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Gesamthochschul-Bibliothek - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel

Adresse. Diagonale 10,
Postfach 10 14 69, 3500 Kassel [Karte]; Bereichsbibliothek " Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel": Brüder-Grimm-Platz 4 A, 3500 Kassel [Karte]
Telefon. (05 61) 804-1
Bibliothekssigel. <34>

Unterhaltsträger. Land Hessen, Stadt Kassel
Funktion. . Hochschulbibliothek, Landesbibliothek und wissenschaftliche Stadtbibliothek.
Sammelgebiete. 1. Allgemeine Sammelgebiete: Alle Wissensgebiete. 2. Besondere Sammelgebiete: Hassiaca.

Benutzungsmöglichkeiten. Ausleihbibliothek (bis auf Präsenzbestand). Altbestände überwiegend in der Bereichsbibliothek " Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel". Öffnungszeiten: Ausleihe, Lesesäle, Kataloge, Bibliographischer Apparat: Montag bis Freitag 10-18 Uhr, Samstag 10-13 Uhr. Handschriftenabteilung: Montag bis Donnerstag 10-13 und 14-16 Uhr, Freitag 10-13 Uhr, nacttags nach Vereinbarung. Hss.-Tresor Montag, Mittwoch und Freitag von 14-18 Uhr geöffnet. Leihverkehr: DLV, internat. Leihverkehr.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Mikrofilm- und Mikrofiche-Lesegeräte, Kopiergeräte, Reader-Printer, Zentrale Informationsstelle, EDV-Ausleihsystem HEBIS-LEIH, Fotostelle.
Gedruckte Informationen. Faltblatt.
Hinweise für anreisende Benutzer. Bus- und Straßenbahnverbindung vom Hauptbahnhof (Linie 4, umsteigen Haltestelle Stern, Linie 1 oder 5) zur Gesamthochschul-Bibliothek (Zentrale am Holländischen Platz) sowie zur Landesbibliothek und Murhardschen Bibliothek (Nähe Rathaus). - Parkplätze vorhanden.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Zum ersten Markstein in der Geschichte der Kasseler Bibliothek wurde die Aufstellung der privaten Büchersammlung des Landgrafen Wilhelm IV. (des Weisen, 1532-1592) im Renthof am 20. November 1580. Im Gegensatz zur Marburger Universitätsbibliothek war diese Sammlung eine echte Privatbibliothek, deren Bestand sich an den persönlichen Interessen des Landgrafen orientierte. So genossen insbesondere die Gebiete Theologie, Staatsrecht, Astronomie und Botanik eine lebhafte Förderung. Ein erhaltenes Inventar von 1573 zeigt den Besitz von 50 astronomischen Büchern an, die u. a. zum Grundstock der Bibliothek wurden. Diesen müssen in der Hauptsache seit 1527 säkularisierte Bestände hessischer Klöster gebildet haben, auch wenn heute von dieser Schicht nur ganz wenige Hss. nachzuweisen sind, die damals direkt aus den aufgehobenen Klöstern kamen. Aus dem Stift St. Martin in Kassel, das vor 1435 keine Bibliothek besaß, sind weniger als 10 Bde nachweisbar, aus dem Kasseler Karmeliterkloster 3, aus Kaufungen eine Hs. Weitere Bestände aus hessischen Klöstern kamen erst 1804 zusammen mit den Beständen des St. Peters-Kollegiatstifts Fritzlar (s. u. 1.4) nach Kassel; sie waren um 1527 zunächst nach Fritzlar gelangt.

1.2 Das erste Bücherverzeichnis der Landesbibliothek stellen zwei Listen von 1582 dar, " libri ex Bibliotheca Marpurgensi huc transferendi" und " libri transmissi", mit denen Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel und sein Bruder von Hessen-Marburg eines der Fundamente der neugegründeten fürstlichen Bibliothek in Kassel legten. Es handelte sich um 90 Bde, großenteils " in Bretter gebunden", die aus der Universitätsbibliothek Marburg nach Kassel überführt wurden. Von diesen 90 Titeln lassen sich der schlechten Titelbeschreibungen wegen nur 21 im alten Katalog der Landesbibliothek nachweisen, und auch diese sind heute sämtlich verbrannt. Immerhin gibt diese Titelliste einen Eindruck von den Intentionen Wilhelms. So wie er auf Buchmessen nach bestimmten Büchern suchen ließ meist Theologie, klassische Philologie (Textausgaben) und Geschichte -, so legen diese libri transferendi Zeugnis ab davon, daß er sich seine Neugründung nicht als bloße repräsentative Einrichtung dachte, sondern als Stätte der Gelehrsamkeit protestantischer Prägung.

1.3 Während der Regierungszeit Moritz' des Gelehrten (1572-1632, reg. 1592-1627) unternahm man einen ersten Versuch, die landgräfliche Privatbibliothek einem größeren Nutzerkreis zu öffnen, als sie Schulbibliothek des 1595 gegründeten, 1618 neu gestifteten Collegium Mauritianum wurde. Doch diese Lösung war nicht von Dauer. Vielmehr entwickelte sich der Bestand weiterhin gemäß den Interessen des jeweils regierenden Landgrafen von Hessen-Kassel. Unter Moritz bedeutete dies vor allem eine Erweiterung um die Gebiete Alchemie und Musik. Seine gesondert aufgestellte alchemistische Bibliothek, die aus über 600 Hss. und Drucken bestand, wurde erst 1675 integriert. 1941 verbrannten die Drucke bis auf einen einzigen, während die Hss. gerettet wurden. Die schon unter Landgraf Wilhelm IV. angelegte Sammlung von Musikdrucken wurde unter Moritz um zahlreiche Drucke und Hss. erweitert. Da Heinrich Schütz (1585-1672), der seit 1598 als Schüler im Collegium Mauritianum lebte, von Kassel aus 1608 zum Jura-Studium nach Marburg geschickt wurde und 1609 bis 1613 in Venedig bei Giovanni Gabrieli in die Lehre ging, dem landgräflichen Haus sein Leben lang verbunden blieb, schickte er später von Dresden aus seine Kompositionen handschriftlich und im Druck nach Kassel. Somit hat Schützens Lehrzeit bedeutende Spuren in der landgräflichen Bibliothek hinterlassen.

1.4 Von nun an erhielt die Bibliothek regelmäßige Dotationen für den Ankauf ergänzender und neuer Werke. Die Büchersammlung wurde 1633 mit der fürstlichen Kunstkammer vereinigt und konnte in der Folge ihren Bestand auch durch bedeutende Sondererwerbungen erweitern. An erster Stelle ist als ein Geschenk Gustav II. Adolfs (1594-1632) aus dem Jahre 1632 die Überführung der Bibliothek des alten Fuldaer Bonifatius-Klosters zu nennen, die sich damals im Schloß des Fürstabts oder, weniger wahrscheinlich, in der Bibliothek des Jesuitenkollegs befand. Von dieser einst hochberühmten Bibliothek haben sich 34 Hss. und zahlreiche Handschriftenfragmente erhalten, jedoch keine Drucke. Von Bedeutung ist ferner die Pfälzische Erbschaft 1686, als die gesamte Sammlung des Kurfürsten Karl II. von der Pfalz, die sogenannte Jüngere Palatina mit ca. 5300 Bdn, testamentarisch an dessen Vetter, den Landgrafen Karl (1654-1730), fiel. Als 1803 in Folge des Reichdeputationshauptschlusses Fritzlar an Hessen kam und das dortige St. Peters-Kollegiatstift aufgehoben wurde, gelangte dessen Bibliothek 1804 ebenfalls nach Kassel. Von diesen kostbaren Erwerbungen haben sich ebenfalls nur die Hss. erhalten. Nur einige gedruckte Folianten aus der Jüngeren Palatina wie Bibeln, einige lateinische Textausgaben antiker Autoren und eine lateinische Galen-Ausgabe überlebten stark beschädigt den Zweiten Weltkrieg.

1.5 Damit war eine bedeutende fürstliche Büchersammlung entstanden, die einerseits den persönlichen Interessen der Landgrafen, andererseits deren Repräsentationsbedürfnis entsprach. Die Vermehrung des Bestandes erfolgte in der Hauptsache durch die Übernahme bereits bestehender Sammlungen und durch antiquarische Käufe und richtete sich kaum nach sachlich-systematischen Gesichtspunkten. Eine nennenswerte Nutzung fand nicht statt, und für die Buchentleihung bedurfte es bis zu den großzügigen Regelungen Friedrichs II. (1720-1785, reg. 1763-1785) einer besonderen Genegung.

1.6 Der Bestand entwickelte sich im 18. Jh seinem Umfang nach kräftig. 1752 zählte man bereits 13.341 Bde, 1776 waren es 27.115 und 1785 schon 33.965 Bde. 1748 erfolgte eine Pflichtexemplaranweisung an die Universitäten Marburg und Rinteln, 1770 an alle Buchhändler und Drucker. Dank dieser Bestandsvermehrung sowie der Aktivitäten ihrer wissenschaftlich tätigen Bibliothekare vor allem Friedrich Wilhelm Strieder (1739-1815) gewann die Bibliothek im Zeitalter der Aufklärung ein Eigengewicht, das über ihre rein repräsentative Funktion hinauswies. Dank Strieders Sammel- und Katalogisierungstätigkeit vor allem im Hinblick auf seine Grundlage zu einer hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte (1781 ff.) besaß die Bibliothek so gut wie vollständig alles, was hessen-kasselische Autoren bis dahin veröffentlicht hatten. Dies läßt sich an dem 1941 geretteten Katalog der Landesbibliothek ablesen. Hier sind auch die zahlreichen Akzidenzschriften, Dissertationen usw. erfaßt. Äußeres Zeichen dieser Entwicklung war ihre Überführung ins neu erbaute Museum Fridericianum zu Beginn des Jahres 1779, wo sie vom 14. Februar 1780 an für die öffentliche Benutzung zugänglich wurde.

1.7 Erste Katalogarbeiten wurden zu Beginn des 18. Jhs durchgeführt. Diese Kataloge sind nicht erhalten. Eine erste offizielle Zählung der Bestände führte der Bibliothekar Johan Arckenholtz (1695-1766) durch. Vor dem Umzug der Bibliothek ins Museum Fridericianum (1779) vollzog der Marquis de Luchet (1740-1792), ein Vertrauter des Landgrafen Friedrich II. (1720-1785), jene Neuorganisation, die als " Revolution der Casselschen Bibliothek" bekannt ist. Der Marquis führte gegen den Rat der erfahrenen Bibliothekare und unter Mißachtung der bereits geleisteten umfangreichen Katalogisierungsarbeiten 1779 ein " Französisches System" ein, das in keiner Weise den in Kassel vorhandenen Buchbeständen entsprach. Das entstandene Chaos konnte erst nach der 1786 erfolgten Entlassung Luchets unter der Leitung des wieder eingesetzten F. W. Strieder behoben werden. Er ließ den alphabetischen Zettelkatalog fortführen und jenen 80-bändigen systematischen Standortkatalog anlegen, der von Zeitgenossen als beispielhaft gerühmt wurde. Beide Kataloge hat man bis 1939 fortgeführt, beide sind erhalten. Sie stellen nicht nur die unschätzbare Grundlage für die Wiederbeschaffung des im Krieg verbrannten Altbestandes (vor allem auf dem Gebiet der Hassiaca) dar, sondern zugleich ein Stück Bibliotheks- und Rezeptionsgeschichte, da sich alle Bibliothekare darin eingetragen haben.

