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Predigerbibliothek im Kloster Preetz

Adresse. Adeliges Kloster, Klosterhof 5, 24211 Preetz [Karte]
Telefon. (04342) 8 68 29

Unterhaltsträger. Adeliges Kloster Preetz
Funktion. Verwaltung der Bibliothek des Klosters Preetz.
Sammelgebiete. Theologie und angrenzende Gebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Auf Anfrage beim Kloster Preetz oder über die Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek Kiel. Öffnungszeiten: nach Vereinbarung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche Anmeldung unbedingt erforderlich. Bahnlinie Lübeck-Kiel. Fußwegnähe vom Bahnhof (ca. 10 Minuten). - A 7, A 215 bis Kiel, dann B 76 in Richtung Lübeck bis Preetz. Parkplätze vor dem Haus.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das Adelige Kloster Preetz, in dem sich die Bibliothek befindet, ist eines von vier Nonnenklöstern in den ehemaligen Herzogtümern Schleswig und Holstein, die im Zuge der Reformation in den Besitz der schleswig-holsteinischen Ritterschaft übergingen und von dieser als Damenstifte zur Versorgung unverheirateter Töchter aus adeligen Familien weitergeführt wurden. Daran hat sich bis in die Gegenwart nichts Wesentliches geändert. Noch heute sind die Reste eines einst beträchtlichen Grundbesitzes seine wirtschaftliche Grundlage. Es wird von einer Priörin als gewählter Vertreterin der Konventualinnen und einem Propst als Vertreter der Ritterschaft geleitet. Die ehemalige Benediktinerinnenkirche blieb auch nach der Säkularisierung der geistliche Mittelpunkt des Konvents und hatte bis 1896 einen eigenen hauptamtlichen Klosterprediger.

1.2 Das älteste erhaltene Zeugnis der Buchkultur des Preetzer Klosters ist ein Evangeliar des 13. Jhs, das in den Bestand der Predigerbibliothek übergegangen ist, gegenwärtig aber von der evangelischen Kirchengemeinde der Stadt Preetz verwahrt wird. Außerdem werden 1801 als Bestandteil der Bibliothek noch " einige Missale" aus Klosterbesitz erwähnt, " aus welchen aber kindische Hände die bunten und vergoldeten Anfangsbuchstaben geschnitten haben". Davon ist nichts mehr nachweisbar. Das einzige in der Bibliothek vorhandene Missale ist ein von Johannes Trithemius herausgegebenes, gedrucktes Missale ordinis sancti Benedicti (Speyer 1498), das den Regeln der Bursfelder Kongregation entspricht, der sich auch das Preetzer Kloster angeschlossen hatte. Es stammt jedoch nicht aus dem Kloster selbst, sondern ist durch eine handschriftliche Notiz als das Geschenk eines Kieler Professors aus dem 18. Jh ausgewiesen. Ein originales Zeugnis vom Leben der Preetzer Benediktinerinnen ist hingegen das heute zum Archivbestand des Klosters gehörende " Buch im Chore", das die von 1484 bis 1508 amtierende Priörin Anna von Buchwald seit 1471 zusammenstellte und das Klosteragende und Wirtschaftsbuch zugleich ist. Aus den in ihm enthaltenen Chroniknotizen geht hervor, daß sich eine Priörin am Anfang des 15. Jhs " dorch vele Boken, de se skref und skriven leht" um das Kloster verdient machte und daß die unmittelbare Amtsvorgängerin der Anna von Buchwald den Klosterfrauen " 3 düdesche Böke van dem Levende unses Herrn un van dem Rosenkranze Marien" schenkte. Davon ist jedoch nichts in der Bibliothek erhalten.

1.3 Die Predigerbibliothek setzt nicht die Tradition einer spätmittelalterlichen Klosterbibliothek fort. Sie ist in ihrem Kern vielmehr eine Gelehrtenbibliothek des 17. Jhs, die erst 160 Jahre nach dem Abschluß der Reformation in Schleswig-Holstein in das Kloster gekommen ist. Sie sollte auch nicht der Erbauung der Konventualinnen dienen, sondern dem Studium ihrer Seelsorger.

