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Gudesche Bibliothek im Kirchenkreisarchiv

Adresse. Hindenburgstraße 26, 24768 Rendsburg [Karte]
Telefon. (04331) 2 49 24
Telefax. (04331) 59 03 10

Unterhaltsträger. Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde St. Marien
Funktion. Verwaltung der Gudeschen Bibliothek.
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

'Benutzungsmöglichkeiten.
'Benutzung nur nach Vereinbarung, da keine festen Öffnungszeiten. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche Voranmeldung unbedingt erforderlich. Fußwegnähe vom Bahnhof (ca. 15 Minuten). Busverbindung ab Bahnhof (Linien 10, 11 oder 12) Richtung Martinshaus bis Haltestelle Fußgängertunnel (Christophorushaus). A 7, Ausfahrt Rendsburg. Parkplätze vor dem Haus.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Gudesche Bibliothek im Kirchenkreisarchiv geht auf Teile der Sammlung des Altertumswissenschaftlers Marquard Gude (1635-1689) zurück, die dieser der Rendsburger Marienkirche vermachte. Gude, Sohn des Ratsherrn und späteren Bürgermeisters Peter Gude, studierte in Jena und Leipzig. Zwischen 1659 und 1663 begleitete er Samuel Schass, einen reichen jungen Holländer, als Hofmeister auf einer Reise durch Frankreich und Italien, während der er zahlreiche Bibliotheken besichtigte und Hss. erwarb. Auch nach Beendigung seiner Reise wurde Gude weiterhin von seinem Gönner unterstützt, so daß er sich ganz seinen altertumswissenschaftlichen Studien widmen konnte. 1671 nahm er eine Anstellung als herzoglich Gottorfer Rat und Bibliothekar an und trat 1682 in den Dienst des dänisch-norwegischen Königs Christian V. als Rat in der Regierungskanzlei in Glückstadt, wo er 1689 starb.

1.2 Gude hatte im Zuge seiner altertumswissenschaftlichen Studien eine Bibliothek von ca. 10.000 Bdn aufgebaut. Die heute im Kirchenkreisarchiv aufbewahrten Bestände bestehen im wesentlichen aus den ca. 1000 Dubletten, die Gude schon zu Lebzeiten ausgesondert und der Rendsburger Marienkirche vermacht hatte. Gemäß seiner Verfügung waren sie dort aufgestellt, zunächst in der Gudeschen Grabkapelle in der St. Marienkirche, später im Archidiakonat und danach im Hauptpastorat.

1.3 Die große Bibliothek wurde 1706 zum Zwecke einer Auktion katalogisiert, im Auftrag der Erben in Hamburg versteigert und somit verstreut. Etwa 1000 Werke erwarb die Weimarer Landesbibliothek. 1709 wurden bei einer weiteren Auktion die Klassikerausgaben mit Gudes handschriftlichen Annotationen versteigert, wobei der Rektor des Hamburger Johanneums, Johann Albert Fabricius (1668-1736), die meisten Titel erstand. Sie kamen später in die Königliche Bibliothek in Kopenhagen. Die ebenfalls im Februar 1709 zur Auktion stehenden 467 Hss. kaufte Gottfried Wilhelm Leibniz für 3000 Rthlr geschlossen für die Wolfenbütteler Bibliothek.

1.4 Im Jahre 1856 wurde dem Direktor des damals eingerichteten Rendsburger Realgymnasiums, Peter Schreiner Frandsen, gestattet, eine Auswahl aus den in der Kirche befindlichen Dubletten zu treffen, die der Schule zur Benutzung überlassen werden sollte. Frandsen wählte 586 Bde aus, vor allem griechische und lateinische Klassikerausgaben, Werke zur Geschichte und den Historischen Hilfswissenschaften, aber auch juristische, medizinische und theologische Schriften ( s. u. 3.2). 1902 verfaßte der Lehrer Hermann Gidionsen einen Katalog der sog. Gudeschen Bibliothek, der allerdings nur den in der Schule befindlichen Teil der Sammlung umfaßt ( s. u. 3.2).

