FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Kout na Šumave [Kauth]

Schloßbibliothek

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Bibliothek wurde von den Grafen von Stadion, ein ursprünglich rhätisches Geschlecht, gegründet. Besonders die Brüder Franz Conrad von Stadion (1679-1757), Fürstbischof von Bamberg, und Friedrich von Stadion (1691-1768), Staatsminister beim Mainzer Kurfürsten, ein Freund Voltaires und Förderer von Christoph Martin Wieland, trugen zum Bestandsaufbau bei. Beide kennzeichneten ihre Bücher mit heraldischen Exlibris. Ende des 18. Jhs wurde die Bibliothek in das Schloß Trhanov [Chodenschloß] in Westböhmen überführt, wo sie von Friedrich Lothar von Stadion (1761-1811), österreichischer Diplomat, und seinem Bruder Johann Philipp von Stadion (1763-1824), österreichischer Staatskanzler, vermehrt wurde.

1.2 Zu Beginn des 20. Jhs starb die Familie von Stadion in männlicher Linie aus, und das Vermögen einschließlich der Bibliothek übernahmen die Grafen von Schönborn, die die Bibliothek in den Jahren 1923 bis 1945 nach Schloß Kauth brachten. Auch von ihnen sind heraldische Exlibris erhalten. Die Bibliothek ist heute in der Dauerausstellung des Schlosses Kozel [Waldschloß] aufgestellt. Sie befindet sich im Besitz des Denkmalamtes für Westböhmen [Památkový ústav Západních Cech] in Plzen [Pilsen].

1.3 Einige Dutzend Bände aus der Bibliothek der Grafen von Berlepsch, besonders von Graf Sittich Herbold (1673-1712), sind in die Sammlung eingegangen (s. a. Schloßbibliothek Dacice). Ein kleinerer Bestand stammt aus dem Eigentum der Grafen von Auersperg und Traun und mindestens ein Band aus der Sammlung des deutschen Gelehrten, Historikers und Politikers Wiguleus Hund von Lauterbach (1514-1588). 4

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Der Gesamtbestand umfaßt 9683 Bde, davon 17 Hss., 46 Drucke des 16. Jhs und 5601 Drucke bis 1800. Mehr als 4000 Bde stammen aus dem 19. Jh und dem beginnenden 20. Jh. Etwa 40 bis 50 Prozent entfallen auf deutsche Schriften, der Rest ist vorwiegend französisch, ein kleiner Teil englisch.

2.2 Der Bestand aus dem 16. Jh besteht u. a. aus Heldenepen und Schriften über die Türkenkriege. Aus dem 17. Jh stammen in Deutschland gedruckte juristische Werke in lateinischer Sprache. Ein großer Teil der Drucke des 18. Jhs ist historische Literatur - vorwiegend über die Geschichte der deutschen Staaten und Länder sowie der übrigen europäischen Staaten. Darunter befindet sich eine Reihe von Werken in französischer Sprache über Napoleon und die Französische Revolution. Zahlreich sind Schweizer Chroniken und Darstellungen der Geschichte der Schweiz vom 16. bis 18. Jh. Dies dürfte mit dem rhätischen Ursprung der Familie von Stadion zusammenhängen. Ferner finden sich Biographien, Werke zur Kirchengeschichte, u. a. zur Geschichte der Klöster und Orden, sowie zahlreiche genealogische und einige numismatische Werke.

2.3 Die Gruppe Geographie beinhaltet allgemeine Schriften, Reisebeschreibungen und Atlanten über Europa, besonders Rußland, und über exotische Länder.

2.4 Philosophische Werke liegen vor allem von Voltaire (viele französische Ausgaben) und Kant (viele Ausgaben aus Riga) vor. Einen kleineren Bestand bilden französische Drucke des Übergangs vom 18. zum 19. Jh, die in Köln erschienen sind.