1.4 Die Bibliothek ist eine Stiftung des Pastors Petrus Scheele (1623-1700). Scheele wurde als Enkel eines Klosterpredigers in Preetz geboren und studierte seit 1642 in Rostock, Königsberg und Wittenberg Theologie. Nachdem er vermutlich als Hofmeister - noch einmal nach Rostock zurückgekehrt war, ging er wieder nach Königsberg, um als Bibliothekar die Bibliothek des Landhofmeisters Joachim Ernst von Wallenrodt, die seit 1650 als eine Stiftung zur öffentlichen Benutzung im Dom aufgestellt war, zu betreuen und erstmals zu katalogisieren. Zugleich fand er in Königsberg Zugang zum Kreis um Simon Dach. 1656 kehrte Scheele nach Holstein zurück. Die Preetzer Konventualin Margareta von Ahlefeldt (um 1614-1682), die er als seine besondere Gönnerin betrachtete, verwandte sich für ihn. So wurde er 1660 Archidiakon (zweiter Prediger) in der Marienkirche der Stadt Rendsburg, 1676 Pastor in Giekau (Ostholstein) und 1681 Pastor an der (heute nicht mehr existierenden) Kirche St. Marien-Magdalenen und zugleich am Werk- und Zuchthaus in Hamburg. Er blieb bis zu seinem Tod in diesen beiden Ämtern. Seine Predigten, von denen er eine größere Zahl in umfangreichen Sammlungen drucken ließ, weisen ihn als orthodoxen Lutheraner aus. Im Kampf Johann Friedrich Mayers, des Hauptpastors an St. Jacobi, gegen seinen Kollegen an St. Nicolai, Speners Schwager Johann Heinrich Horb, und dessen pietistisch gesinnte Freunde und Anhänger stand Scheele auf der Seite des streitbaren Mayer.

1.5 Da Scheele aus seinen beiden Ehen keine Kinder hatte, dachte er schon früh daran, die Bibliothek, die er schon während seines Studiums zusammengetragen hatte, geschlossen zu erhalten und für einen geistlichen Zweck zu stiften. 1672 verfaßte er ein Testament, wonach sie den Rendsburger Pastoren zufallen sollte. Später bot er sie den Hamburger Kirchengemeinden an, aber da die Oberalten an der Schenkung kein Interesse zeigten, fügte er 1688 seinem Testament ein Kodizill hinzu, wonach die Bibliothek nach seinem Tod nach Preetz gebracht, dort im Remter des (damals noch vorhandenen) Kreuzgangs neben der Klosterkirche aufgestellt und von dem Preetzer Klosterprediger und den beiden Pastoren an der Kirche des Fleckens Preetz benutzt werden sollte. Die Stiftungsurkunde von 1693 bestimmte, daß auch die Pastoren der übrigen zum Klosterdistrikt gehörenden Kirchen sowie andere Geistliche vom Land ein Nutzungsrecht an den Büchern haben sollten. Zur Erweiterung und Pflege des Bestandes setzte Scheele die Zinsen einer Summe von 2000 Rthlr aus und widmete sie dem ewigen Andenken Margareta von Ahlefeldts und ihrer jüngeren Schwester Hedwig (Heilwich), der er 1661 in Preetz die Leichenpredigt gehalten hatte. Er selbst wollte nur der Gründer der Bibliothek sein, während sie als deren Erhalterinnen gelten sollten. Die Rechnungsführung und die Entscheidung über Erwerbungen wurde den drei Preetzer Pastoren übertragen; die Rechnungslegung sollte jährlich vor der Priörin und dem Propst des Klosters erfolgen. Das Kloster stellte den Raum für die Bibliothek zur Verfügung.

1.6 Nach Scheeles Tod gelangte die Bibliothek 1701 nach Preetz. 1726 wurde der Bibliotheksraum im Kreuzgang umgebaut und mit den erforderlichen Regalen sowie 1738 oder 1739 mit einer umlaufenden Galerie und weiteren Regalen versehen. In diesem Raum im sogenannten Konventhaus, dem Rest des Kreuzgangs, befindet sie sich heute noch. Inschriftentafeln neben dem Eingang nennen 1688, das Jahr des Kodizills zum Testament, als Datum der Gründung und 1726 als Datum der Einrichtung des Bibliotheksraums.

