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Hugenottenbibliothek

Adresse. Französischer Dom, 10117 Berlin [Karte]
Telefon. (030) 2 29 17 60
Bibliothekssigel. <B 2023>

Unterhaltsträger. Consistorium der Französischen Kirche
Funktion. Forschungsbibliothek.
Sammelgebiete. Geschichte der Hugenotten in Berlin und Preußen, Geschichte der reformierten Kirche in den europäischen Ländern, Geschichte der Wallonischen Kirchen und der Waldenser.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10-16 Uhr und nach Vereinbarung. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erforderlich. - S-Bahnhof Friedrichstraße; U-Bahnverbindung (Linie U 6) bis Französische Straße; Busverbindung (Linie 147) bis Haltestelle Gendarmenmarkt. Keine Parkmöglichkeiten.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Der heutige Bestand der Hugenottenbibliothek setzt sich aus drei Teilbibliotheken zusammen, und zwar aus der Bibliothèque du Séminaire de Théologie, der Bibliothèque du Consistoire de l'Église Française du Refuge à Berlin und der Bibliothek des Reformierten Moderamens. Untergebracht ist die Bibliothek im restaurierten Französischen Dom, der auch das 1931 eingerichtete Hugenottenmuseum sowie das bedeutende Hugenottenarchiv beherbergt. Vorübergehend war auch die Bibliothek des Hugenottenvereins von 1903 bis 1990 hier untergebracht, die sich jetzt im Hugenottenzentrum Bad Karlshafen/Weser befindet.

1.2 Die Bibliothek des Theologischen Seminars wurde 1770 als Fachbibliothek für die Ausbildung der Seminaristen gegründet. Ca. 25 Jahre später soll der Bestand bereits auf über 6000 Bde angewachsen sein. Das von Daniel Chodowiecki (1726-1801) geschaffene Exlibris kennzeichnet den heute verbliebenen Bestand. Im Laufe der Zeit ist die Bibliothek durch Geschenke und Nachlässe bereichert worden. Neben Einzelstücken namhafter Gelehrter befinden sich hier Bücher aus dem Besitz Chodowieckis, des Pfarrers und Gelehrten Jean-Pierre Erman (1735-1814), des Bibliothekars der Akademie der Wissenschaften Jean Bernard Merian (1723-1761) und des Königlichen Bibliothekars Jean Henry (1761-1832). Die bedeutendste Sammlung, heute noch am Exlibris erkennbar, ist die des Theologen und Vizepräsidenten der Akademie der Wissenschaften, Charles-Etienne Jordan (1700-1745). Bei der Versteigerung seiner Privatbibliothek am 10. April 1747 erwarb die französische Kolonie über 3000 Titel, die dann den Grundstock der Seminarbibliothek bildeten.

1.3 Im Laufe des 19. Jhs wurde der Seminarbetrieb allmählich eingestellt, da die Studenten nun die Universität besuchten. Auch die Bibliothek erfuhr kein regelmäßiges Wachstum mehr. Vermutlich reduzierte sich der Bestand sogar, denn nach einem Bericht vom Jahre 1904 besaß die Bibliothek nur 4643 Bde. Die weitere Entwicklung ist mangels fachlicher Erschließung und Betreuung unklar. Durch die Zerstörung des Domes 1944 traten erhebliche Verluste ein.

1.4 Die Bibliothek des Französischen Consistoriums zu Berlin wurde ermöglicht durch eine Kapitalstiftung von 5500 Mark, die der Gartenbaudirektor Rudolph Brandt auf Wunsch seiner verstorbenen Gattin Marie, geb. Matthieu, am 21. Februar 1892 dem Consistorium überwies. Von den Zinsen verblieben 200 Mark für die Bibliothek. Es wurde beschlossen, die Mittel zum Ankauf von Manuskripten, Büchern und Bildwerken zu folgenden Gebieten zu verwenden: Geschichte der reformierten Kirche in Frankreich und in der Schweiz; Geschichte der französisch-reformierten Kolonien in Deutschland wie in allen übrigen Ländern; Geschichte der wallonischen Kirchen; Geschichte der Waldenser. Dieses Vorhaben bringt auch das von Prof. A. M. Hildebrandt entworfene Exlibris zum Ausdruck, mit dem dieser Bestand bis heute gekennzeichnet ist. Bis 1892 hatten sich bereits 204 Bde angesammelt, 1893 kamen durch Ankauf 25 und durch Geschenk 9 Titel hinzu. In dem Bericht von 1904 werden für die Bibliothek 589 Bde angegeben, im Berliner Bibliothekenführer von 1906 ca. 700. Danach ist der zugeordnete Bestand nur noch bis etwas über 1000 Titel angewachsen. Auch hier sind Kriegsverluste zu beklagen.

