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Kirchenbibliothek der Gemeinde St. Marien und St. Martin

Adresse. Kirchplatz 12, 16909 Wittstock [Karte]
Telefon. (03394) 33 00 (Büro) oder 33 14 (Pfarramt)
Bibliothekssigel. Kirchlicher Zentralkatalog <Be 2>

Unterhaltsträger. Evangelische Kirchengemeinde Wittstock
Funktion. Kirchenbibliothek. Sammelgebiet. Der Bestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach vorheriger Vereinbarung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Telefonische oder schriftliche Anmeldung erforderlich. Zugverbindung über Neuruppin oder Wittenberge. Fußwegnähe vom Bahnhof (ca. 10 Minuten). A 19 (E 55), Ausfahrt Wittstock; A 24 (E 26), Ausfahrt Pritzwalk.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Eine erste Büchersammlung in kirchlichem Besitz entstand bei der Burgkapelle des Bischofs von Havelberg, der seit ca. 1270 in Wittstock residierte. Nach der Reformation, die nach dem Tode von Bischof Busso II. von Alvensleben 1548 einsetzte, scheint die Kirchengemeinde von St. Marien diesen Bestand in Besitz genommen zu haben. Jedoch hat der Große Kurfürst zum Aufbau seiner Berliner Bibliothek auch auf diese Bücher Anspruch erhoben und ließ durch den Oberbibliothecarius Johann Raue (1610-1679) im Jahre 1672 39 ältere Werke entnehmen. Ein Titelverzeichnis davon hat sich erhalten, und zwei Inkunabelbände aus diesem Bestand (Inkunabeln 2465, 2589) sind in der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz nachweisbar. Sehr wahrscheinlich gehörten aber auch die in der Wittstocker Kirchenbibliothek erhaltenen Inkunabeln und einige andere ältere Werke zu dem Bestand der Burgkapellenbibliothek. Der Einspruch der Gemeinde gegen die Entnahme hatte wohl den Erfolg, daß einige Ersatzstücke aus dem Dublettenbestand Berlins geliefert wurden, da eine Reihe von Büchern ihrem Einband nach der Bibliothek des Markgrafen Sigismund, des Administrators von Magdeburg (1552-1566), entstammten.

1.2 1638 übergab der Diaconus Johannes Hecht (1599-1638), seit 1623 Rektor und seit 1628 Diaconus in Wittstock, zusammen mit seiner zweiten Frau Katharina, geb. Butteberg, die von ihm gesammelten Bücher der Kirche und darüber hinaus eine Stiftung von 100 Talern, womit eine Kirchenbibliothek zugunsten der Pastoren eingerichtet und ständig vermehrt werden sollte. Noch heute tragen 32 Bücher den Namenszug von Hecht, und darüber hinaus können andere Bücher seiner Sammlung zugeordnet werden. Es handelt sich überwiegend um Bücher der lutherischen Orthodoxie, die er bei seinem Studium in Rostock und Wittenberg kennengelernt hatte. Die Stiftung wird in einer im Jahre 1657 angeschafften Kurfürstenbibel ausdrücklich erwähnt. Die Zinsen sind zwar nicht regelmäßig eingegangen, hatten aber doch den Erfolg, daß bis ins 19. Jh hinein Kommentarwerke, größere Werke zur Kirchengeschichte, Predigtreihen, Darstellungen der Weltgeschichte, philosophische Werke und Kirchenzeitungen angeschafft werden konnten. Die Bibliothek hat dadurch einen über die Theologie hinausgehenden Bestand.

1.3 Zur Bibliothek sind Teile einer Schulbibliothek hinzugekommen, die offenbar in der Mitte des 18. Jhs entstanden ist. Aus Eintragungen, vor allem aus den Jahren 1748 bis 1757, ist zu entnehmen, daß Lehrer und andere Persönlichkeiten eine größere Zahl von philologischen und historischen Werken gestiftet haben. Vermutlich sind sie als veraltetes Unterrichtsmaterial ausgesondert worden.

1.4 Erheblichen Zuwachs bekam die Bibliothek durch einen Prediger-Lesezirkel, der 1814/15 und seit 1856 existierte. Der Bestand wuchs daher bis 1893 auf 1165 Bde an. Aus dem Heiliggeist-Hospital ist eine Bibel von 1748 erhalten, die auf die Stifterin des Neubaus zurückgeht. Schließlich ist auch ein Predigtband von 1758 aus der Gemeinde Groß Haßlow bei Wittstock in die Bibliothek gekommen.

