teilausgabe vor. Das gleiche gilt für die klassischen und auch für die heute nicht mehr bekannten Autoren des 18. Jhs, etwa Belloy (6 Bde), Boissy, Destouches (10 Bde), Dorat (15 Bde), Ducis, Fagan, Favart (8 Bde), Grécourt, Hamilton (8 Bde), La Grange-Chancel, Mancini-Nivernais (10 Bde), Marmontel (18 Bde), Palissot (8 Bde) und Vadé. Besonders gut vertreten ist die Literatur aus der Vorrevolutions- und Revolutionszeit und aus den ersten Jahrzehnten des 19. Jhs (bis 1834), mit den führenden Dramatikern (Andrieux, Arnault, Ballanche, Carmontelle, Delavigne, Jouy, La Harpe, Leclercq, Scribe), Lyrikern wie Delille (18 Bde), oder Essayisten und Literaturkritikern (insgesamt 27 Bde), Lacretelle, La Harpe (insgesamt 37 Bde) und Madame de StaHel (17 Bde). Von den Romantikern (Nodier, Lamartine, Vigny, Hugo, Dumas père) sind viele Einzelwerke in Erstausgaben vorhanden. Die Abteilung " Poètes" (38 Titel, 68 Bde) enthält hauptsächlich Anthologien von 1734 bis 1834, etwa zu gleichen Teilen aus den beiden Jahrhunderten, in erster Linie Lyrik, aber auch Verserzählungen, gereimte Lehrdichtung und Briefsammlungen.

2.25 Die Abteilung " Théâtre" umfaßt 29 Titel in 479 Bdn, meist Sammlungen von Bühnenwerken aus dem 18. und 19. Jh wie Gherardis Théétre Italien und das Nouveau Théétre Italien (1738-1758), wie Le Théétre de la Foire (1734-1736), Nouveau Théétre de la Foire (1763), Recueil général des Proverbes dramatiques (1785) und 3 Serien des Répertoire du Théétre franccais (1813-1824). Jeder Band enthält 3 bis 10 Theatertexte, so daß sich eine reale Titelzahl von weit mehr als 2500 ergibt. Hinzu kommen noch 86 Konvolute mit 411 Theaterstücken, davon 400 aus den Jahren 1818 bis 1834. Dieser Textkorpus umfaßt den Großteil der französischen Theaterproduktion aus diesem Zeitraum, in den meisten Fällen in Erstausgaben. Es überwiegen die traditionellen Genera, aber auch neuere und modische Gattungen wie Melodram, Proverbe, Vaudeville, Pantomime und historisches Drama sind reich repräsentiert. Eine besondere Erwähnung verdient der Recueil général des opéras représentez par l'Académie Royale de Musique depuis son Etablissement (Paris 1723-1745, 16 Bde) mit 129 Libretti von 1671 bis 1737.

2.26 Die Abteilungen " Mélanges" und " Diverses" (ca. 280 Titel in 870 Bdn) umfassen mehrere Gesamtausgaben von Autoren, die sich schwer einordnen lassen (D'Alembert, Cabanis, Chateaubriand, Condillac, Courier, Diderot, Duclos, Mirabeau, Necker, Ségur, Vauvenargues, Volney), ferner Anthologien in der Art der Amusements du Coeur et de l'Esprit (1740-1764), einige " chroniques scandaleuses", literaturhistorische Abhandlungen, diverse Einzelwerke zu politischen, militärischen, ökonomischen, moralischen, ästhetischen und naturwissenschaftlichen Problemen (u. a. J.-J. Ampère, Bricaire de La Dixmerie, Imbert, Sénac de Meilhan, Nodier, D'Orbessan, D'Outrepont), schließlich umfangreiche Textsammlungen wie die Mélanges tirés d'une grande bibliothèque (1779-1788) und die Bibliothèque d'une Maison de Campagne (1819-1822), die vornehmlich Romane von Mme de Lafayette, Prévost und Mouhy über Swift, Sterne und Goldsmith bis Goethe vereinigt.

2.27 Die Bestände zur Geschichte Frankreichs (Bd XXI des Katalogs) machen ca. 1100 Titel aus (3300 Bde). Der französischsprachige Grundstock wird ergänzt durch einige deutsche Titel aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs und durch einige wenige englische Werke. In der ersten Abteilung " Allgemeine Geschichte" (33 Titel, 243 Bde) finden sich neben allgemeinen und theoretischen Abhandlungen vor allem Gesamtdarstellungen der französischen Geschichte, darunter die Standardwerke von Mézeray, Daniel, Velly-Villaret-Garnier, Anquetil, Simonde de Sismondi, Michelet und Guizot-Thierry-Barante. Die zweite und umfangreichste Abteilung " Zeitgeschichte" (ca. 500 Titel, 1500 Bde) versammelt Arbeiten zu den einzelnen Epochen von den Galliern bis zur Dritten Republik, umfaßt aber auch Quellentexte, insbesondere zahlreiche Chroniken aus dem Mittelalter und dem 16. Jh. Ein deutlicher Schwerpunkt liegt bei der Französischen Revolution und der napoleonischen Ära mit rund 300 Titeln in 1000 Bdn. Dazu kommen Reden, Korrespondenzen, Tagebücher und Erinnerungen.