1.5 Die Bibliothek des Reformierten Moderamens ist eine nach 1945 durch Pastor Martin Albertz initiierte Sammlung vorwiegend neuer theologischer Literatur mit heute 468 Titeln. Sie ist gesondert aufgestellt. Der Bestand des Theologischen Seminars und die Bibliothek des Consistoriums wurden nach dem Krieg nicht getrennt, sondern zusammen in zwei Räumen untergebracht, wobei in jedem Raum eine vorläufige Gruppenordnung versucht wurde. Durch Erwerbungen (Kauf oder Geschenk) wird der Bestand zur Hugenottengeschichte weiter ergänzt und fortgeführt. Eine Bestandsschätzung im Jahre 1965 ergab insgesamt ca. 9000 Bde; dies dürfte mit der heutigen Zählung von 6558 Titeln übereinstimmen.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Auszählung der Bestände erfolgte mangels ausreichender Kataloge an den Regalen, wobei die Gruppenaufstellung im Bibliotheksraum auch die Sachgliederung für die Auszählung bildete. Die Auszählung des Bestandes im Archivraum faßt die dort des öfteren durchbrochene Ordnung in eigenen Übersichten zusammen, wobei die Grenzen fließend bleiben.

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Der historische Bestand bis 1900 macht 5424 Titel oder 82,4 Prozent des Gesamtbestandes aus. Davon sind 4 Inkunabeln, 209 Titel aus dem 16. Jh, 976 aus dem 17. Jh, 1826 aus dem 18. Jh und 2409 aus dem 19. Jh. Dazu kommen 84 Titel aus der Bibliothek des Moderamens, und zwar einer aus dem 17. Jh, 6 aus dem 18. Jh und 77 aus dem 19. Jh. Dem Sammlungsprofil entspricht der hohe Anteil von 2528 Titeln in französischer Sprache (46,6 Prozent). In Deutsch sind 1923 und in Lateinisch 837 Titel vorhanden. Von den übrigen 118 Titeln sind 39 in Griechisch, 33 in Italienisch, 17 in Englisch, 9 in Hebräisch und 20 in anderen Sprachen. Die Titel der Moderamensbibliothek sind überwiegend in Deutsch.

Systematische Übersicht

2.3 In der Bibliothek sind alle wichtigen Publikationen über die Glaubenslehre, den Glaubenskampf, die Geschichte und einzelne Personen der Hugenotten in französischen und deutschen Ausgaben vorhanden. Der Bestand im Bibliotheksraum umfaßt 43 Periodika bis 1900, hiervon allein 20 französische aus dem 18. Jh. Es sind 44 allgemeine Nachschlagewerke und Wörterbücher vorhanden, und zwar 3 aus dem 16. Jh, 16 aus dem 18. Jh und 25 aus dem 19. Jh. Eine zusammenfassende Gruppe mit Karten und landeskundlichen Werken, Gesetzessammlungen, Werken zur Münzkunde, Astronomie, Zoologie, Botanik, Rhetorik, mit Lehrbüchern und Kunstmappen weist 120 Titel auf, die überwiegend aus dem 16. bis 18. Jh stammen. Bedeutend ist die Bibelsammlung mit 73 Ausgaben und 7 Konkordanzen. Hierunter befinden sich Unica wie die nur noch in der Staatsbibliothek zu Berlin vorhandene Calvin-Olivetan-Bibel von 1536 und eine ziemlich vollständige Reihe von Hugenottenbibeln.

2.4 Die Gruppe Reformierte Gemeinde Berlin enthält 660 Titel, davon 537 in französischer Sprache. Vertreten sind vor allem die Werke hugenottischer Autoren und viel biographisches Material. Des weiteren sind die französisch-reformierten Gemeinden Deutschlands außerhalb Berlins zusammengefaßt. Von den 127 Titeln in dieser Gruppe, dazu 219 aus dem frühen 20. Jh, ist der größere Anteil in deutscher Sprache. Die Reformationsgeschichte Frankreichs mit 420 Titeln weist vor allem eine große Calvin-Sammlung auf. Es folgen die Reformationsgeschichte der Schweiz mit 295 Titeln sowie der Niederlande, Englands, der Wallonen und Waldenser mit insgesamt 404 Titeln.