1.7 Aus den Bestimmungen der Stiftungsurkunde geht hervor, daß die Predigerbibliothek als eine selbständige Stiftung gedacht war, der zweifellos die Wallenrodtsche Bibliothek in Königsberg als Vorbild diente. An diesem Status hat sich bis heute im Grundsatz nichts geändert. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs ist die Bibliothek regelmäßig ergänzt und mehrfach katalogisiert worden. Dann aber schwand mit der Inflation das Stiftungsvermögen. Der Zuwachs hörte auf und mit ihm auch die Benutzung, so daß die Sammlung zu einer Denkmalsbibliothek wurde, für deren Schutz sich nach wie vor das Kloster Preetz verantwortlich fühlt. Eine Neuordnung und Neukatalogisierung wurde in den siebziger Jahren des 20. Jhs mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen eines an der Universität Kiel angesiedelten Sonderforschungsbereichs vorgenommen, konnte jeoch wegen dessen Einstellung nicht ganz zu Ende geführt werden. Dabei wurde die ursprüngliche systematische Aufstellung, die nach dem Zweiten Weltkrieg durcheinandergeraten war, wiederhergestellt. Um nachträglich eingebaute Behelfsregale, die den ursprünglichen Raumeindruck empfindlich störten, entfernen zu können, wurden die nach 1840 gedruckten Bücher in einem neugeschaffenen Raum neben der Bibliothek separiert. Eine ständige bibliothekarische Betreuung der Bibliothek durch die Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek ist angestrebt.

1.8 Der Bestand der Scheeleschen Bibliothek, der 1701 nach Preetz gelangte, ist gut abzugrenzen. Scheeles eigenhändiger Katalog, im Testament 1672 und in der Stiftungsurkunde 1693 erwähnt, ist zwar nicht erhalten, doch gibt ein 1715 geschriebener Katalog ( s. u. 3.2) einen verhältnismäßig zuverlässigen Überblick. Außerdem sind die von Scheele erworbenen Neuerscheinungen einheitlich in glattes Pergament gebunden und (anscheinend erst nach der Aufstellung im umgebauten Bibliotheksraum in Preetz) ebenso einheitlich auf dem Rücken mit Sepia beschriftet worden. Vor allem aber hat Scheele selbst alle seine Bücher mit einem eigenhändigen datierten Besitzvermerk, seinem Wahlspruch und vielfach auch Angaben über den Kaufpreis versehen. Diese Notizen erlauben es, die Entstehung der Sammlung genau zu verfolgen. Sie zeigen, daß Scheele während seiner Studienzeit mit dem Aufbau seiner Bibliothek begann und daß er manches aus Königsberg mitbrachte, darunter eine Reihe von Gelegenheitsdrucken Simon Dachs, daß er aber wohl den größten Teil des Bestandes in den 20 Jahren seiner Tätigkeit in Hamburg erworben hat. Das gilt sowohl für den Erwerb von Neuerscheinungen als auch für den Kauf auf Auktionen. Geschlossene Bestände oder Gruppen aus älteren Bibliotheken lassen sich nicht ermitteln. Eine 1605 in Leipzig gedruckte Predigt ist handschriftlich einem " G. M. Rhenië gewidmet. Das läßt vermuten, daß sie über Johannes Rhenius (1574-1639), den Vater von Scheeles erster Frau, der bis 1617 Konrektor der Thomasschule in Leipzig und seit 1635 Konrektor der Lateinschule in Husum war, in Scheeles Besitz gelangt ist. Die Annahme einer solchen Erbschaft könnte zugleich das Vorhandensein einer bemerkenswerten Zahl von Leipziger Drucken aus dem frühen 17. Jh erklären. Ein häufig genannter Vorbesitzer anderer Bücher Scheeles ist ein bislang nicht näher identifizierter Johannes Laurentii aus Itzehoe.

1.9 Der Katalog von 1715 verzeichnet 1775 Bde, jedoch ohne Erscheinungsort und -jahr ( s. u. 3.2). Daher könnten die erst nach 1700 erworbenen Bände nur durch eine ins einzelne gehende Untersuchung ausgeschieden werden, doch dürfte die Zahl nicht allzu groß gewesen sein. Werke mit einer größeren Zahl von Bänden sind noch recht selten; auch dadurch wird die Zahl der Titel nicht wesentlich reduziert. Jedoch sind an einige nur mit dem Hauptwerk genannte Bände, die nachweislich Scheele gehört haben, große Mengen von Gelegenheitsdrucken angebunden. Aus seinem Besitz sind ebenfalls 10 Sammelbände mit Disputationen und 22 Sammelbände mit Leichenpredigten vorhanden, insgesamt ca. 1000 Titel. Man kann den Bestand seiner Bibliothek demnach auf etwa 2500 Titel veranschlagen. Ein gedruckter Katalog dieses Bestandes, in dem auch die Angaben über Kaufpreise veröffentlicht werden sollen, ist in Vorbereitung ( s. u. 3.1).

