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Knihovna jezuitského gymnázia v Brne ulozena v Moravské zemské knihovne

Bibliothek des Jesuitengymnasiums in Brünn deponiert in der Mährischen Landesbibliothek


Adresse. Moravská zemská knihovna/Univerzitní knihovna, Kounicova 1, 601 87 Brno

Unterhaltsträger. Moravská zemská knihovna/Univerzitní knihovna [Mährische Landesbibliothek/Universitätsbibliothek]
Funktion. Historische Gymnasialbibliothek.
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzstudium in der Mährischen Landesbibliothek/Universitätsbibliothek (s. Eintrag dort).

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Am 6. August 1578 eröffnete der Brünner Jesuitenrektor P. Alexander Heller das neue Gymnasium, das im Jahre 1598 250 und 1604 bereits 400 Schüler zählte. Bei der Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1773 hatte das Gymnasium einen Präfekten, 6 Lehrer und 343 Schüler in 6 Klassen. Danach wurde das Gymnasium als staatliche Lehranstalt weitergeführt.

1.2 Die Brünner Gymnasialbibliothek tstand durch die von Kaiserin Maria Theresia 1774 angeordnete Übergabe von zweckmäßigen Büchern für den Schulunterricht aus dem aufgehobenen Jesuitenkollegium. Hinzu kamen Duplikate aus der Olmützer Lyzealbibliothek (s. Eintrag Staatliche wissenschaftliche Bibliothek Olmütz) und durch Kauf erworbene Bücher des 1796 gestorbenen Präfekten Franz Mesitzky. Der Bestand zählte im Jahre 1798 ca. 700 Bde. Ein vergleichsweise hoher Anteil stammt aus aufgehobenen mährischen Klöstern, besonders aus den Jesuitenkollegien in Opava [Troppau] und Olomouc [Olmütz], den Brünner und Olmützer Kartäuserklostern und dem Prämonstratenserkloster Znojmo-Louka [Bruck a. d. Thaya]. Unter den Olmützer Duplikaten und in Mesitzkys Bibliothek befinden sich auch Reste der verstreuten Privatbibliotheken des Brünner Advokaten Alexander Wilhelm Balaus (1711-1752), des Olmützer Domherrn Franz Gregor Graf von Giannini (1688-1758) und besonders der ehemaligen Jesuiten Leopold von Hoditz und Franz Hassenwein von Festenberg (nach seinem Tod 1801 durch Kauf erworben).

1.3 Zum Ausbau der Bibliothek erhielt der Präfekt des Gymnasiums im Jahre 1811 vom staatlichen Studienfonds eine außerordentliche Dotation von 410 Gulden. 1816 bewilligte Kaiser Franz II. den Lehranstalten in Orten, in denen keine öffentlichen Bibliotheken bestanden, 6 Jahre lang eine Dotation von 200 Gulden und danach jährlich 50 Gulden für den Kauf von Büchern. In Mähren und Schlesien galt dies für die Gymnasien in Brünn, Jihlava [Iglau], Znojmo [Znaim] und Opava.

1.4 Das Brünner Gymnasium wurde im Jahre 1808 auf 6 Klassen erweitert und 1817 zu einem akademischen Gymnasium erhoben. Weiterhin wurde 1808 in Brünn eine philosophische Lehranstalt errichtet (ein zweijähriger Kursus der Philosophie an Orten mit Gymnasium und bischöflichem Seminar), die 1851 mit dem Gymnasium vereinigt wurde. Der Religionsprofessor Benedikt Richter hatte bei der philosophischen Lehranstalt 1832 eine eigene Bibliothek geschaffen, die im Jahre 1834 567 Bde umfaßte. Der Bestand beider Bibliotheken zählte 1851 zusammen 4129 Bde und wurde fortan systematisch erweitert. 1877 erreichte er bereits 5323 Bde. Hinzu kamen 2655 Broschüren in der Professorenbibliothek und 2880 Bde in der Schülerbücherei.

1.5 Die Schule, die zuletzt den Namen Erstes deutsches Gymnasium trug, wurde 1945 aufgehoben. Die historischen Kataloge gingen verloren. Die Bibliothek wurde unter mehreren Interessenten aufgeteilt. Ein Teil gelangte in die Brünner Landes- und Universitätsbibliothek, vor allem die neuere Literatur nach 1800, die das Schicksal der deutschen Konfiskationen und sogenannten Bücherreserven geteilt hatte. Die Universitätsbibliothek erhielt von der Philosophischen Fakultät der Brünner Universität um 1960 einen weiteren beträchtlichen Teil der alten Gymnasialbibliothek, bei dem es sich um den Kern der historischen Bestände handelte. Beide Teile konnten wieder zusammengeführt werden und sind heute in einem Depot außerhalb Brünns als selbständiges historisches Ganzes untergebracht.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Der Gesamtbestand umfaßt 2696 Bde, davon 1570 Bde (58 Prozent) aus der Zeit vor 1800. Zwei Bde tfallen auf das 15. Jh, 333 auf das 16. Jh (12 Prozent), 207 auf das 17. Jh (7,6 Prozent), 1030 auf das 18. Jh (38 Prozent) und 1010 auf das 19. Jh (37 Prozent). 106 Bde wurden nach 1900 gedruckt. Sprachlich überwiegen Drucke in deutscher Sprache mit 1455 Bdn (54 Prozent), 36 Prozent sind in lateinischer Sprache (989 Bde) erschienen, der Rest in Griechisch (124 Bde, zumeist Klassikerausgaben mit deutschem Kommentar), Französisch (68), Tschechisch (28), Italienisch (14), Englisch (4), Serbisch (3 in Wien gedruckte Lehrbücher) und Ungarisch (einer).

