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Adresse. Kapuzinerberg 15, 4910 Ried (Innkreis)
[Karte]
Telefon. (07752) 822 51-0
Unterhaltsträger. Tiroler Kapuzinerprovinz
Funktion. Historische Hausbibliothek für pastorale Aufgaben.
Sammelgebiete. Theologie, Predigtliteratur und pastorale Behelfe. -
Der Altbestand wird nicht vermehrt.
Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. - Benützung nur nach
schriftlicher Vereinbarung. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Hinweise für anreisende Benützer. Schriftliche Anmeldung und
bestätigende Rückantwort erforderlich. - Westbahn bis Wels, Lokalbahn bis
Ried. - A 1 bis Linz, A 25 Richtung Passau bis Knoten Ried, B 141
bis Ried.
1.1 Das Kloster in Ried wurde in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges 1643 gegründet und 1645 besiedelt. Es ist anzunehmen, daß zugleich mit dem Beginn der pastoralen Tätigkeit der Kapuziner auch die ersten Bücher für den liturgischen und seelsorglichen Gebrauch angeschafft worden sind. Über das Schicksal einer allenfalls vorhandenen Bibliothek ist bis ins 18. Jh jedoch nichts bekannt. Daß die Unbilden des Schwedeneinfalls 1648 und des Spanischen Erbfolgekrieges (1700-1714/1715) nicht spurlos am Kloster und der Bibliothek vorbeigegangen sind, ist vorstellbar.
1.2 1785 löste Joseph II. das Kloster in Ried auf. Mit den Archivalien und der Klosterchronik dürften dabei auch zahlreiche Bücher verlorengegangen sein. Der Konvent zerstreute sich, das Haus wurde enteignet und die Seelsorge der Stadtpfarre übertragen. Das Klostergebäude erlitt infolge der Verwüstungen durch die Franzosenkriege großen Schaden. In den folgenden Jahrzehnten diente es unterschiedlichen Zwecken, u. a. auch als Behausung für Militär und sogenannte Leprositen, d. h. für unstete, verwahrloste und an ansteckenden Krankheiten leidende Menschen.
1.3 Erst 1862 besiedelten wieder Kapuziner das Rieder Kloster. Mit diesem Neubeginn kamen als Grundausstattung auch Bücher ins Haus, deren Auswahl sich in erster Linie aus den seelsorglichen Aufgaben der Kommunität ergab. Sie stammten zum größten Teil aus (z. T. Dubletten-) Beständen anderer Klöster.
1.4 Während des nationalsozialistischen Regimes mußten die Räume des Klosters fast vollständig geräumt werden. Die Bücher wurden zwar größtenteils bei Privatpersonen untergebracht, doch verschwand auch ein nicht geringer Teil des Bestandes, der in einem Abstellraum des Konventes gelagert worden war. 1946 begann man mit der Rückführung der Bücher und deren Neuaufstellung sowie Katalogisierung, die bis 1960 weitergeführt wurde. Wegen Personalmangels mußten die regelmäßige Betreuung der Bibliothek sowie der Ankauf von Büchern eingestellt werden.
1.5 Die vornehmlich Altbestand umfassende Bibliothek wird nicht mehr benützt. Heute dient eine viel kleinere Handbibliothek mit den notwendigsten Nachschlagewerken und der wichtigsten zeitgenössischen theologischen Literatur den Bedürfnissen der Gemeinschaft.
Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen
2.1 Bei einem Gesamtbestand von 7500 Titeln entfallen 20 auf das 16. Jh, 90 auf das 17. Jh, 460 auf das 18. Jh und 3190 auf das 19. Jh. 450 Titel weisen kein Erscheinungsjahr auf, gehören jedoch zum größten Teil dem historischen Bestand an, der somit etwa 4200 Werke umfaßt. Von den im 20. Jh erschienenen Publikationen bilden etwa 500 die derzeit in Gebrauch stehende Handbibliothek. Die Bücher der Hauptbibliothek sind systematisch aufgestellt.
2.2 3650 Titel sind deutschsprachig, 480 sind in Latein verfaßt, 60 in anderen Sprachen (Griechisch, Französisch, Italienisch, Englisch). Die Zahlen wurden anhand des Kataloges ermittelt und gerundet.