1.5 Im 20. Jh wurden die seit 1856 in die Schule ausgelagerten Teile der Sammlung wieder mit den im Hauptpastorat aufbewahrten Büchern vereinigt. Letztere scheinen weitgehend in Vergessenheit geraten zu sein, man fand sie 1933 in einer Kammer des Pastorats (Rendsburger Tageblatt Nr. 239 vom 12. Oktober 1933). Daß die Sammlung Titel des 18. und 19. Jhs enthält, läßt darauf schließen, daß auch nach dem Tod Gudes (1689) Bücher in den Bestand aufgenommen worden sind.

1.6 Das Kirchenkreisarchiv betreut daneben die getrennt aufgestellte und katalogisierte Bibliothek des Pastors Detlev Friedrich Rolfs, die nach seinem Tod an die Kirchengemeinde Wacken fiel ( s. u. 2.9 ff.).

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die Sammlung umfaßt insgesamt 1075 Titel, davon 10 Inkunabeln, 290 Titel (27 Prozent) aus dem 16. Jh, 674 (63 Prozent) aus dem 17. Jh, 65 aus dem 18. Jh und 9 aus dem 19. Jh. 27 Titel sind ohne Erscheinungsjahr. Ausgezählt wurde der Kurztitel-Katalog ( s. u. 3.1). Sprachlich gliedert sich der Bestand in 113 deutsche (11 Prozent), 823 lateinische (77 Prozent), 17 französische Titel sowie 122 Werke in sonstigen Sprachen (vor allem griechische und italienische Drucke). Systematische Übersicht

2.2 Da die Sammlung ausschließlich aus Dubletten besteht, ist ihre Zusammensetzung eher zufällig. Sie ist systematisch in neun sich z. T. überschneidende Hauptgruppen gegliedert, einzelne Gruppen sind weiter unterteilt. Sie werden in der Reihenfolge der Systematik beschrieben. Da die Bestände z. Z. nur unzureichend katalogisiert sind, ist eine eingehende Beschreibung nicht möglich.

2.3 Die Theologie umfaßt 138 Titel, davon 38 aus dem 16. Jh, 87 aus dem 17. Jh und 10 aus dem 18. Jh. 96 Titel liegen auf Lateinisch, 31 auf Deutsch vor. Auf Bibelwerke, exegetische und asketische Schriften entfallen 77 Titel. Über die Hälfte davon stellen Bibeln oder Teilausgaben der Bibel, meist in lateinischer und griechischer Sprache, teilweise auch polyglott. Bei den deutschen Übersetzungen (17) handelt es sich fast immer um Luthers Bibelübersetzung. 13 Titel stellen die Kirchenväter, 31 die Kirchengeschichte, zum (überwiegend lutherischen) Kirchenrecht liegen 17 Titel vor.

2.4 Die juristischen Schriften umfassen 205 Titel, davon 15 aus dem 16. Jh und 176 aus dem 17. Jh. Es handelt sich fast ausschließlich um juristische Dissertationen (teilweise auf Deutsch, teilweise auf Lateinisch), darunter 53 strafrechtlichen Inhalts (1650-1690), 45 zum Feudalrecht (1670-1690), 39 bürgerlich-rechtlichen Inhalts (1670-1690), 22 zu Ehefragen (1690-1722) sowie 6 Dissertationen aus Wittenberg (1682-1692).

2.5 Medizin, Chemie und Naturgeschichte umfassen 52 Titel, davon 11 aus dem 16. Jh und 40 aus dem 17. Jh, ausschließlich in lateinischer Sprache, darunter Caelius Aurelianus' De acutis morbis (Leiden 1569) und Morienus Romanus' De transfiguratione metallorum et occulta summaque antiquorum philosophorum medicina libellus (Hannover 1593). Die Geschichte stellt 117 Titel, davon 21 aus dem 16. Jh, 90 aus dem 17. Jh und 5 aus dem 18. Jh, vornehmlich Werke zur politischen Geschichte Norddeutschlands sowie allgemeine personengeschichtliche Untersuchungen und Überblicksdarstellungen.