1.8 Es bedurfte noch einer inneren Entwicklung zur Veränderung der Bestandsstruktur, um die Bibliothek einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Diese bedeutende Leistung verdankt die Bibliothek vor allem dem Wirken der Brüder Grimm, die an der fürstlichen Bibliothek von 1814 bzw. von 1816 bis 1829 tätig waren. Sie setzten neue Akzente in der Erwerbungs- und Katalogarbeit, indem sie sich bemühten, neben der traditionellen Anschaffungspraxis Lücken in einem nunmehr systematisch geordneten Bestand zu füllen. Sie trugen alle Neuerwerbungen in den von Strieder angelegten Katalog ein. Die Brüder Grimm orientierten sich bei ihren Neuerwerbungen von vornherein an einem neuen, bürgerlichen Benutzerkreis, dem sie auch durch entsprechende Nachschlagewerke und Katalogverweise die Nutzung der Bestände zu erleichtern suchten. Die Ausleihbücher der Landesbibliothek aus jener Zeit haben sich, bis 1829 von Jacob Grimm geführt, erhalten. Festgeschrieben wurde diese Entwicklung, als 1831 mit der Annahme der Hessischen Verfassung die fürstliche Bibliothek in den Besitz des Landes überging. Nach einem Intermezzo als Königliche Landesbibliothek (Kurhessen wurde 1866 Preußische Provinz) wurde sie 1869 infolge der Gründung des kommunalständischen Verbandes des Regierungsbezirkes Kassel zur Ständischen Landesbibliothek.

1.9 Die Anschaffungsetats waren durchweg beklagenswert gering. Sie reichten von 740 Rthlr im Jahre 1814 über 1100 (1818) bis 1200 Rthlr im Jahre 1857. Von 1864 an waren es jährlich 2450 Rthlr, 1876 wurden daraus 10.000 Mark, 1891 dann 11.000. Um so erfreulicher war es, daß vermehrt im 19. Jh durch Schenkung, Abgabe und Kauf einige wertvolle geschlossene Büchersammlungen, die teilweise fachliche Schwerpunkte hatten, erworben werden konnten. Zu nennen sind etwa die Bibliothek des Hanauer Konsistoriums (2200 Bde; nur die Hss. blieben erhalten), die 1876 übernommene Bibliothek des Kurhessischen Landwirtschaftlichen Zentralverbandes, ferner die 1867 gekaufte Büchersammlung des Berliner Professors Eduard Gerhard mit 2700 Werken, vorwiegend zur Archäologie, sowie die Pausanias-Spezialsammlung des 1881 verstorbenen Bibliothekars der Landesbibliothek, Johann Heinrich Christian Schubart.

1.10 Nach dem Ersten Weltkrieg erfuhr die Bibliothek durch die Bestände der Philosophisch-politischen Akademie der Walkemühle bei Melsungen mit ihren 4500 Bdn einen bedeutenden Zuwachs vor allem auf dem Gebiet der deutschen Literatur, Geschichte und Philosophie. Als Deposita kamen die hervorragenden Bestände des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde e. V. Kassel hinzu, des Vereins für Naturkunde, des Gartenbauvereins, des Vereins für Erd- und Bürgerkunde, des Hessischen Bezirksvereins Deutscher Ingenieure, des Deutschen Sprachvereins, der Kurhessischen Gesellschaft für Familienkunde in Hessen und Nassau und Waldeck sowie des Ärztevereins Kurhessen-Kassel, alle mit den ihrer Bestimmung entsprechenden Spezialbeständen, oft auch historischen. Somit bot die Landesbibliothek zu Beginn des Zweiten Weltkrieges mit 400.000 bibliographischen Einheiten das Bild einer umfassenden und z. T. herausragenden Büchersammlung. Zwar hätte sie seit 1765 systematisch aufgebaut werden sollen, doch ihre Erwerbungen mußten sich aus Geldmangel auf die vier Fakultäten beschränken. Darüber hinaus bildeten die Schenkungen und Deposita punktuelle Schwerpunkte.

1.11 Ein zweiter Strang Kasseler Bibliotheksgeschichte entwickelte sich mit der durch Testament (3. Juni 1845) und Kodizill (4. September 1852) von den Brüdern Friedrich und Karl Murhard gestifteten Bibliothek. Friedrich Murhard (1778-1853) und Karl Murhard (1781-1863) entstammten einer seit der Mitte des 14. Jhs belegten hessischen Beamtenfamilie, die durch Redlichkeit und Fleiß im Laufe der Zeit zu einem beträchtlichen Vermögen gekommen war. Die in Kassel aufgewachsenen Brüder wurden in ihrer Jugend von den freiheitlichen Idealen der französischen Revolution geprägt, dienten auch dem kurzlebigen Königreich Westfalen unter Napoleons Bruder Jérôme (1809-1813) und gerieten nach der Restauration des Kurfürstentums Hessen in scharfen politischen Gegensatz zu dessen reaktionärer Regierung. Es kam zu Verfolgungen und Inhaftierungen. So lag es nahe, daß die Brüder, die vor allem auf wirtschafts- und staatspolitischem Gebiet rege publizistische Tätigkeiten entfaltet hatten, ihr großes Vermögen, das sie den Bürgern ihrer Heimatstadt zwecks Gründung einer Bibliothek vermacht hatten, nicht der gleichsam " feudalistischen" Landesbibliothek zur Verfügung stellten, sondern dem fortschrittlichen Bürgertum, dem sie entstammten. Somit ist die Murhardsche Bibliothek, was Intentionen und Sammelgebiete anlangt, als Komplementäreinrichtung zur Landesbibliothek anzusehen. Während die Murhardsche Bibliothek vor allem in den Bereichen Staats- und Wirtschaftswissenschaften und Pädagogik tätig war (bis zum Zweiten Weltkrieg 233.000 Bde), sammelte die Landesbibliothek vorrangig Geschichte, insbesondere die Hessens, klassische und neuere Philologie nebst verwandten Gebieten, Archäologie, Kunstgeschichte, Geographie, wenig Theologie, Rechtswissenschaften (Bürgerliches Recht, Strafrecht).

1.12 Kern der Murhardschen Sammlung war der Büchernachlaß der Brüder, erstaunlicherweise nur 880 Titel mit 1622 Bdn. Um das aus den Zinsen des Stiftungskapitals von ca. 327.000 Mark und den beträchtlichen Liegenschaften stammende Kapital gemäß Testament vordringlich für den Neubau einer Bibliothek zurückzuhalten, wurden nur verhältnismäßig geringe Mittel für den Buchkauf eingesetzt. Die Hauptmasse der Erwerbungen kam durch Geschenke Kasseler Bürger herein. Ende 1874 waren 3414 Werke mit 7251 Bdn beisammen. 1875 wurden diese provisorisch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 1880 waren es rund 30.000, 1905 beim Einzug in das noch heute genutzte Bibliotheksgebäude etwa 126.000 Bde. Davon waren 82.000 Bde Geschenke Kasseler Bürger. Somit rekrutierte sich der Kernbestand der Murhardschen Bibliothek aus recht willkürlich zusammengewürfelten Titeln durchaus nicht nur zu den durch das Murhardsche Testament festgelegten Sammelschwerpunkten, sondern zu nahezu allen Wissensgebieten. Eine Trennung in Altbestände und moderne Forschungsliteratur erfolgte nicht. Vielmehr wählte man eine gruppenakzessorische Aufstellung.

1.13 Die Landesbibliothek verlor durch einen Bombenangriff, der in der Nacht vom 9. auf den 10. September 1941 das Museum Fridericianum zerstörte, ihren gesamten Buchbestand. Vernichtet wurde die darin integrierte Wilhelmshöher Schloßbibliothek (ohne die nicht übernommenen Dubletten, heute im Schloß Wilhelmshöhe), die Hassiaca-Sammlung, seltene Werke aus den Gebieten Geschichte, Kulturgeschichte, Rechtswissenschaft, Militaria, Geographie, Zeitschriften. Gerettet werden konnten die Hss., Musikalien, Teile der Grimm-Sammlung und die Kataloge sowie das Depositum des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde e. V. Kassel. Sieben Achtel des Bestandes jedoch fielen 1941 der Katastrophe zum Opfer.

1.14 Noch während des Zweiten Weltkrieges wurde der Wiederaufbau in Angriff genommen. Zwischen der Murhardschen und der Landesbibliothek kamen erneut Verhandlungen über eine künftige Zusammenarbeit in Gang. Ziel der Bemühungen war die Wiederherstellung des alten Hassiaca-Bestandes entsprechend dem Standortkatalog. Unterstützt durch Aufrufe an die Bevölkerung, insbesondere die kurhessische Ritterschaft, durch Abgaben von Gerichten, Schulen und anderen Verwaltungseinrichtungen, durch Dubletten der wissenschaftlichen Bibliotheken in Hessen-Nassau, z. B. der Universität Marburg, durch Rückkauf aus Antiquariaten, Erwerbung von Privatbibliotheken, wie die des Göttinger Germanisten Edward Schröder und des früheren Kultusministers Friedrich Schmidt-Ott, wurden in kurzer Zeit erneut bemerkenswerte Bestände zusammengetragen. Doch auch die geretteten Bestände sowie die erwähnten nach der Brandkatastrophe neu erworbenen wurden bei weiteren Angriffen dezimiert. Nennenswerte Reste der alten Landesbibliothek sind, außer den Hss. und frühen Musikdrucken, nur bei den Folianten zu suchen, meist Bibeln, lateinische Textausgaben des 16. bis 18. Jhs (ca. 50 Bde) sowie bei Teilen des bibliographischen Apparates. Die 15 lfd. Meter bibliophil gebundener Karten und Tafelwerke des 17. bis 19. Jhs, Erwerbungen der Jahre nach 1941, überstanden die weiteren Verheerungen des Krieges.

1.15 Beim großen Bombenangriff auf Kassel vom 22./23. Oktober 1943 wurde nunmehr auch das Gebäude der Murhardschen Bibliothek stark beschädigt. Dabei gingen ca. 60 Prozent des Buchbestandes verloren, darunter die inhaltlich wertvolle Abteilung Staatswissenschaften. Da auch die Neue Galerie getroffen wurde, wohin die aus dem Fridericianum geretteten Bestände der Landesbibliothek gebracht worden waren, gingen, wie erwähnt, auch diese sowie ein großer Teil der zwischenzeitlich neu beschafften Bücher erneut verloren, mit ihnen auch die Bibliothek des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. Damit wurden auch die bisher eingeleiteten Schritte zum Zusammenschluß von Murhardscher und Landesbibliothek hinfällig. Die Murhard-Bestände wurden in die Klosterkirche Haina, die der Landesbibliothek nach Merxhausen und viele andere Orte ausgelagert.