Systematische Übersicht
2.3 Der Bestand an Biblica umfaßt 160 Titel, darunter nur wenige Bibelausgaben, z. B. die Heilige Schrifft deß Alten und Neuen Testaments, übersetzt von Thomas Erhard (Augsburg 1730), und mehrere Kommentare, u. a. Claudius Guilliaudus' In sacrosanctum Iesu Christi Evangelium secundum Matthaeum Commentarii (Paris 1562), Franciscus Mendozas Commentariorum in quattuor libros Regum (Lyon 1633) und Augustinus Calmets Commentarius literalis in omnes libros Veteris et Novi Testamenti (Venedig 1797). Die Patristik ist mit einigen alten Editionen der Werke des Augustinus und Bernhards (Aurelius Augustinus' und Bernhard von Clairvaux' Opera omnia, Antwerpen 1576 bzw. 1586) vertreten, die Scholastik mit Werken Bonaventuras (In Libros sententiarum elaborata Dilucidatio, Venedig 1573) und Thomas von Aquins (Enarrationes, quas Cathenam vere Auream dicunt in quattuor Evangelia, Venedig 1572). Beide Titelgruppen zählen zusammen 130 Einheiten.
2.4 Zur Dogmatik - inklusive kontroverstheologischer Schriften und Apologetik - finden sich 360 Titel. Hervorzuheben sind Thomas von Aquins Summa totius Theologiae (Venedig 1586), Paul Mezgers Theologia Scholastica Salisburgensis (Augsburg und Dillingen 1695) und das Handbuch der katholischen Dogmatik von Matthias Joseph Scheeben (Freiburg 1873-1901). Die kontroverstheologischen Traktate Robert Bellarmins (Disputationes de controversiis christianae fidei adversus huius temporis haereticos, Ingolstadt 1588), aber auch namentlich nicht genannter jesuitischer Autoren, wie Der durch sich selbst Entlarvte Luther (Oehringen 1717) und Lutherisches Jubeljahr Das ist: Jammer- und Leydvolles Jubel-Fest der Augspurgischen Confession (Augsburg 1730), sind ebenso vorhanden wie die polemische Schrift Die Jüdischen Augen-Gläser von Elias Liborius Roblik (Königgrätz 1743). Dazu kommen apologetische Standardwerke, wie Anselm Schnells Cursus Theologiae polemicae (Augsburg 1744). Auffallend ist das Fehlen von Protestantica.
2.5 70 Titel sind der Moraltheologie zuzuzählen, z. B. eine Ausgabe von Alphons von Liguoris Theologia Moralis (Bonn 1763) und das gleichnamige Werk Anaklet Reiffenstuels (Graz 1740). 130 Werke betreffen den Themenkreis der Pastoraltheologie, etwa Jacobus Marchantius' Hortus pastorum (Köln 1672) und Matthias Kaysers Catholisches Krankenbuch (Augsburg 1771). Zur Katechetik sind 170 Titel verzeichnet, fast ausschließlich Werke des 19. Jhs (z. B. Sebastian Mutschelles Christkatholischer Glaubens- und Sittenunterricht, München 1806). Unter den Liturgica ist Joannes de Lapides Decisiones casuum qui [...] in missae celebratione contingere solent (Konstanz 1598) das älteste Werk. Darüber hinaus überwiegt die Literatur des 18. und 19. Jhs (z. B. Martin von Cochems Östliches Ablaßbüchlein in einer Edition von 1740, Dillingen).
2.6 Der Schwerpunkt der Bibliothek liegt bei der Literatur zur Homiletik, die inklusive der als Auxiliaria klassifizierten, ebenfalls meist homiletischen Nachschlagewerke 1060 Titel zählt. Der Bestand enthält sowohl Werke aus dem 16. Jh (Philippus Diez' Conciones, Venedig 1596) als auch aus dem 17. und 18. Jh (Matthias Fabris Conciones, Köln 1672, bzw. der Concionator catechetico-moralis d. i. Lehr- und Sitten-Predigen des Benediktinerabtes von St. Peter, Beda Seeauer, Augsburg und Innsbruck 1756). Es überwiegen jedoch die Werke des 19. Jhs, darunter zahlreiche Schriften Emmanuel Veiths (Homilienkranz fürs Kirchenjahr, Wien 1831-1837, Die heiligen Berge, Wien 1833, Politische Passionspredigten, Wien 1849 u. v. a.). Die Predigtwerke sind systematisch angeordnet nach Sonn- und Festtags- (260 Titel), Eucharistischen (20), Fasten- (130), Gelegenheits- (170), Herz-Jesu- (10), Katechetischen (20), Kurz- (30), Marien- (50) und Missionspredigten (20) sowie Standeslehren (20).
