FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
Home
HomeRegionen:Stadtregister:Abkürzungen
Volltextsuche:

trunkiert

BenutzerprofilLogin

Impressum
   Home > Deutschland > Hessen H - Z > Marburg
   Hessen A - G

Bibliothek des Hessischen Staatsarchivs

Adresse. Friedrichsplatz 15, [Karte]
Postfach 540, 3550 Marburg (Lahn)
Telefon. (06421) 2 50 78
Bibliothekssigel. <Mb 29>

Unterhaltsträger. Land Hessen
Funktion. Dienstbibliothek.
Sammelgebiete. 1. Allgemeine Sammelgebiete: Archivwissenschaft, Historische Hilfswissenschaften. 2. Besondere Sammelgebiete: Hassiaca, deutsche Territorialgeschichte; Rechts-, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte; Deposita. Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9-13 Uhr und 14-16.30 Uhr. Leihverkehr: DLV.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät, Mikrofilm-Lesegerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung empfehlenswert. Busverbindung ab Hauptbahnhof (Linie 1) bis Haltestelle Philippshaus. - B 3, Ausfahrt Marburg Mitte. Parkmöglichkeiten am Staatsarchiv sehr begrenzt; Parkplatz Großsportfeld (10 Minuten Fußweg).

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Bibliothek entstand 1870 als Dienstbibliothek des neugeschaffenen Staatsarchivs. Dieses wurde im gleichen Jahr von der preußischen Archivverwaltung als zentrales Archiv für das 1866 von Preußen annektierte Kurfürstentum Hessen, nunmehr Regierungsbezirk Kassel der Provinz Hessen-Nassau, eingerichtet und vereinigte in sich die ehemaligen kurhessischen Archive in Kassel, Fulda und Hanau.

1.2 Ebenso wie das Archiv wuchs die Bibliothek aus bescheidenen Anfängen (500 Bde 1870) rasch an. Im Jahr 1912 umfaßte die Bibliothek bereits 15.000 Bde. Das Marburger Schloß, in dem Archiv und Bibliothek untergebracht waren, wurde nach dem Ersten Weltkrieg zu klein. So zogen Archiv und Bibliothek 1938 in einen eigens dafür errichteten Zweckbau um, in welchem sie bis heute sind. Der Zweite Weltkrieg wurde ohne Bestandsverluste überstanden, und ab Januar 1947 waren beide Institutionen wieder voll benutzbar. Mit der Eröffnung der Archivschule 1949 wurden deren Bücherbestände mit denen der Dienstbibliothek vereinigt (25.000 Bde 1949). Weiteren erheblichen Zuwachs erfuhr die Bibliothek 1968 durch die Angliederung der Depositalbibliotheken, der amtlichen Druckschriften und der Zeitungen. Der Gesamtbestand betrug am Stichtag 1. Januar 1988 ca. 93.770 Bde. Die Bibliothek hält 250 laufende Zeitschriften. Für den weiteren Zuwachs spielen neben dem Kauf, für den ein Jahresetat von 45.000 DM (1988) zur Verfügung steht, die Schenkungen eine große Rolle. Dazu kommen Pflichtexemplare und in geringem Umfang Tausch.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Gegenstand der Beschreibung ist nur der eindeutig abgrenzbare Buchbestand der Bibliothek. Schriftgut, welches auch archivalischen Charakter hat wie Amtsdrucksachen oder Zeitungen, wird unter " Sonderbestände" kurz dargestellt. Zu den Sonderbeständen gehören auch die Deposita und Nachlässe, die gesondert aufgestellt sind und über eigene Kataloge verfügen. Der Buchbestand der Bibliothek ist systematisch aufgestellt. Allerdings sind Teilbereiche, die besonders schnell wachsen, aufgrund der Raumnot herausgenommen und in einem eigenen Raum untergebracht worden. Eine gesonderte Rara-Sammlung gibt es nicht. Die Bestandsbeschreibung basiert auf der Auszählung des systematischen Standortkatalogs, fehlende Angaben wurden am Bestand überprüft. Im Katalog ausgewiesene, aber nicht auffindbare Titel (123 Stück) wurden nicht mitgezählt.

