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Hofprädikaturbibliothek Langenburg

Adresse. Evangelisches Pfarramt Langenburg, Hauptstraße 10, 74595 Langenburg [Karte]
Telefon. (07905) 230

Unterhaltsträger. Evangelische Kirchengemeinde Langenburg
Funktion. Pfarramtsbibliothek.
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek.

Die Bibliothek ist Teil des Bibliotheksverbundes der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Benutzung nur nach Vereinbarung mit der Zentralen Kirchlichen Bibliotheksstelle beim Evangelischen Oberkirchenrat Stuttgart, Tel. (0711) 2149-442. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Hinweise für anreisende Benutzer. Absprache mit dem Evangelischen Pfarramt Langenburg empfehlenswert. Benutzung nach vorheriger Bestellung nur in den Räumen der Bibliothek des Evangelischen Oberkirchenrats Stuttgart, Gänsheidestr. 4. Straßenbahnverbindung (Linie 15) ab Hauptbahnhof bis Haltestelle Bubenbad. - Parkmöglichkeiten vorhanden.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Im Jahre 1556 schlossen sich die Grafen von Hohenlohe der Reformation an. In Langenburg wurde dabei eine selbständige Pfarrei errichtet. Als Graf Wolfgang (1546-1610) im Jahre 1574 seine Hofhaltung in das Schloß in Langenburg verlegte, wurde Langenburg zur Residenz für die Grafen von Hohenlohe-Langenburg, die Mitte des 18. Jhs mit dem Gesamthaus in den Fürstenstand erhoben wurden. Von 1576 bis zur Eingliederung der Grafschaft Hohenlohe in das Königreich Württemberg (1806) gab es in Langenburg eine Hofprädikatur, mit der das Amt des Stadtpfarrers und von 1579 an auch das Amt des Superintendenten verbunden war.

1.2 Die Langenburger Prädikaturbibliothek ist nach dem Tod des letzten Hofpredigers (1822) in ihrem damaligen Bestand erhalten geblieben mit vereinzelten späteren Zugängen vor allem bei der offiziellen Amtsliteratur (württembergische Kirchengesetze und Agenden). Neben reformatorischer Bibelauslegung bestimmten die Verbindung zum Hof und die Aufgaben der Kirchen- und Schulvisitation den Charakter dieser Bibliothek. Entsprechend findet sich Literatur zu Fragen der (hohenlohischen) Kirchen- und Gottesdienstordnung, zu konfessionellen Auseinandersetzungen zwischen katholischen, lutherischen, reformierten und täuferischen Anliegen, zur Kirchenzucht und zu regionalen pastoralen Bedürfnissen. Besondere Amtspflichten der Hofprädikanten wie die Aufgabe, als Superintendent bei der Visitation der Pfarrer deren Bibliothek zu prüfen, ob sie die für den Kirchendienst gebräuchlichen Bücher aufweist und keine sektiererische Literatur (Hohenloher Visitationsordnung von 1571), spielen ebenso eine Rolle wie der Streit mit dem Langenburger Hofprediger Assum, der 1583 seinem gräflichen Herrn wegen dessen Abendmahlsverständnis die Abnahme der Beichte und das Abendmahl verweigerte. Auch der Streit über den Ostertermin, der 1744 die katholischen und evangelischen Herrschaften in Hohenlohe entzweite, oder schwere Epidemien während des Dreißigjährigen Krieges und auch Fragen der Kirchenzucht (zwischen 1668 und 1672 wurden in Langenburg fünf Frauen wegen Zauberei verbrannt) spiegeln sich in den Bibliotheksbeständen.