2.28 Während die Abteilungen " Provinzen und Orte", " Staatswesen", " Cultur und Sitten" und " Mischsammlungen" nur ca. 200 Titel (450 Bde) umfassen, sind die Abteilungen Memoiren und Biographien reich bestückt (ca. 400 Titel in 1100 Bdn). Sie enthalten u. a. die vielbändigen Sammlungen von Perrin, Petitot und Guizot. Ein Sechstel der Titel stammt aus dem 18. Jh, mehr als drei Fünftel dagegen aus dem Zeitraum 1810 bis 1839.

2.29 Band XXII umfaßt die erzählende Prosaliteratur, die mit ca. 2500 Titeln in 5500 Bdn die literarhistorisch bedeutendste Gruppe darstellt. Etwa ein Viertel der Titel stammt aus dem 18. Jh, mehr als die Hälfte aus dem Zeitraum von 1815 bis 1835. Die erste Abteilung " Romane und Novellen" (ca. 2300 Titel in 4700 Bdn) umfaßt auch Gesamt- und Auswahlausgaben von Autoren, die gelegentlich andere Genera gepflegt haben, wie Caylus, Crébillon (18 Bde), Florian (16 Bde), Mme de Genlis (102 Bde), Lesage (16 Bde), Abbé Prévost (39 Bde), Restif de La Bretonne (ca. 50 Bde) und Mme Riccoboni. Die große Masse setzt sich jedoch aus erzählenden Einzelwerken zusammen. Unter ihnen befinden sich viele anonym veröffentlichte aus der Aufklärungszeit mit den zeittypischen Titeln.

2.30 Das 18. Jh ist mit zahlreichen Einzelwerken von d'Argens, Baculard d'Arnaud, Charpentier, Mme Cottin, Louvet de Couvray (13 Bde), Mercier, Mouhy (13 Titel, 31 Bde), Mme Puisieux und vielen anderen gut vertreten. Der Schwerpunkt liegt beim Unterhaltungsroman des frühen 19. Jhs: Schauerromane z. B. von d'Arlincourt, Benoist, Cassagnaux, Ducray-Duminil, Duval, Lamothe-Langon (insgesamt 14 Titel), Legay und Magnien; Räuberromane u. a. von Flesselles und Charlotte de Malarme (8 Titel); Liebesromane z. B. von Sophie Cottin, Fleury und Adéla Hide de Souza; humoristische Romane u. a. von Pigault-Lebrun (20 Bde) und De Kock; Sittenromane u. a. von Balzac, De Kock (19 Titel) und Ricard (11 Titel). Historische Romane in der Nachfolge Scotts finden sich bei Autoren wie Bilderbeck, Choiseul-Gouffier, Sophie Gay, Guesdon (pseud. Mortonval, 8 Titel), Lacroix, Mardelle und Touchard. Spezialisten des roman marin, z. B. Corbière, wurden ebenso angeschafft wie phantastische Erzähler, etwa Berthoud, Janin und Nodier.

2.31 Reich vertreten sind Autoren, die mehrere Untergattungen des Unterhaltungsromans gepflegt, deren beliebteste Motive miteinander kombiniert und teilweise angereichert haben mit kriminalistischen, sozialkritischen, regionalistischen, erotischen und esoterischen Elementen. Zu dieser großen Gruppe zählen neben bereits genannten Romanciers auch Bast, Bocous, Amélie de Courval, Dinocourt (21 Titel), Drouineau, Ducange (11 Titel), Foudras, Gilbert, Nardouet (pseud. Ruault), Picard (9 Titel), Raban, Rey-Dusseuil und Vanhove. Bemerkenswert ist der hohe Anteil der Autorinnen, insbesondere Adéla Hide Barthélémy-Hadot (29 Titel), Jenny Bastide, Hélène de Choiseul-Gouffier, Adèle Daminois, Augustine Gottis (9 Titel), Elisabeth Guénard (pseud. auch Boissy, Faverolle, 24 Titel), Charlotte de Malarme, Isabelle de Montolieu (27 Titel).

2.32 Der einzige Bereich, in dem auch in der zweiten Hälfte des 19. Jhs die französischen Bestände nennenswert erweitert wurden, ist der anspruchsvolle Unterhaltungsroman. Viele Werke von Erfolgsautoren wie About, Daudet, Gaboriau, Gyp, Loti, Maupassant, Mendès, Montépin, Ohnet, Sand, Soulié, Zola liegen oft in Erstausgaben liegen vor; Flaubert fehlt.