1.10 Ein von 1702 bis 1981 reichendes Rechnungsbuch ( s. u. 4.1) erlaubt es, das Wachstum des Bestandes in den Jahren 1703 bis 1705, 1711, 1716, 1718, 1720 bis 1829 sowie 1877 bis 1889 im einzelnen zu verfolgen, da für sie die erworbenen Titel aufgeführt sind; für die übrige Zeit enthält es nur pauschale Verweisungen auf die (nicht erhaltenen) spezifizierten Buchhändlerrechnungen. Auch das ganze 18. Jh hindurch und bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jhs wurde die Bibliothek durch den Erwerb von Neuerscheinungen, durch Käufe auf Auktionen oder durch Schenkungen ergänzt. In dieser Zeit stieg die Zahl der Titel kräftig an, weil nicht selten große Reihenwerke hinzukamen, sondern auch eine große Zahl von Rezensionsorganen (s. u. 2.8). Schließlich wurde jetzt auch die Hauptmasse der insgesamt etwa 190 Sammelbände von überwiegend theologischen Disputationen mit insgesamt ca. 6400 Titeln erworben.

1.11 Die Reihenwerke und Rezensionsorgane wurden laufend neu gekauft. Die Disputationssammlung dagegen kam im großen und ganzen durch die Übernahme aus anderen Bibliotheken zusammen. Die Hälfte dieser Sammlung gibt sich durch eine fortlaufende Zählung auf dem Rücken als eine geschlossene Folge zu erkennen; sie ist im Katalog von 1757 ( s. u. 3.2) als " 93 Bände Dispp. ex Bibliotheca b[eati] Führsen" verzeichnet. Sie stammt aus dem Nachlaß von Johann Nicolaus Führsen (1678-1737), der von 1712 bis zu seinem Tod Klosterprediger in Preetz war. Einige dieser Bände, die Helmstedter Disputationen von Georg Calixt und Hermann Conring enthalten, stammen aus dem Besitz des schleswig-holsteinischen Generalsuperintendenten Sebastian Niemann (1625-1684), andere wahrscheinlich aus der etwa 50.000 Bde umfassenden Bibliothek von Friedrich Christian Kielmann von Kielmansegg (1639-1714) in Schloß Wandsbek. Andere Übernahmen geschlossener Bestände sind bislang nicht zu erkennen.

1.12 Das erwähnte Rechnungsbuch belegt jedoch gezielte Käufe auf Auktionen, manche davon unter Nennung des Vorbesitzers. So wurden 44 Titel aus dem Besitz des Kieler Professors der Rhetorik und Geschichte Johann Burchard May (1652-1726) erworben, 26 Bücher und 2 Globen aus dem Besitz des Kieler Hauptpastors Johann Friedrich Jensen (1686-1727), 31 Titel aus dem Besitz des Hamburger Pastors und Kirchenhistorikers Nicolaus Staphorst (1679-1731), 20 Titel aus dem Besitz des Kieler Historikers Wilhelm Ernst Christiani (1731-1793), 65 Titel aus dem Besitz des Kieler Theologen Samuel Gottfried Geyser (1739-1808), 21 aus dem Besitz seines als Rationalist amtsenthobenen Kollegen Johann Otto Thiess (1762-1810), 108 Titel aus einer 1818 in Kiel abgehaltenen " Loseckischen Auktion". Als der Privatgelehrte Georg Wolfgang Ulrich Wedel († 1831) auf Gut Freudenholm bei Preetz 1815 und 1818 seine Bücher versteigern ließ, erwarb die Predigerbibliothek fast 200 Titel. Einige heute noch vorhandene literarische Werke stammen nach Ausweis des Schriftzugs auf dem Vorsatzpapier aus dem Besitz des Schriftstellers Johann Gottwerth Müller (Müller von Itzehoe, 1743-1828), doch fehlt für sie eine vollständige Liste; das Rechnungsbuch notiert 1829 nur einen Betrag von 66 Mark " für Bücher auf der Auction in Izehoe".

1.13 Seit etwa 1830 sind vor allem Neuerscheinungen gekauft worden. Jedoch wurden auch zwei geschlossene Bestände übernommen und in die Predigerbibliothek eingegliedert: die Bibliothek einer Christlichen Lesegesellschaft in Preetz, deren etwa 260 zwischen ca. 1830 und ca. 1890 erschienene Bücher anscheinend in mehreren Schüben übernommen und am Schluß des um 1830 begonnenen Bandkatalogs ( s. u. 3.2) verzeichnet wurden, sowie die Preetzer Schulbibliothek, die 1794 gegründet wurde und in der sich einige volkspädagogische Bücher aus dem späten 18. Jh erhalten haben. Die Geschichte dieses zweiten Bestandes läßt sich anhand mehrerer Kataloge, die ebenfalls mit in die Predigerbibliothek gelangt sind, näher verfolgen ( s. u. 3.2).

