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 Sachsen L - Z

Pfarrbibliothek der Lutherkirche zu Freital-Döhlen

Adresse. Lutherstr. 33, 01705 Freital [Karte]
Telefon. (0351) 6 49 13 19

Unterhaltsträger. Evangelisch-lutherische Kirchgemeinde Freital-Döhlen
Funktion. Pfarrbibliothek; ruhende Traditionsbibliothek.
Sammelgebiete. Der Bestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Voranmeldung erbeten. Benutzung nach Absprache. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. S-Bahnverbindung Dresden-Tharandt, Bahnhof Freital-Potschappel. Fußwegnähe (ca. 20 Minuten). A 4 (E 40), Ausfahrt Wilsdruff. Begrenzte Parkmöglichkeiten an der Kirche.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Zur Geschichte der Döhlener Pfarrbibliothek ist kaum etwas bekannt, zumal sich unter den am 13. Februar 1945 in der Dresdner Frauenkirche verbrannten Archivalien vermutlich auch Dokumente der Lutherkirche Döhlen befunden haben. Die Anfänge einer Mutterkirche für Döhlen und die umliegenden Dörfer gehen bis auf die zweite Hälfte des 12. Jhs zurück. 1215 wurde erstmals ein Döhlener Pfarrer erwähnt. Das durch die Flut der Weißeritz angeschwemmte Altarkreuz mit lebensgroßer Christusfigur soll die ansehnliche romanische Saalkirche im Mittelalter zu einem stark besuchten Wallfahrtsort gemacht haben. Ein neoromanischer Neubau an gleicher Stelle ersetzte in den Jahren 1880 bis 1882 den baufälligen Altbau.

1.2 Als erste Prediger nach der Reformation werden genannt Martin Künzelmann (1506-1569), seit 1535 im Amt, der sich 1539 zur lutherischen Lehre bekannte, sowie sein Sohn Bartholomäus Künzelmann (1545-1616). Dieser soll sich 1590 dem Calvinismus angeschlossen haben. Für das 16. Jh ist auch der in einigen Büchern mit den Initialen " G. V." zeichnende Lehrer Urban Großer aus Döhlen nachgewiesen. Über den ehemaligen Eigentümer der beiden Inkunabeln, Sebastian Lauenwarth, und seine Beziehungen zu Döhlen konnte bisher nichts Näheres ermittelt werden.

1.3 Die überkommenen älteren Bestände gelangten wohl vor allem als Geschenke oder aus Nachlässen einzelner Geistlicher in die sogenannte Alte Kirchenbibliothek. Zu ansehnlicheren Erwerbungen, z. B. der Leipziger Luther-Ausgabe und der umfangreichen Predigtsammlung Fruchtbringende Gesellschaft der Christen über die Evangelia (2 Teile, Leipzig 1711-1723) von Samuel Benedict Carpzov (1647-1707), haben vielleicht auch außenstehende Stifter beigetragen.

1.4 Von der Mitte des 19. Jhs an entwickelte sich die Pfarrbibliothek zu einer theologischen Gebrauchsbibliothek. Ältere Werke (aus dem 18. Jh) gingen nur im Ausnahmefall ein. Häufig benötigte Titel ( z. B. Bibeltexte) wurden in mehreren Exemplaren oder aufeinanderfolgenden Auflagen angeschafft. 1847 schenkte der in Döhlen ansässige Bibliothekar Julius Petzholdt (1812-1891) der Kirche seine für publizistische Vorhaben angelegte Sammlung von Druckwerken, Aufsätzen und Hss. über den Plauenschen Grund (das von der Weißeritz durchflossene Engtal zwischen Dresden-Plauen und Freital); einige Titel sind noch vorhanden.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die Bibliothek umfaßt ca. 2500 Titel. Davon gehören 118 Titel zum historischen Bestand (3 Inkunabeln, 2 Titel des 16. Jhs, 6 des 17. Jhs, 17 des 18. Jhs und 75 des 19. Jhs). Die 16 nicht datierten Titel können dem 19. Jh zugeordnet werden. Die Werke sind bis auf 10 lateinische Titel und 2 hebräische Bibeln in deutscher Sprache.

Systematische Übersicht

2.2 Die Bestandsgruppe " Alte Kirchenbibliothek Döhlen" enthält den ältesten Buchbesitz, bestehend aus 3 lateinischen Inkunabeln, 2 lateinischen Titeln des 16. Jhs, 5 des 17. Jhs und 13 des 18. Jhs. Zu den Inkunabeln gehören die Margarita decreti seu Tabula Martiniana decreti des Martinus Polonus ( o. O. o. J.), gedruckt vermutlich zwischen 1490 und 1493 in Nürnberg, mit handgemalten Initialen sowie einer Anzahl handschriftlicher Ergänzungen. Angebunden ist eines der philosophisch-theologischen Hauptwerke von Johannes Reuchlin (1455-1522), De verbo mirifico libri tres (wahrscheinlich Basel: Amerbach 1494). Das Meißner Meßbuch Quanquam Missalia Secundum rubricam Misnensium prioribus temporibus bene sufficienter emendata ... ( o. O. o. J.) druckte Peter Drach, Speyer, etwa 1496. Beide Inkunabelbände sind als Besitz von Sebastian Lauenwarth gekennzeichnet.

