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Klosterbibliothek St. Marienberg

Adresse. Klosterstraße 14, 38350 Helmstedt [Karte]
Telefon. (05351) 6769

Unterhaltsträger. Braunschweigischer Vereinigter Kloster- und Studienfonds und von-Veltheim-Stiftung
Funktion. Verwaltung der alten Klosterbibliothek und der Bibliothek der von-Veltheim-Stiftung (ehemalige Schulbibliothek im Kloster St. Marienberg).
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach schriftlicher oder telefonischer Voranmeldung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiermöglichkeit in der Nähe.
Gedruckte Informationen. Informationsbroschüren und Merkblätter.
Hinweise für anreisende Benutzer. Voranmeldung erforderlich. - Busverbindung ab Bahnhof (Linien 39 und 40) bis Braunschweiger Tor. A 2, Ausfahrt Helmstedt. Parkmöglichkeiten in der Nähe.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das einstige Augustinerchorfrauenstift Marienberg wurde um 1174 durch den Abt Wolfram von Werden und Helmstedt gegründet, der gleichzeitig Stadtherr und Abt des Ludgeriklosters war. Mit Einführung der Reformation 1569 wurde Marienberg in ein evangelisches Damenstift umgewandelt. Die heutige Bedeutung des Klosters liegt vor allem in der evangelisch-lutherischen Paramentenwerkstatt der von-Veltheim-Stiftung, die 1862 von Domina (Vorsteherin) Charlotte von Veltheim ins Leben gerufen wurde. Träger des Klosters St. Marienberg ist der Braunschweigische Vereinigte Kloster- und Studienfonds, die von-Veltheim-Stiftung ist verfügungsberechtigt.

1.2 Die heutige Bibliothek hat einen Gesamtbestand von 1577 Titeln in ca. 1972 Bdn und gliedert sich in die frühere Klosterbibliothek und die ehemalige Schulbibliothek (Bibliothek der von-Veltheim-Stiftung). Während in der früheren Klosterbibliothek 96 Prozent der Titel vor 1900 erschienen sind, macht der historische Bestand bei der ehemaligen Schulbibliothek 79 Prozent aus.

1.3 Die ehemalige Klosterbibliothek entstand nicht im Zuge der 1655 durch Herzog August von Braunschweig und Lüneburg erlassenen Klosterverordnung. Vielmehr läßt sich an der Fülle von Eigentumsvermerken und Notizen in den Büchern belegen, daß dieser Bestand aus Nachlässen ehemaliger Priorinnen (vor allem Christina Sophia Bosse, 1702-1765), der Domina Charlotte von Veltheim (1832-1911), einzelner Konventualinnen sowie aus Schenkungen von Privatpersonen (vor allem Bibeln und Gesangbücher) stammt. Im Verlaufe der Reformation im Fürstentum Braunschweig ist die alte Bibliothek auseinandergerissen worden. So mußten z. B. auf Befehl von Herzog Julius Hss. und Bücher an die 1576 neugegründete Universität Helmstedt (1810 durch ein Dekret französischer Militärherrschaft geschlossen) abgegeben werden, von wo aus im 19. Jh Teilbestände in den Besitz der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel gelangten (s. auch Einträge Helmstedt, Ehemalige Universitätsbibliothek 1.4 und Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek 1.6).

1.4 Ende des 19. Jhs war der Bestand im " Männersaal" untergebracht. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Auslagerung der historischen Bestände infolge zweckentfremdeter Nutzung der Klosterräumlichkeiten als Militär- und Flüchtlingsquartiere unabdingbar. Schäden durch Wurmfraß und Feuchtigkeit konnten auch durch die sich anschließenden Bau- und Modernisierungsarbeiten nicht verhindert werden. Seit 1958 sind die Bücher wieder sachgemäß im " Männersaal" untergebracht. Ein geringer Teil des alten Bestandes befindet sich in einer ständigen Ausstellung mittelalterlicher Paramente (" Schatzkammer" am Kreuzgang des Klosters). Trotz der genannten mehrfachen Auslagerungen der Bestände ist die Anzahl beschädigter Bände gering. Einige wertvolle Bücher wurden bereits restauriert (darunter eine Hs. mit Antiphonen aus dem 13. Jh), weitere finanzielle Mittel sind vom Kloster- und Studienfonds bereitgestellt worden.

1.5 Von 1872 bis 1940 befand sich im Kloster eine höhere Privatschule für Mädchen bis zu 16 Jahren mit 65 Internatsplätzen. Daneben existierte von 1882 bis 1922 eine Kleinkinderschule. Beide Bildungseinrichtungen wurden von Charlotte von Veltheim gegründet. Die Kleinkinderschule mußte 1922 geschlossen werden, da alle privaten Grundschulen verboten wurden. Durch einen nationalsozialistischen Erlaß mußte 1940 auch die private Mädchenschule ihren Lehrbetrieb einstellen. Die Bemühungen der Konventualinnen um einen Neubeginn ihrer schulischen Arbeit nach 1945 fanden keine entsprechende Resonanz.