1.16 Bei Kriegsende besaß die Landesbibliothek noch oder wieder ca. 65.000 Bde, in Kisten verpackt und über etwa 20 Auslagerungsorte verstreut. Ein Teil jener Bestände, wertvolle Hss. und Drucke, die auf das zum Gut Kalkhof bei Wanfried (Werra-Meißner-Kreis) gehörige Vorwerk Karnberg, im Kreis Mühlhausen gelegen, deponiert worden waren, gelangte nach 1945 in die Deutsche Staatsbibliothek Berlin-Ost und konnte dort erst 1956 abschließend magaziniert werden. (Anderes ist bis heute verschollen.) Diese Stücke wurden im Rahmen des deutsch-deutschen Kulturabkommens im November 1989 nach Kassel zurückgeführt. Es handelt sich dabei neben den Hss. vorwiegend um Grimmiana, Grimm-Drucke und Handexemplare aus der älteren Brüder-Grimm-Sammlung, Schriften zur hessischen Geschichte, alte Luther- und Bibelausgaben sowie Iuridica.

1.17 Bis 1949 richteten sich die Anstrengungen darauf, die ausgelagerten Bestände zurückzuführen, unterzubringen und die Voraussetzungen für einen provisorischen Leihverkehr zu schaffen. Daneben wurde mit dem Neuaufbau des Bestandes begonnen. Beschafft wurden weiterhin bevorzugt Hassiaca, daneben als Hauptfächer Geschichte, insbesondere deutsche Geschichte, Philologie, Archäologie und Kunstgeschichte, Literaturgeschichte, Geographie, Ethnographie und wissenschaftliche Reisebeschreibungen. So erwarb die Landesbibliothek von 1946 bis 1948 11.601 bibliographische Einheiten. Der neu erworbene Bestand geschlossener Bibliotheken, der nach systematischen Gruppen aufgestellt, wenn auch nur zum Teil katalogisiert wurde, enthält vor allem in den Gruppen Recht, Geschichte, Literatur und Religionswissenschaft verstreut Titel aus dem 17. bis 18. Jh, wenige aus dem 16. Jh. Die Nachkriegserwerbungen, die man nun nach dem Signaturenschema Jahr, Format, Numerus currens aufstellte, enthalten noch weit weniger Titel aus älterer Zeit. Die provisorische Ausleihe begann 1948 in der Neuen Galerie, später konnten Räume im Verwaltungsgebäude des Landeshauptmanns am Ständeplatz bezogen werden. In diese Zeit fällt auch die Übernahme der Bibliothek des aufgelösten Landesamtes für Kulturgeschichte der Technik mit ca. 8000 Bdn, darin die Bibliotheken der Gewerbeschule Kassel und des Fachwissenschaftlers F. M. Feldhaus (Technikgeschichte).

1.18 Die Landesbibliothek umfaßte 1949 ca. 85.000 Bde, dazu 15 Inkunabeln und 2500 Dissertationen. 212 deutsche und 11 ausländische Zeitschriften standen dem Publikum zur Verfügung. Weitere Sondererwerbungen aus den fünfziger Jahren waren die Bibliothek der Familie von Pappenheim-Stammen (1461 Bde), die genealogische Spezialsammlung des Baurates Hans Scheele, eine Abgabe aus dem Archivaldepot in Offenbach (1633 Bde), die Losch-Kartei des ehemaligen Bibliothekars an der Landesbibliothek Philipp Losch (1869-1953) zur Biographie hessischer Gelehrter sowie die zahlreichen Drucke zur hessischen Geschichte aus seinem Nachlaß.

1.19 Infolge der Schwerpunktsetzung beim Wiederaufbau entstand für die Sammlung der Hassiaca eine Sonderabteilung der Landesbibliothek. Die Hessische Abteilung konnte so bis 1957 einen Bestand aufbauen, der zu ca. 80 Prozent dem Vorkriegsstand entsprach (Aussage auf der Basis der alten Bibliothekskataloge). Der Druckschriftengesamtbestand der Landesbibliothek umfaßte 1957 ca. 130.000 Titel, wovon etwa 90.000 im Katalog nachgewiesen waren. Der Rest war über die Akzessionsjournale auffindbar.

1.20 Auch in der Murhardschen Bibliothek der Stadt Kassel unternahm man nach den schweren Verlusten von 1943 große Anstrengungen, die Bestände wieder aufzubauen. Bereits 1944 setzten Maßnahmen ein, um über Rückkäufe aus Antiquariaten (auch aus Holland und Dänemark), die Reichstauschstelle Baruth/Sachsen, den Ankauf von Privatsammlungen, die Übernahme staatlicher Bestände (Polizei, Justiz, Reichsbahn) oder Leihgaben (Henschel-Werke) die zerstörte Bestandsstruktur wenigstens in Teilen wieder herzustellen. Erworben wurde ferner die Donatio Theobald Hoffmann mit Werken zur neueren Architektur.

1.21 Eine Bestandsaufnahme aus dem Jahre 1945 ergab folgendes Bild: 20.000 Bde Historische Wissenschaften, 30.000 Literaturwissenschaften und einzelne Literaturen, 15.000 Bde Biographien, 15.000 Pädagogik, 8000 Philosophie, 3000 Zoologie, 1000 Geologie und Mineralogie, 5000 verschiedene Gebiete, 20.000 unbearbeitet, 4000 Bde im Lesesaal, 9000 Hassiaca, 500 Bde Rabbinica aus der Schenkung des Landesrabbiners Prager zu Beginn des Jahrhunderts. Dazu kamen auch die im Keller ausgelagerten Karten und Pläne sowie eine nicht unbedeutende Fotosammlung mit Porträts und Ansichten hessischer und außerhessischer Gegenstände und Gebäude. Vernichtet war das Kernfach der Bibliothek, die Volkswirtschaft (60.000 Bde), Naturwissenschaften und Technik (20.000 Bde), Medizin (7000), Mathematik (3000), Kunst (5000), Recht (5000), Kriegswesen (8000), Geographie (8000), Allgemeine Zeitschriften (8000), Gesammelte Werke (4000), Bibliographie, Enzyklopädien (36.000 Bde). Erhalten blieben der Alphabetische und der Systematische Kapselkatalog (nach dem Muster der Universitätsbibliothek Leyden) mit 3000 Kapseln.

1.22 Trotz der desolaten Raumsituation wurde der Bibliotheksbetrieb, wenn auch eingeschränkt, bereits im Juni 1945 wieder aufgenommen. Bis 1947 waren wieder 130.000 Bde ausleihbar aufgestellt, davon 5000 im Lesesaal. Zwischen 1945 und 1947 wurden 7500 Bde neu bearbeitet vor allem aus den hinzugekommenen Fachgebieten Siedlungs-, Bau- und Wohnungswesen. Die NS-Literatur sonderte man aus. Der Anschaffungsetat von 1947 in Höhe von 10.000 RM war bereits im Februar verbraucht, und es mußte um eine entsprechende Erhöhung gebeten werden. Hinzu kamen zahlreiche Schenkungen, so z. B. 3000 Bde aus dem Nachlaß des Schriftstellers Hans Altmüller, 1000 Bde aus dem Nachlaß des Oberstudienrates Dr. Laue, 1500 von Prof. Kugel, 1000 von Dr. med. Rohrbach u. a. 1948 betrug der Erwerbungsetat bereits 30.000 RM, und durch die Schweizer Bücherhilfe gelang es, bestimmte Bestandslücken zu schließen. Der Etat entwickelte sich von 3000 DM nach der Währungsreform 1948 bis auf je 54.000 DM für die Jahre 1954, 1955, 1956 und 1957.

1.23 Dennoch waren die Etats der beiden Kasseler wissenschaftlichen Bibliotheken sehr gering, und so kam es vernünftigerweise schon im August 1950 zu einer Absprache darüber, welche der Bibliotheken welches Gebiet zu pflegen habe. Da der Krieg die ursprünglichen Sammelschwerpunkte weitgehend vernichtet hatte, mußte es im Falle der Murhardschen Bibliothek ebenfalls zu einer Neuorientierung kommen. Es bot sich an, besonders die Gebiete der Staats-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, der Naturwissenschaften und der Technik, der Philosophie und der Pädagogik zu pflegen. Die Leiter beider Bibliotheken sprachen sich nun regelmäßig über Anschaffungen ab.

1.24 Ein neuer Abschnitt der Kasseler Bibliotheksgeschichte begann am 31. Oktober 1957, als die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Kassel dem Vertrag über die Übernahme der Landesbibliothek in Eigentum und Verwaltung der Stadt Kassel zustimmte. Nach früheren Versuchen der Zusammenarbeit war auch seit 1953 ernsthaft über den Zusammenschluß von Murhardscher und Landesbibliothek verhandelt worden. Die praktische Realisierung der Vereinigung erfolgte schrittweise bis zum Frühjahr 1959. Die Bestände der Landesbibliothek mit Ausnahme der Hss. und Musikdrucke gingen in das Eigentum der Stadt Kassel über. Die Bibliothek hieß nun Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel und Landesbibliothek. Beide Alphabetische Kataloge wurden in ein Alphabet gebracht, die Titelaufnahmen nach mechanischer Wortfolge eingelegt. Zahlreiche durch diese Zusammenlegung entstandene Dubletten wurden auf dem Antiquariatsmarkt verkauft. Die dadurch hereinkommenen Mittel verwandte man vor allem für antiquarische Erwerbungen zur deutschen Literatur im Umkreis der Forschungen der Brüder Grimm. Dadurch ist ein beachtlicher Bestand zur Märchenforschung und zur älteren deutschen Philologie entstanden. Diese Bestände sind heute zum Teil gesondert im Brüder Grimm-Archiv im Hause aufgestellt.

1.25 Durch Vertrag vom 12. Dezember 1975 zwischen der Stadt Kassel und dem Land Hessen wurde die Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel und Landesbibliothek in die Bibliothek der 1971 gegründeten Gesamthochschule Kassel eingebracht. Diese Institution heißt nun Gesamthochschul-Bibliothek Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel. Die Landesbibliothek wurde dabei wieder Eigentum des Landes Hessen. Der Gesamtbestand umfaßt zur Zeit ca. eine Million Titel. Die alte Murhardsche und Landesbibliothek in ihrem Gebäude am Brüder-Grimm-Platz wurde zur Bereichsbibliothek Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel. Sie verwahrt nach wie vor die historischen Buchbestände und pflegt unter Aufgabe solcher Gebiete, die von anderen Bereichsbibliotheken der Gesamthochschule gesammelt werden, vor allem landeskundliche, historische, kulturgeschichtliche, historisch-musikwissenschaftliche und handschriftenkundliche Literatur. Auf diesen Gebieten werden auch, soweit möglich, Antiquariatskäufe getätigt. Daneben werden die rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Gebiete sowie der bibliographische Apparat gepflegt.

