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Bibliothek des Kapuzinerklosters

Adresse. Falkenburg 1, 8952 Irdning [Karte]
Telefon. (03682) 61 35

Unterhaltsträger. Wiener Kapuzinerprovinz
Funktion. Historische Klosterbibliothek, Hausbibliothek.
Sammelgebiete. Theologie, besonders Predigtliteratur und Aszese.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. - Benützung für die Öffentlichkeit nur auf Anfrage, Kontaktperson P. Fidelis. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für Benützer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benützer. Anmeldung erforderlich. Bibliotheksräume im Winter nicht beheizbar. - Zugverbindung bis Stainach-Irdning (Strecke Graz-Salzburg oder aus dem Salzkammergut ab Attnang-Puchheim), von dort Buslinie oder Fußweg (ca. 45 Minuten) nach Irdning. - Ennstal-Bundesstraße.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das Kloster in Irdning geht auf eine Schenkung im Jahre 1711 zurück. Damals ließ Sigismund Friedrich Graf von Welsersheimb (*1652), Herr auf Gumpenstein, Welsberge und Falkenburg, seine Falkenburg mit Zustimmung des Abtes von Admont in ein für zwölf Patres vorgesehenes Kloster umbauen. Er schenkte es den Kapuzinern, die damals bereits Niederlassungen in Wien, Niederösterreich, Kärnten, Oberösterreich und der Steiermark führten und sich für die Betreuung des steirischen Salzkammergutes lange vergeblich um eine Niederlassung in Aussee bemüht hatten. Baron Sigismund wohnte noch einige Jahre im Kloster. Seine beiden kleinen Räume mit Stuckdecken, alten Türrahmen und Beschlägen, die Grafenzimmer, beherbergen heute die Bibliothek des Loci Capucinorum Falkenburgi Irdningae, wie der Besitzvermerk des Klosters in den Büchern lautet.

1.2 Der Altbestand dieser Bibliothek gründet sich auf Wiegengaben aus dem benachbarten Admonter Benediktinerstift und dem Collegium Hospitalense in Spital am Pyhrn; einige der ältesten Bücher tragen auch das Exlibris des Grafen Sigismund. 1788 wurde mit dem ersten und bis jetzt einzigen Katalog begonnen. Er dokumentiert bereits eine auf 3054 Bandnummern erweiterte Bibliothek, systematisch gegliedert und aufgestellt nach jenem Materienschema aus 24 Buchstaben, das auch andere Bibliotheken der steirischen Kapuzinerprovinz aufweisen. Eine regionale Besonderheit liegt in der getrennten Aufstellung der lateinischen und deutschsprachigen Predigt- und Aszeseliteratur, die den Schwerpunkt der auf Seelsorge und Inlandsmission ausgerichteten historischen Irdninger Kapuzinerbibliothek bildet.

1.3 Die Bestände aus dem 19. Jh sind gering. Eine schöne Sammlung mit z. T. bibliophilen Ausgaben zur Literatur (Goetheana, Shakespeare, österreichische Literaten um 1900), Biographien, Briefwechsel, Kunst- und Literaturgeschichte aus der Zeit der Jahrhundertwende bis in die zwanziger Jahre stammt vom ersten Provinzial der 1920 neugegründeten Wiener Ordensprovinz, . Franziskus Reiter (1883-1975), der auch Berater der Dichterin Enrica von Handel-Mazzetti war. Bis 1927 dienten diese Literaturausgaben der privat organisierten Gymnasialausbildung der Jungkapuziner in Irdning. Kapuzinerkloster