1.3 Der bedeutendste Inhaber der Hofpredigerstelle war Johann Christian Wibel (Hofprediger 1749-1772), der Verfasser der Hohenlohischen Kirchen- und Reformationshistorie. Seine nur handschriftlich vorliegenden " Langenburgischen Acta Ecclesiastica" von 1750 enthalten u. a. ein " Verzeichnis der zur Hofprädikatur ... gehörigen gebundenen Bücher". Auf Wibels landes- und kirchengeschichtliche Interessen gehen die vielbändigen Werke zur Welt- und Kirchengeschichte in der Bibliothek zurück. Seinem Nachfolger, Georg Friedrich Koch (Hofprediger 1772-1789), verdankt man das Neu eingerichtete hohenlohische Gesangbuch von 1782, eines der besten der Zeit, das innerhalb von 18 Jahren in 44.000 Exemplaren verbreitet war. Koch war auch ein Kenner der theologischen Literatur, wie sich an verschiedenen Büchereinträgen über die Verfasser oder die Herkunft und die Bedeutung einzelner Werke erkennen läßt. Aus dem Jahre 1772 liegt ein Verzeichnis der Bücher vor, die Koch bei seinem Amtsantritt übergeben wurden. Das nächste Bücherverzeichnis ist eine Abschrift dieser Aufstellung mit Nachträgen bis zum Jahr 1853. Hier sind erstmals auch die im Folioformat vorhandenen Leichen- und Huldigungspredigten verzeichnet. Aus den Jahren 1915 und 1953 stammen weitere Verzeichnisse.

1.4 Wibels Verzeichnis beschreibt die vorhandenen Bücher nach Einband und Format unter folgenden Rubriken: " in Schweinsleder", " in braunem oder französischem Leder", " in Lederrücken und Ecken", " in schwarzem Leder", " in Pergament", " in pergamentnen Rücken und Ecken", " in Pappendeckel und gefärbtem Papier". Dazu erwähnt er öfter die Provenienz oder die Finanzierung eines Werkes. Die späteren Verzeichnisse benennen die Bücher mit Verfasser und (abgekürztem) Titel in fortlaufender Numerierung innerhalb von 4 Formatgrößen. Koch zählte im Jahr 1772 bei Folio 82, bei Quart 105, bei Oktav 89 und bei Duodez 22 Nummern auf. 1953 lauten die Bestandsangaben: Folio 123, Quart 161, Oktav 189, Duodez 44. Die letzte Neuaufnahme (abgeschlossen 1991) erfolgte durch die Zentrale Kirchliche Bibliotheksstelle (ZKB) in Stuttgart.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Da den Verzeichnissen und Katalogen keine systematische Ordnung zugrunde liegt, wird im folgenden der Bestand aufgrund von erkennbaren Schwerpunkten beschrieben.

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Zur Bibliothek gehören 798 Bde Druckschriften (dazu 6 Bde Hss.). Davon sind 116 Bde in Folio, 281 in Quart, 364 in Oktav und 37 in Duodez. Der historische Bestand umfaßt 765 Titel. Davon stammen 100 Titel aus dem 16. Jh, 342 aus dem 17. Jh, 283 aus dem 18. Jh und 40 aus dem 19. Jh. In deutscher Sprache sind 447 Titel (58,4 Prozent) und in lateinischer 309 (40,5 Prozent); 9 Titel entfallen auf andere Sprachen.

Systematische Übersicht

2.3 Zur Exegetischen Theologie sind 104 Titel zu rechnen (19 aus dem 16. Jh, 32 aus dem 17. Jh und 52 aus dem 18. Jh). Darunter sind von Johannes Oekolampad eine Daniel- und eine Hiob-Auslegung (Basel 1530; Basel 1532); von Veit Dietrich Summarien über die Bibel (Nürnberg 1555); von M. Flacius Clavis Scripturae (Basel 1567); von A. Calov Biblia illustrata (Frankfurt 1672 und 1676) und Die Lutherbibel gründlich erörtert (Wittenberg 1681-1682) sowie von J. C. Iselin Historisch und geographisches allgemeines Lexicon (Basel 1729 ff.).

2.4 Für die Systematische Theologie ergeben sich 239 Titel (18 aus dem 16. Jh, 177 aus dem 17. Jh, 42 aus dem 18. Jh). Davon sind 120 akademische Schriften aus dem 17. Jh in Sammelbänden. Die allgemeine Theologie, Dogmatik und Apologetik umfassen 37 Titel, die Ethik umfaßt 25 und die Kontroverstheologie 57. Unter letzteren finden sich Lukas Osianders Enchiridion controversarium (Tübingen 1602-1605), Johann Georg Walchs Historische und theologische Einleitung in die Religionsstreitigkeiten (Jena 1730 und 1733-1736) und 18 Herrnhutiana aus den Jahren 1745-1753, vor allem Streitschriften wie Johann Philipp Fresenius' Nachrichten von Herrnhutischen Sachen (Frankfurt a. M. 1748-1750) oder das Diarium Herrnhutianum (Erfurt 1748-1750).