1.26 Neben den Hss. sind folgende historisch relevante Sondersammlungen zu nennen: Hassiaca, Musica practica und theoretica (erstere getrennt nach ausleihbarem, vorwiegend auf dem Pflichtexemplar beruhenden Bestand sowie dem historischen Notenbestand), die wenigen erhaltenen, neu gekauften bzw. entdeckten Inkunabeln, die Rara-Sammlung, die Rabbinica, die Bibliothek Feldhaus, die Kartenwerke, die Portrait- und Fotosammlung und die Siegel. Hinzu kommen ca. 54.000 Schulprogramme, die der Bibliothek von Kasseler Schulen übereignet wurden. Letztere sind nicht katalogisiert, jedoch über Schulort, Schule und Jahr zu erschließen.

1.27 Von den betreuten Deposita und anderen Fremdbeständen verfügen über historische Buchbestände die Bibliothek der Gesellschaft für Familienkunde in Kurhessen und Waldeck e. V., Kassel, die Bibliothek der Fürstlichen Stiftung des Hauses Waldeck-Pyrmont in Arolsen, der Familie der Freiherren von Riedesel-Altenburg (bei Alsfeld) und des landgräflichen Hauses Hessen-Philippsthal. Diese Bestände werden im einzelnen beschrieben (s. u. 2.44 ff.).

1.28 Seit 1982 konnte die Gesamthochschul-Bibliothek über die Bibliothek der Fürstlichen Stiftung des Hauses Waldeck-Pyrmont in Arolsen (FWHB) verfügen. Die Verhandlungen zwischen dem Fürstlichen Haus und dem Land Hessen, vertreten durch die Gesamthochschule Kassel, führten zu einem am 25. März 1982 ratifizierten Vertrag, nach dem die Gesamthochschul-Bibliothek die Verpflichtung übernahm, diese zu den herausragenden Kulturdenkmälern Nordhessens gehörende Bibliothek mit Förderung der Volkswagen-Stiftung zu katalogisieren, konservatorisch zu betreuen und in Kassel oder über Fernleihe der Wissenschaft nutzbar zu machen. Die Bibliothek Arolsen umfaßt ca. 35.000 Bde (13.952 Titel). Sie ist im Schloß Arolsen systematisch aufgestellt. Die Benutzung der Bestände geschieht über die Gesamthochschul-Bibliothek. Die in Kassel hergestellten Katalogisate werden in den neuen Alphabetischen Katalog der Gesamthochschul-Bibliothek eingelegt und an den Hessischen Zentralkatalog in Frankfurt gemeldet.

1.29 Keimzelle der FWHB ist die ehedem 400 Bde umfassende Bibliothek des Augustiner-Chorherrenstiftes Volkhardinghausen, das 1576 säkularisiert wurde; nur 40 Bde sind noch nachweisbar, darunter 16 des Humanisten Konrad Klüppel (um 1490-1541). In der Volkhardinghäuser Bibliothek befanden sich die übliche juristische Literatur, Bibelausgaben, homiletisches und exegetisches Schrifttum. Darüber hinaus legt der erhaltene und rekonstruierbare Bestand Zeugnis ab vom allmählichen Vordringen protestantischen Gedankengutes in die Klöster. Aus dem Augustinerinnenkloster Arolsen (1526 aufgehoben), von Flechtdorf (1580), Netze (1565) und anderen Waldecker Klöstern scheinen nur verschwindend geringe Reste überkommen zu sein. Dagegen haben sich verschiedene Bde aus der Bibliothek des für die Reformationsgeschichte bedeutsamen Waldecker Grafen Wolrad II. (1509-1578) erhalten, vor allem reformatorische Schriften. Ein Inventar der alten Wolradschen Bibliothek gibt Aufschluß über den einstigen Umfang. Daß heute in der FWHB aus der Zeit vor 1576 nur noch rund 150 Titel in 113 Bdn vorhanden sind, liegt an der Arolser Bücherversteigerung von 1856, bei der sämtliche Dubletten der Bibliothek, ferner 61 Inkunabeln, 565 Drucke des 16. und 504 des 17. Jhs zum Verkauf kamen: Der heutige Altbestand ist der unverkaufte Rest.

1.30 Ein Dokument von hohem Wert sind die Tagebücher Wilhelm von Humboldts vom 19. bis 21. September 1788. Humboldt berichtet von der rund 10.000 Bde umfassenden Bibliothek des Fürsten Friedrich (1743-1812). Diesem kunstsinnigen und belesenen Fürsten, dessen Bucherwerbungslisten im Staatsarchiv Marburg verwahrt werden (u. a. Verkehr mit Friedrich Nicolai), verdankt die Bibliothek ihre entscheidende Vergrößerung. Er richtete wieder einen regelmäßigen Vermehrungsetat ein, nachdem ein solcher schon mindestens ab 1726 bestanden hatte: Nach einer Urkunde vom 3. Oktober 1730 erhielt die Bibliothek jährlich 100 Reichstaler, davon je die Hälfte aus der Kriegskasse und aus der Pyrmonter Brunnenkasse. Gekauft wurden vor allem historische, archäologische und belletristische Werke in den gängigen Kultursprachen, ferner und vor allem Reisebeschreibungen und Biographien. Sein Bruder Georg († 1813), der ihm 1812 in der Regierung nachfolgte, brachte seine etwas kleinere Pyrmonter Schloßbibliothek ein, darunter viele Militaria. Die von Humboldt beschriebene Bibliothek der Fürstin-Mutter Christiane ist 1819 versteigert worden. Das gleiche Schicksal erlitt die ebenfalls von Humboldt erwähnte Bibliothek des Prinzen Christian (1744-1798), der mit Goethe 1787 in Neapel zusammengetroffen war. Nur wenige seiner Bücher lassen sich in der FWHB nachweisen, darunter jedoch kostbare Tafelwerke wie Wilhelm Tischbeins Katalog der Hamiltonschen Sammlung griechischer Vasen in Neapel.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Der historische Buchbestand setzt sich zusammen aus den Sammlungen der Landesbibliothek Kassel und der Murhardschen Bibliothek der Stadt Kassel sowie den genannten Deposita bzw. Fremdbeständen. Er beträgt 78.495 Bde bei einem Gesamtbestand von 1.083.000 Bdn. Der eigentliche Altbestand ging im Krieg so gut wie vollständig verloren. Neuerwerbungen seit 1941 oder 1945 erstreckten sich, soweit es sich nicht um Hassiaca handelt, nur zufällig auf ältere Titel, die wahllos über alle Fächer verteilt sind. Angesichts dieser Lage kann nur schwerlich von einem historischen Bestand gesprochen werden. Die versprengten Bestandsteile sind kaum genauer zu charakterisieren. Bei der EDV-Erfassung des Gesamtbestandes wurden die verstreuten vor 1900 erschienenen Titel wie alle anderen einer Fachnotation zugeordnet. Diese quantitative Zuordnung zu den einzelnen Fachgruppen bildet die einzige zuverlässige Beschreibungsgrundlage. Darüber hinausgehende Charakterisierungen - dies muß mit aller Deutlichkeit gesagt werden - sind Schätzungen und eher phänomenologischer denn analytischer Natur. Sie müssen notgedrungen vage bleiben. Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Eine exakte chronologische Erfassung des historischen Buchbestandes ist nicht möglich, da die Titel mit Erscheinungsjahr vor 1900 nicht historisch gewachsenen Bestandsgruppen angehören, sondern über die gesamte Buchmenge verteilt sind. Bei der EDV-Erfassung wurde bedauerlicherweise darauf verzichtet, die vor 1900 erschienenen Titel in weitere Jahrgangsgruppen zu untergliedern. Durch Auszählung ausgewählter Bestandsteile und darauf fußenden Hochrechnungen ergibt sich jedoch folgende chronologische Struktur: Frühe Drucke sind nur in Einzelexemplaren vorhanden. Aus dem 17. Jh stammen ca. 3000 Bde (5 Prozent), aus dem 18. Jh ca. 15.000 Bde (20 Prozent) und aus dem 19. Jh ca. 60.500 Bde (75 Prozent).

2.3 Eine grobe Übersicht nach Sprachen liefert die Fachnotation. Der Bereich Klassische Altertumswissenschaften weist 2072 meist lateinische Titel auf (weitere Titel sind in den Bereichen Theologie, Geschichte und Rechtswissenschaften zu finden), die Bereiche Anglistik-Amerikanistik 2570 Titel, Romanistik 3503 Titel, Slavistik 91 Titel und der Bereich " Sonstige Sprachen" 313 Titel. In diesen Titelmengen ist jedoch auch die deutschsprachige Sekundärliteratur zu den einzelnen Philologien bzw. Literaturen enthalten. Systematische Übersicht

2.4 Unter dem Vorbehalt, daß sich der historische Bestand nicht präzise charakterisieren läßt, kann von einem deutlichen Übergewicht der historisch-philologischen Fächer, der Pädagogik, der Musikwissenschaft sowie der als Kulturwissenschaften zusammenzufassenden Gebiete gesprochen werden. Darüber hinaus ist durchgehend eine besondere Berücksichtigung hessischer Belange im Bestand festzustellen.

2.5 Unter der Fachnotation " Allgemeines, Wissenschaftskunde, Hochschulwesen, Akdademieschriften, Wissenschaftliche Gesellschaften und Institutionen" sind 1371 Titel vorhanden. Hervorzuheben sind vor allem die Schriften der Akademien der Wissenschaften zu Berlin, Wien und z. T. Göttingen. Als " Allgemeiner Bibliographischer Apparat, Allgemeine Sprachwörterbücher und Bibliothekskataloge" sind 1161 Titel zusammengefaßt, darunter eine beachtliche Zahl biographischer Nachschlagewerke mit besonderem Bezug auf Deutschland und Hessen in bemerkenswerter Vollständigkeit. Vertreten sind auch entlegenere biobibliographische Werke zur Alchemie, zu Hexenverfolgungen etc.

2.6 Insgesamt 392 Titel behandeln " Buch- und Bibliothekswesen, Technik der Buchherstellung, Archivwesen, Museen", vor allem in bezug auf Hss. und Handschriftenkunde. Zu Publizistik und Presse finden sich 187 Titel im Altbestand der Bibliothek.