2.7 Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Werke zur spirituellen Theologie im weiteren Sinn (insgesamt 640), die sich auf 210 Titel zur Aszese, 160 zur Geistlichen Lesung, 90 zum Bereich Exerzitien, 110 zur Meditatio und 70 Andachtsbücher verteilen. Zu erwähnen sind Joannes Lanspergs Divini amoris pharetra (Köln 1590), Robert Bellarmins De septem verbis a Christo in cruce prolatis (Toul 1618), die Introductio ad solidam perfectionem per manducationem ad Sancti P[atris]. N[ostri]. Ignatii Exercitia spiritualia integro mense obeunda von Antonius Gaudier (München 1656) sowie eine Ausgabe von Thomas von Kempens De imitatione Christi (München 1737).
2.8 Die Belange des Profan- und Kirchenrechtes behandeln 120 Titel, z. B. die Principia Iuris Canonici des Salzburger Professors Robert König (Salzburg 1697) und Michael a Tugios Bullarium Capucinorum (Rom 1740). Eine weitere große Gruppe stellen mit 570 Titeln die kirchengeschichtlichen Werke dar. Sie stammen fast durchgehend aus dem 19. Jh, wie das Lehrbuch der Kirchengeschichte Johann Joseph Ignaz Döllingers (Regensburg 1843), von dem auch andere Werke vorhanden sind. An älteren Werken sind z. B. die Annales Ecclesiastici von Caesar Baronius (Mainz 1647) und Antonius Sandinis Vita Pontificum Romanorum (Ferrara 1775-1783) zu nennen. Systematisch gliedert sich dieser Teilbestand in die Untergruppen Allgemeine Kirchengeschichte (190 Titel), Ordens-, Missionsgeschichte und Dritter Orden (90), Biographien (120) und Hagiographie (170). Die Profanhistorie weist zusätzlich noch 100 Titel auf.
2.9 Zur Philosophie liegen 50, zur Pädagogik 60 Titel vor. Zu erwähnen ist die Erstausgabe von Immanuel Kants Critik der praktischen Vernunft (Riga 1788). Die Sozialwissenschaften sind mit 130 Titeln des 19. Jhs vertreten (z. B. Wilhelm Emmanuel Kettelers Die Arbeiterbewegung und das Streben im Verhältnis zu Religion und Sittlichkeit, Mainz 1869, sowie Einige Irrtümer bezüglich der sozialen und religiösen Frage von Christoph Moufang, Würzburg 1877).
2.10 Die Gruppe Poesie & Kunst umfaßt 110 Titel (z. B. Clemens Brentanos gesammelte Schriften, herausgegeben von Christian Brentano, Frankfurt 1852). Ebenso groß ist der Bestand zur Linguistik (100 Titel), der sich vor allem aus Wörterbüchern zusammensetzt. Bei der Literatur zu den Naturwissenschaften (80 Titel) überwiegen die medizinischen Werke (z. B. Christoph Wilhelm Hufelands Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern, Wien 1797, und Meine Wasserkur von Sebastian Kneipp, Kempten 1889).
Systematischer Autorenkatalog
[hschr., Bandkatalog in 34 Faszikeln (nach kleineren Fachgruppen), innerhalb der Einzelbände alphabetisch nach Autoren geordnet, angelegt von 1946 bis 1960]
Realkatalog
[hschr., Bandkatalog in 43 Faszikeln, innerhalb der Teilbände alphabetisch nach Schlagwörtern geordnet, angelegt 1946 bis 1960]
Festschrift 350 Jahre Kapuzinerkloster in Ried. Hrsg. vom Kapuzinerkloster Ried im Innkreis. Ried 1993 [zur Bibliothek S. 20 u. 22]
Stand: Mai 1994
Christoph Steiner