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Adresse. Neu-Ulmer Straße 21, 98617 Meiningen
[Karte]
Telefon. (03693) 2278
Unterhaltsträger. Landratsamt Meiningen
Funktion. Historische Schulbibliothek.
Sammelgebiete. Deutsche Literatur, Geschichte, Pädagogik und Schulwesen (18., 19. und Anfang 20. Jh).
Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek.
Benutzung nach Vereinbarung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erwünscht. Vom Bahnhof Meiningen Fußwegnähe (ca. 10 Minuten). A 7 (E 45), Ausfahrt Schweinfurt/Werneck, B 19 Münnerstadt-Meiningen; A 4 (E 40), Ausfahrt Eisenach, B 19 Richtung Meiningen.
1.1 Schon 1510 veranlaßte der aus dem Bayerischen gebürtige Pfarrer Balthasar Regler den Meininger Rat, die Stadtschule zu verbessern. Anregungen zu diesem Schritt hatte er u. a. aus den Schriften des Erasmus empfangen. Seit der Reformation wurde das Schulwesen ständig weiterentwickelt und z. B. eine besondere " deutsche oder Mädchenschule" eingerichtet. Der Plan, die lateinische Knabenschule in ein Lyzeum zu verwandeln und Bernhardinum zu nennen, bestand schon seit 1683, wurde aber erst 1705, kurz vor dem Tode Herzog Bernhards von Sachsen-Meiningen (1649-1706; reg. seit 1680), in die Tat umgesetzt.
1.2 Die erste Anregung zur Gründung einer Schulbibliothek ging von dem Inspektor Johann Georg Musäus (1719-nach 1785) aus, der in seiner Abhandlung De bibliothecae scholasticae utilitate ac necessitate im Schulprogramm von 1753 sich auf Luther und andere Gelehrte seiner Zeit berief, " welche gleichfalls eine gut eingerichtete Bibliothek als ein unerläßliches Bedürfnis einer Gelehrtenschule anerkannten". Besonders für Lehrer der lateinischen und griechischen Sprache sei es nötig, im Besitze guter Ausgaben klassischer Schriftsteller zu sein, die er seinen Schülern zu erklären habe. Für die meisten Lehrer sei es aber bei den dürftigen Verhältnissen, in denen sie lebten, und den hohen Bücherpreisen " eine bare Unmöglichkeit, sich jene Werke zu verschaffen". Deshalb sei es die Pflicht aller, denen das Wohl der Schulen am Herzen läge und denen Mittel zur Verfügung ständen, zur Gründung einer Schulbibliothek beizutragen.
1.3 Musäus schuf den Grundstock für eine Bibliothek. Schon 1757 wurde sie durch ein Vermächtnis des cand. theol. Johann Philipp Gazert († 1756) erweitert, der in dankbarer Erinnerung an die auf dem Lyzeum empfangenen Wohltaten seine sämtlichen Bücher stiftete. Obwohl 1759 Schulbücher aus dem Straußischen Legat hinzukamen, erreichte die Bibliothek in jenen Jahren keinen größeren Umfang. Die für Meiningen charakteristischen " Bücherlegate" waren für ärmere Schüler der unteren Klassen bestimmt, die ihre Schulbücher nicht selbst kaufen konnten. Dazu zählten u. a. das Linkische (1627), Dilherrische (1669), Zinkische (1672), Hübnerische (1732) und Franzische (1773) Bücherlegat. Als die Zahl der Schulkinder sich vergrößerte, wurden die Mittel zur Anschaffung von Büchern für die Schulbibliothek verwendet, bei der Reorganisation des Gymnasiums und der Trennung desselben von der städtischen Schulanstalt fielen sie an letztere. Die bedeutendste unter den zahlreichen Stiftungen der Bürger für die Schule war die ab 1730 wirksam werdende Stiftung des Juristen Johann Ernst Henfling (1691-1720).
1.4 In ihrem Bestandsaufbau war die Schulbibliothek auf Geschenke einzelner Gönner und Freunde, meist ehemalige Zöglinge, angewiesen. Ihre Bedeutung wuchs im 19. Jh mit dem Ausbau des Schulwesens. 1821 wurde das neue Schulgebäude eingeweiht, das Lyzeum in Gymnasium Bernhardinum umbenannt. Einige ältere philologische Werke (die später wieder dorthin zurückgelangten) erhielt die Schulbibliothek durch das geistliche Ministerium aus der Sakristei-Bibliothek, 1833 gab der Stadtrat die Ratsbibliothek an die Gymnasialbibliothek ab, nur die juristischen Bücher behielt er zurück. 1835 wurde das Gymnasium durch den Staat übernommen, der Bibliothek flossen jetzt jährlich " nicht unbedeutende Mittel zur Vergrößerung und Instandhaltung zu".