2.7 Die Fächer Religionswissenschaften, Theologie sind mit 1994 Titeln relativ stark vertreten. Dabei handelt es sich vor allem um theologische Enzyklopädien, Andachtsbücher und Predigtsammlungen des 18. Jhs. Hervorzuheben sind die Werke des Hersfelder Rektors Conrad Mel (1666-1733) sowie Literatur zu den hessischen Religionsstreitigkeiten in der Folge der Einführung des reformierten Bekenntnisses unter Landgraf Moritz (1572-1632). Zu erwähnen sind darüberhinaus lateinische Kirchenväter-Ausgaben (eine geringe Anzahl auch in griechischer Sprache, z. B. Chrysostomus). Schließlich befinden sich unter diesem Teil des Bestandes auch 55 Bibeln im Folioformat des 16. bis 18. Jhs.

2.8 Ein ebenfalls stärker vertretener Komplex ist die Philosophie mit 1689 Titeln. Neben zahlreichen Werkausgaben, insbesondere zur klassischen deutschen Philosophie, und Nachschlagewerken (z. B. G. S. A. Mellins Enzyklopädisches Wörterbuch der kritischen Philosophie, Züllichau und Leipzig 1797 ff.) bildet die Philosophiegeschichte einen Schwerpunkt. Erwähnenswert ist ferner eine Erstausgabe von Hegels Wissenschaft der Logik (Nürnberg 1812-1816). Aus dem Bestand der ehemaligen Murhardschen Bibliothek ist eine größere Anzahl von Werken zur Ethik und Psychologie erhalten. Schließlich finden sich englische und französische Textausgaben, vorwiegend aus der zweiten Hälfte des 18. Jhs, u. a. die Encyclopédie von Diderot und d'Alembert.

2.9 Die Pädagogik stellt mit 5590 Titeln eine bemerkenswert große Titelgruppe dar. Neben einer Sammlung Kasseler Schulprogramme (nicht identisch mit der oben erwähnten Schulprogrammsammlung der LB, s. 1.26) finden sich hier vor allem Schriften zur Reformpädagogik (Basedow, Pestalozzi, Diesterweg, Fröbel, GutsMuths). Standardwerke, Schriftenreihen, Zeitschriften wie die Monumenta Germaniae Paedagogica, Klassiker der Pädagogik, Berliner Blätter, Deutsche Lehrerzeitung und Mitteilungen pädagogischer Gesellschaften (z. B. Comenius-Gesellschaft) machen einen beträchtlichen Teil des Bestandes aus. Einen weiteren Schwerpunkt bilden pädagogisch-moralische Traktate wie z. B. C. G. Salzmanns Moralisches Elementarbuch (Leipzig 1785) oder die Moralische Bilderbibel von K. F. Lossius (Gotha 1805). Eine Erstausgabe von J. J. Rousseaus Emile (Amsterdam 1762) ist erwähnenswert. Ferner finden sich zahlreiche methodische Handbücher, pädagogische Enzyklopädien sowie Schriften zur Geschichte der Pädagogik. Auch Lese- und Kinderbücher des späten 18. und frühen 19. Jhs sind vorhanden. Der Bereich Sport ist durch 1381 ebenfalls meist pädagogische Titel vertreten, in deutscher, englischer und französischer Sprache, vorwiegend aus dem späten 19. Jh.

2.10 Die Bereiche " Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaften, Indogermanistik, Keltologie, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaften, Literarische Zeitschriften" sind mit 9270 Titeln repräsentiert. Es handelt sich vor allem um Textausgaben des 18. und frühen 19. Jhs, überwiegend deutschsprachig. Bei den Zeitschriften sind die Nova acta eruditorum sowie die Göttingischen Gelehrten Anzeigen hervorzuheben. Einen wesentlichen Teil dieses Bereiches bilden die Werke der Brüder Grimm in Erst- und Folgeausgaben und die jener Wissenschaftler, mit denen die Grimms in Verbindung standen.

2.11 Die Neuphilologie gliedert sich in Germanistik und Skandinavistik (6451 Titel), Anglistik und Amerikanistik (2570 Titel), Romanistik (3503 Titel), Slavistik (91 Titel) sowie sonstige Sprachen und Literaturen einschließlich Neugriechisch und Neulatein (313 Titel). Bei der Orientalistik und den Judaica (1127 Titel) ist besonders auf die Ausgaben des Chronicon orientale, des Corpus Byzantiae historiae (Venedig 1729 ff.) sowie die Rabbinica-Sammlung hinzuweisen.

2.12 Der Bereich " Archäologie, Klassische Altertumswissenschaften (Alte Geschichte und Klassische Philologie)" weist 2072 Titel auf. Hier finden sich neben den Zweibrücker Klassiker-Ausgaben auch einige Drucke aus der Humanistenzeit sowie Folio-Ausgaben antiker lateinischer Autoren (Plinius Secundus, Cicero), aber auch Werke der Humanisten, darunter Erstausgaben einiger Titel von Erasmus und Reuchlin.

2.13 Die Geschichte (einschließlich Historische Hilfswissenschaften, Kulturgeschichte, Mediävistik) ist mit 4886 Titeln vertreten. Der Schwerpunkt liegt auf deutscher, insbesondere hessischer Geschichte. Hervorzuheben sind die bedeutenden Quellensammlungen der hessischen Historiker Johann Philipp Kuchenbecker (1703-1746), Friedrich Christoph Scncke (1724-1795), Helferich Bernhard Wenck (1739-1803) und Dietrich Christoph von Rommel (1781-1859). Eine bemerkenswerte Sammlung Marburger Drucke der Frühzeit ist leider vollständig vernichtet worden, lediglich im Handschriftenbestand haben sich einige alte Drucke erhalten. Einen breiten Raum nimmt die historische Darstellung deutscher Städte und Landschaften ein. Von kulturhistorischem Interesse ist die Allgemeine Modenzeitung (Leipzig 1834-1865).

2.14 Landeskunde, Geographie, Kartographie und Geowissenschaften sowie Volks- und Völkerkunde sind durch 2881 Titel vertreten. Auch auf diesem Gebiet hat das wissenschaftliche Wirken der Brüder Grimm Spuren im Bestand hinterlassen. Unter der Reiseliteratur des 18. und 19. Jhs finden sich zahlreiche Werke Georg Forsters (1754-1794), der nach 1778 zeitweilig als Professor in Kassel lehrte. Von Interesse sind auch die Sammlung der neuesten Reisebeschreibungen, verlegt von August Mylius (Berlin 1765 ff.), die Topographia Germaniae, das Theatrum Europaeum und die Sicilia antiqua von Philipp Cluver (1619). Prachtatlanten des 17. Jhs und eine Kartensammlung sind weitere herausragende Elemente dieses Bestands.

2.15 Bei den 799 Titeln zu Kunstwissenschaften und Kunstgeschichte bilden neben den einschlägigen Kunstzeitschriften, wie dem Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstsammlung (Berlin 1880 ff.) oder dem Kunstblatt (Leipzig 1885 ff.), vor allem Kataloge, Tafelwerke, Mitteilungen von Galerien, Museen und Privatsammlungen den Schwerpunkt des Bestandes. Weiterhin finden sich Künstlermonographien und -biographien sowie Werke zur Kunstgeschichte, auch Literatur zu Kunstreisen (z. B. Das malerische und romantische Deutschland, Kassel und Leipzig 1847 ff.).

2.16 Zu den Musikwissenschaften finden sich, neben der Noten-Sondersammlung (s. 2.33 ff.), 3378 Werke, darunter zahlreiche musiktheoretische Werke des ausgehenden 18. und frühen 19. Jhs. In die ehemalige Murhardsche Bibliothek waren auch einige Notendrucke vorwiegend aus dem frühen 19. Jh gelangt, Geschenke Kasseler Bürger, die nicht in die Sondersammlung eingegangen sind. Zu den Rara gehören die Musikalische Anthologie für Kenner und Liebhaber (Speyer 1788) oder Reichardts Lieder geselliger Freude (Leipzig 1796).

2.17 Insgesamt 700 Titel liegen zur Rechtswissenschaft vor. Es handelt sich um eine Sammlung, die in besonderem Maße von den Interessen der Gebrüder Murhard bestimmt ist, welche ihrerseits stark unter dem Einfluß der Arbeiten K. Savignys und H. C. von Senckenbergs standen. Hinzu kommen diverse Pandekten-Ausgaben sowie juristische Florilegien des 17. und 18. Jhs aus der Sammlung Schmidt-Ott. Auch die Werke Marburger Juristen des 17. und 18. Jhs sind stark vertreten. Schließlich finden sich Standard- und Nachschlagewerke wie der Code Napoléon (Paris 1805), oder das Staatslexikon von C. von Rotteck und C. Welcker (Altona 1834 ff.). Die Verwaltungswissenschaft ist mit 427 Titeln vertreten.

2.18 Relativ stark vertreten sind Politik und Militärwesen mit 1223 Titeln. Neben den staatswissenschaftlichen Arbeiten der Gebrüder Murhard finden sich zahlreiche Standardwerke und Enzyklopädien (z. B. Vollgraff, Die Systeme der praktischen Politik im Abendlande 1828 ff.). Periodika wie das Militair-Wochenblatt (Berlin 1843 ff.), Militärhandbücher, Dienstvorschriften und Wehrordnungen überwiegend aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs belegen das starke Interesse an diesem Thema. Hinzu kommen militär-politische Traktate von Radetzky, Clausewitz und anderen Militärtheoretikern wie des Freiherrn von Valentini (Lehre vom Krieg, Berlin 1821-1824). Werke zur Kriegsgeschichte sowie Darstellungen zur Geschichte einzelner Waffengattungen gehören ebenso zum Bestand wie Ranglisten der österreichischen und preußischen Heere.

2.19 Auch im Bereich Wirtschaftswissenschaften (440 Titel) wird der Schwerpunkt durch die wissenschaftliche und Sammlertätigkeit der Gebrüder Murhard bestimmt. Reich vertreten sind deshalb Wirtschaftstheorien des frühen 19. Jhs. Einen kleineren Bereich stellen die Sozialwissenschaften dar, die durch 145 Werke vertreten sind.

2.20 Im Bereich Naturwissenschaften entfallen von 755 Titeln 248 auf Mathematik und Statistik, während Physik und Astronomie mit 203 Titeln vertreten sind und die Chemie nur mit 81. Ergänzt wird der naturwissenschaftliche Komplex durch 894 Titel zur Biologie, Zoologie und Botanik sowie 506 Titeln zu Medizin, Pharmazie, Psychologie und Anthropologie. Zahlreiche Werke der Psychologie sind der Philosophie zugeordnet.

2.21 Die Technik gehört mit 513 zu den schwächer vertretenen Themenbereichen. Dies gilt auch für die weiteren Gruppen in diesem Bereich. Zu nennen sind Architektur, Bauwesen, Straßenbau mit 151 Titeln, Maschinenbau, Feinmechanik und Energiewesen mit 49, Elektrotechnik und Nachrichtentechnik mit 55, sowie Bergbau, Hüttenwesen und Metallkunde mit 89. Den letzten Themenkomplex bilden die Bereiche " Agrarwissenschaften, Land- und Forstwissenschaften, Gartenbau und Fischerei" mit 244 Titeln. Zeitschriften

2.22 Neben der Landes- und Murhardschen Bibliothek verfügen auch einige andere Bereichsbibliotheken der Gesamthochschul-Bibliothek über relevante Zeitschriften. Diese Bestände, vor allem aus den Bereichen Literaturgeschichte, Kunst und Architektur stammen aus Antiquariatskäufen. Insofern entsprechen sie der Herkunft nach denjenigen Zeitschriften, die in der Landes- und Murhardschen Bibliothek aufgestellt sind.