2.2 Die zwei lateinischen Inkunabeln aus Basel und Mainz sind in die Inkunabelsammlung der Brünner Universitätsbibliothek eingegliedert worden. Die Ausgabe der Epistolae des Hieronymus (Mainz: Peter Schöffer 1470) ist die älteste genau datierte Inkunabel dieser Sammlung.

2.3 Unter den 333 Bdn des 16. Jhs sind nur 5 deutschsprachige Schriften: ein Sammelband mit 4 juristischen Drucken, die das Fürstentum Steyer betreffen (Augsburg 1583), und Sebastian Münsters Cosmographey (Basel 1569). Hinzu kommen einige mehrsprachige Wörterbücher mit deutschem Text (z. B. Calepinus). Die lateinischen Drucke aus dem deutschen Kulturraum umfassen 179 Bde. Es handelt sich um Ausgaben der griechischen und besonders der lateinischen Klassiker (mit dazugehörigen Kommentaren), um neulateinische Dichtung, Grammatiken, Werke zu Stilistik, Rhetorik und Metrik, Florilegien, Vokabularien und Lexika. Die Drucke stammen aus Basel (58); Köln (23); Frankfurt a. M. (21); Straßburg (19); Ingolstadt (9); Leipzig und Wien (je 8); Wittenberg (6); Heidelberg (5); Dillingen, Hagenau, Nürnberg, Neiße und Zürich (je 2); Augsburg, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/Oder, Freiburg i. Br., Graz, Hanau, Magdeburg, Marburg, Siegen, Tübingen sowie Montbéliard [Mömpelgard] (je einer).

2.4 Nicht nur die Alten Drucke, sondern auch die Schriften des 19. Jhs spiegeln die an der Schule gelehrten Fächer wider, vor allem das Studium der lateinischen Sprache und Literatur. Eine untergeordnete Rolle spielen Griechisch, Mathematik, Geographie und Geschichte. Seit den Theresianischen und Josephinischen Reformen wurde auch auf die deutsche Sprachausbildung Wert gelegt. Vom 18. Jh an überwiegen Lehr- und Schulbücher, Schulausgaben und Literatur, die für den Gymnasialunterricht geeignet war. Darunter befinden sich auch einige seltene Ausgaben der Werke von Comenius, z. B. Griechisches Comenianisches Vestibulum, mit beygefügter deutscher Übersetzung (Berlin und Potsdam 1732) und Janua linguarum aurea reserata in einer lateinischen und griechischen Ausgabe sowie einer lateinischen und italienischen (beide Leipzig 1789).

3. KATALOGE

3.1 Moderner allgemeiner Katalog

Alphabetischer Katalog

[Zettelkatalog; nach PI; angelegt bei der Zusammenführung wichtiger Teile der Gymnasialbibliothek in der Brünner Universitätsbibliothek]

3.2 Moderner Sonderkatalog

Vobr, Jaroslav; Dokoupil, Vladislav: Catalogus librorum saec. XVI typis impressorum, qui in bibliotheca Wesseliensi Comitum Chorinsky de Ledske nec non in bibliotheca gymnasii quondam Soc. Jesu Brunae asservantur. Brünn 1977

[Alphabetischer Katalog; nach PI; mit vielen Registern]

Die Inkunabeln (2), Postinkunabeln 1501-1520 (39) und Comeniana (4) sind in den entsprechenden Gesamtkatalogen der Mährischen Landesbibliothek in Brünn verzeichnet (s. Eintrag dort, 3.2).

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Hanzely, Karl Josef: Gloria posthuma studiosorum Brunensium. Brünn 1798

Elvert, Christian d': Geschichte der Studien-, Schul- und Erziehungs-Anstalten in Mähren und Oesterr. Schlesien. In: Schriften der historisch-statistischen Sektion der k.u.k. mähr. schles. Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde. Heft 10. Brünn 1857

Geschichte des Deutschen Staats-Ober. Gymnasiums in Brünn von der Gründung des selben im Jahre 1578 bis zum Jahre 1878. Festschrift zur Jubel-Feier seines 300jährigen Bestandes. Brünn 1878

Festschrift zur Feier des 350jährigen Bestandes des Deutschen Staatsgymnasium in Brünn. Brünn 1928

Die Entwicklung der Bibliothek (besonders die statistischen Daten) ist in den Schulprogrammen zu verfolgen: zuerst lateinisch erschienen als Nomina juvenum und Juventus, von 1850 an in deutscher Sprache als Programm und Jahresbericht.

Stand: Juni 1992

Jaroslav Vobr

Ergänzt: April 1998


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.