2.33 In der Abteilung " Sammelwerke" (29 Titel) sind neben dem Recueil de romans historiques (1747) vor allem erwähnenswert die Romansammlung Bibliothèque de Campagne ou Amusemens de l'esprit et du coeur (1761) und die Voyages imaginaires, songes, visions (1787). Während die Abteilung französischsprachiger Jugendliteratur (12 Titel) kaum der Rede wert ist, führt die Abteilung " Traductionen" (ca. 180 Titel) französische Übersetzungen bedeutender moderner Versdichtung von Ariost, Camoes und Gessner über Mickiewicz, Milton und Pope zu Tasso, Young und Zacharias, aber auch z. T. vorgebliche, französische Übersetzungen von Erzählungen und Romanen aus orientalischen und asiatischen Sprachen sowie aus dem Englischen, Italienischen, Polnischen, Spanischen und Deutschen.

2.34 Bedeutend ist die Sammlung von Reiseliteratur. Im Katalog XXII sind sowohl die englischen, deutschen und vor allem französischen Werke erfaßt, welche " Reisen in Frankreich" (ca. 150 Titel) betreffen, als auch französischsprachige " Reisen und Abenteuer in aller Welt" (16 Titel), deren Hauptteil aus Sammelwerken besteht (Bibliothèque géographique et instructive des jeunes gens, 1802, Histoire générale des voyages, 1746, Bibliothèque universelle des Voyages, 1833-1836). Die Abteilung Zeitschriften verzeichnet 39 fast ausschließlich französischsprachige Titel (782 Bde) hauptsächlich aus der ersten Hälfte des 19. Jhs, darunter Reisejournale, aber auch Zeitschriften zu Mode, Literatur, Theater und den Bildenden Künsten, so die Nouvelle revue germanique, L'Opinion, Revue britannique und Revue des deux mondes.

2.35 Der Bestand an englischer Literatur ist enthalten in den Katalogen XI-XVII. Am Anfang stehen " Classische Literatur, Führende Prosa, Poetry, Dramen" (683 Titel), offensichtlich als Gegenpol zur Unterhaltungsliteratur. Zur " führenden Prosa" (darunter die Romane Scotts und Bulwer-Lyttons, nicht aber die von Jane Austen), tritt die Versdichtung, in der neben den wichtigsten Klassikern auch viele minor authors vertreten sind. Die Romantiker sind unsystematisch gesammelt worden (von Keats sind z. B. nur Einzelgedichte in Erstausgaben erhalten). Es überwiegen poetische Sammlungen, Erbauungspoesie und komische Lyrik heute kaum noch bekannter Autoren. Relativ vollständig sind Southey und Byron in Erstausgaben sowie deutschen Übersetzungen und Sekundärliteratur vertreten. Auffällig sind epische Dichtungen, darunter gotische oder historisierende Verserzählungen, ferner " Eastern Tales", " Tales and Poems" über römische, griechische, italienische oder spanische Themen. Relativ groß ist auch die Zahl religiöser Epen von heute weitgehend unbekannten Autoren wie R. Cumberland, R. Montgomery, E. Strangway oder W. E. Wall.

2.36 " Classische dramatische Dichtungen" umfassen neben Shakespeare, Marlowe und Ben Jonson sowie Massinger, Beaumont-Fletcher, Lillo oder Dryden Einzelausgaben zeitgenössischer Dramatiker mit ihren Komödien, historischen Dramen, Melodramen oder Lesedramen. Zu allen Gattungen und zu vielen Autoren findet sich, vor allem aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs, Sekundärliteratur biographischer und literaturkritischer Art. Ein Teilbestand enthält illustrierte Werke der zeitgenössischen Karikaturisten, so Coombe, Rowlandson und vor allem Cruikshank. Hinzu kommen Kuriosa, wie z. B. die Epitaphiensammlung von Mogridge (The Churchyard Lyrist, 1832), Satiren, Erbauungswerke und Informationsliteratur.

2.37 " Sammlungen, Gedichte und Prosa, Volkslieder, Balladen" belaufen sich auf 112 Titel in 182 Bdn. Hier finden sich " Miscellanies", " Scrap-books", " Flowers" (i. e. Florilegien) in Vers und Prosa, in aller Regel von mehreren Verfassern, bisweilen auch unter geographischem Aspekt zusammengestellt ( z. B. Specimens of the American Poets, 1822). Viele Werke " einzelner classischer" Autoren ( z. B. Addison, Chaucer, Moore, Pope, Shakespeare, Thompson) wurden zur Zeit Hoffmanns von Fallersleben angeschafft, ebenso einige Titel mit altenglischer Dichtung. Die Balladensammlungen stammen in aller Regel aus den ersten Jahrzehnten des 19. Jhs. Ergänzt werden sie durch die Volkslieder und Balladen in der Abteilung Geschichte Englands.