2.23 In der Gruppe " Allgemeines, Wissenschaftskunde, Hochschulwesen, Studentenzeitungen, Akademieschriften, wissenschaftliche Gesellschaften und Institutionen" befinden sich 2 Titel aus dem 17. Jh, 13 aus dem 18. Jh und 72 aus dem 19. Jh; der fremdsprachige Anteil umfaßt 4 englische, 7 französische, 2 lateinische und eine norwegische Zeitschrift. 17 bibliographische Einheiten aus dem 19. Jh und eine aus dem 18. Jh lassen sich in der Gruppe " Allgemeiner bibliographischer Apparat, allgemeine Sprachwörterbücher, Bibliothekskataloge" nachweisen; der fremdsprachige Anteil umfaßt 4 englische und je eine französische, dänische und schwedische Zeitschrift. Aus dem Bereich " Buch- und Bibliothekswesen, Technik der Buchherstellung, Archivwesen, Museen (allgemein), Information, Dokumentation" stammen 12 Titel aus dem 19. Jh, von denen eine schwedisch ist.

2.24 Dem Bereich Religionswissenschaften und Theologie sind 19 Titel zuzurechnen, von denen einer in lateinischer Sprache erschienen ist; alle entstammen dem 19. Jh. Pädagogik, Schulwesen und Erwachsenenbildung sind mit 41 Titeln aus dem 19. Jh vertreten. Die Gruppe " Allgemeine und vergleichende Sprachwissenschaft, Indogermanistik, Keltologie, Baltistik, allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaften, literarische Zeitschriften" weist 2 Titel aus dem 17. Jh, 25 aus dem 18. und 59 aus dem 19. Jh auf, wobei 2 Zeitschriften in englischer Sprache, 7 französisch und eine lateinisch sind.

2.25 Jeweils kleinere Titelzahlen finden sich in den Gruppen Germanistik, Skandinavistik (2 aus dem 19. Jh), Anglistik, Amerikanistik (4 aus dem 19. Jh, davon 3 in englischer Sprache), Romanistik (5 aus dem 19. Jh), Archäologie, klassische Altertumswissenschaften (Alte Geschichte und klassische Philologie, 9 aus dem 19. Jh, davon eine in Englisch, eine in Latein) und Orientalistik, ostasiatische Sprachen, Judaica (2 Titel aus dem 19. Jh).

2.26 Die Gruppe Hassiaca enthält 105 Titel aus dem 19. und 10 aus dem 18. Jh; darunter einen französischen. Die Themenbereiche Volkskunde, Völkerkunde (17 Titel aus dem 19. Jh, davon einer in englischer Sprache) und die Landeskunde, Geographie, Kartograpie, Geodäsie (25 Titel aus dem 19. Jh, davon 4 in englischer Sprache) sind etwa gleich stark vertreten.

2.27 Kleinere Anteile am Zeitschriftenbestand weisen die Gruppen aus dem künstlerischen Bereich auf: 17 Titel des 19. Jhs (einer in Dänisch) die Kunstwissenschaften und Kunstgeschichte; 3 des 19. Jhs und 2 des 18. Jhs die Musikwissenschaft und einer des 19. Jhs die Theaterwissenschaft.

2.28 Den " Rechtswissenschaften, Gesetz- und Verordnungsblätter, Entscheidungssammlungen" sind 52 Titel des 19. und ein Titel des 18. Jhs zuzuordnen, auf die Verwaltungswissenschaft entfallen 15 Titel aus dem 19. Jh; auf Politik und Militärwesen beziehen sich 49 Titel des 19. und 3 des 18. Jhs, davon 2 in englischer und einer in russischer Sprache. 13 Titel des 19. Jhs lassen sich den Wirtschaftswissenschaften zuordnen, 12 des 19. Jhs den Sozialwissenschaften.

2.29 Durchgängig kleine Titelzahlen weisen die naturwissenschaftlich-technischen Gruppen auf. Hier sind, bis auf eine Ausnahme, alle Titel aus dem 19. Jh. Die Naturwissenschaften (allgemein) sind mit 6 Titeln vertreten, die Mathematik und Statistik mit 19, die Physik mit 3, Astronomie mit 5 und die Chemie mit 2 (jeweils ein oder zwei Titel in englischer Sprache). Hinzu kommen 6 Titel aus Biologie, Zoologie, Botanik und 5 aus dem Bereich " Geowissenschaften, Geophysik, Ozeanologie, Meteorologie, Paläontologie, Mineralogie, Geochemie, Geologie". Die Medizin, Pharmazie, Psychiatrie ist mit 23 Titeln vertreten, die Anthropologie mit 2. Dem technischen Bereich entstammen 20 Titel. 11 Titel gehören zu Agrarwissenschaften, Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau und Fischerei.

2.30 Insgesamt sind 684 Zeitschriften aus dem 19., 59 aus dem 18. und 4 aus dem 17. Jh vorhanden. Die chronologische Einordnung richtet sich dabei nach dem Zeitpunkt des ersten Erscheinens und die bibliographische Einheit wird nur einmal und dann in dem betreffenden Jahrhundert gezählt. Reprints wurden nicht berücksichtigt. Der fremdsprachige Anteil beschränkt sich auf 28 englische Titel, 17 französische, 5 lateinische, 3 dänische und je einen norwegischen, schwedischen und russischen. Sondersammlungen Hassiaca

2.31 Der historische Buchbestand der Hessischen Abteilung umfaßt 8384 Bde, darunter 105 Zeitschriften aus dem 19. und 10 aus dem 18. Jh sowie 22 Kapseln mit Akzidenzschriften, Dissertationen und Kleindrucken überwiegend aus dem 19. Jh (9 aus dem 18. Jh und 2 aus dem 17. Jh). Die Kapseln enthalten durchschnittlich ca. 25 bis 30 Stücke. Ein gesonderter Hassiaca-Katalog existiert nicht, dagegen steht ein Katalog des Lesesaalbestandes dieser Abteilung zur Verfügung (ca. 2500 Bde). Der Hassiaca-Bestand umfaßt wieder den Großteil der 1941 im Museum Fridericianum verbrannten Titelmenge (s. o. 1.13) und wird laufend ergänzt.

2.32 Die Neuerwerbungen werden seit ca. 1970 mit dem allgemeinen Bestand nach dem Numerus currens aufgestellt und nicht mehr separiert. Der separierte Hassiaca-Bestand ist systematisch geordnet nach Zeitschriften, Reihen, Kirchengeschichte, Topographie, Politik, bedeutende Landgrafen usw. Hervorzuheben sind die fast vollständige Sammlung des Staats- und Adreßkalenders, umfangreiche Sammlungen zur Orts- und Landesgeschichte, Jahresberichte verschiedener Institutionen, Genealogien der Landgrafen und hessischer Geschlechter sowie eine vollständige Sammlung von Gesetzblättern und Entscheidungen hessischer Gerichte. Auch das Medizinalwesen und die Statistik sind gut belegt. Erwähnenswert ist ferner die Literatur zum kurzlebigen Königreich Westfalen einschließlich einer Sammlung von Flug- und Schmähschriften über dessen König Jérôme, dem Bruder Napoleons. Musikalien (Musica practica)

2.33 Es existieren drei verschiedene Notensammlungen: (1) Die für Forschung und Lehre des Fachbereiches benötigten Noten, meist moderne Drucke. (2) Der (überwiegend) ausleihbare Notenbestand im Murhardschen Bibliotheksgebäude (ca. 10.000 Musikalien). Dieser Bestand umfaßt vor allem die aufgrund des Pflichtexemplar-Rechtes hereingekommenen Noten des Bärenreiter-Verlages sowie Noten aus Nachlässen. Ein kleiner Teil (ca. 500 Titel) stammt noch aus der alten Landesbibliothek, in der kurz vor der Vernichtung 1941 eine eigene Musikabteilung aufgebaut werden sollte, sowie aus der alten Murhardschen Bibliothek. Dabei handelt es sich überwiegend um Kammermusik und Opern-Klavierauszüge des frühen 19. Jhs. (3) Der Bestand alter Musica practica (in der Handschriftenabteilung): ca. 4100 Musikhandschriften und ältere Drucke, die nicht voneinander separiert sind.

2.34 Der Bestand alter Musica practica gliedert sich seinerseits in (1) die Noten der alten Kasseler Hofkapelle mit ihrer Blütezeit im späten 16. und der ersten Hälfte des 17. Jhs, mit einigen Zugängen im 18. Jh und wenigen Nachtragserwerbungen (242 Titel bzw. Sammelsignaturen, im ganzen 22 lfd. Meter); (2) Spohr-Drucke und -handschriften sowie Cassellana des 19. Jhs, vorwiegend Drucke (526 Titel); und (3) Neuerwerbungen seit 1970, vorwiegend Drucke: Vor allem Kammermusik Streichquartette und -quintette, Klaviertrios, Lieder mit Klavierbegleitung; ferner Klavierauszüge von Opern. Von den gut 1000 Signaturen stammt der größte Teil aus der ersten Hälfte des 19. Jhs, weniges aus der zweiten; 170 Nummern aus der zweiten Hälfte des 18. Jhs, 25 aus der ersten, 20 aus dem 17. und 2 aus dem 16. Jh. Letztere beiden kamen aus der Sammlung Vötterle (Bärenreiter-Verlag), die teilweise in den Stimmheften Ergänzungen zu Noten der Hofkapelle, teilweise auch disiecta aus dieser Sammlung darstellen. Auswahlkriterien sind zu arrondierende vorhandene Bestände, bevorzugt werden Erstausgaben und solche mit bemerkenswerten Titelblättern, geachtet wird auf Vorhanden- oder Nichtvorhandensein im Répertoire international des sources musicales (RISM) viele Ausgaben fehlen dort für Deutschland, manche überhaupt. Die meisten sind noch nicht gemeldet. Besonders bemerkenswert in dieser Gruppe, die laufend vermehrt wird, eine Sammlung von Werken adliger Komponisten, nahezu alle Streichquartette Pleyels und Boccerinis; gut besetzt auch die Kammermusik von George Onslow.

