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Bibliothek im Gothaer Haus der Versicherungsgeschichte

Adresse. Bahnhofstraße 3a, 99867 Gotha [Karte]
Telefon. (03621) 3 67 03
Telefax. (0221) 30 90 10 20

Unterhaltsträger. Parion Konzern Köln
Funktion. Versicherungs-Fachbibliothek.
Sammelgebiete. Recht, Versicherungswesen, Statistik (deutschsprachiger Raum), Mathematik, Medizin.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung im Rahmen der Öffnungszeiten des Museums und nach Voranmeldung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Vom Hauptbahnhof 3 Minuten Fußweg Richtung Zentrum. A 4 (E 40), Ausfahrt Gotha. Parkplatz am Gebäude.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Im September 1996 wurde im Gothaer Haus der Versicherungsgeschichte das erste Versicherungsmuseum Deutschlands eröffnet. Am Beispiel einer Unternehmensgeschichte wird die Entwicklung dieses speziellen Wirtschaftszweiges dokumentiert. Grundlage bildet die material- und traditionsreiche versicherungsgeschichtliche Sammlung.

1.2 Die Gothaer Versicherungsbanken gehen auf den Kaufmann Ernst Wilhelm Arnoldi (1778-1841) zurück, der 1817 in Abwehr der Monopolstellung der Londoner Phoenix Feuerversicherung die Idee einer " Feuerversicherungsbank für den deutschen Handelsstand" ins Gespräch brachte. Im Vorfeld des Zollvereins wurde die neue Versicherungsbank 1820 in Gotha (Sachsen-Gotha) unter Beteiligung der Nachbarstädte Eisenach (in Sachsen-Weimar-Eisenach), Arnstadt (in Schwarzburg-Sondershausen), Langensalza und Erfurt (im preußischen Regierungsbezirk Erfurt) gegründet. Auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit beruhend, wurde sie als erster Feuerversicherungsverein überstaatlich wirksam. 1827 gründete Arnoldi die Gothaer Lebensversicherungsbank, die am 1. Januar 1829 eröffnet wurde. Beide Versicherungen arbeiteten bis 1945 von Gotha aus.

1.3 Nach dem Zweiten Weltkrieg verloren die beiden Versicherungsgesellschaften in der sowjetischen Besatzungszone durch Verstaatlichung ihr Arbeitsfeld und den Stammsitz in Gotha. Die Geschäftsaufnahme erfolgte in Köln (Feuerversicherungsbank) und Göttingen (Lebensversicherungsbank). 1989/90 wurden die beiden von Arnoldi als unabhängige Unternehmen gegründeten Versicherungen zusammengeführt, ohne daß die unterschiedlichen Unternehmenskulturen zerstört wurden. 1990, nach der deutschen Einigung, erwarb der Gothaer Konzern sein historisches Firmengebäude in Gotha zurück, das 1893/94 durch Bruno Eelbo erbaut worden war. Es beherbergt heute Museum, historisches Archiv, die Fachbibliothek der Versicherungswirtschaft und Konferenzräume. Ein Teil der Schriften stammt noch aus der Anfangszeit des Unternehmens, wie aus den Besitzstempeln " Lebensvers. Bank f. D. in Gotha" oder " Feuerversicherungsbank für Deutschland" hervorgeht.

1.4 Archiv und Bibliothek befinden sich gegenwärtig in der Aufbauphase. Das Arnoldi-Archiv enthält u. a. persönliche Dokumente aus dem Besitz des Gründers, Verhandlungs- und Vorstandsakten der beiden Versicherungsunternehmen sowie Bekanntmachungen, Aufsätze und Pressemitteilungen. Die Bibliothek stellt sowohl Grundlagenwerke zur Versicherungsgeschichte als auch Tagesschrifttum und Bildmaterial bereit. Zur Verfügung steht ein umfangreicher Bestand an juristischen und versicherungsrelevanten Fachzeitschriften (überwiegend 20. Jh).

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die Bibliothek enthält ca. 5500 Bde. Davon zählen 817 Bde (15 Prozent) zum historischen Buchbestand (17. Jh 2, 18. Jh 190, 23,3 Prozent; 19. Jh 625, 76,5 Prozent), der zu 97 Prozent deutschsprachig ist. Einige wenige Bände sind in Französisch und Englisch. Die Hauptsubstanz der Sammlung stammt aus dem 20. Jh.

Systematische Übersicht

2.2 Zur Geschichte, einschließlich der Biographien, sind 160 Bde (19,6 Prozent; 18. Jh 46, 19. Jh 114) im Bestand, darunter Standardwerke wie die Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert (Leipzig 1882-1883) von Heinrich von Treitschke und die Geschichte des Gothaischen Landes (Gotha 1868-1870) von August Beck.