2.5 Unter den Naturwissenschaften ist hauptsächlich die Anatomie vertreten, ferner die Mathematik und die Biologie, darunter viele großformatige illustrierte Werke, z. B. aus den Gebieten Ornithologie, Entomologie und Botanik.

2.6 Der Bestand aus dem 19. und dem beginnenden 20. Jh enthält österreichische Militaria, Briefsammlungen berühmter Persönlichkeiten des 19. Jhs, Werke über Staatskunde und Schriften über die Zoll-, Finanz- und Handelsproblematik Österreichs - hauptsächlich in Beziehung zu deutschen Staaten und insbesondere zu Preußen. Einen Sonderbestand bildet die Literatur über den Kaiserhof, seine Zeremonien u. ä. Aus dem Gebiet der Kunstwissenschaft sind illustrierte Werke zu nennen. Hinzu kommen Enzyklopädien und ein kleiner Bestand Atlanten und Landkarten, besonders über Mittel- und Südeuropa. Verhältnismäßig zahlreich ist auch Kinderliteratur vertreten, hauptsächlich Abenteuerromane und Beschreibungen exotischer Länder.

3. KATALOGE

3.1 Moderner Katalog

Standortkatalog

[erstellt 1960; Signatur 1-6503, 7666-11343 ]

3.2 Historische Kataloge

Catalogue de la Bibliothèque de Son Excellence Monsieur le Comte Jean Philippe de Stadion. Livres François [alphabetisch; Signatur 3163]

Katalog der Bibliothek seiner Exzellenz des Herrn Grafen Johann Philipp von Stadion seiner k. Apostol. Majestät Staats-Conferenz und Finanz-Minister. Deutsche, lateinische, italienische und englische Werke [alphabetisch nach Verfassern und Sprachen; Signatur 3164]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Lifka, Bohumír: Bibliotheca Schönborniana olim Stadonniana Catalogus localis [hschr.; systematische Ordnung; aus den zwanziger Jahren des 20. Jhs] 2.1 Lifka, Bohumír: O knihovne hrabat Stadion [Über die Bibliothek der Grafen von Stadion]. In: Národní listy [Heimatblätter] (17. Januar 1926) S. 9

ders.: Stadionská knihovna [Die Stadionsche Bibliothek]. Praha 1928 [Ms.]

ders.: Zámecké a pálacové knihovny v Cechách. Prehled historicko-topografický [Schloß- und Palaisbibliotheken in Böhmen. Eine historisch-topographische Übersicht]. In: Ceský bibliofil [Der tschechische Bibliophile] 6 (1934) S. 51, 54

ders.: Dva trhanovští zámectí bibliofilové [Zwei Chodenschlosser Schloß-Bibliophile]. In: Ceský bibliofil [Der tschechische Bibliophile] 10 (1938) S. 47-60

ders.: Knihovna na zámku Kozlu [Die Bibliothek im Schloß Kozel]. In: Kozel. Státní zámek a okolí [Kozel. Staatsschloß und Umgebung]. Praha 1959, S. 9-10

Erhart, Walter: Von Warthausen nach Kozel. Die Bibliothek des Grafen von Stadion (1691-1768). In: Euphorion. Zeitschrift für Literaturgeschichte 86 (1992) Heft 2, S. 131-147

Lifka, Bohumír: Napoleonská literatura bibliothéky Stadion v Trhanove [Napoleonische Literatur in der Bibliothek von Stadion in Chodenschloß]. In: Knihomol [Der Bücherwurm] 5 (1925) S. 98-109

Mašek, Petr: Schloßbibliothek Kout. In: Günter Scholz (Hrsg.): Libri castellani. Europäische Bücherschätze aus Adelsbibliotheken in Böhmen. Böblingen 1992, S. 24-25, 43-44 [Ausstellungskatalog]

Pelant, Jan: O stadionských archiválích a knihách [Über die Stadionschen Archivalien und Bücher]. Plzen 1971

Stand: Dezember 1996

Petr Mašek


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.