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Nach Auszählung des Standortkatalogs ( s. u. 3.1) und der noch nicht in ihm verzeichneten Bände umfaßt die Bibliothek ca. 14.500 Titel in etwa 10.500 Bdn. Dabei handelt es sich bis auf wenige Ausnahmen um historische Buchbestände, da der Zuwachs schon in den ersten Jahren des 20. Jhs unbedeutend war und 1923 ganz zum Erliegen kam. Die Separierung der nach 1840 gedruckten Bücher erlaubt es, die Gesamtzahl zu differenzieren. Fast 13.000 Titel in ca. 8250 Bdn sind vor 1840 gedruckt. Von diesen sind die Hälfte, ca. 6500, Disputationen in ca. 190 Sammelbänden; sie stammen aus dem 17. Jh und der ersten Hälfte des 18. Jhs. Dem 17. und 18. Jh gehören auch die meisten der übrigen 6500 Drucke an. Da Scheele seine Bücher nicht allein aus aktuellem theologischem Interesse gekauft hat, sondern auch als Sammler, sind auch ältere Bücher vorhanden, darunter 5 Inkunabeln. Unter den Titeln des 16. Jhs finden sich vor allem Bibeldrucke und Bibelkommentare sowie Ausgaben von Werken der Kirchenväter und der Reformatoren.

2.2 Es herrschen Latein und Deutsch vor; die anderen europäischen Hauptsprachen sind kaum vertreten. Das erklärt sich aus der Zweckbestimmung der Bibliothek: Sie ist von einem gelehrten Theologen für seinesgleichen gestiftet worden, hat sich im Laufe des 18. Jhs zwar deutlich stärker als zuvor den profanen Wissenschaften geöffnet, ist aber nach etwa 1820 wieder zu einer theologischen Fachbibliothek geworden. Auch die Schulbibliothek machte eine entsprechende Entwicklung durch. Der aus dem 18. Jh stammende älteste Teil ist von der Aufklärung geprägt, während in den späteren Teilen die Bedürfnisse der religiösen Unterweisung und Erbauung stärker in den Vordergrund rücken. Systematische Übersicht

2.3 Bei den Inkunabeln handelt es sich vor allem um Bibeldrucke: der Text der Vulgata mit den " Glossa ordinaria" des Walahfrid Strabo (4 Bde, Straßburg 1481), mit der " Postilla" des Nicolaus von Lyra (4 Bde, zusammengestellt aus Nürnberger, Straßburger und Basler Drucken) und mit der " Tabula" des Gabriel Brunus (Basel 1495) sowie das Werk Super sententias Petri Lombardi von Thomas von Aquin (Mainz 1469); als Geschenk des 18. Jhs das bereits erwähnte Benediktinermissale (Speyer 1498).

2.4 Über die Hälfte des gesamten Bestandes (ca. 5500 Bde) sind Werke zur Theologie und Kirchengeschichte; hinzu kommen noch 70 bis 80 Prozent der Disputationen, die aus den lutherischen Universitäten Deutschlands stammen. Es sind alle Teilgebiete der Theologie vertreten, soweit sie für einen orthodoxen Lutheraner von Bedeutung sind. Zunächst aus polemischem, später auch aus irenischem und historischem Interesse heraus kommen auch andere Konfessionen und Religionen in den Blick. Am Anfang der systematischen Ordnung, die auf die Kataloge des 18. Jhs zurückgeht, stehen Bibelausgaben und Bibelkommentare. Neben Drucken der Lutherbibel sind auch solche in mehreren Sprachen vorhanden, so die Biblia quadrilingua von David Wolder (Hamburg 1596) oder die von Georg Stiernhielm besorgte Ausgabe der Ulfilas-Bibel mit schwedischem, isländischem und lateinischem Paralleltext (Stockholm 1671). Die Kommentare reichen von den Inkunabeln ( s. o. 2.3) bis zu Johann Jacob Scheuchzers Kupfer-Bibel (Augsburg und Ulm 1731), die den Versuch unternimmt, Bibelauslegung und moderne Wissenschaft miteinander zu verbinden.

