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Krimice [Krimitz]

Schloßbibliothek

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Schloß Krimitz erbten in der ersten Hälfte des 17. Jhs die Grafen von Wrtby, auf die der alte Teil der heutigen Schloßbibliothek zurückgeht. Sie entstand durch Vereinigung der Familienbibliotheken aus Konopište [Konopischt] (s. Eintrag dort), Krimice [Krimitz] und aus dem Prager Palais. Gleichzeitig wurde sie durch Sammlungen der Grafen von Steinau aus dem Schloß Zinkovy [Zinkau] und der Grafen von Götzen aus dem Schloß Nekmír vermehrt. Die Mitglieder des Hauses Wrtby, die vor allem zum Bestandsaufbau beitrugen, waren Franz Wenzel I. (1670-1750), Johann Josef I. (1669-1737), Johann Josef II. (1713-1782), Franz Wenzel II. (1724-1762) und Franz Josef I. (1759-1830).

1.2 Nach dem Erlöschen der Familie fiel Krimitz als Erbe an Prinz Johann Nepomuk von Lobkowicz (1799-1878). Eine wesentliche Erweiterung erfuhr die Bibliothek durch Drucke des 16. bis 20. Jhs, die die neuen Eigentümer aus dem Prager Palais der Grafen von Schönborn erwarben. Hauptförderer des neuen Teils der Bibliothek waren Prinz Franz Eugen (1839-1898), Friedrich Philipp (1875-1931) und vor allem Franz Sidonius (1872-1927). Im Jahre 1992 wurde die Bibliothek an die Familie von Lobkowicz zurückgegeben.

1.3 Neben Büchern der Familie Wrtby finden sich im älteren Teil der Bibliothek Fragmente der Sammlungen des Grafen Karl von Sternberg (<

 †1700) sowie von Joachim Freiherr Entzmüller von
und zu Windhag (<

 †1675),
Gottfried Daniel Freiherr von Wunschwitz (1687-1741) und vielen anderen.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Bibliothek umfaßt 18.323 Bde, davon 198 Hss. eine Inkunabel, 51 Drucke des 16. Jhs, 6816 Drucke bis 1800 und ca. 11.000 Drucke des 19. Jhs. Im Bestand der Alten Drucke sind ca. 65 Prozent deutsche Schriften.

2.2 Der bekannteste Teil der Bibliothek ist die umfangreiche Sammlung von Theaterliteratur, vorwiegend aus dem 18. Jh. Die Sammlung beinhaltet ungefähr 1878 Theaterstücke in ca. 700 Konvoluten aus dem 17. bis 19. Jh. Die ältesten in der Bibliothek erhaltenen Theaterstücke stammen aus den sechziger bis neunziger Jahren des 17. Jhs. Es handelt sich vor allem um gesammelte Werke französischer Schriftsteller. Besonders hervorzuheben sind die Stücke, die in Prager Theatern gespielt wurden - im Sporckschen Theater und im Theater in Kotce. Mit der größten Gruppe erhaltener Prager Libretti ist der Name Giuseppe Bustellis verknüpft. Er kam Ende der sechziger Jahre des 17. Jhs an das Theater in Kotce, während ein Teil seines Ensembles zur gleichen Zeit in Dresden spielte. Den Kern der Theaterstücke in der Bibliothek bilden europäische, vor allem deutsche und französische Libretti des 18. Jhs. Von den deutschen Autoren seien genannt Johann Joachim Eschenburg, Friedrich Wilhelm Gotter, Paul Weidmann, Christian Felix Weisse, Klopstock und Wieland. Unter den Druckorten deutscher Libretti dominieren Leipzig, Frankfurt a. M., Berlin, Dresden, Wien und Prag.

2.3 Einen zweiten Bereich unter den Drucken vor 1800 bilden juristische Werke (Gesetzessammlungen, rechtstheoretische Abhandlungen, Patente u. a). Ein großer Bestand entfällt auf Geschichte und Kirchengeschichte, insbesondere historische Topographien und Schriften zu Heraldik und Genealogie. Neben zahlreichen philosophischen Werken finden sich auch viele Militaria sowie Schriften zur Bildenden Kunst. Die Bibliothek enthält darüber hinaus zahlreiche Bohemica in tschechischer und in anderen Sprachen. Beliebt waren vor allem historische Topographien Böhmens.

2.4 Die naturwissenschaftliche Literatur vor 1800 konzentriert sich auf Botanik und Mineralogie; eine Reihe von Büchern befaßt sich mit Gartenbau und Landwirtschaft. Daneben gibt es eine Bestandsgruppe mit medizinischer, tiermedizinischer und pharmakologischer Literatur sowie kleinere Bestände zur Ökonomie, Mathematik und Geometrie.