2.38 Bei der Gruppe " British Theatre" (17 Titel in 218 Bdn) handelt es sich um die umfangreichen zeitgenössischen Dramensammlungen, darunter Farcensammlungen aus den Jahren 1792 und 1805-1806, die Sammlungen von Jones (1795), Inchbald (1808 und 1815), Bell (1791-1797, 48 Bde) und Sharp (1804-1805, 18 Bde) sowie das British Theatre (1813 ff.). Die Abteilung " Beschreibende Werke über die englischen Theater und die Acteure und Actressen" (26 Titel) enthält vornehmlich Beschreibungen der zeitgenössischen Theaterszene, historische Darstellungen verschiedener Theater sowie Memoiren und Biographien von Schauspielern und Theaterleuten. Weitere 15 Titel mit Werken zum britischen und amerikanischen Theater enthält die Gruppe " Geschichte Englands".

2.39 Unter " Vermischtes" (2 Systemstellen) finden sich Almanache und Jahrbücher unterhaltsamen und belehrenden Charakters, Rezensionssammlungen, illustrierte Werke zu den verschiedensten Themen (z. B. Travelling Sketches, Oriental Scenes), historische Anekdoten-Sammlungen, Reader's Digests aus der nationalen oder internationalen Literatur und aus Zeitschriften, " Table talks", " Character sketches", Reiseerinnerungen und Kuriosa.

2.40 Eine kleine Abteilung (44 Titel in 94 Bdn) faßt Werke " Zur Literaturgeschichte, Sprache und Grammatiken" zusammen, zeitgenössische Essay-Sammlungen, Ausgaben von einzelnen Dichtern oder Werke anderer Dichter mit kritischen Einleitungen, die z. T. von unbekannten Autoren, aber auch von Hazlitt, Southey, Johnson, Blair oder Disraeli stammen. Einige wenige englische Grammatiken und Literaturgeschichten schließen die Abteilung ab. Es folgen Wörterbücher (18 Titel) und " Zeitschriften, Magazine, Archive" (68 Titel). Die Periodika reichen vom literarischen Magazin bis hin zu Hof-, Mode-, und Damenjournalen.

2.41 Von besonderer Bedeutung ist die Romansammlung (Katalog XIII; 2614 Titel in 6704 Bdn), in der zahlreiche seltene Werke enthalten sind. Es dürfte sich um die größte geschlossene Sammlung englischer Romane aus dieser Zeit handeln. In der Mehrzahl handelt es sich um Romane oder Erzählungen, nur selten um andere Prosagattungen. Die Anzahl der Titel vor 1789 ist bescheiden, erst 1790 bis 1799 ist ein deutlicher Anstieg festzustellen, der dann in den ersten dreieinhalb Jahrzehnten des 19. Jhs seinen Höhepunkt erreicht. Nach 1834 sinken die Zahlen wieder rasch.

2.42 Bis 1787 sind englische Autoren nur in französischer Übersetzung vorhanden, so Defoes Robinson Crusoe (1724) und Swifts Gulliver's Travels (1730). Von 1787 ab (anon., William of Normandy) finden sich nur englische Originale, in der Regel in Erstausgaben. Die Bestände nach 1834 sind unbedeutend, die meisten Titel entstammen der Tauchnitz-Edition (ab 1841). Neben den bekannten Klassikern der Romanliteratur, die teilweise nur mit wenigen Hauptwerken vertreten sind, stammen die Romane von mehr als 700 z. T. gänzlich unbekannten Autoren. Das am häufigsten vertretene Genre ist die " historical novel", darauf folgen " sentimental novels" und " Gothic novels".

2.43 Neben der Englischen Literatur bildet die Geschichte Englands (Katalog XII) einen Schwerpunkt, wobei Geschichte weit gefaßt ist. Unter " Alte Chroniken" (9 Titel) erscheint das Saxon Chronicle von J. Ingram (1823), daneben aber auch The County Annual Register (1809-1811) und die Zeitschrift The British Historical Intelligencer (1829). Als " Haupt-Werke" (34 Titel) finden sich die zeitgenössischen Geschichtswerke (Goldsmith, Hume usw.), aber auch französischsprachige Abhandlungen des 18. und deutschsprachige aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs.

2.44 " Einzel-Werke" (32 Titel) bezeichnen Annalen, Berichte oder historische Essays über die Regierungszeit einzelner Herrscher, historische Selbstzeugnisse und Erinnerungen, Schlachtenbeschreibungen, Briefsammlungen, geschichtliche Darstellungen einzelner Landstriche, Epochen, Städte und Bauwerke, aber auch juristisch-historische Darstellungen von Thronansprüchen. Es folgen die Themen " Rebellion, Aufstände, Cromwell" und " Landschaften" (30 Titel) mit Werken über die englische Revolution in Französisch und Englisch. Auch Londoner Reiseführer sowie allgemeine Werke in Deutsch und Französisch über Englands Geschichte und Politik liegen vor. Die Rubrik " Schottland" (32 Titel) enthält u. a. Bücher über Queen Mary, über die schottischen Rebellionen und schottische Sitten und Gebräuche. Irland ist mit 20 Titeln vertreten, darunter die von der Landgräfin Elise übersetzte Geschichte von Irland für die Jugend (1833).

