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Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen

Adresse. Ständeplatz 6-10, 3500 Kassel [Karte]
Telefon. (0561) 10 04-277

Unterhaltsträger. Landeswohlfahrtsverband Hessen
Funktion. Archivbibliothek.
Sammelgebiete. Geschichte der Fürsorge, insbesondere Psychiatrie- und Medizingeschichte, Jugendfürsorge, Sonderschulen für Taubstumme und Blinde.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Telefonische oder schriftliche Anmeldung erforderlich. Fußwegnähe vom Hauptbahnhof. Parkplätze in der Nähe.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Der Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWV) wurde 1953 als überörtlicher Kommunalverband in Hessen gegründet. Grundsätzlich den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe verwandt, übernahm er allerdings von seinen Rechtsvorgängern, den ehemaligen Bezirkskommunalverbänden Kassel und Wiesbaden und dem Volksstaat Hessen, nur die Fürsorgeaufgaben, während Straßenbau und Kultur dem Land Hessen bzw. den Landkreisen und Städten zufielen. Der LWV ist heute in erster Linie der größte hessische Träger Psychiatrischer Krankenhäuser; hinzu kommen Orthopädische Kliniken, Jugendheime, Sonderschulen für Blinde und Gehörlose und ein Forstamt.

1.2 Mit der Vielzahl an Aufgaben und Einrichtungen kam der LWV 1953 auch in den Besitz zahlreicher Archive, die vielfach bis in das 19. Jh, z. T. bis ins 16. Jh zurückreichen. In der Landgrafschaft Hessen wurden bereits im Zuge der Reformation 1533, 1534 und 1542 durch die Landesherren vier hohe Hospitäler für Arme und Kranke eingerichtet, von denen drei (Haina, Merxhausen und Hofheim) die Jahrhunderte überdauerten und im 19. Jh in Landesheil- und Pflegeanstalten umgewandelt wurden. Weitere Heilanstalten für " geistig Kranke" kamen Mitte des 19. Jhs (Eichberg in Nassau 1842) und vor allem Ende des 19. und am Beginn des 20. Jhs hinzu: Heppenheim und Gießen 1866 und 1911 im Großherzogtum Hessen, Hadamar und Weilmünster 1883 und 1897 im Regierungsbezirk Wiesbaden und Marburg 1876 im Regierungsbezirk Kassel. Aus einer Stiftung von Frankfurter Bürgern und Bürgerinnen ging außerdem die " Idiotenanstalt" Kalmenhof (1888) in Idstein im Taunus für geistig behinderte Kinder hervor. Von den Jugendheimen stammt Wabern aus dem 19. Jh (1886), unter den Sonderschulen blicken Camberg im Taunus (1820) und Homberg/Efze (1838) auf eine einhunderfünfzigjährige Tradition zurück. An nicht mehr bestehenden Einrichtungen, deren Besitzungen und Archive z. T. an den LWV übergegangen sind, sind besonders die Lungenheilstätten und eine Landesarmen- und Korrektionsanstalt aufzuführen.

1.3 Die Bibliotheken stehen in engem Zusammenhang mit den z. T. umfangreichen historischen Archiven der Einrichtungen, die gleichfalls bis in das 16. Jh zurückgehen. Diese Archive enthalten auch gedruckte Dokumente: Verfügungen der Territorialherren, Schutzbriefe, Lehnbriefe, Wahlprogramme zu den Ständeversammlungen. Das Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen besteht erst seit 1986. Insofern steht die Erfassung der Bibliotheks- und Archivbestände noch am Anfang. Veröffentlichungen aus der Zeit vor 1900 werden nur ausnahmsweise angekauft. Die Bibliotheken sind, wie die Archive, bei den einzelnen Einrichtungen untergebracht. Sie werden jedoch fachlich zentral betreut und können auch am Hauptstandort (Kassel) benutzt werden.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Der Bibliotheksbestand von rund 10.000 Titeln enthält rund 3000 Bde aus der Zeit vor 1900. Davon erschienen ca. 90 Prozent im 19. Jh, einschließlich zahlreicher Fachzeitschriften, die im 20. Jh fortgesetzt wurden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, handelt es sich um deutschsprachige Werke.