1.4 Im Zweiten Weltkrieg hoben die Nationalsozialisten das Kloster auf, die Bibliothek blieb jedoch relativ unversehrt. Der tscheidende Eingriff in den Bestand der alten Irdninger Bibliothek erfolgte in den siebziger Jahren des 20. Jhs. 1974 kamen die 42 im alten Katalog unter Libri gothici angeführten Inkunabeln, 1979 25 weitere wertvolle Bücher aus den anderen systematischen Gruppen aus pflegerischen und Sicherheitsgründen ins Kapuzinerkloster Klagenfurt. Im Rahmen einer Forschungsarbeit an der Klagenfurter Universitätsbibliothek sollten sie dort bearbeitet werden. Dieser Transaktion voran ging die von der Steiermärkischen Landesbibliothek durchgeführte Erstellung eines Verzeichnisses der Widmanstetter Drucke und Inkunabeln (s. u. 5). Der verbliebene Altbestand, eigentlich also der Rumpf der historischen Irdninger Klosterbibliothek, weist beträchtliche Verfallserscheinungen (Stockflecken, Holzwurm in den Buchdeckeln, Feuchtigkeitseinwirkung) auf, beeindruckt aber immer noch durch einige wunderschön geprägte Ledereinbände.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die in den beiden Grafenzimmern aufgestellte Bibliothek besteht aus 5740 Bdn. Diese umfassen neben den theologischen Werken des 20. Jhs die eigentliche historische Klosterbibliothek mit 856 Titeln in 1290 Bdn, den Bestand des 19. Jhs mit 420 Titeln und rund 1600 Bde einer bibliophilen Sammlung (s. o. 1.3) aus der Zeit der Jahrhundertwende bis in die zwanziger Jahre des 20. Jhs. Den Angaben liegt die Auszählung sowohl des Gesamt- als auch des Altbestandes am Regal zugrunde. Der einzige Katalog, angelegt 1788, entspricht nicht mehr dem heutigen Bestand und gibt keine Erscheinungsjahre an.

2.2 Der vor 1900 erschienene Bestand umfaßt, nach Jahrhunderten gegliedert, 2 Inkunabeln, 42 Titel des 16. Jhs (besonders Bibelausgaben, Kirchengeschichte und Bücher der Materie Philosophia, Medici), 275 Titel des 17. Jhs mit dem Schwerpunkt auf lateinischer Predigtliteratur sowie 520 Titel aus dem 18. Jh (deutsche Predigtwerke, Meditationsbücher). Das 19. Jh ist mit 420 Titeln vertreten.

2.3 Außer einem altgriechischen Katechismus und 15 Titeln der Gruppe Libri Italici besteht die historische Irdninger Klosterbibliothek zur Hälfte (450 Titel) aus lateinischen Büchern, der andere Teil, vorwiegend Predigt- und Aszeseliteratur, ist deutschsprachig.

Systematische Übersicht

2.4 Der Aufstellung des Bestandes bis 1800 liegt noch immer die alte Ordnung in 24, meist jedoch wenig umfangreiche Sachgruppen zugrunde, wie sie der Catalogus Bibliothecae von 1788 anführt. Die Bücher des 19. Jhs stehen getrennt davon in den nach theologischen Fachgruppen geordneten Regalen für den modernen Bestand.

2.5 Bei den Büchern aus der Gruppe Biblia Sacra handelt es sich um 37 Bibeln und Konkordanzen, darunter befinden sich aus dem 16. Jh eine antilutherische des Jahres 1534, eine Bibel aus Lyon mit zahlreichen Holzschnitten (1588) und die Biblia ad Vetustissima (Frankfurt 1566) mit dem Exlibris des Klostergründers Sigismund. Ebenso wie bei den 45 anschließend aufgestellten lateinischen Expositores und Bullaria (3 Titel des 16. Jhs, je 20 des 17. und 18. Jhs, 2 des 19. Jhs) sind ihre Holzdeckel häufig mit geprägten hellen Ledereinbänden überzogen und von Schließen zusammengehalten.

2.6 Unter Theologi Controversistae stehen 54 Bücher (5 des 16. Jhs, 13 des 17. Jhs und 36 des 18. Jhs), einige auch mit pastoraltheologischem Inhalt sowie Predigten (Abraham a Santa Clara). Die 55 Titel moraltheologischer Autoren und die 37 unter Canonistae et Civilistae zusammengefaßten juridischen Werke haben ihren Schwerpunkt im 18. Jh.

2.7 Die Predigtliteratur besteht aus 108 Titeln der Concionatores Latini, wovon 70 Prozent aus dem 17. Jh stammen, viele mit dem Besitzvermerk des Benediktinerstifts in Admont. Die größte Sachgruppe aber stellen die Concionatores Germanici mit 163 Titeln, darunter Werke von Florentius Schilling, Abraham a Sancta Clara (30 Titel im Adligat) und Kapuzinerautoren (für das 17. Jh sind besonders die Salzburger Kapuziner gut vertreten). Unter den Drucken des 18. Jhs (120 Titel) sind auch Übersetzungen französischer Prediger sowie Werke des Kapuzinerautors Lucas von Rottenfels.