2.6 Mit insgesamt 352 Titeln ist die (Klassische) Philologie die größte Bestandsgruppe. 148 Titel stammen aus dem 16. Jh, 188 aus dem 17. Jh und 3 aus dem 18. Jh. 265 Titel liegen in deutscher Sprache vor, ca. 70 in griechischer. Die Bestände zur Philologie gliedern sich in 10 Wörterbücher, Enchiridien, Thesauri und Prosodien, 12 lateinische Sprachlehren und Schulgrammatiken (alle aus dem 17. Jh). Hinzu kommen 80 Textausgaben griechischer Klassiker des 16. und 17. Jhs, darunter viele zweisprachige (griechisch-lateinische) Ausgaben, u. a. von Aristoteles (6 Titel), Sophokles, Aristophanes, Callimachos etc. Sie werden ergänzt durch 79 Ausgaben klassischer lateinischer Autoren, vor allem von Cicero (7 Titel, darunter 2 Aldinen), aber auch Vergil, Horaz, Catull, Varelius Flaccus, Terenz, Plautus und Livius. Die zugehörige Sekundärliteratur umfaßt 30 Lexika, auch medizinische und naturwissenschaftliche. Hinzu kommen 43 Kommentare zu griechischen und 77 zu lateinischen Autoren (darunter auch eine Ausgabe von Josef Scaliger, Paris 1565). 11 lateinische Titel zu " Sprache, Auslegungskunst und Beredsamkeit" schließen sich an.

2.7 Die Philosophie stellt 14 Titel, fast alle aus dem 17. Jh, darunter die Principia Philosophiae von Descartes (Amsterdam 1685). Die Mathematik umfaßt 23 Titel des 16. bis 18. Jhs, darunter Heino Lambeck, Ein neu- und wolgegründet Rechenbuch von allerhand Hauss- und Kauffmanns-Rechnungen ( o. O. 1542 und 1576).

2.8 Die Gruppe " Verschiedenes" (158 Titel) enthält neben einigen Katalogen von Privatbibliotheken vor allem Gelegenheitsschriften (insbesondere Leichenpredigten), aber auch Schriften zu Theologie (Bibeln, Kirchengeschichte) und Jura. Schließlich finden sich hier 5 vor 1500 datierte Hss. Der Bestand an " Neueren Sprachen" umfaßt 16 Titel des 16. und 17. Jhs, darunter einige französische, dänische und italienische Werke aller Fachgebiete. Sondersammlung Bibliothek der Kirchengemeinde Wacken

2.9 Die Bibliothek wurde der Gemeinde Wacken von Pastor Detlev Friedrich Rolfs (1827-1893) vermacht. Nach Studien in Kiel und Bonn wurde Rolfs 1863 zum Pastor im neugegründeten Kirchspiel Wacken gewählt. 1872 nahm er eine Stelle in Bramstedt an, die er bis 1892 innehatte. 1893 starb er in Meldorf, seine Büchersammlung fiel an die Gemeinde Wacken. Zur Bibliothek gehören mehrere Päckchen und Bände Predigten aus den Jahren 1855 bis 1891 sowie einige Werke, die nach dem Tod Rolfs in die Sammlung aufgenommen wurden.

2.10 Die Bibliothek umfaßt bei einem Gesamtumfang von 205 Titeln 196 vor 1900 erschienene Titel. Davon entfallen ein Titel auf das 16. Jh, 11 auf das 17. Jh, 27 auf das 18. Jh und 154 (79 Prozent) auf das 19. Jh. 23 Titel sind ohne Angabe des Erscheinungsjahres. 165 Titel (84 Prozent) sind deutschsprachig. In lateinischer Sprache sind 25 Werke verfaßt, in Französisch 2 und Hebräisch 4. Ausgezählt wurde die Kurztitelliste (s. u. 3.1).