2.45 Die Kultur- und Sittengeschichte (34 Titel) enthält neben allgemeinen Studien über soziales Leben, Politik und Gesellschaft in England auch Briefsammlungen und Biographien sowie Darstellungen englischer Institutionen und Führer durch London. Auch hier ist Cruikshank mit seinen illustrierten Werken vertreten.

2.46 Deutlich mehr Werke enthalten die Gruppen " Englisches Recht und Gesellschaft" sowie " Archäologie und Kunst" (zusammen 70 Titel). Neben wenigen rechtstheoretischen Arbeiten sind vor allem zeitgenössische Veröffentlichungen über aufsehenerregende Kriminalfälle aufgeführt. Unter " Gesellschaft" sind neben allgemeinen historischen Abhandlungen vor allem Studien zu speziellen gesellschaftlichen Aspekten (Spiele und Feiern, Duellieren) sowie mehrere Werke über die Freimaurerei zusammengefaßt. Außerdem finden sich Werke über Kunst und Archäologie sowie Biographien einzelner Künstler.

2.47 Eine große Untergruppe bilden die (teilweise fiktiven) " Biographien und Sammlungen" (mehr als 200 Titel), denen auch Memoiren und Kriegserinnerungen (ab 1742 auch französischsprachige Titel) zugeordnet sind. Werke religiösen Charakters erscheinen in der Gruppe " Englische Kirchengeschichte" (ca. 100 Titel). Neben Lebensberichten englischer Kirchenväter finden sich Predigtbücher und Berichte über kirchliche Institutionen. Die kleinen Abteilungen " Naval-Royal" (10 Titel) zur Geschichte der Royal Navy und die " Könige Englands und ihr Hof" (21 Titel) mit historischem Schwerpunkt im 17. und 18. Jh schließen sich an.

2.48 Die Abteilung " Staatengeschichte und Reisen" (Kataloge XIV-XVII) faßt geographische und historische Literatur sowie Reisebeschreibungen über weite Teile der Welt zusammen. Hier sind insbesondere Werke über das Britische Commonwealth vertreten, darunter " Englische Literatur, Geschichte und Reisen in Afrika" (520 Titel). Erwähnenswert ist eine Gruppe von 219 Titeln (1745-1886), die von " Specialreisen in England, Schottland und Ireland, nach den Orkneys, den Hebriden, der Insel Man und der Jersey Gruppe" genannt ist. Eine kleine, 17 Titel umfassende Abteilung mit Literatur zur Geschichte Nordamerikas (1702-1852) wird ergänzt durch Biographien (17 Titel), darunter die Biographie Washingtons von Washington Irving (1855). Sie enthält ferner neben Zeitschriften und allgemeinen Werken über Nordamerika (Geographie, Politik, Geschichte, Gesellschaft) Reisebeschreibungen, Werke über die Indianer, Briefsammlungen und Titel über " Auswanderer-Angelegenheiten" in Deutsch, Englisch und Französisch (195 Titel). Eine Abteilung " Weltgeschichte" faßt die englischen Titel zu diesem Themenkreis (Universalgeschichte, Rom, Griechenland, Juden, Orient, Ägypten, Palästina, Mittelalter) zusammen (111 Titel).

2.49 Die knapp 800 Titel umfassende theologische Literatur ist zu 90 Prozent dem 19. Jh zuzurechnen; etwa 9 Prozent entstammen dem 18. und ein Prozent dem 17. Jh. Es dominiert Deutsch mit 59 Prozent vor Französisch mit 23 Prozent und Englisch mit 18 Prozent; weitere Sprachen sind mit weniger als einem Prozent vertreten.

2.50 Der Bestand ist in mehrere Sachgruppen gegliedert; der Schwerpunkt liegt bei " Biographien" (170 Titel), " Predigtliteratur" (159 Titel) und " Erbauungsliteratur" (105 Titel). Von geringerem Umfang sind " Allgemein-einleitende, enzyklopädisch-theologische Werke" (14 Titel), " Sammelwerke theologischer Schriftsteller" (32 Titel), Bibeln (21 Titel), Gebetbücher (35 Titel), Zeitschriften (9 Titel), Lexika (7 Titel) und Miscellen (52 Titel), ferner " Dogmatik, christliche Moral, Mystiker" (50 Titel) und Streitschriften (30 Titel).