2.8 Neben 48 Katechismen und Postillen, einige nach der Vorlage des Petrus Canisius, steht die kleine Gruppe von 18 Titeln an Rubricistae und Ritualia. Der Bereich der Bekenntnis- und Erbauungsliteratur enthält vorwiegend Werke des 18. Jhs und ist in 36 Titel der Ascetae Latini, 22 Titel der Ascetae Germanici, 42 Werke zum Leben Jesu oder anderer Heiliger sowie 34 Libri Meditationum gegliedert. Die Literatur über das Ordensleben, die Libri Ordinis und Libri Regulares et Lexica, umfaßt weitere 36 Titel.

2.9 Zur Geschichte sind 15 profane Werke vorhanden, u. a. eine deutsche Chronik des Johann Conradt Meckern aus Konstanz (1596), Nicolaus Lloyds Dictionarium Historicum Geographicum (1693) und eine Reisebeschreibung Salomon Schweiggers (1664) mit zahlreichen Holzschnitten sowie 27 kirchengeschichtliche Bücher (4 davon enthalten antilutherische Darstellungen des 16. Jhs im Adligat).

2.10 Unter der 38 Titel zählenden Materie Philosophia, Medici, die die profane geistes- und naturwissenschaftliche Literatur zusammenfaßt, befinden sich einige frühe, auch illustrierte Werke (z. B. Joseph Schmidts Spiegel der Anatomie von 1656 mit 80 Kupferstichen, diverse Chirurgische Wegweiser und Curiöse Hautdiener des 17. Jhs, ein Arzneibuch mit Holzschnitten des 16. Jhs, das im Adligat mit einem bei Aldus Manutius erschienenen Predigtdruck in eine alte Pergamenthandschrift eingebunden wurde, sowie Bartholomäus Marante Venusinos Diagnostik in einer Ausgabe von 1559).

2.11 Die restlichen Gruppen der alten Bibliothek (Libri precatorii, promiscui, italici, die Examina Ordinandorum, Humanistae et Grammatici und die ehemalige Inkunabelgruppe der Libri gothici) beinhalten heute insgesamt nicht mehr als 34 Titel, darunter ein undatiertes Buch über das Schlaraffenland mit dem Admonter Exlibris und eine in Basel gedruckte Chronik von 1481.

2.12 Bei dem in die moderne Bibliothek integrierten Bestand von 420 Titeln des 19. Jhs stellen die aszetische Literatur (einige schöne Thomas a Kempis-Ausgaben der Biedermeierzeit), Bücher von Kapuzinerautoren und zu den verschiedenen Aspekten des Ordenslebens der Kapuziner bzw. der Franziskaner die Schwerpunkte im Bereich der Theologie dar. Weitere rund 100 Titel des 19. Jhs sind aus der Bibliothek des Büchersammlers P. Franziskus Reiter (Klassiker- und Romantiker-Ausgaben der ersten Jahrhunderthälfte, Literaturgeschichten und Lexika zur Jahrhundertwende). Der Hauptbestand dieser Sammlung stammt jedoch aus den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jhs.

3. KATALOGE

Catalogus Bibliothecae Capucinorum Irdningensis

[Ordo alphabeticus, ab anno 1788; hschr. Bandkatalog, führt Bestand in 24 Sachgruppen an, von den dort aufgelisteten 3054 Bdn sind heute jedoch nur mehr 1290 vorhanden]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Brunner, Walter: Irdning. Geschichte eines obersteirischen Marktes. Irdning 1990 [zum Kapuzinerkloster S. 215, 428, 432-443]

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Graff, Theodor: Bibliographia Widmanstadiana. Die Druckwerke der Grazer Offizin Widmanstetter 1586-1805. Graz 1993 (Arbeiten aus der Steiermärkischen Landesbibliothek, 22) [darin 40 Drucke der Irdninger Bibliothek]

Stand: April 1993

Konstanze Mittendorfer


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.