1.5 Im Jahre 1832 vermachte der Kammerrat und Hofbuchdruckereibesitzer Philipp Heinrich Hartmann (1765-1832) " seine wertvolle, vorzüglich im historischen Fache reichhaltige Bibliothek" dem Gymnasium. Bald nach seinem Tod wurde die Bibliothek, " 1800 Bde mit allen Manuskripten und Kupferwerken", im Gymnasium aufgestellt. Nicht minder wertvoll war der Nachlaß des seit 1848 an der Schule tätigen Gymnasialprofessors August Henneberger (1821-1866), der wie Hartmann seine an deutscher Literatur reiche Bibliothek dem Gymnasium unter der Bedingung vermachte, " daß es nicht von hier verlegt werde." Die Sammlung sollte als ein selbständiges Ganzes aufbewahrt und verwaltet werden. Henneberger setzte außerdem ein Legat aus, dessen jährliche Zinsen zu " fortgesetzten Nachanschaffungen" auf dem Gebiet der deutschen Literatur dienten. Seinem Beispiel folgten weitere " Freunde der Anstalt", so daß die Gymnasialbibliothek 1877 über 10.000 Bde zählte. Lehrerbibliothek und Schülerbibliothek bildeten zeitweilig eigene Einheiten.
1.6 Wahrscheinlich Anfang der zwanziger Jahre wurden die theologischen Werke an die Kirchenbibliothek abgegeben (vgl. Eintrag Bibliothek der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde). Seit 1986 befindet sich ein Teil der Gymnasialbibliothek (3776 Bde) als Depositum (" Henfling-Bibliothek") in der Museumsbibliothek (vgl. Eintrag Kulturstiftung Meiningen Museumsbibliothek, 1.3).
2.1 Die im Henfling-Gymnasium erhaltene historische Schulbibliothek überliefert aus dem Bestand der alten Gymnasialbibliothek 2112 Bde. Der (an den Regalen ausgezählte) historische Bestand umfaßt 1488 Bde (70,5 Prozent des Gesamtbestandes), davon stammen 10 aus dem 17. Jh, 231 (15,5 Prozent) aus dem 18. Jh und 1247 (83,8 Prozent) aus dem 19. Jh.
2.2 1399 Bde (94 Prozent; 17. Jh 9, 18. Jh 201, 19. Jh 1189) liegen in deutscher Sprache vor, 63 (4,2 Prozent; 18. Jh 28, 19. Jh 35) in französischer, 19 (1,3 Prozent; 18. Jh 2, 19. Jh 17) in englischer, 4 (17. Jh einer, 19. Jh 3) in lateinischer und 3 (19. Jh) in weiteren Sprachen.
2.3 Nach Fachgebieten setzt sich dieser Bestand wie folgt zusammen: Deutschsprachige Literatur 886 Bde (59,5 Prozent; 17. Jh 9, 18. Jh 167, 19. Jh 710); Geschichte, Kulturgeschichte 146 Bde (9,9 Prozent; 17. Jh einer, 18. Jh 9, 19. Jh 136); Pädagogik, Schulwesen 142 Bde (9,6 Prozent; 18. Jh 15, 19. Jh 127); Biographien 81 Bde (5,4 Prozent; 18. Jh 4, 19. Jh 77); Fremdsprachige Literatur 80 Bde (5,3 Prozent; 18. Jh 23, 19. Jh 57); Sprach- und Literaturgeschichte 55 Bde (3,7 Prozent; 18. Jh 7, 19. Jh 48); Philosophie, Theologie 31 Bde (2,1 Prozent; 18. Jh 4, 19. Jh 27); Geographie, Naturkunde 27 Bde (1,8 Prozent; 18. Jh einer, 19. Jh 26); Kunst und Theater 21 Bde (1,4 Prozent; 18. Jh einer, 19. Jh 20) und Staat, Recht, Wirtschaft 19 Bde (1,3 Prozent; 19. Jh).
2.4 Die Bibliothek enthält u. a. Originalausgaben der Werke von Lohenstein, Opitz, Lessing, Goethe, Schiller, Jean Paul, Börne, Heine, Bechstein und Baumbach. An Provenienzen begegnen die Herzogliche Realschule oder das Realgymnasium zu Meiningen und das Lehrerinnen-Seminar. Der z. Z. als Depositum " Henfling-Bibliothek" in der Museumsbibliothek befindliche Teil der Gymnasialbibliothek enthält 1948 Bde historischen Bestand (zur Bestandsanalyse vgl. Eintrag Kulturstiftung Meiningen Museumsbibliothek, 2.5). Sie stammen zum großen Teil aus der " Henneberger'schen Bibliothek" (Bücher mit diesem Provenienzvermerk finden sich inzwischen in allen Meininger Bibliotheken).
Eichhorn, K.: Katalog der Gymnasialbibliothek. Heft 1-8. Meiningen 1904-1911 (Einladungsschrift zur Feier des Henflingschen Gedächtnistages, 1904-1911)
Bestandslisten
[für die überlieferten Teilbestände, vgl. Eintrag Kulturstiftung Meiningen Museumsbibliothek, 1.3; 2.5]
Schaubach, Adolf: Katalog der Henneberger'schen Bibliothek. I. Deutsche Literatur. Meiningen 1881 (Einladungsschrift zur Feier des Henflingschen Gedächtnistages, 1881)
Schaubach, Adolf: Geschichte des Lyceums zu Meiningen von 1742-1791. Meiningen 1877 (Einladungsschrift zur Feier des Henflingschen Gedächtnistages, 1877)
Stand: Dezember 1993
Felicitas Marwinski