2.51 In der Gruppe Biographien finden sich fast alle zeitgenössischen Theologen aus der ersten Hälfte des 19. Jhs. Ergänzt wird diese Gruppe durch " Leben Jesu und anderer biblischer Personen" (16 Titel) und " Erbauliche Lebensbeschreibungen" (53 Titel). Die Predigtliteratur ist fast ausschließlich aus der ersten Hälfte des 19. Jhs, enthält ältere, aber auch zeitgenössische Predigten, vornehmlich mittel- und süddeutscher Provenienz. In der großen Gruppe der Erbauungsliteratur und Andachtsbücher sind größtenteils katholische französische Autoren sowie deutschsprachige Exerzitien- und Meditationsliteratur zusammengefaßt. In der Gruppe Bibeln und Bibelausgaben befindet sich die französische Übersetzung des Ludovicus Isaac le Maistre de Sacy (1703-1725), die kommentierte Ausgabe des lothringischen Benediktiners Augustin Calmet (1820-1824) und eine Biblia hebraica von Johannes Henrius (Frankfurt/M. 1716).

2.52 Mit 3100 Werken in 6300 Bdn umfaßt die Abteilung " Geographie, Statistik und Reisen" knapp 10 Prozent des Gesamtbestandes. Die allgemeine Geographie und die im 19. Jh dazugehörige " Statistik" macht 90 Titel aus, darunter geographische Zeitschriften. Die zahlenmäßig und inhaltlich bedeutenden Reisebeschreibungen umfassen auch Werke der Landeskunde und der Belletristik (fiktive Reisen) vom 16. bis zum späten 19. Jh. Aus der ersten Hälfte des 19. Jhs stammen 72 Prozent, aus der zweiten 17 Prozent. Reisebeschreibungen des 18. Jhs (vornehmlich aus dem letzten Viertel) sind mit 10 Prozent und die des 16. und 17. Jhs mit einem Prozent vertreten. Deutsch und Englisch halten sich mit jeweils 40 Prozent die Waage, während Französisch 20 Prozent ausmacht. Nur vereinzelt liegen Werke in anderen Sprachen vor.

2.53 Das regionale Schwergewicht liegt mit 51 Prozent auf Europa; der überseeische Bereich ist mit 35 Prozent, Weltreisen sind mit 14 Prozent vertreten. Innerhalb Europas stehen Großbritannien und Frankreich im Vordergrund, aufgrund des persönlichen Interesses des Landgrafenpaares. Ein knappes Drittel nehmen Werke über Süd- und Südosteuropa mit Schwerpunkt auf Italien und Griechenland ein. Reisen im deutschsprachigen Bereich sind mit 383 Titeln vertreten. Im überseeischen Bereich sind Amerika und Asien mit je einem Drittel vertreten, Afrika mit knapp einem Viertel und Australien und Ozeanien mit einem Zehntel. Amerika ist in Nord-, Mittel- und Südamerika gegliedert, wobei der Norden (USA und Kanada) mit 203 Werken vor Südamerika (126 Titel) rangiert. Kaum ins Gewicht fällt Mittelamerika. Bemerkenswert sind 158 Werke über Indien, insbesondere zur " Ostindischen Kompanie".

2.54 Bei den Karten handelt es sich schwerpunktmäßig um Post- und Reisekarten, topographische Karten sowie Stadtpläne des 19. Jhs, nur etwa 5 Prozent stammen aus der Zeit vor 1800 (8 Einzelblätter und Atlanten aus der Mitte des 18. Jhs). Nennenswert ist lediglich der Atlas von Joannes Blaeu (Amsterdam 1648). Die insgesamt 192 Titel verteilen sich auf 170 einzelne Karten (89 Prozent) und 22 Atlanten (11 Prozent).

2.55 Westfalen als Ganzes ist mit 147 Titeln vertreten, darunter Periodika, Jahrbücher und Kalender, sowie neben allgemeinen historischen Werken Titel über die Feme und über kirchlich-religiöse Fragen neben Biographien. Das 19. Jh tritt mit 62 Prozent hervor; 27 Prozent entstammen dem 18. Jh und 11 Prozent der Zeit vor 1700.

2.56 Höxter (Stadt und Umgebung) und Corvey sind quantitativ geringer, jedoch hochwertig mit einem relativ vollständigen Bestand vertreten. Der Huxariana-Bestand umfaßt etwa 20 Titel, zu zwei Dritteln aus dem 19. Jh. Die übrigen Titel (vor 1700) zählen zu den Zimelien, darunter die Chronik des Höxteraner Goldsceds Heinrich Ziegenhardt (1568). Unter den späteren Werken findet sich viel Kleinschrifttum, wie Ordnungen, Erlasse oder Einzelschriften, so über die Eisenbahnbrücke bei Höxter.