2.3 Ein thematischer Schwerpunkt ist die Hamburger Brandkatastrophe von 1842 (Sachschaden 135 Millionen Mark), die für die Gothaer Feuerversicherungsbank eine Bewährungsprobe darstellte und die sie bis an die Grenzen ihrer finanziellen Belastbarkeit führte. Über das Ereignis informieren neben einzelnen Zeitungsnummern u. a. die nach Berichten von Augenzeugen durch Ernst Herbert bearbeitete Geschichtliche Darstellung des großen Hamburger Brandes vom 5. bis 8. Mai 1842 (Altona 1842), ein kolorierter Einblattdruck Zum Andenken an die Schreckens-Tage in Hamburg vom Donnerstag, den 5., bis zum Sonntag, den 8. Mai 1842 ([Hamburg 1842]) und Gustav Nieritz' Erzählung Ein furchtbares Himmelfahrtsfest (Düsseldorf o. J.).

2.4 Über Arnoldi ( s. o. 1.2) unterrichtet ausführlich die Biographie Ernst Wilhelm Arnoldi, ... Vater des deutschen Versicherungswesens (1778-1841), zuerst erschienen als Sonderabdruck (Leipzig 1868) aus einem Sammelwerk. Sie war zugleich die Festgabe zum 50jährigen Jubiläum der Gothaer Handelsschule, die durch den Verein der kaufmännischen Innungshalle (1817 gegr.) auf Initiative Arnoldis ins Leben gerufen worden war. Aus Anlaß seines 100. Geburtstages erschienen Ernst Wilhelm Arnoldi und seine Schöpfung, die Feuerversicherungsbank für Deutschland (Gotha 1878), hrsg. von Julius Hopf, und Ernst Wilhelm Arnoldi, Leben und Schöpfungen eines deutschen Kaufmanns (Weimar 1878) von Arwed Emminghaus.

2.5 Zu Wirtschaftsgeschichte und Sozialwesen sind 82 Bde (10 Prozent; 18. Jh 4, 19. Jh 78) vorhanden. Mit organisierter Hilfeleistung befassen sich die Nachricht von einer freywilligen Feuer-Cassa ( o. O. 1754) und Plan und Gesetze der allgemeinen deutschen Prediger-Wittwen- und Waisen-Bücher-Versorgungs-Sozietät (Goslar 1792). Die Vergleichende Darstellung der englischen Assekuranz-Gesellschaften (Weimar 1827) des Mathematikers und Rechenmaschine-Erfinders Charles Babagge gab Arnoldi entscheidende Anregungen für die Organisation seiner Lebensversicherungsbank. Anzuführen sind auch die Beiträge zur Geschichte der Entwickelung der socialen Zustände der Stadt und des Herzogthums Gotha während der letzten Jahrzehnte (Gotha 1862) von Hermann Theodor Kühne.

2.6 Mit Rechtsfragen und Versicherungswesen befassen sich 73 Bde (8,9 Prozent; 18. Jh 46, 19. Jh 27), darunter Rechtsfälle in Wechselsachen (Frankfurt a. M. 1802) von Philipp Karl Scherer, Die Landesgesetze des Herzogthums Sachsen-Gotha (Gotha 1862) von E. Moritz C. Brückner, Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten (Berlin 1885), mit Erläuterungen von Hugo Rehbein und Otto Ludwig Karl Reincke, Die Rückversicherung (Hamburg und Leipzig 1885) von Victor Ehrenberg und dessen Versicherungsrecht (Bd 1, Leipzig 1893) sowie das Lehrbuch des Versicherungsrechts (Stuttgart 1889) von William Lewis.

2.7 Zahlreiche Publikationen haben Themen wie den Verlust von Hab und Gut durch Feuer, die Verfahrensweise bei Brandschäden oder die Brandverhütung zum Gegenstand. Vorhanden sind die Harbkische Feuer-Ordnung (für die Orte Harbke und Wulfersdorf, 1758), Mandate, darunter ein Gothaer Mandat von 1769, die Errichtung einer " Brand-Assecurations-Societät" ab 1. April 1770 betreffend, eine Erfurter Feuer-Ordnung von 1777, die Allgemeine Feuer-Ordnung für das Fürstenthum Altenburg (Altenburg 1782) und das von dem Geraer Publizisten Christoph Gottlieb Steinbeck nach dem Krügelsteinschen System bearbeitete Feuersnoth- und Hülfsbuch fürs teutsche Volk und seine Freunde (Leipzig 1802).

2.8 Auf die 1820 gegründete Gothaer Feuerversicherungsbank beziehen sich u. a. die Broschüren Das Wesen und Unwesen der Gothaer Feuerversicherungs-Bank (München 1833), eine gegen die Gothaer Bank gerichtete Streit- und Schmähschrift von Ernst Marold, Darstellung des Wesens und Wirkens der Feuerversicherungs-Bank für Deutschland (Gotha 1834), Gothaer Feuerversicherungsbank auf Gegenseitigkeit (Gotha 1871), Prämien-Tarif der Feuerversicherungs-Bank für Deutschland zu Gotha (Gotha 1874) und Verfassung der Feuerversicherungsbank für Deutschland in Gotha (Gotha 1888).

2.9 Über die 1827 gegründete Lebensversicherungsbank informieren der Rechenschaftsbericht ... (ab Berichtsjahr 1, 1829), die mehrfach aktualisierte Verfassung der unter dem Schutze ... des ...