2.3 Aus der Offizin von Melchior Lotter d. Ä. (um 1470-1549) stammt die lateinische Ausgabe der Psalter Davids von 1521; diesem Druck ist ein handschriftlicher Liedtext von Thomas Müntzer (um 1490-1525) beigegeben. Der Sohn Michael Lotter druckte 1545 in Magdeburg die Kirchengesänge lateinisch und deutsch des Predigers und Liederdichters Johann Spangenberg (1484-1507).

2.4 Je eine Bibel in hebräischer Sprache liegt vor aus dem 17. Jh (Leipzig 1637, hrsg. von Christian Kirchner) und aus dem 18. Jh (Leipzig 1729, hrsg. von Georg Christoph Dachsel). Die ältesten deutschen Luther-Übersetzungen sind der von Abraham Calov (eigentlich Kalau, 1612-1686) edierte Bibeldruck (Wittenberg 1681) sowie eine der von Johann Michael Dilherr (1604-1669) herausgegebenen Nürnberger Barockbibeln (1755). Außerdem existiert eine viersprachige Ausgabe des Alten und des Neuen Testaments (Biblia sacra quadrilingua, 2 Teile, Leipzig 1747-1751). Neben kleineren Lutherschriften wie dem seit 1688 in Dresden unverändert aufgelegten Kleinen Katechismus und der Kirchenpostille (Dresden 1788) besitzt die Bibliothek den seinerzeit vielgelesenen Evangelischen Hertzens-Schatz (Leipzig 1682) des Johann Quirsfeld (1642-1686). Ein Dresdner Auserlesenes und Vollständiges Gesangbuch stammt von 1750.

2.5 Der Bestand zur Kirchengeschichte enthält die dreibändige Historia Lutheranismi (Leipzig und Frankfurt 1692) von Veit Ludwig Seckendorff (1626-1692), Ernst Salomon Cyprians (1673-1745) Bericht über die Reformationsjubelfeier von 1717 (Gotha 1719) sowie ein Christliches Concordienbuch. Concordia (Leipzig 1703). Der Corpus iuris ecclesiastici Saxonici (Dresden 1708) enthält alle kurfürstlich sächsischen Kirchen- und Schulordnungen von 1580 bis 1708. Außerdem liegen vor Sebastian Seydel, Exegetisches Prediger-Lexikon (Chemnitz 1731) und Luthers Sämmtliche Schrifften und Wercke (Leipzig 1729-1740).

2.6 Zum neueren Bestand der Pfarrbibliothek gehören 9 Bibeln und 3 Ausgaben des Neuen Testaments in deutscher Sprache. Die Bibeln stammen mit 2 Ausnahmen (Erfurt 1768, hrsg. von Johann Salomon Braun; Zwickau 1806, mit Vorwort von Johann Georg Rosenmüller) aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs. Besonders reich illustriert sind die Hildburghausener Prachtausgabe (1860) und zwei Haus-, Familien- und Bilderbibeln (Meißen 1872; Ulm 1877).

2.7 Drei kirchenhistorische Werke enthalten die Lebensgeschichten von Katharina von Bora (1499-1552) und Luther sowie eine Aufsatzsammlung von Claus Harms zum Kirchen- und Schulwesen und anderen Fragen (Kiel 1853). Fünf weitere Titel zur Kirchengeschichte mit regionalem Bezug zu Sachsen folgen in der Gruppe " Ortsgeschichte, Sächsische Geschichte".