2.57 Der Bestand an Corbeiensien umfaßt etwa 50 Titel, davon 50 Prozent aus dem 19. Jh, unter denen die Schriften Paul Wigands wie seine Geschichte der gefürsteten Reichs-Abtei Corvey (1819) den breitesten Raum einnehmen. Neben der seltenen Studie über die Agrarverhältnisse in den Fürstentümern Paderborn und Corvey von August von Haxthausen (1829) findet sich Sekundärliteratur über Corveyer Schriften, wie Johannes Letzners Corbeische Chronica (1590) oder Johann Friedrich Falkes Codex Traditionum Corbeiensium (1752). Die Bibliothek verwaltet darüber hinaus eine Anzahl wertvoller Hss. (s. o. 2.4).

2.58 Die sogenannte " Kriegsbibliothek" zählt rund 2000 Titel. Ein Viertel des Bestandes enthält Allgemeines zur Kriegswissenschaft und zum Heerwesen, wie Truppenführung, Waffentechnik, Organisation oder Personalwesen. Hinzu kommen auch Biographien und Tagebücher, u. a. von berühmten Feldherren. Den größten Teil nehmen mit 75 Prozent die historischen Werke über Kriege ein vom ersten Jahrtausend bis zur Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Den Schwerpunkt bilden etwa 600 Werke über den Ersten Weltkrieg. Nennenswert ist Literatur über die französischen Revolutionskriege, die Napoleonischen Kriege sowie die Befreiungskriege und dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71. Weitere Schwerpunkte sind die Revolution von 1848, kriegerische Ereignisse in Italien (1848/49, 1859/60, 1866) und in Dänemark (1849-1864) sowie der Krimkrieg (1866).

2.59 Die von Hoffmann von Fallersleben geschätzten und gepflegten " Bilder- und Prachtwerke" sind von ihm in einem eigenen Katalog zusammengefaßt worden (s. u. 3.3), der auch bebilderte Reisebeschreibungen aus dem allgemeinen Bestand umfaßt. Die knapp 2500 Titel (einschließlich der Reisewerke) stammen bis auf wenige Ausnahmen aus dem 19. Jh. An erster Stelle stehen die " Landschaften" vor den naturwissenschaftlichen Ansichtswerken zur Fauna und Flora. Hierunter fallen Voyage pittoresque et romantique dans l'ancienne France (Paris 1820-1827) und als Beispiele für naturwissenschaftliche Werke Franccois Le Vaillants Histoire naturelle des perroquets (Paris 1801-1805) sowie John Goulds The Birds of Europe (London 1832-1837). Zahlreich sind auch Werke mit Trachten- und Modedarstellungen sowie Abbil- dungen von " Menschenrassen". Darüber hinaus finden sich weitere Themenbereiche wie Heraldik, Architektur oder " Alterthümer". Zu erwähnen sind hier Richard Lepsius' Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien (Berlin 1849-1856). Der Bestand gehört zu den bedeutendsten Komponenten der Fürstlichen Bibliothek.

3. KATALOGE

3.1 Moderne allgemeine Kataloge

Alphabetischer Katalog

[nach RAK-WB; in Bearbeitung; Publikation ist vorgesehen; geplant sind für Bibliotheken online Zugriffsmöglichkeiten im Datenpool des HBZ in Köln]

Zentrale Nachweise:

Die Bestände sind weder im Zentralkatalog Nordrhein-Westfalen noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

3.2 Moderne Sonderkataloge

Graham, John: Novels in English the eighteenth- and nineteenth-century holdings at Schloß Corvey, Höxter, Germany. New York 1983

Steinecke, Hartmut; Eke, Norbert Otto; Günther, Michael; Vollmer, Hartmut; Wollny, Erich: Deutschsprachige Romane 1815-1830 in der Fürstlichen Bibliothek Corvey. Probleme der Erforschung - Bestandsverzeichnis. Stuttgart 1991

Schöwerling, Rainer; Hoidis-Fehler, Christine; Trogemann, Bernd: Publications of the Minerva Press in the Corvey Collection [in Vorbereitung]

3.3 Historische Kataloge

Die historischen Kataloge sind unvollständig und haben nur bibliothekshistorische Bedeutung.

Bibliothek in Rotenburg:

Catalogue Bibliotheque Rotenburg

[um 1740; Staatsarchiv Marburg, Fragment; Verzeichnis der französisch-sprachigen Literatur mit ca. 600 Titeln in 1500 Bdn; nach den archivalischen Unterlagen muß ein Katalog für alle Sachbereiche der ca. 5000 Bde umfassenden Bibliothek bestanden haben]

Bibliothek in Corvey:

Katalog der Bibliothek Corvey

[1824; hschr.; Teile des Verzeichnisses gehen auf die Landgräfin Elise zurück; ab 1828 von Landgraf Viktor Amadeus hschr. fortgeführt; Erstellung des Katalogs entspricht Aufstellung nach Sprachen, innerhalb dieser Rubriken systematisch geordnet]

Katalog der Bibliothek Corvey. Corvey 1832

[Ausgabe z. Z. nur in einem Exemplar nachweisbar; systematische Gliederung wie Katalog von 1824]

Fortführung der beiden Kataloge nach 1834 erfolgte nur lückenhaft.

