FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Konopište [Konopischt]

Schloßbibliothek

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Von den ursprünglichen Bibliotheken der Fa- milie Prehorovský z Kvasejovic und der Grafen von Wrtby haben sich nur geringe Spuren erhalten. Der Gesamtbestand wurde beim Verkauf des Schlosses an den Thronfolger Erzherzog Ferdinand d'Este (1863-1914) nach Krimice [Krimitz] überführt (s. Eintrag dort). In Schloß Konopischt entstand eine neue Sammlung des Erzherzogs und seiner Gemahlin Sophia Gräfin Chotek (1868-1914), die zur Fürstin von Hohenberg erhoben wurde. Beide waren auch die Hauptförderer der Bibliothek. Ihre Kinder, die Herzöge von Hohenberg, mußten das Konopischter Schloß einschließlich des Mobiliars im Jahre 1918 an die Tschechoslowakische Republik abtreten. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Bibliothek unter die Verwaltung des Nationalmuseums in Prag. Heute befindet sie sich im Besitz des Denkmalamtes für Mittelböhmen [Památkový ústav Stredních Cech] in Prag.

1.2 Im Bestand finden sich überdies Fragmente der Bibliotheken der Grafen von Stadion und der Grafen von Fünfkirchen. Nach 1918 kam eine weitere Sammlung nach Konopischt, die konfiszierte Bibliothek des toskanischen Zweiges des Hauses Habsburg-Lothringen, welche im Schloß Ostrov nad Ohrí [Schlackenwerth] entstanden war. Mit ihren deutlichen italienischen Einflüssen spiegelt die Sammlung die Herrschaft der Habsburger in der Toskana seit 1735 wider. Zum Bestandsaufbau trugen neben Ferdinand III. von Toskana (1769-1824) vor allem sein Sohn Leopold II. (1797-1870) und sein Enkel Ferdinand IV. (1835-1908) bei. In diese Sammlung wurde auch die Bibliothek des Schwiegersohns Leopolds II., des sizilianischen Prinzen Franz Graf von Trapani (1827-1892) eingegliedert. In das Schloß Schlackenwerth siedelte die Familie 1859 über, als sie die Toskana verlassen mußte.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Insgesamt umfassen die Bibliotheken in Konopischt 14.973 Bde, davon 42 Hss., 25 Bde aus dem 16. Jh, 1163 Drucke des 17. und 18. Jhs mit eindeutigem Schwerpunkt im 18. Jh sowie mehr als 10.000 Bde des 19. Jhs.

2.2 Die ursprüngliche Bibliothek des Schlosses umfaßt 1983 Bde, davon 97 Alte Drucke. Etwa die Hälfte bildet deutsches Schrifttum, die übrigen Bücher sind in tschechischer, italienischer und französischer Sprache. Es handelt sich fast ausschließlich um Werke zur Geschichte des Hauses Habsburg vom Mittelalter bis ins 19. Jh. Weitere Werke beschäftigen sich mit der Kaiserin Maria Theresia und Joseph II., darunter Biographien, Schriften zur Politik und zur Wahlkapitulation, persönliche Korrespondenz, Bilderalben und Nekrologe. Nennenswert sind beispielsweise Adam Wolfs Oesterreich unter Maria Theresia (Wien 1855) und Ernst Hellmuths Kaiser Josef II. (Prag 1862). Daneben finden sich auch Werke zur Hofzeremonie wie das Ceremoniel bei der Ankunft, Erbhuldigung, Krönung, (Installierung und Belehrung) Ihrer k.k. Majestäten September 1836 (Prag o. J.) und Werke von Persönlichkeiten, die den Habsburgern nahestanden. Schließlich liegen Werke über die österreichischen Länder und ihre Geschichte vor sowie über die Geschichte der deutschsprachigen und weiterer europäischer Länder, die Geschichte der europäischen Dynastien, die Französische Revolution und das Osmanische Reich. Zu Preußen ist u. a. vorhanden Gustav A. H. Stenzels Geschichte des preussischen Staats (Hamburg 1830-1851).

2.3 Die Bibliothek des Schlosses Ostrov enthält 4089 Bde, davon 219 Drucke vor 1800. Deutsche Werke umfassen nur 20 Prozent des Bestandes; die restlichen Titel sind italienisch und französisch. Zum deutschen Schrifttum zählen Werke über das Haus Habsburg und die österreichischen Länder sowie Biographien von österreichischen Politikern und Feldherren. Einen Teil des Bestandes bildet katholische theologische Literatur, meist Gebetbücher und Sammlungen von Kirchenliedern.