1.6 Der Bestand der ehemaligen Schulbibliothek (Bibliothek der von-Veltheim-Stiftung) wurde vorrangig für Unterrichtszwecke angeschafft und herangezogen. Es handelt sich dabei ausschließlich um Titel des 19. und 20. Jhs. Unterrichtende, Schülerinnen und ein interessiertes Publikum konnten die Bibliothek auch in der Freizeit benutzen; ein regulärer Leihverkehr fand statt. Alle Bücher und Schriften sind mit einem Schulstempel versehen. 1989 wurden ca. 700 Unterrichtswerke des 19. und 20. Jhs dem Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung Braunschweig übergeben. Die ehemalige Schulbibliothek besteht nun aus 953 neukatalogisierten Titeln.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Bestand der ehemaligen Klosterbibliothek umfaßt insgesamt 624 Titel in 779 Bdn, Drucken und Hss., vor allem des 17. und 18. Jhs. Das Antiphonar mit Texten aus dem Stundenbuch (Hs.) stammt vermutlich aus dem 13. Jh. Von den Drucken entfallen 20 Titel auf das 16. Jh (3 Prozent), 150 auf das 17. Jh (24 Prozent), 307 auf das 18. Jh (49 Prozent), 123 auf das 19. Jh (20 Prozent) und 23 Titel auf die Zeit nach 1900 (4 Prozent). In diesem Bestand sind die Hss. und Mss. (14 Titel) eingeschlossen, die mit Ausnahme des Antiphonars im 18. und 19. Jh verfaßt wurden.

2.2 Die ehemalige Schulbibliothek besteht aus 953 Titeln in 1193 Bdn. Nur ein Titel ist im 18. Jh erschienen, 652 Titel (68 Prozent) sind im 19. Jh, 202 Titel (21 Prozent) im 20. Jh erschienen, und 98 Titel (10 Prozent) sind ohne Jahresangabe.

2.3 Im Bestand der ehemaligen Klosterbibliothek dominiert die deutsche Sprache mit 490 Titeln (79 Prozent). Nur bei den Juridica überwiegt das Lateinische, das mit insgesamt 32 Titeln (5 Prozent) vertreten ist. In französischer Sprache sind 77 Titel (12 Prozent), in Englisch 14 Titel (2 Prozent). Die verbleibenden 11 Titel (2 Prozent) verteilen sich auf die Sprachen Drawidisch (zwei Gesangbücher), Griechisch, Holländisch (Bibelübersetzung) und Italienisch (7 Titel; Genealogie, Übersetzungen, Lehrbücher).

2.4 Die sprachliche Gliederung der ehemaligen Schulbibliothek entspricht der damaligen Stundentafel, die als erste und zweite Fremdsprache Französisch und Englisch vorsah. So umfaßt der Bestand etwa 779 deutsche (82 Prozent), 142 englische (15 Prozent) und 31 französische Titel (3 Prozent). Systematische Übersicht

2.5 Für die ehemalige Klosterbibliothek wurde im Jahre 1880 eine Systematik festgelegt. Sie besteht mit geringfügigen Änderungen fort und gliedert sich in 26 Abteilungen, die in 13 Einheiten zusammengefaßt sind. Von den 601 Titeln des historischen Bestandes entfallen 347 Titel (58 Prozent) auf theologische Bereiche: Erbauungsschriften (151 Titel); Predigten (53); Auslegungen und Exegetica (43); Gesangbücher (35); Bibeln (31); Geistliche Lieder (24); Apologetik (5); Luthers Werke (4 Titel, darunter die Hallesche Ausgabe, 1740); Kirchenväter (1 Titel). Zu den häufigsten Autoren bei den Erbauungsschriften zählen Johann Arndt (12 Titel), Gottfried Arnold (6), Christian Scriver, Philipp Balthasar Sinold und Philipp Jacob Spener (jeweils 3). Luther ist mit 6 Titeln, Melanchthon mit dem Commentarius in Danielem Prophetam (1543) vertreten.

2.6 Die übrigen 254 Titel (42 Prozent) entfallen auf insgesamt 17 Gruppen: Geschichte und Genealogie (54 Titel); Philosophie (23); Deutsche Literatur sowie Lexika und Nachschlagewerke (jeweils 22); Moral und Pädagogik (21); Juridica und Schriften zum Staats- und Völkerrecht (17); Französische Literatur (16); Kirchen- und Klostergeschichte (15); Ökonomie (12); Lateinische und Griechische Klassiker (11); Historie St. Marienbergs (10); Englische Literatur (8); Geographische Schriften (7); Naturwissenschaft (6); Schullehrbücher (4); Varia sowie Musikalia (jeweils 3).

2.7 Hervorzuheben sind 30 in Helmstedt gedruckte Titel, überwiegend von Autoren aus dem akademischen Umfeld der ehemaligen Universität (Ernst August Bertling, Johann Christoph Dommerich, Johann Friedrich May, Johann Peter Miller, Johann Lorenz von Mosheim, Christoph Timotheus Seidel, Hermann von der Hardt).