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Die Bibliothek umfaßt ca. 70.600 Bde, etwa 20 Prozent der Titel (13.947) sind vor 1900 erschienen. In der Mehrzahl handelt es sich dabei um Monographien. In der Frühzeit gibt es relativ viele kleine Schriften (Leichenpredigten u. ä.), im 19. Jh gewinnen Zeitschriften und Sonderdrucke an Bedeutung. Der größte Teil der Titel entfällt mit 8653 (62 Prozent) auf das 19. Jh. Für die anderen Jhe ergeben sich folgende Zahlen: 16. Jh 497 Titel (3,6 Prozent); 17. Jh 1880 Titel (13,5 Prozent); 18. Jh 2917 Titel (21 Prozent). Faksimiles und Nachdrucke wurden nur berücksichtigt, wenn sie zur Ergänzung von Sammelschwerpunkten angeschafft wurden.

2.3 Den größten Bestand bildet das deutsche Schrifttum mit 10.266 Bdn, die 74 Prozent entsprechen. Bei den fremdsprachigen Titeln dominieren mit 2975 Bdn (21 Prozent) die lateinischen Werke. Von Bedeutung sind mit 533 Bdn (3,8 Prozent) noch die französischen, die restlichen verteilen sich auf 10 Sprachen. Niederländisch (63 Titel), Italienisch (47) und Englisch (35) bilden den Hauptteil, der Rest (28) verteilt sich auf Spanisch, Schwedisch, Norwegisch, Griechisch, Hebräisch, Slawisch und Rumänisch. Die lateinische Literatur dominiert im 16. und 17. Jh mit mehr als der Hälfte der Titel, und sie ist noch stark im 18. Jh (mit ca. 35 Prozent) vertreten. Die französischen Werke verteilen sich gleichmäßig vom 17. bis 19. Jh, wobei die Mazarinaden nicht mitgezählt sind (s. u. 2.9).

Systematische Übersicht

2.4 Die Aufstellungssystematik wurde von der Universitätsbibliothek Marburg übernommen. Die inhaltlich bestimmten Hauptgruppen sind bei Bedarf nach Sachgruppen und geographischer Zuordnung gegliedert. Die inhaltlichen Schwerpunkte ergeben sich aus der Entstehung der Bibliothek. Sie sammelte Hassiaca, schwerpunktmäßig in den Grenzen ihres Archiveinzugbereichs, d. h. dem Gebiet des Regierungsbezirks Kassel der Provinz Hessen-Nassau. Heute entspricht das Sammelgebiet den Grenzen der hessischen Regierungspräsidien Kassel und Gießen. Die Bibliothek der Archivschule sammelt Historische Hilfswissenschaften, wobei das Hauptgewicht auf der deutschen und internationalen Archivwissenschaft liegt. Weitere Sammelgebiete sind Verwaltungs- und Behördengeschichte sowie Landesgeschichte. Dazu kommen Quellenwerke.

2.5 Innerhalb dieser großen Bereiche gibt es Schwerpunkte zu einzelnen Sachthemen, Personen und Institutionen. Wegen ihrer historischen Relevanz und als Ergänzung zu den Beständen der Universitätsbibliothek Marburg sind hauptsächlich zu nennen: deutsches und französisches Schrifttum zum Archivwesen ab 1850 (ca. 200 Titel); französische historische Literatur des 17. Jhs zur außerdeutschen Geschichte (ca. 200 Titel); lateinische Werke des 17. und 18. Jhs und deutsche des 19. Jhs zur deutschen Landes- und Ortsgeschichte (ca. 1300 Titel); deutsche und lateinische Leichenpredigten von 1500 bis 1750 (ca. 300 Titel).