Alphabetischer Bandkatalog der deutschen, englischen und französischen Romane [1850, von August Taimer; hschr.; in den Dedié-Katalog integriert]

Systematischer Bandkatalog

[1853, von Dedié hschr.; Systematik nach dem Vorbild der Hamburger Stadtbibliothek; der entsprechende Alphabetische Katalog konnte nicht mehr realisiert werden; fortgesetzt durch Hoffmann von Fallersleben; Eintragung der Neuerwerbungen, jedoch keine Fortführung der Roman-Kataloge (Nachtragungen ab 1879)]

Alphabetischer Zettelkatalog

[1867, von Hoffmann von Fallersleben; hschr. mit spä- teren Nachträgen (Typoskript von Paduch); Aufnahmen in Kurztiteln; Standorte erst 1880 nachgetragen]

Kataloge der Bilderwerke, der Biographien, der Volksliedsammlung und größerer thematischer Abteilungen (z. B. Westfalica)

Standortkatalog [1874, von Kammerrat Hesse]

Alphabetischer Katalog der deutschen Romane [1879; nach dem Verlust des deutschen Katalogs mußte dieser neu erstellt werden]

Sonderkatalog für die Deutsche Litteraturgeschichte [1882 ff.; umfaßt 399 Werke in 690 Bdn, die von Hoffmann angeschafft, jedoch nicht im Realkatalog verzeichnet waren]

Sonderkatalog Sammelwerke der deutschen Literatur [1883 ff.; umfaßt 276, ebenfalls von Hoffmann angeschaffte Werke in 504 Bdn]

Systematischer Katalog [um 1950; von Paduch; mschr.; in Teilbereichen modifizierte und entsprechend umgestellte Systematik Dediés]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Archivalien zur Bibliotheksgeschichte finden sich in jenen Archiven, deren Bestand Bezug zum derzeitigen herzoglichen Haus sowie zum Haus Hessen, speziell Hessen-Rotenburg, haben: im Hessischen Staatsarchiv Marburg, im Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein und im Fürstlichen Archiv zu Corvey. Das Quellenmaterial wird z. Z. für eine Bibliotheksgeschichte gesichtet und ausgewertet.

4.2 Darstellungen

Brüning, Joachim: Die klassizistische Einrichtung der Corveyer Schloßbibliothek. In: Westfalen 62 (1984) S. 153-171

Brüning, Joachim: Paul Wigands Tätigkeit in Bibliothek und Archiv zu Corvey. In: Westfälische Zeitschrift 124/25 (1974/75) S. 9-28

Hamacher, Theodor: Die Corveyer Kloster-Bibliothek und heutige Schloss-Bibliothek. In: Die Warte 17 (1956) S. 30-31, 49-50

Hyckel, Georg: Rauden, Corvey und Hoffmann von Fallersleben. In: Schlesien (Regensburg) 3 (1967) S. 172-178

Lenn, Paul: Corveyer Studien. In: Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Phil. Hist. Klasse 30 (1919) [wieder abgedruckt in: Paul Lenn: Erforschung des Mittelalters, Bd 5, 1962, S. 94-178]

Löffler, Klemens: Die Corveyer Schloßbibliothek. In: Hermann Degering und Walter Menn (Hrsg.): Westfälische Studien. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaft, Kunst und Literatur in Westfalen. Alois Bömer zum 60. Geburtstag. Leipzig 1928, S. 287-296

Löffler, Klemens: Die Bibliotheken zu Korvei. In: Zeitschrift für Bücherfreunde N. F. 10 (1918/19) S. 136-143

Löffler, Klemens: Die Corveyer Schloßbibliothek vor und unter Hoffmann von Fallersleben. In: Westfälische Zeitschrift 89 (1932) S. 76-129

Schöwerling, Rainer: Die Wiederentdeckung der Corveyer Schloßbibliothek. 2. Auflage. Stuttgart 1987 Stüwer, Wilhelm: Corvey. In: Germania Benedictina, Bd 8, Nordrhein-Westfalen. St. Otilien 1980, S. 236-293

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Tiggesbäumker, Günter: Ein fürstlicher Bücherschatz. Bucheinbände und Buchillustrationen aus vier Jahrhunderten aus der Fürstlichen Bibliothek zu Corvey. Ausstellungskatalog. Paderborn 1989

Corvey-Journal. Mitteilungen aus dem Projekt Fürstliche Bibliothek Corvey. Paderborn, Jg. 1 ff. 1989 ff.

Stand: August 1991

Rainer Schöwerling Günter Tiggesbäumker Reinhard Klescewski Hartmut Steineke


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.