2.8 Bei den Hss. handelt es sich um Verzeichnisse, Aufzeichnungen und Notizen, Gedichte, Traktate, eine landeskundliche Beschreibung Sardiniens, Noten- und Liederbücher, Predigttexte sowie die Abschrift der durch Herzog August erlassenen Klosterverordnung von 1655 durch Priorin Christina Sophia Bosse, 1748.

2.9 Für die ehemalige Schulbibliothek (Bibliothek der von-Veltheim-Stiftung) existieren zwei verschiedene Systematiken und Kataloge, die den Bestand vorrangig in die Teilbereiche der Unterrichtswerke (primär 20. Jh) und der Werke aus dem 19. Jh (mit einem hohen Anteil theologischer Literatur) gliedern. Bei den Unterrichtswerken sind mit Ausnahme von Philosophie und Pädagogik die Sachgruppen durch die Unterrichtsfächer Englisch, Französisch, Geschichte, Kunstgeschichte, Musik, Zeichnen, Handarbeit, Sport, Erdkunde, Naturwissenschaften und Mathematik gebildet.

2.10 Ziel der Klosterschule war die Vermittlung einer christlichen Erziehung im evangelisch-lutherischen Sinne. Der Religionsunterricht nahm deshalb eine bevorzugte Stellung ein, so daß sich im historischen Bestand der ehemaligen Schulbibliothek ein differenziert gegliederter theologischer Bereich (449 Titel) findet, der ca. 50 Prozent der Titel des 19. Jhs umfaßt. Er ist insbesondere durch Predigten und Erbauungsschriften (105 Titel) geprägt und präsentiert eine Vielzahl wichtiger Schriften von Theologen des 19. Jhs: Hermann von Bezzel (7 Titel), Georg Stosch (10 Titel), Charles Haddon Spurgeon (31 Übersetzungen), Claus Harms (31 Titel) sowie Wilhelm Löhe (36), der der evangelischen Paramentik Impulse gab und dadurch mit dem Kloster eine enge Verbindung einging. Die übrigen Sachgruppen ähneln in ihren Grundzügen der Systematik der ehemaligen Klosterbibliothek.

3. KATALOGE

3.1 Kataloge der ehemaligen Klosterbibliothek

Moderne Kataloge:

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform; nach PI und RAK]

Auflistung der Hss., der Helmstedter Drucke und des " Schatzkammer"-Bestandes [mschr.]

EDV-Datenbank

[MS-DOS; enthält Verfasser, Erscheinungsjahr, Sprache, Anzahl der Bde und Signatur des Gesamtbestandes]

Verzeichnis des Kloster- und Studienfonds von 1985 [mschr.]

Historische Kataloge:

Register der Bibliothek zu Kloster Marienberg, am Osterfest 1880 [Bandkatalog; hschr.]

Bandkatalog von 1961 [hschr.]

Kartenkatalog

[erstellt von Gerhard Römer; mschr.]

3.2 Kataloge der ehemaligen Schulbibliothek

Moderner Katalog:

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform; nach PI und RAK; hschr.]

Historische Kataloge:

Verzeichnis der Unterrichtswerke

[hschr.; Ende des 19. Jhs angelegt]

Katalog zur Bibliothek der von-Veltheim-Stiftung [mschr.]

Die Bestände sind weder im Niedersächsischen Zentralkatalog noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Alle alten Verzeichnisse, Kataloge, Unterlagen über den Leihverkehr, Korrespondenzen sowie Kurzdarstellungen über die Bibliotheksgeschichte werden im Kloster-Aktenarchiv aufbewahrt (Aktenmaterial des 18. bis 20. Jhs).

4.2 Darstellungen

Braunschweigischer Vereinigter Kloster- und Studienfonds (Hrsg.):

Kirchen, Klöster, Manufakturen. Historische Kulturgüter im Lande Braunschweig. Braunschweig 1985

Hobom, Wilhelm: St. Marienberg in Helmstedt. München 1984 (Große Baudenkmäler 358) Klosterschule St. Marienberg Helmstedt. Informationsbroschüre [um 1920]

Losch, Ralf Günther: Klosterbibliothek St. Marienberg Helmstedt. Ein Beitrag im Vorfeld der Niedersächsischen Bibliothekstage in Helmstedt 1990. In: MB. Mitteilungsblatt der Bibliotheken in Niedersachsen Heft 72 (1989) S. 21-28

Meibom, Heinrich: Chronicon des Jungfräulichen Closters Marien-Berg vor Helmstedt. Halberstadt und Leipzig 1723 Stoessner, Eduard: Die ehemaligen Besitzungen des Klosters Marienberg vor Helmstedt. Helmstedt 1902

Strauß, Ulrike: Das ehemalige Augustinerchorfrauenstift Marienberg bei Helmstedt. Braunschweig 1983 (Beihefte zum Braunschweigischen Jahrbuch im Auftrage des Braunschweigischen Geschichtsvereins 1)

Veltheim, Luise von: Erinnerungsblätter aus dem Kloster Sankt Marienberg. Braunschweig 1896 [als Ms. gedruckt] Wandersleb, Martin: Kloster St. Marienberg zu Helmstedt. Beilage der Helmstedter Kulturblätter 9 (1962)

Stand: September 1996

Ralph Günther Losch


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.