1.5 Der ältere Bestand soll nach einem Katalog von 1842 256 Titel umfaßt haben; im Jahre 1893 war er auf 541 Titel angewachsen. In der Zeit von 1850 bis 1930 ist der eigentlichen Kirchenbibliothek eine neue Abteilung angegliedert worden, die als Gemeindebibliothek anzusehen ist. Sie hatte das Anliegen, die christliche Bildung durch ein Angebot an Romanen, Erbauungsliteratur, Missionsnachrichten und Kirchenzeitungen zu stärken. Es handelt sich um 181 Titel aus der Zeit vor 1900 und 143 Titel aus dem 20. Jh.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die Bibliothek umfaßt vom 15. bis 19. Jh 599 Titel. Neben 3 Inkunabeln entfallen auf das 16. Jh 70 Titel, auf das 17. Jh 301. Zum 18. Jh gehören 120 und zum 19. Jh 105 Titel.

2.2 Die vorhandene Literatur ist überwiegend in lateinischer Sprache (326 Titel) und in deutscher Sprache (267) abgefaßt. Es gibt 3 Titel in französischer Sprache und ein Werk in Hebräisch, ein mehrsprachiges in Deutsch-Hebräisch-Griechisch und ein polyglottes. Systematische Übersicht

2.3 Die Bücher sind nach einer fortlaufenden Zählung, zugleich aber nach einer systematischen Ordnung mit den Buchstaben A bis O aufgestellt, wobei für die Theologie mit der Kirchengeschichte (Gruppe A) begonnen und mit der Zeitschriftenliteratur (Gruppe K) geendet wird. Die nicht-theologischen Gebiete (Gruppen L-O) sind angefügt. Die Systematik folgt überwiegend pragmatischen Gesichtspunkten und ist nicht immer konsequent. Die Beschreibung hält sich deshalb nicht an die vorgegebene Ordnung.

2.4 Unter den 11 Bibelausgaben (Gruppe F) finden sich neben einem hebräischen Alten Testament (Hamburg 1588) auch die polyglotte Ausgabe (Hamburg 1596), 3 lateinische Ausgaben sowie mehrere Auflagen der Kurfürstenbibel (Nürnberg 1652, 1662, ca. 1700, 1710, 1720) und ein französisches Neues Testament von 1664. Eine Reihe weiterer, kommentierter Bibelausgaben (so Leipzig 1749; Leipzig 1763; Schullehrer-Bibel Neustadt/Orla 1826; Neues Testament, verdeutscht von Luther, mit Anmerkungen für Schullehrer, Neustadt 1825; Bibel mit Anmerkungen von W. F. Hezel, Lemgo 1786) sind der Auslegungsliteratur (Gruppe B) zugeordnet.

2.5 Die 9 Titel zur Bibelwissenschaft stammen aus dem 17. und 18. Jh und sind überwiegend Standardliteratur in lateinischer und deutscher Sprache. Zur Bibelauslegung (überwiegend Gruppe B) sind 52 Titel zu rechnen, wobei die Grenze zur Predigtliteratur nicht scharf gezogen werden kann. Dogmatische Monographien sind mit 97 Titeln (vor allem in den Gruppen C und J) vertreten, darunter 63 dogmatische Arbeiten im engeren Sinne. Hinzu kommen 6 Konfessionsschriften der Reformationszeit und 28 Titel konfessionelle Streitliteratur. Zur kirchengeschichtlichen Überlieferung (Gruppen B, G, H und L) gehören 14 Ausgaben der Kirchenväter und großer mittelalterlicher Theologen in lateinischer Sprache, darunter 10 Bde des 16. Jhs und eine Auswahlausgabe des 18. Jhs. Drei Veröffentlichungen (Gruppe A) beziehen sich auf die preußischen Generalsynoden, die übrigen 13 Titel dieser Gruppe sind Monographien zur Kirchengeschichte. Im Bereich der Praktischen Theologie dominieren die Predigt- und Erbauungsbände (Gruppe D, 84 Titel).