2.11 Es handelt sich weitgehend um eine Sammlung zur Praktischen Theologie. Der Bestand reicht von Traktat- und Erbauungsliteratur bis zu Predigten, Gesang- und Gebetbüchern. Hinzu kommen eine Reihe von Werken zur religiösen Unterweisung in Schulen. Außerdem finden sich ca. 20 Grammatiken, Lexika, Sprachlehr- und Wörterbücher sowie je eine Werkausgabe von Lessig und Schiller. Sonstige Belletristik fehlt. Etwa 15 Titel liegen aus den Bereichen Geschichte und Geographie vor, überdies ca. 10 Schulbücher diverser Fächer. Das älteste Buch ist das Agend Büchlein für den Pfarrherren auf dem Land (Nürnberg 1569).

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Kurztitel-Katalog

[in Zettelform; nach Hausregeln; geordnet nach 4 Formaten, innerhalb der Formate teilweise systematisch, teilweise nach laufenden Nummern; erstellt ca. 1932; enthält auch Vermerke über Illustrationen und den Erhaltungszustand]

Bibliothek Pastor Rolfs aus Wacken:

Bibliothek des Pastor Rolfs, dem Pastorat Wacken vermacht

[mschr. Liste mit Kurztiteln; geordnet nach Standort im Regal]

Bibliothek der Kirchengemeinde Wacken

[mschr. Liste mit Kurztiteln; geordnet nach Signaturen]

Die Bestände sind weder im Norddeutschen Zentralkatalog noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Bibliotheca Exquisitissimis Libris Theologia Jure ... viro illustri domino Marquardo Gudio ... quae publica auctione distrahetur Hamburgi Ad. d. 4. August. An. MDCCVI. Kiloni

[Auktionskatalog der Bibliothek Gudes von 1706; enthält auf 598 S. die 10.012 gedruckten Bücher, daneben 124 Bücher mit hschr. Einträgen von Gelehrten (vor allem lateinische Schriftsteller, darunter 38 Werke mit Marginalien Gudes) sowie die von Gude erworbenen Hss.; verfaßt von Pastor Mathias Lobedanz (1671-1747); systematisch geordnet, innerhalb der Systematikgruppen nach Formaten; nicht in der Bibliothek vorhanden]

Catalog der zur Bibliothek der Altstädter Marienkirche gehörenden Bücher, welche dem Realgymnasium zur Benutzung überlassen sind

[hschr. Bandkatalog; geordnet nach Formaten, innerhalb der Formate systematisch gegliedert; 1857 aufgestellt von Peter Schreiner Frandsen]

Bibliotheca Gudiana. Eigenthum der St.-Marien-Kirche zu Rendsburg

[hschr. Bandkatalog in 3 Teilen; geordnet nach Formaten, innerhalb der Formate systematisch gegliedert; 1860 aufgestellt von Peter Schreiner Frandsen]

Katalog der sog. Gudeschen Bibliothek. Zusammengestellt und mit einem Vorwort begleitet von Hermann Gidionsen, d. Z. Bibliothekar. Rendsburg 1902

[gedruckter Systematischer Katalog der in der Schule befindlichen Bestände; Titel teilweise gekürzt; basiert auf einem nicht mehr vorhandenen hschr. Zettel(?)-Katalog des Konrektors Christian Andreas Lucht]

Rest der sog. " Gude'schen" Bibliothek in Rendsburg. Standort Christophorus-Haus. Eigentümer: KG St. Marien, Rendsburg

[hschr. Bandkatalog von ca. 1975; nach Hausregeln; unvollständig]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Einige Mappen Archivalien, u. a. Vortragsmanuskripte aus dem 19. und 20. Jh, vor allem zur Auslagerung und Rückführung der in der Schule befindlichen Bestände

Frandsen, Peter Schreiner: Marquard Gude von Rendsburg, ein schleswig-holsteinischer Staatsbeamter und Gelehrter des 17. Jahrhunderts. 1873 [unveröff. Ms.; Universitätsbibliothek Kiel Cod. M. S. S. H. 402 A A fol.]

4.2 Darstellungen

Achelis, Thomas Otto: Marquard Gude (1635-1689). Ein berühmter Sohn der Stadt Rendsburg. In: Heimatkundliches Jahrbuch für den Kreis Rendsburg 14 (1964) S. 51-69

Stand: Januar 1993

Alwin Müller-Jerina


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.