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Bibliothek des Klosters Andechs

Adresse. Bergstr. 2, 82346 Andechs [Karte]
Telefon. (08152) 376-0
Telefax. (08152) 376-143

Unterhaltsträger. Kloster Andechs
Funktion. Klosterbibliothek, bedingt benutzbar für Gäste des Hauses und wissenschaftlich Interessierte sowie Archivbenutzer.
Sammelgebiete. Theologie mit geistesgeschichtlichen Grenzbereichen, Geschichte mit Schwerpunkt bayerische Geschichte, bayerische Kirchengeschichte, insbesondere Geschichte der Klöster.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek mit beschränkter Ausleihe. Benutzung nur nach vorheriger Vereinbarung. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erforderlich. - S-Bahnverbindung (Linie S 5) von München. Vom Bahnhof Herrsching Busverbindung (mehrmals täglich). Von München aus A 95 Richtung Garmisch, Ausfahrt Starnberg, im Ort Richtung Andechs/Herrsching abbiegen. Großer Parkplatz unterhalb des Klosters.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Bibliothek des 1455 durch Herzog Albrecht III. von Bayern gegründeten Benediktinerklosters wurde von Anfang an systematisch aufgebaut und mit einer beachtlichen Anzahl an Zimelien ausgestattet. Nach dem Willen des Herzogs und unter Mitwirkung des Nikolaus von Cues (1401-1464) stellte das Kloster Tegernsee den Gründungskonvent mit sieben Mönchen, von denen drei als erstklassige Schreiber von Hss. bekannt sind. Zeitweilig arbeitete Anton Pelchinger, der beste Bucler Tegernsees, in Andechs, wie auch Konrad von Geisenfeld († 1460), beides Mönche, die das Geistesleben in Andechs im Sinne der Tegernseer Reform- und Literaturbewegung nachhaltig beeinflußten. Das lebendige Bildungsstreben des neuen Stiftes sorgte für eine rasche Beschaffung des liturgischen und wissenschaftlichen Rüstzeuges.

1.2 In der zweiten Hälfte des 15. Jhs erfolgte eine zügige Vermehrung des Bücherbestandes. Über die Aufwendungen der einzelnen Äbte für die Bibliothek unterrichten die " Ephemerides monasterii Andecensis" ( s. u. 4.1) mit Auszügen aus den Rechnungsbüchern des Klosters. Nach Aufkommen der Buchdruckerkunst besorgte sich das junge Kloster sogleich ein Exemplar der ersten Auflage der 42-zeiligen Gutenberg-Bibel (heute in der Bayerischen Staatsbibliothek München). Von den zahlreichen Bibelausgaben in ehemaligem Andechser Besitz sei noch die seltene Complutenserbibel erwähnt. Die alte Klosterbibliothek war theologisch-systematisch und mystisch orientiert mit Schwerpunkt auf der Via moderna des ockhamistischen Nominalismus.

1.3 Untergebracht war die Bibliothek zunächst östlich des sogenannten unteren Gewölbs, das unmittelbar an die Wallfahrtskirche anschließt. Sie enthielt neben den liturgischen Hss. auch die Mirakelbücher. In den Jahren 1601 und 1602 wurde um 230 fl. eine neue und größere Bücherei gebaut. Der Weilheimer Kistler und Bildschnitzer Klemens Petel († 1607), Vater des berühmten Georg Petel, fertigte 1605 die Bibliotheksschränke. Der Erbauer des neuen Bibliothekssaals, Abt Johannes Chrysostomus Huttler (reg. 1600-1610), kaufte kontinuierlich Bücher und förderte auch das Hochschulstudium seiner Novizen als Grundlage einer kirchlichen und klösterlichen Erneuerung. Sein Nachfolger, Michael Einslin (reg. 1610-1640), kaufte 1630 eine ganze Bibliothek im Wert von 800 fl. von dem Edelmann Ilsung aus Füssen. Eine genaue erste Katalogisierung kann aus Signaturen um die Wende vom 15. zum 16. Jh geschlossen werden, doch ist aus dieser Zeit kein Katalog erhalten.