2.35 Der bedeutendste Teil ist der Notenfundus der alten Kasseler Hofkapelle. Bei diesen Noten handelt es sich zum größten Teil um umfangreiche Sammeldrucke in Stimmbüchern. Der Fundus stellt einen geschlossenen historischen Komplex der Musik des 16. bis 17. Jhs dar. In ihm spiegelt sich die Entwicklung des Musiklebens von ca. 1540 bis 1640 wider. Auf den Messen in Leipzig und Frankfurt wurden jeweils aktuelle Neuerscheinungen geistlicher und weltlicher Musik gekauft. Der Notenbestand stellt eine Quelle ersten Ranges für die deutsche Musikgeschichte der Zeit dar, besonders auch für die Beziehungen zwischen italienischer und deutscher Musik von 1600 bis 1640.

2.36 Zu den Messekäufen kamen Schenkungen von Freunden des Hofes, zu erkennen an den Dedikationen. Dies wirft ein Licht auf die über Deutschland hinausreichende Bedeutung der Musikpflege in Kassel. Hervorzuheben ist hier die Sammlung von Werken, die Heinrich Schütz dem Hof zusandte.

2.37 Eine große Anzahl der italienischen Drucke stammt aus den Offizinen der venezianischen Druckerfamilie Gardane und von Vincenti. Aus Deutschland sind zu nennen Drucke aus dem Nürnberger Kreis (Gerlach und Kauffmann) und aus München (Berg). Auch eine Sammlung französischer Chansons ist vorhanden. Eine beachtliche Anzahl von Drucken ist wegen des Bildschmucks auch von musikikonographischer Bedeutung.

2.38 Die Noten der Hofkapelle sind durch einen für seine Zeit zuverlässigen Katalog von C. Israel (s. u. 3.2) erschlossen. Er bedarf der Neubearbeitung. Die Musikhandschriften aller drei Gruppen werden neu beschrieben. Die Musikdrucke der Gruppen (1) und (2) werden parallel in einem eigenen Katalog unter besonderer Berücksichtigung des Buchschmuckes verzeichnet. Die Drucke der Gruppe 3 sind über einen internen Katalog zu ermitteln. Die Gruppen 1, 2 und Teile von 3 sind über das RISM greifbar. Inkunabeln

2.39 Die Bibliothek besitzt oder verwaltet 60 Inkunabeln, darunter den ersten Band der 42-zeiligen Gutenbergbibel, eine Dauerleihgabe der Evangelischen Kirchengemeinde Immenhausen, und 14 Inkunabeln der Fürstlich Waldeckschen Hofbibliothek Arolsen. Die Inkunabeln sind durch einen Katalog erschlossen (s. u. 3.2). Rara

2.40 Bei den 570 separierten Rara handelt es sich vor allem um Drucke des 16., 17. und 18. Jhs, wertvolle Einbände und Kupferstichwerke (so B. de Montfaucon, L'Antiquité expliquée, Paris 1719). Weiterhin finden sich darunter Chroniken, naturgeschichtliche Tafelwerke, Kunstbände, mathematisch-naturwissenschaftliche Traktate, Bibeln u. a. theologische Literatur (z. B. Theologia teutsch, 1518, ein von Luther inspirierter Katechismus des Berthold vom Chiemsee, eine Leihgabe der Kirchengemeinde Volkmarsen), Werke zur Literaturgeschichte und seltene Erstausgaben sowie Reiseliteratur (so F. Nicolai, Reise durch Deutschland und die Schweiz im Jahre 1781, Berlin und Stettin 1783-1796). Auch 22 Musikalien sind in der durch einen Zettelkatalog erschlossenen Sammlung enthalten. Rabbinica

2.41 Im Jahre 1906 schenkte der Landesrabbiner Dr. Prager der Murhardschen Bibliothek eine Sammlung von Rabbinica, von der sich ca. 500 Bde erhalten haben, vorwiegend aus dem 18. und 19. Jh. Der Bestand ist nicht katalogisiert. Bibliothek Feldhaus

2.42 Den Kern dieses Bestandes bildet neben der Büchersammlung der Gewerbehalle Kassel die Handbibliothek des Technikhistorikers Franz Maria Feldhaus (1874-1957), der seit 1900 in Berlin eine umfangreiche Materialsammlung zur Technikgeschichte zusammengetragen hatte. Er wurde 1939 zum Leiter des in Kassel errichteten Landesamtes für Kulturgeschichte der Technik berufen. Die ursprünglich etwa 11.000 Bde umfassende Handbibliothek wurde dabei dem Landesamt übereignet und ging nach dessen Auflösung 1945 mit ca. 8000 Bdn endgültig in den Besitz der Landesbibliothek über, nachdem sie bereits 1942 durch den hessischen Landeshauptmann dem Direktor der Landesbibliothek zur Fachaufsicht unterstellt worden war. (Feldhaus setzte seine Arbeit nach 1945 in Wilhelmshaven fort.)

2.43 Die Katalogisierung dieses Bestandes steht noch aus. Seine inhaltlichen Schwerpunkte sind von der Absicht Feldhausens bestimmt, in der Verbindung von technisch-naturwissenschaftlichen Methoden und Fachkenntnissen einerseits und geschichts- sowie geisteswissenschaftlichen andererseits eine möglichst komplexe und tiefgestaffelte Erforschung der Technikgeschichte in ihren gesellschaftlichen Bezügen zu betreiben. Diese Technikgeschichte sollte sich nicht auf die Entwicklung in den fortgeschrittenen Industriegesellschaften beschränken, sondern auch andere Länder und Kulturkreise einbeziehen. Es handelt sich deshalb nicht um Technik-Literatur im engeren Sinne, sondern um eine viele Fachgebiete einschließende Sammlung. Durch die Gesamthochschul-Bibliothek verwaltete Fremdbestände: Fürstlich Waldecksche Hofbibliothek Arolsen (FWHB)

2.44 Nach einer Hochrechnung des bisher katalogisierten Bestandes sind vom Monographienbestand der Bibliothek 34 Prozent dem 19. Jh, 63 Prozent dem 18. Jh und 2 Prozent dem 17. Jh zuzuordnen. Der Rest verteilt sich ungleichmäßig auf das 15. und 20. Jh. Von den Zeitschriften entfallen 46 Prozent auf das 19. und 54 Prozent auf das 18. Jh. Der Bestand verteilt sich zu 50 Prozent auf die deutsche, 40 Prozent auf die französische, 8 Prozent auf die englische und 1,5 Prozent auf die lateinische Sprache. Von den Zeitschriften sind 10 Prozent französisch, 5,5 Prozent englisch und 3,5 Prozent holländisch. Der Rest ist in deutscher Sprache.

2.45 Die seit etwa 1840 nicht mehr erweiterte Bibliothek ist eine Universalbibliothek mit Beständen zu nahezu allen damals gängigen Wissensgebieten. Dennoch gibt es eindeutige Schwerpunkte. Hervorzuheben sind die Fächer Allgemeines, Geographie, Geschichte und Militaria. Im Bestand finden sich 75 lfd. Meter Reise- und Länderbeschreibungen, 13 lfd. Meter allgemeine Weltgeschichte, 10 lfd. Meter Literatur zu " mehreren Völkern", 46 lfd. Meter Literatur zu " einzelnen Ländern" (ohne Deutschland), 11 lfd. Meter " deutsche Geschichte allgemein", 8 lfd. Meter deutsche Regionalgeschichte, 2 lfd. Meter nordische Geschichte, ein lfd. Meter österreichische Geschichte, 12 lfd. Meter außereuropäische Geschichte, 16 lfd. Meter Biographien, 11 lfd. Meter Memoiren. Hinzu kommen 10 lfd. Meter Numismatik, 4 lfd. Meter Archäologie und Genealogie, 5 lfd. Meter Briefwechsel. Die Militaria-Sammlung umfaßt 42 lfd Meter. Im Fach Literatur stehen 65 lfd. Meter gesammelte Werke, meist von englischen und französischen Autoren, dazu 12 lfd. Meter griechische Autoren und 20 lfd. Meter lateinische Autoren.

2.46 In den Fächern Mathematik und Naturwissenschaften finden sich 6 lfd. Meter Allgemeines und Diverses, 2 lfd. Meter Welt- und Himmelskunde, 3 lfd. Meter Tierkunde, 2 lfd. Meter Pflanzenkunde, 2 lfd. Meter Mineralienkunde, 3 lfd. Meter Physik, 3 lfd. Meter Chemie, 5 lfd. Meter Medizin, ferner 5 lfd. Meter Industrie, Handwerk, Landwirtschaft, Bergbau und Hauswirtschaft sowie 3 lfd. Meter praktische Fertigkeiten. Karten und Tafelwerke sind in erstaunlicher Zahl vorhanden. Das Adressbuch der Deutschen Bibliotheken von 1893 spricht von 300 Karten und 1000 Kupferstichen; die Anzahl dürfte um ein mehrfaches höher liegen. Der Arolser Bibliothekar August Speyer (s. u. 4.2) erwähnt 1837 allein ca. 500 Kupferstichwerke, dazu mehrere tausend Einzelblätter. Die Karten, von denen die großformatigen als Rollen, die kleinformatigen in Schubern aufbewahrt werden, sind z. T. stark restaurierungsbedürftig und befinden sich jetzt in Kassel.

2.47 Die Zeitungen und Zeitschriften des 18. und beginnenden 19. Jhs (etwa 70 lfd. Meter) bestehen vor allem aus Hof- und Modejournalen, Literaturzeitschriften und Kalendern. Die ca. 90 Hss. der Bibliothek werden in der Handschriftenabteilung der Gesamthochschul-Bibliothek Kassel betreut, ebenso wie 8 großformatige Mappen mit teils gedruckten, teils handschriftlichen Karten, Bildern, Portraits, Plakaten usw. Eine Reihe von Ansichten und Plänen wird als Dauerleihgabe im Museum Schloß Bad Pyrmont gezeigt.

2.48 Wie vielfach üblich haben die Folianten des 16. Jhs Holzdeckeleinbände mit verziertem Lederüberzug, die des 17. und frühen 18. Jhs helle Pergamenteinbände, während spätere in Halb- oder Ganzleder mit Goldpressung gebunden sind. Freiherrlich Riedeselsche Bibliothek Altenburg

2.49 Im Juni 1981 wurde die Freiherrliche Riedeselsche Bibliothek, die sich bislang auf der Altenburg bei Alsfeld in Oberhessen befunden hatte, vertraglich der Gesamthochschul-Bibliothek Kassel als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Die Benutzung erfolgt über die Handschriftenabteilung.

2.50 Es handelt sich um rund 7000 Bde (2673 katalogisierte bibliographische Einheiten). Ca. 250 Bde sind unsigniert. Es existiert ein alter Alphabetischer Katalog in Zettelform, der in mehreren kopierten Exemplaren zur Verfügung steht. Die Bücher sind systematisch nach einem Systematischen Katalog aufgestellt.