Herzogs von S. Coburg und Gotha errichteten Lebensversicherungsbank für Deutschland (Gotha 1832), die anläßlich des 50jährigen Bestehens von Arwed Emminghaus herausgegebene Geschichte der Lebensversicherungsbank für Deutschland (Weimar 1877) und die Mittheilungen aus der Geschäfts- und Sterblichkeits-Statistik der Lebensversicherungsbank für Deutschland zu Gotha (Weimar 1880) für den Berichtszeitraum 1829 bis 1878.

2.10 Mathematik und Technik sind mit 12 Bdn (1,5 Prozent; 18. Jh 3, 19. Jh 9) vertreten, darunter der Auszug aus Herrn Leonhard Eulers vollständigen Anleitung zu Algebra (Frankfurt a. M. 1789), hrsg. von Johann Jacob Ebert, Abhandlungen über die wichtigsten gemeinnützigen Gegenstände der Arithmetik besonders für Kaufleute und Rechnungsbeamte (Erfurt 1829, mit Fortsetzung 1832) von Ephraim Salomon Unger, Logaritsch-trigonometrisches Handbuch (2. Aufl., Leipzig 1809; 21. Aufl., Berlin 1857) von Georg Vega, das Handbuch zur Vornahme von Schätzungen an Gebäuden und landwirtschaftlichen Gütern ( Wien 1876) von Alfons Weskamp von Liebenburg und Die Wahrscheinlichkeitsrechnung (Hamburg und Leipzig 1897) von Ludwig Goldscdt, mathematischer Revisor der Lebensversicherungsbank für Deutschland in Gotha. Erwähnt seien außerdem Johann Friedrich Glasers Preisschrift, wie die Feuerlöschanstalten in den kleinen Städten und auf den Dörfern zur Verhütung großer Feuersbrünste zu verbessern sind (Leipzig 1775) und die Anleitung zum Gebrauch und zur Pflege der Feuerspritzen, Wasserzubringer und die übrigen Löschwerkzeuge (Arnstadt 1842) von Friedrich Henneberg.

2.11 Literatur und Theologie umfassen 37 Bde (4,5 Prozent; 17. Jh 2, 18. Jh 16, 19. Jh 19), darunter Jacob und Wilhelm Grimms Deutsches Wörterbuch (Leipzig 1854-1971) und eine von Johann Michael Dilherr herausgegebene Biblia (Nürnberg 1765). Die Novelle Vive la police! von Eduard Maria Oettinger erschien in dem von ihm herausgegebenen Journal Argus, Jg. 2 (1838). Unter den wenigen Nachschlagewerken (7 Bde, 19. Jh) befindet sich ein Neues elegantestes Conversations-Lexicon für Gebildete aus allen Ständen (Leipzig 1842-1843), hrsg. von Oskar Ludwig Bernhard Wolff.

2.12 Fachzeitschriften sind mit 446 Bdn (54,6 Prozent; 19. Jh) im Bestand, darunter die von Ernst Albert Masius herausgegebene Rundschau der Versicherungen (Jg. 1, 1851/52 ff.), die später als Masius' Rundschau, Blätter für Versicherungswissenschaft, Versicherungsrecht und bemerkenswerthe Vorgänge im Versicherungswesen (N. F., Jg. 1, 1889 ff.) erschien, Das Recht (Jg. 1, 1897 ff.) und Juristische Wochenschrift (Jg. 29, 1900 ff.). Vorhanden sind auch einzelne Nummern, in denen z. B. Lebensversicherungen und andere Versorgungsanstalten in Rubriken wie " Nützliche Anstalten und Vorschläge" thematisiert wurden. Vor allem die in Gotha erscheinenden Blätter unterstützten Arnoldi bei der Werbung für seine Versicherungsprojekte. Anzuführen sind in diesem Zusammenhang Allgemeiner Anzeiger (Gotha), Berlinische Nachrichten, Dorfzeitung (Hildburghausen), Eremit (Altenburg), Flora (München), Gothaische Zeitung, Hesperus (Stuttgart), National-Zeitung der Deutschen (Gotha), Sonntagsblatt (Hildesheim) und Weimarische Zeitung. Auch in den Volkskalendern wurde das Versicherungswesen reflektiert, z. B. ist im Preußischen National-Calender von 1832 ein " Guter Rath für Ehemänner, die nicht Staatsdiener sind" enthalten.

2.13 Eine Besonderheit stellt eine kleine Sammlung von Guckkasten-Bildern aus dem 18. Jh dar, mit Szenen wie Schreibstube, Lager, Kaffeestube, Blumengarten und Kräutergarten.

3. KATALOGE

PC-Katalog in Vorbereitung

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Gothaer Haus der Versicherungsgeschichte. Einblicke in die Welt der Assekuranz. Hrsg.: Abteilung Presse und Unternehmenskommunikation, Köln. Redaktion: Günther Gottschalk. Köln, Göttingen 1996

Stand: September 1997

Felicitas Marwinski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.