1.4 Als P. Placidus Scharl (1731-1814) nach Jahren seiner Professur in Freising, Salzburg und Neuburg a. d. Donau 1784 nach Andechs zurückkehrte, fand er die Bibliothek vernachlässigt vor. Er vermehrte sie systematisch durch Zukäufe und Einbringung seiner eigenen Bücher und reorganisierte sie von Grund auf. Einem Bericht Abt Gregor Rauchs (reg. 1791-1803) zufolge wurden neben theologischen auch juridische und philosophische Studien in Andechs betrieben. Das zunehmende Interesse an den Naturwissenschaften seit dem 18. Jh hinterließ ebenfalls Spuren im Bibliotheksbestand.

1.5 Bei der Säkularisierung des Klosters 1803 wurde die Bibliothek größtenteils nach München verbracht, andere Teile erhielt ein Papierfabrikant zur Makulierung. Eine erhaltene Liste über jene Bände, die an die Königliche Hof- und Staatsbibliothek nach München kamen, weist 109 Hss., 151 Inkunabeln und 3696 weitere Büchertitel aus (Säkularisationsprotokolle im Bayerischen Hauptstaatsarchiv KL Andechs 51/12). Nach der Säkularisation wechselte Andechs mehrfach den Besitzer. Als im März 1834 Freiherr von Jordan das Kloster mit den Restbesitzungen gekauft hatte, fand er offenbar noch Teile der alten Bibliothek vor. Er ergänzte den Bestand und erstellte sowohl einen Verfasser- als auch einen Sachkatalog (beide heute im Klosterarchiv, s. u. 3.2). Ein Großteil dieses Bestandes stammte aus der Zeit vor der Säkularisation, aber auch später erschienene Werke waren angeschafft worden. Heute sind nur noch einzelne der dort verzeichneten Bücher in der Klosterbibliothek erhalten. Es ist zu vermuten, daß von Jordan nach Verkauf an König Ludwig I. im Jahr 1846 einen Teil seiner Bibliothek aus Andechs weggebracht hat.

1.6 Als König Ludwig I. 1850 in München das Benediktinerkloster St. Bonifaz gründete, stiftete er diesem Andechs als Versorgungsgut. Benediktiner kamen wieder nach Andechs und mit diesen neues Leben in die Bibliothek. Der Bücherbestand wurde entsprechend den verschiedenen Notwendigkeiten und Interessengebieten des Priorats Andechs teils durch Käufe oder Tausch, teils durch Legate und Schenkungen ergänzt oder systematisch wieder aufgebaut. Signaturen und Exlibris zeigen, daß sich ein Teil der alten Bibliothek bis Mitte des 19. Jhs erhalten hatte, darunter frühe Andechsiana, z. T. als Hss. Das Interesse an der Geschichte des Hauses führte auch zur Vermehrung der Bestände über bayerische Landes- und Kirchengeschichte, allgemeine Geschichte und Geschichte des Mönchtums. Auch wurden einzelne Werke aus anderen Klöstern, wie Polling, Benediktbeuern, Schongau und Ebrach, deren Bibliotheken ebenfalls durch die Säkularisation zerstreut worden waren, erworben. Als 1856 die " Nikolausanstalt zur Erziehung und zum Unterricht der verwahrlosten Jugend" in Andechs ihre Arbeit aufnahm, wurden entsprechende Hilfsmittel und Lexika angeschafft, aber auch Bestände zu Pädagogik, Katechetik, Mathematik, Sprachen, Geographie und Werke der Weltliteratur. Für die Arbeit der Landgüter in Andechs und Rothenfeld kam moderne landwirtschaftliche Fachliteratur dazu.

1.7 Manche Bereicherung erfuhr die Klosterbibliothek durch Konventualen, die ihre persönlichen Bücher einbrachten. Von P. Bonifaz Käser (1813-1873), Präfekt der Nikolausanstalt, gibt es ein eigenhändiges Verzeichnis der Bücher, die er der Bibliothek vermachte. Auch aus der Büchersammlung des Gelehrten Johann Nepomuk Hortig (1774-1848), einem Andechser Exkonventualen, kamen Exemplare nach Andechs. P. Emmeram Heindl zufolge ( s. u. 4.2), hatte die Bibliothek am 1. Januar 1892 einen Umfang von 14.700 Bdn erreicht. Nach Heindls Bestandsbeschreibung enthielt die Bibliothek damals folgende Teile: (1) die von Freiherr von Jordan 1847/48 übergebenen Bücher, (2) den literarischen Nachlaß des Friedinger Pfarrers Georg Pischl, die hinterlassenen Bücher des Staatsrates Sebastian Daxenberger (1809-1878), vor allem deutsche Klassiker, sowie die Bücher des Senatspräsidenten Karl von Kamerknecht (Juridica), (3) die Bücher des Bergrates Martin Lutz, München, (4) die Bücher aus dem Nachlaß des Juristen Karl Ludwig von Arndt (1803-1878), (5) einen Großteil der Bibliothek des katholischen Theologen Magnus Jocham (1808-1893), (6) eine große Anzahl von Dubletten aus der Bibliothek St. Bonifaz, (7) Bücher, die einzelne Patres in die Bibliothek eingebracht haben, (8) Bücher, die noch einzeln durch Tausch, Kauf oder Schenkung dazukamen.

