FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
Home
HomeRegionen:Stadtregister:Abkürzungen
Volltextsuche:

trunkiert

BenutzerprofilLogin

Impressum
     Home > Deutschland > Thueringen M - Z  > Pößneck
     Thueringen A - L

Bibliothek im Kirchenarchiv

Adresse. Kirchplatz 13, 07381 Pößneck [Karte]
Telefon. (03647) 22 80
Telefax. (03647) 22 80

Unterhaltsträger. Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Pößneck
Funktion. Historische Kirchenbibliothek. Sammelgebiet. Theologie des 16. bis 19. Jhs.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche und telefonische Anmeldung erwünscht. Vom Bahnhof Pößneck Fußwegnähe (ca. 10 Minuten) in Richtung Markt. A 9 (E 49/51), Ausfahrt Triptis, B 242 Richtung Saalfeld; A 4 (E 40), Ausfahrt Jena-Göschwitz, B 88 über Orlamünde. Parkmöglichkeiten in der Nähe der Kirche.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Im Jahre 1525 hielt in Pößneck die Reformation Einzug. Der Prior des Karmeliterklosters trat selbst zur evangelischen Lehre über und übergab das Kloster, das schon vor 1348 von einer Schwarzburger Gräfin gestiftet worden war, der Stadt. Danach diente die Klosterkirche städtischen Zwecken und wurde 1870 größtenteils abgerissen, um für den Neubau der Mädchenschule Platz zu schaffen. Das Kloster besaß eine Bibliothek, über deren Zusammensetzung nichts Näheres bekannt ist. Einige Bände bildeten jedoch den Grundstock für die reformatorische Kirchenbibliothek. Der früheste Nachweis für deren Existenz ist der Vermerk auf den Titelblättern der 1555 erschienenen Jenaer Lutherausgabe: " Der Kirche zu Poessneck gehörig". Im äußeren Erscheinungsbild wurden die neuen Bände den Inkunabeln aus der Klosterbibliothek angeglichen; auch sie trugen als libri catenati kurze eiserne Ketten. Die frühe Kirchenbibliothek bestätigt die These von dem " friedlichen Einzug" der Reformation in Pößneck.

1.2 Daß sich die Bücher in der Stadtkirche befanden, geht aus dem Eintrag in Luthers KirchenPostilla (Wittenberg 1562) hervor. Ursprünglich war die Stadt- oder Pfarrkirche dem Hl. Bartholomäus geweiht. Wann sie nach dem Hl. Mauritius, dem Stadtpatron, benannt wurde, ist unbekannt. Der schlichte Bau wurde Ende des 14. Jhs begonnen und zwischen 1454 und 1488 vollendet. Die Kirchenbibliothek könnte damals in der Sakristei Aufstellung gefunden haben. Ein früher Hinweis auf den Bestand der St. Mauritius-Kirche ist im Kirchenbuch von 1574/1613 erhalten ( s. u. 4.1). Zunächst wurden die Drucke in einem Bücherschrank in der Kirche aufbewahrt. Als jedoch dieser Schrank 1813 beim Kirchenbau entwendet wurde, kamen sie in eine Hofkammer der Adjunktur " und als diese abgebrochen wurde, in das Archivzimmer in der alten Mädchenschule".

1.3 Im Sommer 1828 legte der Pfarrer und Adjunkt August Friedrich Gottlieb Bernhardt ein Verzeichnis der Kirchenbibliothek, wie sie auf der Adjunktur zu Pößneck in einem Schrank in der hintersten Hofkammer aufbewahrt wird an, das die Drucke des 15. und 16. Jhs enthielt (36 Nummern). Ein zweites Verzeichnis der zur Pfarrbibliothek zu Pößneck gehörigen und in dem Schranke in der Studierstube befindlichen Bücher (37 Nummern) enthielt Titel des 16. bis 18. Jhs, die zum Nachschlagen benötigt wurden, hinzu kamen Kirchen- und Protokollbücher. Damit dürfte der Umfang der Bibliothek zu diesem Zeitpunkt wohl erfaßt gewesen sein.