2.8 Eine Rarität stellen die Schriften über den Plauenschen Grund aus dem Besitz von Julius Petzholdt dar. Nach seinem bibliographischen Verzeichnis von 1846 hatte er 18 selbständige Druckwerke, 12 Zeitungsausschnitte und Einzeldrucke sowie 37 Hss. und Handzeichnungen zur Übergabe bestimmt. Neben dem Kleinschrifttum weist der Bestand 4 selbständige Drucke auf. Aus späteren Jahren kommen 3 geologische Aufsätze von Hanns Bruno Geinitz (1814-1900), ein Band des Wochenblattes für den Plauenschen Grund und Umgebung (1848) sowie der Sammelband Plavensis: Varia (1842) hinzu, worin vermutlich noch Petzholdt 12 Einzeldrucke und mehrere Abschriften zusammengeführt hat. Im Unterschied zu den stark romantisierenden Beschreibungen Tharandts und des Plauenschen Grundes durch Friedrich Schlenkert (1757-1826; Tharandt und Dresden 1797) und Karl Gottfried Erdmann (1774-1835; Dresden 1807) legte Bernhard von Cotta (1808-1879) einen ebenfalls illustrierten praktikablen Reiseführer über Tharandt und seine Umgebung (Leipzig 1835) vor, u. a. auch mit Hinweisen und Übersichten über Verkehrsverbindungen, Einkehrstätten, Einkaufsmöglichkeiten. Als das wertvollste Stück gilt die zweiteilige ausführliche Darstellung von Wilhelm Gottlieb Becker (1753-1813), Der Plauische Grund bei Dresden mit Hinsicht auf Naturgeschichte und Schöne Gartenkunst (Nürnberg 1799-1801). Ausgestattet mit einem topographischen Grundriß (Johann Georg Lenn, 1760-1811) und zahlreichen Kupferstichen der Landschaftsmaler Johann Christian Klengel (1751-1824) und Johann Friedrich Ludwig Oeser (1751-1791) bietet das Werk eine detaillierte Beschreibung von Fauna, Flora, Erhebungen, Gewässern und Mühlen, von mineralogischen Besonderheiten sowie von der Entstehung und dem Abbau des Steinkohlevorkommens am Windberg.

2.9 Allgemeine Schriften zur Praktischen Theologie (11 Titel) enthalten vor allem Agenden für gottesdienstliche und kirchliche Amtshandlungen in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens, Perikopenbücher sowie Darstellungen zum christlichen Lehrsystem und zur Auslegung einzelner Lutherschriften. Zur evangelischen Missionslehre liegen 5 Titel vom Ende des 19. Jhs vor, darunter die mehrteilige erste Gesamtdarstellung (Gotha 1892-1900) von Gustav Warneck (1834-1910) sowie das Jahrbuch der Sächsischen Missionskonferenz (1888-1892 und 1902-1927, mit Lücken).

2.10 In der Gruppe Homiletik befinden sich 7 Predigtbücher aus dem 19. Jh über die Evangelien und Episteln der Sonn- und Feiertage des Kirchenjahres. Zur Gruppe Katechetik gehören Katechismus-Ausgaben für Schüler, Einführungen in die biblische Geschichte, Kinderpredigten und -gebete mit 8 Titeln des 19. Jhs. Zur Seelsorge liegen 8 Andachtsbücher vor, davon ein Titel aus dem 18. Jh sowie das reich illustrierte Kirchenjahr in Bildern und Dichtungen berühmter Meister, zusammengestellt von Jakob Nostadt (Mainz 1883). Die Gruppe " Kirchenrecht/Verwaltung" (7 Titel) enthält neben einem Verzeichnis der Parochien im Königreich Sachsen um 1900 den Codex des im Königreich Sachsen geltenden Kirchen- und Schulrechts (Leipzig 1864) von Eduard Schreyer sowie Statistiken und Berichte über die evangelisch-lutherische Kirche im Königreich Sachsen zu Ende des 19. Jhs. In der gesonderten Gruppe " Gesetzblätter" ist u. a. das Verordnungsblatt des Evangelisch-Lutherischen Landeskonsistoriums für das Königreich Sachsen (1874-1900) verfügbar.

2.11 Eine Gruppe " Varia" weist 5 sächsische Gesang- und Choralbücher des 19. Jhs auf. In einem umfangreichen Bestand von Romanen, Erzählungen, Märchen, Sagen, Legenden, Anekdotensammlungen, Anthologien u. ä., insbesondere des 20. Jhs, gehen 4 Titel auf das 19. Jh zurück.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetisches Suchregister

[in Zettelform, angelegt 1973, vereinfachte Titelaufnahmen]

Systematischer Katalog

[in Zettelform, vereinfachte Titelaufnahmen]

Verzeichnis der Pfarrbibliothek der Lutherkriche zu Freital-Döhlen. Stand vom 15. Dezember 1975 [in Listenform, Systematischer Katalog, vereinfachte Titelaufnahmen]

3.2 Historischer Katalog

Petzholdt, Julius: Plauensche Bibliothek. Verzeichnis von Schriften über den Plauenschen Grund. Dresden 1846 [Bibliographie; Kennzeichnung der als Geschenk für die Kirche Döhlen vorgesehenen Schriften]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Petzholdt, Julius: Ueber eine Sammlung von Schriften über den Plauenschen Grund in Döhlen. In: Wochenblatt für den Plauenschen Grund und Umgebung vom 18. 11. 1848, Nr. 7, S. 51-52; ebda, vom 25. 11. 1848, Nr. 8, S. 61-62

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Petzholdt, Julius: Literatur des Plauen'schen Grundes. In: Blätter für Literatur und bildende Kunst vom 13. 4. 1842, Nr. 30, Sp. 249-254

Stand: Dezember 1993

Waltraut Guth


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.