2.5 Unter den Werkausgaben von Theologen sind neben Luther und Melanchthon auch die Kirchenväter mit Drucken des 16. und 17. Jhs reich vertreten, die griechischen jedoch in lateinischen Übersetzungen. Auch die Disputationes de controversiis Christianae fidei adversus hujus temporis haereticos des Kardinals Robert Bellarmin (Ingolstadt 1580-1593) sind vorhanden. Johann Gerhards Loci theologici (Genf 1639) sind seit Scheeles Studienzeit im Bestand. Auch sonst sind lutherische Dogmatik und Systematik gut repräsentiert. Eine größere Rolle spielt jedoch die Kontroverstheologie. Aufgrund von Scheeles Parteinahme im Kampf Johann Friedrich Mayers gegen pietistische Strömungen in Hamburg sind die aus diesem Anlaß erschienenen Drucke reich vertreten, darunter manches Kleinschrifttum, das Scheele zu Sammelbänden zusammengefaßt hat. Im 18. Jh sind auch " ketzerische" Richtungen der Theologie wie Gottfried Arnolds Unparteyische Kirchen- und Ketzer-Historie (Frankfurt 1699-1700), Johann Wilhelm Petersens Geheimnis der Wiederbringung aller Dinge durch Jesum Christum (Pamphilia 1701-1710) oder die der Sozinianer, unter anderem mit der monumentalen Bibliotheca fratrum Polonorum (Irenopoli, i. e. Amsterdam 1656), in die Bibliothek aufgenommen worden. Selbst Spinozas Opera (Stockholm 1677) und Thomas Hobbes' Opera philosophica omnia (Amsterdam 1668) wurden erworben und im Systematischen Katalog ( s. u. 3.2) unter " Deisten und Atheisten" verzeichnet.

2.6 Der Grundstock für die Sammlung von Quellenschriften und Darstellungen zur Kirchengeschichte stammt bereits aus der Büchersammlung Scheeles. Doch ist diese Sachgruppe im 18. Jh stärker gewachsen als die anderen theologischen. Das verbindet sie mit den weltlichen Sachgruppen Geschichte sowie Erd- und Länderkunde. Auch hier geht der Bestand über das Luthertum hinaus. So sind neben den Magdeburger Centurien auch die Annales Ecclesiasticae des Katholiken Caesar Baronius (Köln 1624-1691) vorhanden. Einen regionalen Schwerpunkt gibt es bei der Kirchengeschichte erst im 19. Jh mit einigen Sammelbänden mit Flugschriften, die durch den Kieler Pastor Claus Harms und seine 1817 veröffentlichten 95 Thesen veranlaßt wurden. Reich vorhanden sind auch Predigten und Erbauungsbücher, meist aus dem 17. Jh. Sie wurden überwiegend von lutherischen Pastoren zum Druck gebracht, doch finden sich auch 12 Bde mit erbaulichen Schriften des Katholiken Hieronymus Drexel. Schließlich sind die theologischen Rezensionsorgane zu erwähnen, die bald nach 1700 in die Bibliothek gekommen sind.

2.7 Die weltlichen Wissenschaften, die in der Sammlung vertreten sind, stehen aufgrund ihrer Prägung durch philologische Methoden zumeist der Theologie nahe; moderne Naturwissenschaften oder technische Disziplinen sind nicht vorhanden, und auch die wenigen medizinischen Bücher stehen noch in der philologischen Tradition der Auslegung von Autoritäten der Antike. Schwerpunkte bilden Geschichte sowie Erd- und Länderkunde mit ca. 1200 bzw. ca. 250 Titeln. Der Grundstock stammt hier aus dem 17. Jh, doch sind diese Sachgruppen im 18. Jh besonders stark erweitert worden. Dabei war anscheinend weniger der tatsächliche Bedarf der Preetzer Prediger an Information über die Welt maßgebend als das Leitbild von Adelsbibliotheken in zeitgenössischen Herrenhäusern. Jedenfalls verliert der Bestand zeitweilig den Charakter einer theologischen Fachbibliothek. Innerhalb der Geschichte tritt die antike Geschichte, die in der Sammlung Scheeles noch im Vordergrund steht, im 18. Jh hinter Darstellungen der Weltgeschichte, der deutschen Reichsgeschichte und der Geschichte Dänemarks und Schleswig-Holsteins zurück. Vorhanden sind z. B. Lünigs Teutsches Reichs-Archiv (Leipzig 1711-1722) oder die Übersetzung der Allgemeinen Welthistorie, die in England durch eine Gesellschaft von Gelehrten ausgefertigt worden (70 Bde, Halle 1740-1814).