1.8 Im Jahre 1907 wurde eine Anzahl Bücher unter Eigentumsvorbehalt an das neugegründete Deutsche Museum gegeben. Ein Teil der Andechser Inkunabeln kam zu einem unbekannten Zeitpunkt in die Bibliothek von St. Bonifaz. Soweit ältere Andechsiana, sonstige Hss. und Inkunabeln erhalten sind, stehen sie heute im Andechser Klosterarchiv.

1.9 Während der Jahre 1976 bis 1987 wurde der alte Bibliothekssaal restauriert. Er dient heute als Konzert- und Vortragsraum, während für die Bücher ein Stockwerk tiefer ein schlichterer Raum eingerichtet wurde. Obwohl die Abteilung " Historia profana" weggegeben worden war, reichte der neue Raum kaum aus, die Altbestände unterzubringen. Ein zusätzliches Magazin mußte geschaffen werden. Die Gründung des Nikolaus-Kollegs im Jahr 1989 führte zu einem Ausbau des Teilgebietes Liturgie für die liturgische Fortbildung. Die Grundausstattung an liturgischer Literatur stammt größtenteils aus dem Erwerb von Dubletten der Universität Passau und des Klosters Münsterschwarzach.

1.10 Die Neuorganisation der Bibliothek begann 1990. Die Aufstellung nach Sachgebieten wird beibehalten. Da finanzielle Mittel für die Bibliothek nur in sehr begrenztem Maße zur Verfügung stehen, wird diese nur nebenamtlich verwaltet und mäßig ergänzt.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der historische Bestand umfaßt insgesamt noch 10.290 Titel, darunter 9 Inkunabeln. 35 Titel stammen aus dem 16. Jh, 256 aus dem 17. Jh, 1249 aus dem 18. Jh und 8741 aus dem 19. Jh. Dazu kommen noch rund 9200 Titel aus dem 20. Jh und 1391 ohne Jahresangabe. Der Gesamtbestand umfaßt somit ca. 21.000 Bde. Davon sind etwa 20.000 Titel katalogisiert. Der Bestandsumfang wurde durch Auszählen ermittelt. Die Aufstellung erfolgte nach Sachgebieten ohne Berücksichtigung chronologischer Gesichtspunkte.

2.2 Rund 8200 Titel des Bestandes sind deutschsprachig, ca. 1250 in lateinischer Sprache. In Griechisch und Hebräisch liegen Bibelausgaben mit entsprechenden Wörterbüchern vor. Nennenswert sind ca. 400 französische Titel theologischen, kirchengeschichtlichen und belletristischen Inhalts sowie ca. 180 Titel in englischer und ca. 150 Titel in italienischer Sprache.

Systematische Übersicht

2.3 Der Bestand ist in 42 Sachgebiete gegliedert. Diese Einteilung stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs und erfolgte nach dem Konzept, das P. Odilo Rottmanner beim Aufbau der Bibliothek des 1850 gegründeten Klosters St. Bonifaz in München zugrunde gelegt hat. Da es im Gegensatz zu Andechs in St. Bonifaz immer einen Bibliothekar gab und die Benutzung in München kontinuierlicher erfolgte, wurden zu verschiedenen Zeiten Bibliotheksteile aus Andechs nach München verbracht ( s. o. 1.8).