1.4 Im 19. Jh kamen nur gelegentlich neue Titel hinzu, der Bestand war für die damaligen Lesebedürfnisse nicht ausreichend. Als 1840 in Saalfeld eine neue Amts(lese)bibliothek eingerichtet und die Pößnecker Amtskollegen 1841 zur Beteiligung eingeladen wurden, fanden sich immerhin 5 bis 6 Teilnehmer. 1842 wurde die Einladung wiederholt und angeregt, im Winterhalbjahr wöchentliche Zusammenkünfte " zu Verbreitung nützlicher und lehrreicher Kenniß und zu Beförderung der allgemeinen Aufklärung" zu veranstalten ( s. u. 4.1, Nr. 428).

1.5 Im Jahre 1864 übermittelte die Abteilung für Kirchen- und Schulwesen des Herzoglichen Staatsministeriums Meiningen Empfehlungen zum Kauf von Büchern. Es sollten u. a. Schriften, die sich mit Ernest Renan und David Friedrich Strauß auseinandersetzten, erworben werden, damit sich die Geistlichen und Lehrer, " die man am meisten veranlassen wird, ihre Ansichten über diese Schriften zu äußern", ein Urteil bilden konnten. Einige Schriften aus dieser Zeit sind noch im Bestand.

1.6 Oberpfarrer Edmund Keiser (1841-1917) stellte 1897/98 ein 227 Nummern umfassendes Verzeichniß der Kirchenbibliothek zu Pößneck im Pfarrarchiv auf. Vermutlich auf seine Veranlassung gelangte der Inkunabelbestand der Kommission des Gesamtkatalogs der Wiegendrucke zur Kenntnis. " Früher in der Kirche" aufbewahrt, befanden sie sich 1907, als Konrad Haebler die Pößnecker Inkunabeln erfaßte, im Kirchen- und Pfarrarchiv. Haebler war durch Paul Schwenke darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Pößnecker Kirchenbibliothek unter ihren alten Drucken " auch eine Anzahl Inkunabeln" zu verzeichnen hatte, die als Eigentum " aus katholischer Zeit" zum Teil einen " hohen Wert" darstellten.

1.7 Als Arbeitsergebnis legte Haebler eine Liste mit 29 Positionen vor (33 Titel in lateinischer Sprache). Paul Köhler gab in seinem Aufsatz ( s. u. 4.2) die Zahl mit 34 an, " darunter zwei doppelt". Er sah den Wert der Sammlung " nicht in ihrem Inhalt, der hauptsächlich Werke der Patristik, der Scholastik und der mittelalterlichen kirchlichen Jurisdiktion umfaßt(e)", sondern " vielmehr in ihren Beziehungen zur Geschichte der Buchdruckerkunst". Mehrere Bände waren ohne Angabe des Erscheinungsjahres und des Druckortes, die übrigen entstammten alten, berühmten Offizinen. Köhler führte 17 Beispiele an, darunter 5 in Nürnberg gedruckte Werke (4 durch Anton Koberger, darunter eine lateinische Bibel von 1478; ein Druck von Friedrich Creußler), 6 Drucke aus den Jahren von 1478 bis 1495 stammten aus den Baseler Druckereien von Michael Wenßler, Johann Amerbach und Bernhard Richel. Zwei Drucke entstanden in Köln durch Heinrich Quentell (1480) und Petrus von Olpe (1477), je einer wurde in Speyer (Peter Drach 1479), Augsburg (Günther Zainer 1470) und Venedig (Baptista de Tortis 1484, mit ausgemalten Initialen) hergestellt. Um der Öffentlichkeit den kulturgeschichtlichen Wert der Inkunabeln bewußt zu machen, wurde nach der Katalogisierung 1908 eine Ausstellung im Städtischen Museum Pößneck veranstaltet ( s. u. 4.2 Köhler).