2.8 Den Bedarf an Informationen über die geographischen und politischen Verhältnisse decken im 17. Jh die etwa 20 aus Scheeles Besitz stammenden " Republiken" (Landesbeschreibungen europäischer und außereuropäischer Staaten) aus dem Verlag Elzevier in Leiden und dessen Nachahmern, während im 18. Jh Reisebeschreibungen in großer Zahl erworben wurden, darunter die Allgemeine Historie der Reisen zu Wasser und zu Lande (Leipzig 1747-1774). Auch die Sammlung von Rezensionsorganen und Zeitschriften nimmt an dieser Entwicklung teil. Der Katalog vom Jahre 1715 ( s. u. 3.2) verzeichnet nur die ersten Bände, Nachtragsbände und Register der Acta Eruditorum. 1757 sind schon ca. 40 Periodika vorhanden, und bis zum Ende des Jahrhunderts steigt die Zahl weiter an. Es finden sich z. B. die Unschuldigen Nachrichten von alten und neuen theologischen Sachen (49 Bde, 1701-1750) oder Nicolais Allgemeine deutsche Bibliothek (247 Bde, 1765-1806). Philosophie und Philologie mit ca. 200 und ca. 300 Titeln hingegen bleiben lange im Banne der Antike und des Späthumanismus, so daß die lateinische Sprache noch eine größere Rolle spielt als bei den historischen und geographischen Werken. Die Systematischen Kataloge des 18. Jhs ( s. u. 3.2) sahen noch keine Notwendigkeit, die Dichtung von Reden und Briefen zu trennen.

2.9 Belletristik im modernen Sinne ist selten. Daniel Casper von Lohensteins Arminius (Leipzig 1689-1690), erst 1711 erworben, ist wohl noch eher als Geschichtsdichtung verstanden worden denn als Roman. Die Lyrik des 17. Jhs wird vor allem durch die Kirchenlieder von Johann Rist repräsentiert, von denen mehrere Sammlungen vorhanden sind. Für das 18. Jh steht Barthold Heinrich Brockes' Irdisches Vergnügen in Gott (Hamburg 1721). Dieser Typus von Literatur findet seine Fortsetzung im Bestand aus der Zeit um 1800 nicht in Gedichtsammlungen oder Romanen, sondern in der pädagogisch-moralischen Lektüre, die mit der Schulbibliothek in die Predigerbibliothek gekommen ist.

2.10 Scheele sammelte viele Gelegenheitsdrucke und verwandtes Kleinschrifttum und ließ sie mit größeren Werken zusammenbinden. Die Einzeldrucke von Gedichten Simon Dachs aus der Zeit um 1655, die auf diese Weise erhalten blieben, stammen vermutlich aus Scheeles Königsberger Zeit ( s. o. 1.4); auch am Ende des 17. Jhs erhielt Scheele noch Universitätsprogramme aus Königsberg. Weitere Drucke von Gedichten finden sich aus seiner Rendsburger und vor allem seiner Hamburger Zeit; sie sind in Schleswig-Holstein und Hamburg gedruckt. Die Sammelbände mit Leichenpredigten haben keinen ausgeprägten regionalen Bezug. Unter den Drucken von Gelegenheitsgedichten sind vermutlich nicht wenige Unika. Auch ist durch Scheeles Praxis, durch Einbinden auch Ephemeres in seine Bibliothek aufzunehmen, eine einzelne Nummer einer sonst unbekannten Zeitung, des Niederelbischen Postreuters (1685), erhalten geblieben. Diese von Scheele gepflegte Tradition des Sammelns und Bewahrens von Kleinschrifttum ist nach seinem Tod nur mit den Sammelbänden von Disputationen diverser Universitäten und mit den thematisch zusammengehörenden Flugschriften für oder gegen Claus Harms fortgesetzt worden.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetischer Katalog

[PI angeglichen; auch in der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek vorhanden]

Standortkatalog

[beide Kataloge in Zettelform und nicht ganz abgeschlossen; erstellt ab 1970]

[Ein gedruckter Katalog der ehemaligen Bibliothek Scheeles ist in Vorbereitung.]

Die Bestände sind weder im Nordeutschen Zentralkatalog noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Predigerbibliothek:

[Der " Catalogus unter meinen eignen hand", den Scheele 1672 in seinem Testament und 1693 in der Stiftungsurkunde der Bibliothek erwähnt, ist nicht erhalten.]