2.4 In Andechs umfaßt der theologische Teil des historischen Bestandes heute noch rund 9750 Titel und stellt somit die größte Sachgruppe dar. Davon entfallen allein 2530 Titel auf die Gruppe Aszetik, gefolgt von Homiletik mit 1425 und Praktischer Theologie mit 1187 Titeln. Durch stärkere Vermehrung in den letzten Jahren liegt nun ein Schwerpunkt auf Liturgica (einschließlich Gebetbüchern) mit derzeit ca. 2000 Titeln, wovon ca. 680 noch nicht verkartet sind. Dazu kommen Werke in den Gruppen Exegese (486 Titel), Apologetik (489), Mariologie (402), Kirchenväter (390), Polemik (314), Dogmatik (278), Biblia (275), Kirchenrecht (269), Moraltheologie (195), allgemeine Theologie (144) und Catholica (83).

2.5 Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den historischen Disziplinen: Kirchengeschichte (insbesondere bayerische) machen 985 Titel aus, Ordensgeschichte 825, Hagiographien 635 und Biographien 135. Die Abteilung Profangeschichte hat hinsichtlich des Altbestandes starke Verluste zu beklagen ( s. o. 1.9). Vorwiegend historische Andecensia sind mit 162 Titeln vertreten, darunter die alten Chroniken vom heiligen Berg Andechs und Werke zur Geschichte der Andechs-Meranier, z. T. als Drucke aus dem 15. und 16. Jh, aber auch als Hss.

2.6 Neben den theologischen und historischen Fächern stellt die Abteilung Deutsche Dichtung mit 2122 Titeln, darunter zahlreiche deutsche Klassiker aus dem Legat Daxenberger (s. o. 1.7), und ausländischer Literatur mit 832 Titeln den nächstgrößeren Bestand. Zur Literaturgeschichte liegen 142 Titel vor. Das Sachgebiet Alte Sprachen ist mit 176 Titeln, Neue Sprachen mit 360 und Germanistik mit 174 Titeln vertreten. Außerdem wurden 428 Titel im Fach Philosophie gezählt. Dazu kommen noch 851 Titel zur Pädagogik und Schulgeschichte vor allem aus dem 19. und 20. Jh (aus den Anschaffungen der Nikolausanstalt, s. o. 1.12), 707 Titel zur Soziologie und 450 Titel zu den Schönen Künsten. Die Gruppe Periodika beinhaltet u. a. historische, theologische und Kunstzeitschriften neben Amtsblättern und Jugendzeitschriften vorwiegend aus dem 19. Jh.

Sondersammlungen

2.7 Vor allem aus dem 19. Jh haben sich einige Landkarten erhalten, darunter Heimat- und Flurkarten, und Reste einer Sammlung von Kupfer- und Stahlstichen.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetischer Katalog [in Zettelform, bis 1970]

Standortkatalog

[nach Sachgebieten geordnet, in gebundener Form]

Verzeichnis der im Archiv verwahrten Andecensia

Die Neuzugänge werden ab 1970 nach RAK-WB verzeichnet. Die Bestände sind nicht im Bayerischen Zentralkatalog nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Katalog der Freyherrlich von Jordan'schen Bibliothek in Andechs, geordnet und verfaßt nach den einzelnen Wissenschaften in 17 Theilen von Max Frhr. von Jordan und Max Frhr. Pergler von Perglaß im August 1842

Verfasserkatalog der von Jordan'schen Bibliothek

Verzeichnis der von P. Bonifaz Käser OSB 1863 in die Andechser Bibliothek eingebrachten Bücher

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Bayerisches Hauptstaatsarchiv München: KL Andechs Fasz. 51/12

Klosterarchiv Andechs: MS 83 Augsburg, Ordinariatsbibliothek: Ephemerides monasterii Andecensis [Codex 104]

4.2 Darstellungen

Sattler, Magnus: Ein Mönchsleben. Regensburg 1868, S. 375-379

Sattler, Magnus: Chronik von Andechs. Donauwörth 1877, S. 685-688 Heindl, Emmeram: Der heilige Berg Andechs. München 1895, S. 146-148

Scheglmann, Alfons Maria: Geschichte der Säkularisation im rechts-rheinischen Bayern. Regensburg 1906. Bd 3/1, S. 182-215 [zu Andechs]

Ruf, Paul: Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. München 1932. Bd 3/1, S. 1-7

Kraft, Benedikt: Andechser Studien. In: Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte 73 (1937) und 74 (1940) [passim] Bosl,

Karl; Lechner, Odilo; Zöller, Joseph Otr (Hrsg.): Der Heilige Berg Andechs. München 1993

Stand: Mai 1992

Johanna Lauchs


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.