2.5 Bei der Historischen Theologie bilden unter den 125 Titeln (39 aus dem 16. Jh, 16 aus dem 17. Jh, 66 aus dem 18. Jh) mehrbändige Quellenausgaben und Geschichtsdarstellungen einen hier nicht erwarteten Schwerpunkt. Unter den 44 Quellen-Titeln sind zu nennen ein Sammelband mit 6 reformatorischen Flugschriften (1521 bis 1524) und 2 Lutherausgaben (lateinisch und deutsch, Jena 1556-1558 und 1568-1573 sowie Halle 1740-1750). Daneben finden sich u. a. Ausgaben mit Werken von Augustin (Augsburg 1537), Basilius (Basel 1540) und Philipp Nicolai (lateinisch und deutsch, Hamburg 1617). Unter den Geschichtsdarstellungen sind neben Wibels Hohenlohischer Kirchen- und Reformationshistorie (Ansbach 1752-1755) die Allgemeine Welthistorie (Übersetzungen und Zusätze; Halle 1744-1805, 42 Bde) und die Acta historico-ecclesiastica (mit Fortführungen, Leipzig und Weimar 1734-1793, 51 Bde).

2.6 Die größte Gruppe mit einem Fünftel Hohenlohica bildet die Praktische Theologie mit insgesamt 273 Titeln (20 aus dem 16. Jh, 105 aus dem 17. Jh, 116 aus dem 18. Jh und 32 aus dem 19. Jh). Darunter sind aus dem 16. und 17. Jh 11 Kirchen- und Gottesdienstordnungen, 13 Titel zum Kirchengesang und 23 Leichen-, Huldigungs- und Dankpredigten. Pastoraltheologie und allgemeine Predigtsammlungen sind mit 57 Titeln vertreten, die Erbauungsliteratur mit 45. Besonders erwähnt seien von Kaspar Huber, dem Stiftsprediger und Reformator in Öhringen, Jesus Sirach, Spiegel der Hauszucht genannt (Nürnberg 1588) und von Erasmus Franciscus, dem Langenburgischen Rat, Der höllische Proteus (Gespenstergeschichten; Nürnberg 1695).

2.7 Die nicht-theologische Literatur (24 Titel; 4 aus dem 16. Jh, 12 aus dem 17. Jh und 8 aus dem 18. Jh) besteht u. a. aus Philologie, Geographie und volkstümlicher Medizin. Darunter sind eine Homer-Ausgabe (griechisch und lateinisch, 1589) oder Johann Stumpfs Gemeiner löblicher Eidgenossenschaft Stetten, Landen und Völkern chronikwürdiger Taten Beschreibung (Zürich 1586) und Adam von Lebenwaldts Land-, Stadt- und Haus-Arznei-Buch (Nürnberg 1705).

2.8 Der Bestand zeigt die starke Verflechtung der Bibliothek in die Entwicklung eines eigenen evangelisch-lutherischen Kirchenwesens in der früheren Grafschaft Hohenlohe. Deutlich läßt sich dabei die Gelehrsamkeit einzelner Hofprediger erkennen und die Unterstützung, die ihre Forschung durch den Hof fand. So stellt die alte Bibliothek, die abgeschlossen und unversehrt erhalten geblieben ist, ein Stück Hohenloher Kirchen- und Wissenschaftsgeschichte dar.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Standortkatalog [Zettelkatalog]

Die Bestände sind im landeskirchlichen Zentralkatalog, aber nicht im Zentralkatalog Baden-Württemberg nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Bücherverzeichnis aus dem Jahre 1772

[von Hofprediger G. F. Koch]

Bücherverzeichnis aus dem Jahre 1853

[von Dekan Müller]

Bücherverzeichnis aus dem Jahre 1915

[von Stadtpfarrer Schönhuth]

Bücherverzeichnis aus dem Jahre 1953

[von Archivrat Schumm]

Wibel, Johann Christian: Langenburgische Acta Ecclesiastica, 1750 [Original und Reinschrift, je ein Bd (hschr. im Evangelischen Pfarramt Langenburg)]

Stand: Juli 1991

Gottfried Rau


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.