2.51 Die Bibliothek umfaßt so gut wie alle gängigen Sammelgebiete der Zeit um 1800. Aus dem 16. Jh stammen nur 15 Bde, aus dem 17. rund 70, meist Ausgaben antiker Autoren sowie historische Werke. Einige Elzevier-Drucke sind darunter. Nach 1830 nimmt die Titelmenge drastisch ab. Hervorzuheben sind folgende Fächer: Die Geschichte in ihren verschiedenen Disziplinen ist mit 509 Titeln bei 1277 Bdn am stärksten vertreten. Es folgt die deutsche Literatur mit 681 Bdn aus der Zeit von 1740 bis 1880; hier wurden in den Jahrzehnten von 1770 bis 1810 durchschnittlich rund 120 Neuerscheinungen erworben, im Jahrzehnt der Freiheitskriege nur 52, dann wieder knapp 100. Die französische Literatur mit 660 Bdn liegt fast gleichauf, überflügelt sogar die deutsche gelegentlich: von 1750 bis 1760 gab es schon 63 Bde nur 18 deutsche -, von 1780 bis 1790 gar 200; nach der französischen Revolution nimmt die Titelmenge drastisch ab. Englische und italienische Literaturen sind zunächst nur von 1760 bis 1800 nennenswert vertreten und dann wieder von 1820 bis 1830. Bemerkenswert ist die biographische Literatur mit 629 Bdn, ferner die Reise- und Landesbeschreibungen, wo es von 1770 bis 1810 allein 400 Bde gab. In den Naturwissenschaften mit ihren für einen Landadligen relevanten Fächern wurden von 1770 bis 1810 440 Neuerscheinungen erworben; sie werden sukzessive von den praktischen Disziplinen der Landbau- und Forstwissenschaft, der Hauswirtschaft und Pferdezucht abgelöst.

2.52 Die Einbände sind weniger bibliophil als bei der Bibliothek Arolsen, jedoch befindet sich eine Reihe besonderer Ganz- und Halblederbände darunter. Die Zahl der ursprünglichen Verlegereinbände ist groß. Der Gesamteindruck ist der einer typischen kleineren Adelsbibliothek mit Schwerpunkt im historischen, literarischen und ökonomischen Bereich. Unter den Textausgaben der deutschen Literatur des 18. Jhs finden sich einige Erstausgaben, unter den Reisebeschreibungen seltenere Werke. Meist in den Originalbroschuren liegen Zeitschriften zu den ökonomischen und literarischen Fächern vor, bemerkenswert zahlreiche Almanache aus dem beginnenden 19. Jh, leider meist nur in Einzelstücken. Es überwiegen solche für Damen, wie überhaupt die literarischen Disziplinen vielfach von Frauen gesammelt zu sein scheinen. Bibliothek des Landgräflichen Hauses

Hessen-Philippsthal

2.53 Es handelt sich um einen Teilbestand (ca. 2200 Bde) der nicht unbedeutenden Büchersammlung des Hauses Hessen-Philippsthal in Herleshausen. Der Schwerpunkt liegt im ausgehenden 18. Jh und in der ersten Hälfte des 19. Jhs. Der Wert des Bestandes wird jedoch dadurch gemindert, daß er zusammengewürfelt erscheint. Oft fehlen Teile von mehrbändigen Werken und Einzelhefte von Zeitschriften. Die Einbände sind meist Verlegereinbände bzw. solche aus Buntpapier. Ein Katalog existiert nicht, die Bde sind nach Inhalten grob vorsortiert aufgestellt. Bibliothek der Gesellschaft für Familienkunde in Kurhessen und Waldeck e. V. Kassel

2.54 Der historische Bestand umfaßt 78 Titel mit 116 Bdn, in der Hauptsache personen- und familiengeschichtliche Schriften aus dem 19. Jh. Ein Katalog wird bearbeitet, um das provisorische Verzeichnis zu ersetzen.

3. KATALOGE

3.1 Moderne allgemeine Kataloge

Alphabetischer Katalog

[Mikrofichekatalog der Gesamthochschul-Bibliothek ab 1976, umfaßt Erwerbungen und seither katalogisierte Altbestände sowie das Gesamtzeitschriftenverzeichnis]

Alphabetischer Katalog

[Zettelkatalog der Gesamtbestände der ehemaligen Murhardschen und Landesbibliothek bis 1975; nach 1957 bei der Zusammenführung beider Institutionen nach der mechanischen Wortfolge erstellt, wobei beide Alphabetische Kataloge vereinigt wurden]

Systematische Kataloge:

Systematischer Katalog der Murhardschen Bibliothek

[verzeichnet auch die vernichteten Bestände; unentbehrlich für den Zugriff auf die geretteten Altbestände; bis 1957 geführt, seit 1944 nach dem Numerus currens in einer durchlaufenden Zählung]

Schlagwortkatalog der Landesbibliothek

[seit 1948 geführt, weiter Schlagwortbegriff; ab 1958 für beide Bibliotheken nach System Bremen; 1969 bis 1975 als Sachkatalog nach " Methode Eppelsheimer", 1976 abgebrochen]

Schlagwortkatalog

[Mikrofichekatalog ab 1976, nach dem Regelwerk der Universitätsbibliotheken Bayerns geführt, enthält keine Altbestände]

3.2 Sonderkataloge

Broszinski, Hartmut: Die Inkunabeln in der Gesamthochschulbibliothek Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel. In: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 36 (1986) S. 69-101

Israel, C.: Die Musikalien der ständischen Landesbibliothek. Kassel 1881

Katalog der Musica practica, Neuerwerbungen seit 1970 [Zettelkatalog für den internen Gebrauch]

Katalog der Rara-Sammlung [Zettelkatalog]

Freiherrlich Riedeselsche Bibliothek Altenburg:

Alphabetischer Katalog [in Zettelform]

Systematischer Katalog

FWHB Arolsen:

Alphabetischer Katalog

[nach RAK-WB mit Anmerkungen zu Illustrationen und Einband]

Systematischer Standortkatalog

Katalog nach Erscheinungsjahren

Katalog der Druckorte, Drucker und Verlage

Bis Februar 1991 wurden ca. 85 Prozent des Bestandes katalogisiert.

Zentrale Nachweise:

Die Bestände der GhB und der FWHB Arolsen sind, soweit katalogisiert, im Hessischen Zentralkatalog und in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen; die Bibliothek ist Direktteilnehmer an HEBIS. Die Musikdrucke sind größtenteils im Répertoire international des sources musicales (RISM) verzeichnet.

3.3 Historische Kataloge

Landesbibliothek Kassel:

Libri ex Bibliotheca Marpurgensi huc transferendi et Libri transmissi

[2 Titellisten, umfassen 90 " in Bretter gebundene" Bde, die von Landgraf Wilhelm IV. und seinem Bruder von Hessen-Marburg 1582 aus der Universitätsbibliothek Marburg nach Kassel überführt wurden]

Alphabetischer Katalog

[Zettelkatalog, angelegt von Wilhelm Strieder (1739-1815), bis 1939 fortgeführt]

Systematischer Standortkatalog

[80 Bde, von Wilhelm Strieder angelegt. Zusätzlich als teilweise Abschrift von Jacob Grimm erhalten. Wie der Alphabetische Katalog wurde auch dieser 1941 gerettet und diente als Grundlage für die Wiedererwerbungen, insbesondere auf dem Gebiet der Hassiaca.]

Standortfreier Systematischer Katalog

[ab 1902 geführt, in Anlehnung an das System Hartwig, unvollständig, 1939 abgebrochen]

Katalog der Hassiaca

[weites Schlagwortprinzip, ab 1902 geführt, 1939 abgebrochen]

Sonderkataloge der Karten, Ansichten, Kupferstiche, Personen, Portraits [1939 abgebrochen]

Neuer alphabetischer Katalog

[ab 1940 geführt, nach PI, erfaßte rückwirkend Titel bis 1930, umfaßte 1941 9250 Titel]

Neuer Schlagwortkatalog

[ab 1940 geführt, umfaßte 1941 ca. 3600 Zettel. Neuerwerbungen ab 1940 nach Numerus currens, jährliche Zählung]

Schlagwortregister

[zur Erschließung des Systematischen Kataloges]

Murhardsche Bibliothek:

Akzessionskatalog

[ab 1864 geführt, ab 1880 in Bandform]

Alphabetischer Zettelkatalog

[ab 1875 von Karl Altmüller angelegt]

Systematischer Katalog

[von Altmüller ab 1875 in " Standschutz-Etuis" angelegt, ab 1880 von Oskar Uhlworm nach dem Vorbild der Leydener Bibliothek verändert (" Uhlwormsche Kapseln"). Als Systematischer Katalog für die Bestände der Murhardschen Bibliothek auch heute noch unentbehrlich, s. o. 3.1]

Standortkatalog [1943 zerstört]

Schlagwortkatalog zur Erschließung von Sammelwerken und Sonderbeständen, Dublettenverzeichnis [nicht erhalten]

FWHB Arolsen:

Handschriftliche Bandkataloge

[18. und frühes 19. Jh, heute in der GhB]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Bibliotheksakten: Hessisches Staatsarchiv Marburg: Bestand 223 (1919-1957)

Stadtarchiv Kassel: Bestand A.4.411 (1868-1958)

Gesamthochschul-Bibliothek Kassel Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (1950 ff.).

FWHB Arolsen: Hessisches Staatsarchiv Marburg: Büchererwerbungsakten, vorwiegend Korrespondenz zwischen den Fürsten und Buchhändlern, darunter auch mit Friedrich Nicolai; Bestellisten für die Leipziger Büchermessen.

4.2 Darstellungen (in Auswahl)

Broszinski, Hartmut (Bearb.): Ex Bibliotheca Cassellana. 400 Jahre Landesbibliothek. Katalog. Hrsg. von Hans-Jürgen Kahlfuß. Kassel 1980

Broszinski, Hartmut: Bausteine zu einer Arolser Bibliotheksgeschichte. In: " ... indessen will es glänzen" - Arolsen, eine barocke Residenz. [Ausstellungskatalog. In Vorbereitung (1992)]

Hennig, Dieter: Kassel, Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel und Landesbibliothek. In: Wilhelm Totok und Karl-Heinz Weimann (Hrsg.): Regionalbibliotheken in der Bundesrepublik Deutschland. Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie. Sonderheft 11. Frankfurt/M. 1971, S. 183-193

Hopf, Wilhelm: Die Landesbibliothek Kassel in ihrer geschichtlichen Entwicklung 1580-1930. In: ders. (Hrsg.): Die Landesbibliothek Kassel 1580-1930. Marburg 1930, S. 1-108

Liebers, Gerhard: Die Bibliotheksverhältnisse in Kassel nach dem Kriege. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen 65 (1951) S. 383-387

Kahlfuß, Hans-Jürgen (Hrsg.): 125 Jahre Murhardsche Stiftung der Stadt Kassel und Bibliothek 1863-1988. Kassel 1988

Speyer, August: Einige Worte über die Fürstliche Bibliothek in Arolsen. In: Waldeckische Gemeinnützige Zeitschrift 1 (1837) S. 203-211

Stand: Mai 1991

Peter Vogel


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.