2.6 Innerhalb der Hassiaca sind als wichtigste Schwerpunkte hervorzuheben: Geschichte und Genealogie der hessischen Fürsten und Dynasten vom 16. bis 19. Jh, anfangs überwiegend lateinisch, später deutsch (ca. 550 Titel); Antisemitismus in Hessen ab 1850 (200 Titel); Königreich Westfalen (175 Titel) mit großem Anteil französischsprachiger Literatur; kurhessischer Verfassungsstreit im 19. Jh und die Auseinandersetzung mit Sylvester Jordan (600 Titel); im kirchlichen Bereich der Marburger Religionsstreit Anfang des 17. Jhs (100 Titel) und der Kirchenstreit in Oberhessen im 19. Jh (500 Titel); im Bildungsbereich Schulbücher und Jahresberichte von Schulen aus dem 19. Jh (600 Titel). Dazu kommen Universitätsschriften. Aus Marburg liegen seit dem 16. Jh ca. 200 lateinische Vorlesungen sowie aus dem 17. bis 19. Jh ca. 750 überwiegend lateinische Dissertationen vor. Von den anderen hessischen Universitäten, Gießen, Rinteln und Fulda, sind aus dem 17. und 18. Jh insgesamt ca. 400 lateinische Titel vorhanden. Außerdem sind zu nennen: hessische Personalia ab 1600, vorwiegend deutsch (1100 Titel); Musik und Dichtung in Hessen, im 16. bis 18. Jh fast ausschließlich lateinisch, im 19. Jh deutsch (ca. 500 Titel). Der Großteil der Schriften des 16. Jhs (50 Titel) stammt von Helius Eobanus.

Sondersammlungen

2.7 Den Sondersammlungen von sehr unterschiedlicher Herkunft und Ausrichtung sind gemeinsam die jeweils geschlossene Aufstellung, getrennt von der eigentlichen Bibliothek und - falls vorhanden ein eigenes Verzeichnis der Bestände. Den größten Bestand bildet die Amtsdrucksachensammlung mit ca. 10.000 Bdn, hauptsächlich Pflichtabgaben von Behörden, und ca. 2000 in Kästen aufbewahrten Schriften. Dieses sogenannte " Kästlein-Archiv" (Amtsdrucksachensammlung 15) enthält fast ausschließlich Schriften aus dem 16. bis 19. Jh, die leider nur durch eine chronologisch-sachliche bzw. staatliche (nach Fürstentümern) Gliederung erschlossen sind. Eine Verzeichnung bzw. Titelaufnahme für die Kataloge wird vorbereitet. Dadurch sind nur quantitative Abschätzungen, nicht aber qualitative Aussagen möglich. Relativ umfangreich ist der Komplex Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation mit einem Schwerpunkt Reichskammergericht (Wetzlar). In der umfangreichen Abteilung Deutsches Reich ab 1871 läßt sich nicht bestimmen, wieviel des Schriftguts vor 1900 erschienen ist. In der Staatenabteilung sind die hessischen Fürstentümer überproportional vertreten. Größere Bestände bilden noch Preußen und Sachsen.

2.8 Vorwiegend aus der Zeit zwischen 1750 und 1894 (Sammelverbot) sind die 3400 Zeitungsbände. Sie stammen nahezu ausschließlich aus dem Archivsprengel. Der Bestand ist oft fragmentarisch oder ergänzt den der Universitätsbibliothek Marburg. Aus dem 17. Jh sind Einzelstücke aus Frankfurt (ab 1621), Wien (ab 1622) und Hanau (ab 1692) vorhanden. Mengenmäßig dominieren Marburger und Kasseler Zeitungen (über 50 Prozent). Auch hier existiert nur ein veraltetes Verzeichnis.

2.9 Eine ziemlich einmalige Sammlung sind die Mazarinaden. Dabei handelt es sich um 1013 politische Flugschriften aus Paris, erschienen zwischen 1649 und 1652. Sie sind durch ein detailliertes handschriftliches Verzeichnis erschlossen.

2.10 Von den Deposita und Nachlässen ist das größte (welches inzwischen jedoch ins Eigentum des Staatsarchivs übergegangen ist) die Kurfürstliche Bibliothek mit 2900 Bdn. Der weitaus größte Teil der Titel ist deutschsprachig und stammt aus den Jahren 1815-1866. Fremdsprachig sind etwa 170 Titel, hauptsächlich französisch (114) und lateinisch (24), der Rest verteilt sich auf 5 weitere Sprachen. Thematische Schwerpunkte sind hessische Geschichte, Recht, Militaria und Theologie.