1.8 Bis 1907 waren noch sporadisch Erwerbungen zu verzeichnen, dann ruhte die Bibliothek. 1920 wurde die Pößnecker Bibliothek von der Preußischen Akademie der Wissenschaften auf die Liste der unbedingt zu erhaltenden Bibliotheken gesetzt. Es war für Thüringen ein durchaus seltener Fall, daß die aus einer Klosterbibliothek überlieferten Bücher an ihrem ursprünglichen Ort verbleiben konnten. Nach den letzten Bestandslisten (1931/41 292 Nummern; Fortsetzung bis 1965 393 Nummern) war die Bibliothek ein Teil des Archivs, das im Turmanbau untergebracht war. Anfang der neunziger Jahre wurden die Inkunabeln in das Landeskirchenarchiv Eisenach umgelagert, 1996 wurden sie verkauft (s. Eintrag Forschungs- und Landesbibliothek Gotha 2.155). Als Depositum werden derzeit noch die Drucke des 16. Jhs in Eisenach verwahrt.

1.9 Der historische Kern der Bibliothek befindet sich also nicht mehr in Pößneck. Unter den vorhandenen Restbeständen kommen als Provenienzen außer der " Kirche zu St. Mauritius in Pößneck" das " Herzogl. S. Meining. Oberpfarramt Pößneck", die eingemeindete Kirche Jüdewein und die Lehrerbibliothek der Städtischen Realschule zu Pößneck vor.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die Bibliothek umfaßt etwa 500 Bde, davon gehören 184 (37 Prozent) zum historischen Bestand (16. Jh 27, 14,7 Prozent; 17. Jh 35, 19 Prozent; 18. Jh 39, 21,2 Prozent; 19. Jh 83, 45,1 Prozent). 167 Bde sind in deutscher Sprache (90,8 Prozent), 15 in Latein (3 Prozent) und je einer in Hebräisch und Griechisch.

Systematische Übersicht

2.2 Theologische Schriften sind mit 61 Bdn (33,2 Prozent; 16. Jh 19, 17. Jh 24, 18. Jh 15, 19. Jh 3) überliefert. Von der Jenaer Lutherausgabe befindet sich noch Teil 7 (1558; auf dem Einband SVLHZH 1560 und ein undeutliches Wappen) in Pößneck, während die übrigen in Eisenach aufbewahrt werden. Die Altenburger Lutherausgabe aus den sechziger Jahren des 17. Jhs ist in zwei Exemplaren vorhanden. Der Theologischen Fakultät zu Wittenberg Gründtlicher Beweiß, Daß die Calvinische Irthumb den Grund des Glaubens betreffen und der Seligkeit nachtheilig seyn (Wittenberg 1663-1664) wurde 1670 gekauft. Das Enchiridion sive scripturae practicum = Biblisches Handbüchlein (Leipzig und Gotha 1700) von Salomon Glass wurde 1705 für die Kirche von Jüdewein angeschafft.

2.3 Zur Kirchengeschichte sind 28 Bde vorhanden (15,2 Prozent; 16. Jh 5, 17. Jh 2, 18. Jh 2, 19. Jh 19). Aus dem 16. Jh sind die Ecclesiastica historia (Centurie 1-6, Basel 1560-1562) und die Apologia (Dresden 1584; Einband: Kirchenbibliothek Besneck 1585) zu nennen. Veit Ludwig von Seckendorffs Commentarius historicus et apologeticus de Lutheranismo (Frankfurt und Leipzig 1692) wurde 1692 angeschafft. Vorhanden sind Bd 9 der Allgemeinen Staats-, Kriegs-, Kirchen- und Gelehrten-Chronicke (Leipzig 1740) und eine Ordnung des Gottesdienstes bei der auf den 17ten Trinitatissonntag festgesetzten Einweihung der reparirten Kirche zu Pößneck (Pößneck 1813) von Christian Gottlob Bulle, Stadtpfarrer und Adjunktus.

2.4 Unter den 16 Bdn zum Kirchenrecht und zur Liturgik (8,7 Prozent; 16. Jh 3, 17. Jh 5, 18. Jh einer, 19. Jh 7) finden sich ein Mainzer Missale von 1507 und eine in Jena erschienene Agenda von 1584. Der Thesaurus consiliorum et decisionum (Hamburg 1623) von Georg Dedeke stammt aus der Kirche in Jüdewein.