2.4 Die Bibliothek des Thronfolgers Erzherzog Ferdinand d'Este enthält 4355 Bde, davon 38 Hss. und 48 Drucke vor 1800. Deutsche Schriften bilden etwa 90 Prozent des Bestandes. Mehr als die Hälfte der Titel (einschließlich der Alten Drucke) betreffen Jagd, Kynologie, Reiten, Forstwesen und ähnliche Gebiete. Beispielsweise besitzt die Bibliothek Fürst-Adliche neu-ersonnene Jagd-Lust (Frankfurt 1711), Neue lustige und vollständige Jagdkunst (Leipzig 1760) und aus dem 19. Jh Kraft Karl August E. F. zu Hohenlohe-Ingelfingens Gespräche über Reiterei (Berlin 1887) sowie Raoul von Dombrowskis Der Wildpark. Seine Einrichtung und Administration (Wien 1885). Die Jagd ist ebenfalls ein häufiges Thema der belletristischen Werke und der Reisebücher. Zahlreich vertreten sind allgemeine zoologische und ornithologische Schriften, darunter F. M. Eduard Opels Lehrbuch der forstlichen Zoologie (Berlin 1885). Einen kleineren Teil des Bestandes bilden Publikationen über Gärten und Parks. Daneben finden sich Sammelbände mit österreichischen Gesetzen, landwirtschaftliche Bücher, Wörterbücher, Theaterliteratur und Bücher über Tirol. Zu erwähnen ist ein Sonderbestand an Kinderliteratur aus der Zeit um 1900. Er umfaßt ca. 800 Bde Märchen, Abenteuerbücher, humoristische und historische Werke, Wörterbücher, naturwissenschaftliche und technische Lexika für Gymnasien sowie Bilderbücher.

2.5 Der im Schloß aufgestellte Teil der Bibliothek gehörte ebenfalls Erzherzog Fedinand d'Este und umfaßt 3734 Bde, davon 799 Drucke vor 1800 und 2 Hss. 80 Prozent des Bestandes sind deutschsprachig. Der Bestand Alter Drucke thält Werke zur Geschichte der österreichischen Länder und des Hauses Habsburg, lateinische juristische Werke aus dem 17. und 18. Jh, die in Wien und in deutschen Städten publiziert wurden, allgemeine Enzyklopädien, Reisebücher, Belletristik und Versdichtung vom Ende des 18. Jhs (z. B. Klopstock und Meissner). Bei den historischen Titeln sind nennenswert Johann Jacob von Weingartens Fürsten-Spiegel, Oder Monarchia des Hochlöblichen Ertz-Hauses Oesterreich (Prag 1673), Johann G. A. von Hohenecks Die löblicher Herren Stände dess Erz-Herzogthumb Oesterreich (Passau 1727) und von Marquardus Herrgott Genealogia diplomatica augustae gentis Habsburgicae (Wien 1737).

2.6 Die Drucke des 19. Jhs sind vorwiegend Militaria: u. a. militärische Vorschriften und Handbücher, Beschreibungen der österreichischen Armee, Militärzeitschriften sowie Darstellungen der Schlachten und Feldzüge der österreichischen Heere. Auch in diesem Teil der Bibliothek sind Reisebücher - zahlreiche über Mexiko wie z. B. Eduard Mühlenpfordts Versuch einer getreuen Schilderung der Republik Mejiko (Hannover 1844) - vertreten, ferner Theaterliteratur, Bücher über die Jagd, über Denkmäler und Sehenswürdigkeiten in Österreich sowie Kataloge von Werken der Bildenden Kunst, z. B. zu Wiener Kunstausstellungen. Hinzu kommt ein Bestand mit medizinischer Spezialliteratur aus der Mitte des 19. Jhs, darunter z. B. Franz Schuhs Pathologie und Therapie der Pseudoplasmen (Wien 1854). Neben gedruckten Büchern enthält die Bibliothek auch eine größere Zahl Photoalben, die das Leben der kaiserlichen Familie dokumentieren.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Gesamtkatalog der Schloßbibliotheken unter der Verwaltung des Nationalmuseums in Prag

[verzeichnet die Alten Drucke der Bibliothek Konopischt und der Bibliothek aus Schloß Ostrov nad Ohrí]

Gesamt- und Standortkatalog - Bibliothek Konopischt [erstellt 1969]

Gesamt- und Standortkatalog - Bibliothek im Schloß Ostrov nad Ohrí [2 Bde; erstellt 1969]

Standortkatalog - Bibliothek von Ferdinand d'Este

[erstellt 1962]

Standortkatalog - Bibliothek Konopischt in der Ausstellung [erstellt 1972]

3.2 Historischer Katalog

Bibliothek Inventar

[20. Jh; Signatur Konopište IV.2046]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Lifka, Bohumír: Zámecké a palácové knihovny v Cechách. Prehled historicko-topografický [Schloß- und Palaisbibliotheken in Böhmen. Eine historisch-topographische Übersicht]. In: Ceský bibliofil [Der tschechische Bibliophile] 6 (1934) S. 53

Jílková, Štepánka: Zámecká knihovna Konopište [Die Schloßbibliothek Konopischt]. Praha 1985 [Diplomarbeit an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität in Prag, Lehrstuhl für wissenschaftliche Informationen und Bibliothekswesen]

Mašek, Petr: Schloßbibliothek Ostrov. In: Günter Scholz (Hrsg.): Libri castellani. Europäische Bücherschätze aus Adelsbibliotheken in Böhmen. Böblingen 1992, S. 29, 46 [Ausstellungskatalog]

Stand: Februar 1995

Petr Mašek


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.