2.5 Aus dem 19. und 20. Jh stammen ca. 11.000 Bde, davon zu ungefähr 80 Prozent deutsche. Bemerkenswert ist die Sammlung heraldischer und genealogischer Literatur mit enzyklopädischen genealogischen Werken und einer Reihe von Studien über einzelne Adelshäuser oder über Einzelpersonen. Im Bereich der historischen Hilfswissenschaften wurde auch die Numismatik gepflegt. Es finden sich Kataloge von numismatischen Sammlungen sowie Auktions- und Antiquariatskataloge. Die Bildende Kunst ist durch historische Studien vertreten und vor allem durch Kataloge von Privatsammlungen, öffentlichen Museen und Ausstellungen.

2.6 Allgemeine historische Publikationen konzentrieren sich auf die deutschen Staaten und Österreich (einschließlich seiner traditionellen Interessensphäre auf dem Balkan und in der Türkei). Eine besondere Gruppe bilden historische Topographien der deutschen Länder, hauptsächlich des Rheinlands. Unter der Literatur zur Geschichte findet sich eine Sammlung von Militaria mit Biographien von Feldherren, Darstellungen zur Geschichte von Armeen oder Regimentern und theoretischen Publikationen. Aufmerksamkeit galt besonders den Konflikten auf dem Balkan und dem Russisch-Japanischen Krieg. Eine große Zahl von politischen Schriften beschäftigt sich mit europäischen Fragen des 19. und frühen 20. Jhs, insbesondere mit der slawischen, der böhmischen oder der polnischen Frage. Aufmerksamkeit wurde auch der Innenpolitik der Habsburgermonarchie und den politischen Auswirkungen des Ersten Weltkrieges gewidmet.

2.7 Ein bemerkenswerter Bestand umfaßt Literatur über Hypnose und Magnetismus. Eine ungewöhnlich große Zahl von Publikationen liegt auch aus dem Bereich der Sexualforschung vor. Da die naturwissenschaftliche Literatur insgesamt nicht bedeutend vertreten ist, überrascht eine separate Gruppe paläontologischer Spezialliteratur vom Ende des 19. Jhs.

3. KATALOGE

3.1 Moderner Katalog

Gesamtkatalog der Schloßbibliotheken unter der Verwaltung des Nationalmuseums in Prag

[11 Bde; erstellt 1963-1966; die Alten Drucke sind auf Karten erfaßt mit Photographien der Titelblätter]

3.2 Historische Kataloge

[Bücherverzeichnis] Gräfin Therese von Schönborn. Prag III. Palais Schönborn

[ca. 1913; Verzeichnis der inkorporierten Bibliothek; Signatur R 92]

[Bücherverzeichnis] Libri in 8

[Ende des 18. Jhs; Signatur R 127]

Catalogo de Libri Italiani nella Libreria dell Illustrissimo Signor Francesco Giuseppe de Wrtby in Praga

[ca. 1770; Verzeichnis der inkorporierten Bibliothek; Signatur R 128]

Verzeichniss der nach Herrn Frantz Joseph Grafen Wrtby zu Krzimitz vorgefundenen Bücher

[ca. 1830; Signatur R 189]

Franz Joseph Graf von Wrttbysche Büchersammlung in untern Prager Hause

[zweite Hälfte des 18. Jhs; Signatur R 191]

Catalog I. C. de W.

[Verzeichnis von Johann Joseph (1713-1782); erstellt in der zweiten Hälfte des 18. Jhs]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Mašek, Petr: Zámecká knihovna Krimice [Die Schloßbibliothek Krimitz]. In: Günter Scholz (Hrsg.): Libri castellani. Europäische Bücherschätze aus Adelsbibliotheken in Böhmen. Böblingen 1992, S. 25-26, 44 [Ausstellungskatalog]

Mašek, Petr: Zámecká knihovna Krimice [Die Schloßbibliothek Krimitz]. In: Sborník archivních prací [Sammelband der Archivarbeiten] 42 (1992) Heft 1, S. 185-204

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Kneidl, Pravoslav: Libreta italské opery v Praze v 18. století [Libretti der italienischen Oper in Prag im 18. Jh]. In: Strahovská knihovna [Die Strahover Bibliothek] 2-4 (1966-1968) S. 97-131, 115-188, 190-301

Mašek, Petr: K historickým knihovním fondm [Zu historischen Buchbeständen]. In: Marie Mzyková (Hrsg.): Navrácené poklady. Restitutio in integrum [Zurückgegebene Schätze]. Praha 1994, S. 159 [Ausstellungskatalog]

Šimáková, Jitka; Machácková Eduarda: Teatralia zámecké knihovny Krimice [Theaterliteratur der Schloßbibliothek ==== Krimitz]. Praha 1970

Stand: November 1996

Petr Mašek


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.