2.2 Die Bestände gliedern sich in drei Hauptgruppen: Fachliteratur, Verwaltungsschrifttum und Literatur für Patienten. Die ärztliche und pädagogische Fachliteratur ist die umfangreichste und macht 70 Prozent des historischen Bestandes aus. Es handelt sich um Abhandlungen (Monographien, Handbücher, Zeitschriften) zur Psychiatrie insbesondere Geistes-, Nerven- und Gemütskrankheiten zur Chirurgie, zur allgemeinen Medizin und zur Sozialpädagogik. Zu Zeitschriften gehören u. a. Berlins klinische Wochenschrift (ab 1885), Deutsche medizinische Wochenschrift (ab 1895), Bericht über die Fortschritte der Anatomie und Physiologie (ab 1859), Jahresbericht über die Leistungen und Fortschritte auf dem Gebiet der Neurologie und Psychiatrie (ab 1898), Correspondenzblatt der ärztlichen Vereine des Großherzogtums Hessen (ab 1891). Die Fachliteratur umfaßt auch Prospekte und Darstellungen anderer Fürsorgeeinrichtungen.

2.3 Das Verwaltungsschrifttum (15 Prozent des Altbestandes) umfaßt Handbücher zu den einzelnen Verwaltungsbereichen einschließlich der Seelsorge, Gesetzblätter und Protokolle der kommunalen Landtage (ab 1868).

2.4 Die Patientenbibliothek (15 Prozent des Altbestandes) umfaßt inbesondere Geschichtswerke, Klassiker und unterhaltende Literatur.

2.5 Bedeutender als die Bibliotheksbestände sind die Archivbestände des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen. Sie gehen bis in das frühe 16. Jh zurück (Gründung der hessischen landgräflichen Armenhospitäler). Es handelt sich um Zins- und Rechnungsbücher (Renterei-, Küchen-, Kleider-, Forstrechnungen etc.) und Register (Sachbücher, Kirchenbücher, Geschäftsbücher), um Leihebriefe, um Aufnahmen (Bittgesuche und landgräfliche Reskripte), um Akten über Gerichtsprozesse und umfangreiches Material zu Personalfragen, Verpflegung, Versorgung in Kriegszeiten etc. Seit dem 19. Jh liegen gebundene Patientenakten (Landesheilanstalten), Aufnahme- und Entlassungsbücher sowie Personalakten vor. Das Archiv besitzt auch eine Karten- und Fotosammlung. Es umfaßt insgesamt ca. 100.000 Akten in einem Umfang von ca. 3000 lfd. Metern.

3. KATALOGE

Nur Teile der Bibliothek sind durch Zettelkataloge erfaßt. Die EDV-gestützte Aufnahme der Werke mit Stichwortverzeichnis ist vorgesehen.

Der Bestand ist weder im Hessischen Zentralkatalog noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Unter den Archivalien finden sich bereits seit dem 16. Jh Inventare, Rechnungen und spezielle Buchregister.

4.2 Darstellungen

800 Jahre Haina. Kloster, Hospital, Forst, herausgegeben vom Landeswohlfahrtsverband Hessen. Kassel 1988

Heinemeyer, Walter und Pünder, Tilman (Hrsg.): 450 Jahre Psychiatrie in Hessen. Marburg 1983 (Veröffentlichung der Historischen Kommission für Hessen 47)

100 Jahre Jugendheim Karlshof, 1886-1986, Leben, wohnen, arbeiten. Zusammengestellt von Ernst Bässe. Kassel 1986

Schrapper, Christian; Sengling, Dieter (Hrsg.): Die Idee der Bildarbeit. 100 Jahre sozialpädagogische Praxis in der Heilerziehungsanstalt Kalmenhof. Weinheim und München 1988

Vanja, Christina: Armut und Krankheit, Disziplinierung und Fürsorge. Aus den Beständen des Archives des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen. In: Jahrbuch '89, Landkreis Kassel. Kassel 1989, S. 149-151

Vanja, Christina: Das Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen. In: Der Archivar 41 (1988) Heft 4, Sp. 597-599

Wolf, Günter: Die Geschichte der Taubstummenanstalt Homberg. Homberg 1977 (Homberger Hefte 19)

Stand: April 1991

Christina Vanja


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.