2.5 Erhalten sind 23 Bibeln (12,5 Prozent; 17. Jh 4, 18. Jh 7, 19. Jh 12), darunter die Wittenberger Bibel von 1618. Weiterhin zu nennen sind eine Biblia sacra (Zürich 1673), eine Altenburger Bibel von 1676, eine Nürnberger Bibel von 1720 und eine in Neustadt/ Orla gedruckte Ausgabe von 1787. Die von August Hahn herausgegebene Biblia hebraica (ed. stereotyp., Leipzig 1831) nach Everardi van der Hooght wurde für die St. Bartholomäus-Kirche erworben, während die Altarbibel (Halle 1797) der Kirche zu Jüdewein 1863 geschenkt wurde. Aus der Parochie Langendembach stammt eine silberbeschlagene Stuttgarter Bibel, die 1862 gestiftet wurde.

2.6 Unter den Gesang- und Gebetbüchern (17 Bde, 9,2 Prozent; 18. Jh 6, 19. Jh 11) ist ein Neues Saalfeldisches Gesangbuch (Saalfeld 1837) in einem Empire-Einband hervorzuheben.

2.7 Die Gruppe " Literatur, Sprache, Musik" (11 Bde; 18. Jh 4, 19. Jh 7) enthält Klopstocks Messias (Bd 1, Wien 1771), eine Wandfibel zum Lesenlernen nach der Lautmethode (Leipzig 1826) von Christian Friedrich Georgi und den Schatz des evangelischen Kirchengesanges (Leipzig 1848), hrsg. von Gottlieb Freiherr von Tucher, der mit zwei anderen Werken als Geschenk des Erbprinzen von Sachsen-Meiningen in die Bibliothek kam. Hinzu kommt eine Musik-Handschrift, Der Christ am Grabe Jesu, ein Oratorium nach der Poesie des Herrn Steuer-Secretär Berger, in die Musik gese[t]zt vom Music-Director Christian Ehregott Weinlich in Dresden.

2.8 Die Gruppe " Predigten, Katechetik, Pädagogik" umfaßt 9 Bde (4,9 Prozent; 18. Jh 4, 19. Jh 5). An Zeitungen liegen 19 Bde vor (10,3 Prozent; 19. Jh), darunter das Pößnecker Wochenblatt (1837-1869, mit Lücken), das von 1855 bis 1861 unter dem Titel Wochen- und Anzeigeblatt für Pößneck und Umgegend erschienen ist.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Verzeichnis der Archiv-Bibliothek Pössneck/Thür. [Bestandsliste, 393 Nummern; fortgesetzt bis Erscheinungsjahr 1965, unvollständig]

[Haebler, Konrad: Verzeichnis der Inkunabeln der Kirchenbibliothek Pößneck] [Bestandsliste, 29 Nummern]

3.2 Historische Kataloge

Bernhardt, August Friedrich Gottlieb: Verzeichnis der Kirchenbibliothek, wie sie auf der Adjunktur zu Pößneck in einem Schrank in der hintersten Hofkammer aufbewahrt wird. Aufgeschrieben im Sommer 1828 [Bestandsliste, nach Formaten getrennt]

Bernhardt, August Friedrich Gottlieb: Verzeichnis der zur Pfarrbibliothek zu Pößneck gehörigen und in dem Schranke in der Studierstube befindlichen Bücher. Aufgeschrieben im Jahr 1828 [Bestandsliste, nach Formaten getrennt]

Keiser, Edmund: Verzeichniß der Kirchenbibliothek zu Pößneck im Pfarrarchiv. 1897/98 [Bestandsliste, 227 Nummern]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Kirchenarchiv Pößneck: Laufende Registratur: E II (Bestandslisten) Kirchenbuch 1574/1613 Nr. 428 (Kirchenbücherei, allgemein; 1841-1866) Nr. 429 (Verzeichnisse 1828) Nr. 430 (Verzeichnisse 1897-1953)

4.2 Darstellungen

[Besichtigung der alten Druckwerke des Pfarrei- und Kirchenarchivs]. Pößneck, den 13. September 1907 [Zeitungsausschnitt ohne Quellenangabe]

K[öhler, Paul]: Die ältesten Bücherdrucke der Pößnecker Kirchenbibliothek. 1908 [Zeitungsausschnitt ohne Quellenangabe]. Auch erschienen in: Thüringer Warte 5 (1908/09) S. 103-106

Stand: Oktober 1996

Felicitas Marwinski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.