2.6 Zu den genannten Gruppen gehören 6 Konvolute mit theologischen, philosophischen und juristischen Disputationen, Dissertationen und anderen Universitätsschriften aus der Zeit von 1580 bis 1702, vor allem aus den von Johannes Hecht besuchten Universitäten. Dabei entfallen auf Wittenberg 78, Rostock 48, Leipzig 9, Jena 6, Frankfurt/Oder 5, Kiel 3, Stettin 2 sowie auf Greifswald, Königsberg, Danzig (Gymnasium) und Altdorf je eine Universitätsschrift. Eingebunden sind auch Werke seiner Lehrer, so 8 Auslegungswerke von Johannes Tarnow in Rostock. Aus der Universitätszeit von Johannes Hecht stammen ferner 2 Festschriften der Universität Rostock und eine Hochzeitsschrift.

2.7 Die Überlieferung zur Liturgik und Hymnologie (Gruppe H) hält sich mit 5 Agenden, 5 Gesangbüchern, 5 Gebetbüchern und 2 Psalmenausgaben ebenso wie die katechetische Literatur (Gruppe D) mit 8 Bdn in engen Grenzen.

2.8 Die kirchenrechtliche Literatur (Gruppe L) ist mit 4 Titeln nur in geringem Umfang vertreten. Das gleiche gilt für die kirchengeschichtliche Literatur (Gruppe A, 9 Titel) und die Teilnahme am kirchlichen Zeitgeschehen (Gruppe K) durch Zeitschriften (9 Titel) und Vereinsberichte (15 Titel).

2.9 In den Bereichen Geschichte (Gruppe L, 17 Titel), Recht, Philosophie, Naturwissenschaften, Pädagogik (Gruppe M, 97 Titel), antike Schriftsteller, Werke zur Antike (Gruppe N, 22 Titel), Grammatik und Poetik (Gruppe O, 22 Titel) sowie durch 2 Gedichtbände wird die theologische Orientierung der Bibliothek vor allem in Hinblick auf Philosophie (37 Titel und 36 Dissertationen) und Geschichte (s. o., 17 Titel) in größerem Maße überschritten.

3. KATALOGE

Katalog von 1842

Katalog von 1893

Systematischer Katalog [vor 1963]

Provenienzverzeichnis (im Kirchlichen Zentralkatalog)

Der Bestand ist im Kirchlichen Zentralkatalog nachgewiesen. Brandenburgische Zeitungen sind bei Gittig verzeichnet.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Da das Stadtarchiv Wittstock 1954 verbrannt ist und sich auch im Pfarrarchiv keine Unterlagen finden, können nur folgende Schriftstücke genannt werden:

Staatsbibliothek Berlin, Haus 2, Acta III A 2, S. 5-9: Verzeichnis der 1672 aus der Kapelle (der bischöflichen Burg) an die Kurfürstliche Bibliothek Berlin abgelieferten Bücher Bericht von Johannes Kunstmann 1963 [Ms.]

"Einbandarchiv von Rabenau" der Staatsbibliothek zu Berlin-Preußischer Kulturbesitz: Sammlung der Einbandabreibungen und der Provenienzen

4.2 Darstellungen

[Detto, Albert: Bericht über die Handschriften und älteren Drucke der Kirchenbibliothek Wittstock.]

In: Gymnasial-Programm. Wittstock 1876, S. 29-30; Nachtrag 1877, S. 10

Die Kunstdenkmäler des Kreises Ostprignitz. Bearb. von Paul Eichholz [u. a.]. Berlin 1907, S. 244-245

Polthier, Wilhelm: Geschichte der Stadt Wittstock. Berlin 1933, S. 304, Anmerkungen S. 359-360

Deutsche Staatsbibliothek 1661-1961. Bd. 1: Geschichte und Gegenwart. Leipzig 1961, S. 83-403 Plümacher, Eckhard: Bibliographie zum kirchlichen Bibliothekswesen in der Mark Brandenburg. In: Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte 48 (1973) S. 129

Köppen, Monika: Über das Bibliothekswesen des Kreises Wittstock von den Anfängen bis zur Gegenwart. Berlin 1982, Bl. 13-18 (Bibliotheken im Bezirk Potsdam gestern und heute 4)

Stand: Juni 1993

Konrad von Rabenau


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.