2.5 Die weiteren Aufstellungen im Bibliotheksraum gehen über die engere Hugenottengeschichte hinaus. In der Gruppe Geschichte und Literatur Frankreichs sind 103 Titel vorhanden. Die brandenburgisch-preußische Geschichte und Kirchengeschichte zählt 46 Titel, Deutsche Geschichte, Theologie und Literatur 228 Titel, wobei vor allem die deutsche Reformationsgeschichte gut dokumentiert ist. Überwiegend aus der Seminarbibliothek stammt die Sammlung griechisch-römischer Klassiker bis hin zu mittelalterlichen Autoren mit 135 historischen Ausgaben. Diese sind teilweise auch vertreten in der Gruppe Philosophie mit 69 Titeln, unter denen sich aber vor allem Werke der Aufklärungszeit befinden, wie verschiedene Ausgaben der Werke Christian Wolffs. Zur Geschichte der Hugenotten gehört auch die Auseinandersetzung mit dem Katholizismus. Die Gruppe Katholische Autoren enthält 145 Titel, darunter 106 von französischen Autoren. Die letzte Gruppe, Kunst und Belletristik, weist 22 historische Titel aus.

2.6 Im Archivraum sind zur Hugenottengeschichte noch einmal 97 Titel (89 aus dem 20. Jh) vorhanden, vor allem zu einzelnen Gemeinden und Biographien. Der große Bereich Theologie weist wiederum 34 Bibelausgaben auf sowie 97 Gesangbücher, davon 52 in französischer Sprache. Die Disziplinen Kirchengeschichte, Bibelwissenschaften, Dogmatik und Grenzfragen verzeichnen 1383 Titel. Besonders hervorzuheben sind die Werke zur Ethik aus der Aufklärungszeit. Zu einem guten Teil aus dem Jordanschen Nachlaß stammt die hier aufgestellte Sammlung lateinischer und griechischer Klassiker mit 97 Ausgaben. Die Sammlung zur Philosophie weist 109 Titel vorwiegend aus dem 18. Jh auf. Dazu kommen noch 10 Werke zur Mathematik und 16 Bde der Schriften der Akademie der Wissenschaften. Eine große Gruppe bilden die Werke zur Geschichte mit 327 Titeln, die Hälfte davon in französischer Sprache. Schließlich ist die Literatursammlung mit 275 Titeln nicht unbedeutend, vor allem die 181 französischen Ausgaben mit zahlreichen Werken der Theaterliteratur des 18. Jhs.

3. KATALOGE

3.1 Moderner Katalog

Alphabetischer Katalog [nach PI; noch unvollständig]

3.2 Historische Kataloge

Catalogue raisonné de la Bibliothèque du Séminaire [18. Jh; 2 Bde; hschr. mit kurzen Inhaltsangaben]

Systematischer Bandkatalog der Consistorialbibliothek [mit alphabetischem Register; geführt bis ca. 1940]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Protokolle des Französischen Consistoriums, seit 1893

Bericht des Königl. Konsistoriums der Provinz Brandenburg über die Kirchenbibliotheken an den Evang. Oberkirchenrat Berlin, 29. April 1904 [Ev. Zentralarchiv Berlin, Best. 7, Nr. 5909, zwischen Bl. 61 und 64]

Steudtner, Kurt: Bericht über die Arbeiten zur Neuordnung der Hugenottenbibliothek im Französischen Dom Berlin vom 1. November 1965 [Archiv, Rep. Bibliothek. Auch in der Deutschen Staatsbibliothek zu Berlin, Zentrale Registratur, Akte 6 II A 29]

4.2 Darstellungen

Erman, Jean-Pierre: Tableau du Séminaire de Théologie. Berlin 1795

Erster Bericht über die Bibliothek des Französischen Consistoriums zu Berlin für das Jahr 1893. Berlin 1894 (Beilage zur Zeitschrift Die französische Colonie, 1894)

Laminski, Adolf: Historisch bedeutende Kirchenbibliotheken in Berlin. In: Die Kirche. Berliner Ausgabe 42 (1987) Nr. 47

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Pablo, Jean de: Reformationsschriften im Hugenottenmuseum. Sonderdruck aus: Die Hugenottenkirche. Berlin 1961, Nr. 7

Pablo, Jean de: Reise in die Vergangenheit. In: Die Hugenottenkirche 24 (1971) Nr. 11, 12; 25 (1972) Nr. 1

Stand: März 1995

Adolf Laminski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.