2.11 Über beachtliche Anteile an älterer Literatur verfügen auch die Bibliotheken der Livländischen Ritterschaft (357 von 720 Titeln) und der Kurländischen Ritterschaft (177 von 500). Diese Werke stammen vorwiegend aus dem 19. Jh, 44 gehören dem 18. Jh an. Sie sind überwiegend deutschsprachig und beschäftigen sich mit baltischer Geschichte und Genealogie.

2.12 Mit 80 Titeln bildet die Bibliothek des Kantons Rhön-Werra der fränkischen Ritterschaft ein kleines Depositum. Es sind Werke aus dem 16. bis 18. Jh, wobei das 18. Jh mit 69 Titeln den größten Anteil hat. Etwa ein Drittel der Bücher ist lateinisch. Ihr beherrschendes Thema ist die Reichspolitik.

2.13 Die Bibliothek Heer ist eine studentengeschichtliche Bibliothek, speziell der Burschenschaft Arminia Marburg. Von ihren knapp 300 Titeln stammen 25 Prozent (77) aus dem 19. Jh; mit einer Ausnahme sind alle in deutscher Sprache. Weitere Deposita sind die Bibliothek Breidenbach mit 320 Bdn und die Bibliothek der Arbeitsgemeinschaft ostdeutscher Familienforscher mit 880 Bdn. Beide enthalten aber nur geringe Anteile an älterer Literatur.

2.14 An Nachlässen sind zu nennen: (1) der Nachlaß des Berliner Professors der Kunstgeschichte, Hermann Grimm (1828-1901), mit Nachlaßteilen der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm (ein Verzeichnis der ca. 600 Bde ist schon erschienen); (2) der Nachlaß des Pfarrers Rudolph Schlunk. Diese ca. 640 Bde umfassende Spezialbibliothek zur Kirchengeschichte und zur hessischen Renitenz ist unverzeichnet. Dazu kommen noch einige Familienarchive, welche bis auf das der Familie Verschuer (ca. 10 m) unverzeichnet und auch quantitativ unbedeutend sind. Im einzelnen sind dies die Archive von Roques, Kayser, Mannel, Neuschäffer und Grimmell.

3. KATALOGE

3.1 Allgemeine Kataloge

Alphabetischer Katalog

[Zettelkatalog nach PI, unvollständig; enthält auch Sondersammlungen]

Systematischer Katalog

[Zettelkatalog nach PI, unvollständig; mit grobem Schlagwortregister]

Bandkataloge [veraltet; werden nicht mehr benutzt]

Zeitungsverzeichnis [veraltet]

Die Bestände sind weder im Hessischen Zentralkatalog noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

3.2 Sonderkataloge

Handschriftliches Verzeichnis der Mazarinaden

Alphabetischer und Systematischer Katalog der Arbeitsgemeinschaft ostdeutscher Familienforscher

[öffentlich zugänglich]

Bibliothek Breidenbach

[Zettelkatalog, nicht öffentlich zugänglich]

Bibliothek des Kantons Rhön-Werra der fränkischen Ritterschaft

[hschr. Strumpfbandverzeichnis]

Bibliothek Heer [mschr. in Listenform]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Liste der Bestände des Hessischen Staatsarchivs Marburg. Marburg 1963

Repertorien des Hessischen Staatsarchivs Marburg. 1953 ff.

4.2 Darstellungen

Knetsch, Carl: Das Staatsarchiv zu Marburg. In: Archivalische Zeitschrift 39 (1930) S. 43-45

Wrede, Günther: Die Neuaufstellung der Bestände im Staatsarchiv Marburg. In: Hessenland 49 (1938) S. 203-209

Wolff, Fritz: Das Hessische Staatsarchiv in Marburg. 100 Jahre seiner Geschichte. In: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 27 (1977) S. 135-160

Lachmann, Hans-Peter: Hessisches Staatsarchiv Marburg. In: Mitteilungen des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 10 (1985) S. 4-8

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Moritz, Werner (Bearb.): Verzeichnis des Nachlaßbestandes Grimm im Hess. Staatsarchiv Marburg. Marburg 1988 (Repertoiren des Hess. Staatsarchivs Marburg Bestand 340 Grimm; Quellen zur Brüder-Grimm-Forschung Bd 1)

Stand: November 1988

Roland Böhm


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.