Catalogus Bibliothecae Schelianae. Anno 1715

[hschr. Bandkatalog; alphabetisch geordnet; mit einer Gruppe von Anonyma und Miscellanea am Schluß; innerhalb der Gruppen nach Formaten getrennt]

Catalogus Bibliothecae Schelianae

[erstellt um 1720; hschr. Bandkatalog; Abschrift des vorhergehenden; mit Nachträgen bis 1726]

Bandkatalog, 1757

[3 Bde; Bd 1-2 alphabetisch, Bd 3 systematisch geordnet und innerhalb der Gruppen nach Formaten getrennt]

Bandkatalog

[erstellt ab 1830; hschr. in 3 Bdn; Aufbau wie 1757; als letzte Gruppe des Systematischen Katalogs: " Bibliothek einer christlichen Lesegesellschaft, welche in den Jahren 1838-1842 an die hiesige Predigerbibliothek gekommen ist"]

Katalog der Predigerbibliothek zu Preetz, 1892

[hschr. Bandkatalog in 4 Bdn; Systematischer Katalog]

Alphabetischer Zettelkatalog [um 1890]

Schulbibliothek:

Preetzer Schulbibliothek, angelegt unter der Prälatur des Herrn Kammerherrn Cai Wilhelm von Ahlefeldt, den 12. December 1794

[hschr. Bandkatalog; bis 1820 sind 479 Titel ohne Ordnung mit laufenden Nummern eingetragen; 1821 alphabetische Verzeichnung von 538 noch vorhandenen Titeln und 9 Neuerwerbungen]

Vollständiges Verzeichniß der in der Preetzer Schullehrerbibliothek befindlichen Bücher

[erstellt um 1841; hschr. Bandkatalog; 706 fortlaufend gezählte Bände ohne erkennbare Ordnung]

Katalog der Preetzer Schulbibliothek

[erstellt um 1875; hschr. Bandkatalog; 888 fortlaufend gezählte Bde, bis Nr. 706 in derselben Reihenfolge wie um 1841; außerdem alphabetisches " Verzeichniß der 1887 vorhandenen brauchbaren Werke der Preetzer Schulbibliothek" sowie skizzenhaftes Verzeichnis dieses Bestandes in Sachgruppen mit jeweils laufender Nummer]

Katalog der Lehrerbibliothek des Kirchspiels Preetz

[erstellt um 1890; hschr. Bandkatalog; Reinschrift der im vorhergehenden Katalog skizzierten Aufstellung in 4 Gruppen - Religion, Lesebücher, Pädagogik und Philosophie, Geschichte - mit Nachträgen von Neuerwerbungen bis 1896; enthält insgesamt 248 Bde]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Ein Faszikel mit Dokumenten zur Stiftung der Bibliothek und des Scheeleschen Stipendiums (1672-1699) und einigen späteren, die Bibliothek betreffenden Schriftstücken befindet sich im Archiv des Klosters Preetz (VI C 1). Specification Wegen der Rentgelder, die da gehoben worden, von dem Capital der 2000 Rthlr die der Hochehrwürdige und HochGelahrte Herr Herr Henricus [sic] Schele zur Verbeßerung Seiner Bibliothec gewidmet hat, Wie dieselbige jährlich administriret, Was davon gehoben, und was an guten Büchern davor wieder angeschaffet worden [hschr.; gebundener Band für die Jahre 1702-1981; in der Verwaltung des Klosters Preetz] Stiftungsakte der Preezer Predigerbibliothek. In: Schleswig-Holsteinische Provinzialberichte 7 (1793) Bd 2, S. 129-133

4.2 Darstellungen

Dörfer, Johann Friedrich August: Säkulargedächtnis der Preetzer Scheelen-Predigerbibliothek. Kiel 1801 Seestern-Pauly, Friedrich: Actenmäßiger Bericht über die in dem Herzogthume Holstein vorhandenen milden Stiftungen. Schleswig 1831, S. 207-208

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Lohmeier, Dieter: Die Barockbestände der Predigerbibliothek des Klosters Preetz. In: Deutsche Barockliteratur und europäische Kultur. Wolfenbüttel 1977, S. 316-317 (Dokumente des Internationalen Arbeitskreises für deutsche Barockliteratur 3)

Lohmeier, Dieter: Simon-Dach-Drucke in der Predigerbibliothek des Klosters Preetz. In: Wolfenbütteler Barock-Nachrichten 2 (1976) S. 172-174

Mitchell, P[hillip] M[arshall]: A Bibliography of 17th Century German Imprints in Denmark and the Duchies of Schleswig-Holstein. Vol. 3: Additions and Corrections. Lawrence, Kansas 1976 [hierin 60 zwischen 1651 und 1697 erschienene neue Titel aus Preetzer Bestand]

Unsicker, Karin: Eine neue Zeitung des 17. Jahrhunderts aus dem norddeutschen Raum. In: Daphnis 1 (1972) S. 180-190

Stand: Mai 1994

Dieter Lohmeier


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.