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Bibliothek im Museum für Regionalgeschichte und Volkskunde

Adresse. Schloß Friedenstein, 99853 Gotha; [Karte]
Postfach 217, 99867 Gotha
Telefon. (03621) 5 40 16
Telefax. (03621) 5 26 69

Unterhaltsträger. Stadt Gotha
Funktion. Spezialbibliothek.
Sammelgebiete. Geschichte, Kunst- und Kulturgeschichte, Volkskunde; Geschichte Thüringens und der Stadt Gotha, Musik- und Theatergeschichte, Ur- und Frühgeschichte, Geographie und Kartographie.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung während der Öffnungszeiten des Museums: Montag bis Freitag 8-15.30 Uhr. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung empfehlenswert. Vom Hauptbahnhof Fußwegnähe (ca. 20 Minuten) in Richtung Stadtmitte. Straßenbahnverbindung (Linien 1, 2 und 4) bis Haltestelle Arnoldiplatz. A 4 (E 40), Ausfahrt Gotha. Parkplätze am Schloß.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Auf Initiative der 1895 gegründeten Vereinigung für Gothaische Geschichte und Altertumsforschung bildete sich 1923, unterstützt durch Gothaer Bürger, ein Ausschuß zur Gründung eines Heimatmuseums. Er rief 1924 die Bevölkerung zur Sammlung von Materialien für ein künftiges Heimatmuseum auf. 1928 veranstaltete das neugegründete, im Westturm und im Westflügel des Schlosses Friedenstein eingerichtete Museum seine erste Ausstellung mit urgeschichtlichen Fundgegenständen, die aus dem Besitz des Geschichtsvereins stammten.

1.2 Die kulturhistorische Abteilung konnte erst 1930 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, die Exponate kamen u. a. aus dem Besitz des Geschichtsvereins, der Lehrmittelsammlung der Reyherschule und aus der Trachtensammlung Kestner (Waltershausen). Zu dieser Zeit wird bereits eine Sammlung von Gesangbüchern und Bibeln sowie eine große Anzahl von Wanderbüchern und Lehr- und Meisterbriefen erwähnt.

1.3 Der Grundstein für die Museumsbibliothek wurde ebenfalls mit den Beständen des Gothaer Geschichtsvereins gelegt (besonders Literatur zur Ur- und Frühgeschichte), hinzu kamen Geschenke einzelner Mitglieder und Antiquariatskäufe. Erworben wurden Bücher aus aufgelösten Schulbibliotheken der Stadt Gotha (Gymnasium Ernestinum, Lehrerbücherei der Arnoldischule, Lehrerbücherei der Städtischen Realschule) und anderer Orte (Schule zu Grossenbehringen, Fürstliche Realschule Sondershausen). Hinzu kamen Werke aus Vereinsbibliotheken (Thüringerwald-Verein, Zweigverein Gotha), aus der Herzoglichen Bibliothek, der Volksbibliothek, der Stadtbücherei (Gothana), dem Schulmuseum, dem Stadtarchiv, der Bibliothek des Stadtrates und der Bibliothek des Herzoglichen Staatsministeriums.

1.4 Im Jahre 1942 wurde der Zweckverband Heimatmuseum für den Stadt- und Landkreis Gotha gebildet, der zu gleichen Teilen von der Stadt und vom Kreis finanziert wurde. Die Sammlungsbestände des Geschichtsvereins wurden verstaatlicht. Im Januar 1945 wurden die kulturgeschichtlichen Objekte in das Wasserschloß Güntersleben ausgelagert. Dort und bei der Rückführung im Juli 1945 kam es auch in der Sammlung historischen Schriftgutes und in der Bibliothek zu erheblichen Verlusten.

1.5 Das im Westturm des Schlosses Friedenstein befindliche Ekhof-Theater, eines der ältesten erhalten gebliebenen Barocktheater Deutschlands, wurde 1952 dem Museum angegliedert. In diesem Zusammenhang wurde die Sammelkonzeption der Bibliothek um historische Theaterliteratur erweitert. In den sechziger Jahren entwickelte sich das Museum zu einer der größten heimatgeschichtlichen Sammlungen Westthüringens. 1969 wurde es in Museum für Regionalgeschichte und Volkskunde umbenannt. Im Bestandsaufbau wird seitdem der Geschichte Thüringens und der Vergangenheit der Stadt Gotha große Aufmerksamkeit geschenkt. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die Produktion der Engelhard-Reyherischen Buchdruckerei (1643 von Andreas Reyher erworben).

1.6 Einen weiteren Schwerpunkt bildet seit dem Anschluß des 1985 gegründeten Kartographischen Museums (1991) die geographisch-kartographische Literatur, besonders die Schulbuchproduktion des damaligen VEB Hermann Haack, Geographisch-Kartographische Anstalt Gotha. Beim Aufbau des Museums konnte auf keine museumseigenen Sammlungen zurückgegriffen werden, deshalb stellte der Gothaer Verlag Duplikate aus dem Verlagsarchiv zur Verfügung, die in den Bestand des neuen Museums übergingen. Ein Teil der Kupferstichkarten des 17. und 18. Jhs stammt aus dem Nachlaß des Kartographen und Geographen Werner Horn (1903-1978).

1.7 Mit dem Aufbau neuer Sammlungsgebiete kam auch Literatur zur Geschichte des Handwerks, des Spielzeugs, der Textilien, zum Militärwesen und zur Arbeiterbewegung (darunter Esperanto-Schrifttum) in den Bestand.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die Museumsbibliothek enthält 26.174 Bde (Stand 1995), davon zählen 651 (2,5 Prozent) zum historischen Bestand: 16. Jh einer, 17. Jh 4, 18. Jh 50, 19. Jh 596 (91,6 Prozent). Bis auf 4 Titel in lateinischer Sprache sind alle Schriften deutschsprachig. Systematische Übersicht

2.2 Im Mittelpunkt des Bestandes steht die Geschichte der Stadt Gotha (168 Bde, 25,8 Prozent; 17. Jh einer, 18. Jh 11, 19. Jh 156), des Gothaer Landes und Thüringens (114 Bde, 17,5 Prozent; 16. Jh einer, 17. Jh einer, 18. Jh 4, 19. Jh 108). Zu erwähnen sind Friedrich Rudolphis Gotha diplomatica Oder Ausführliche Historische Beschreibung Des Fürstenthums Sachsen-Gotha (Frankfurt a. M. und Leipzig 1717), die Sammlung verschiedener Nachrichten zu einer Beschreibung des Kirchen- und Schulenstaats im Herzogthum Gotha (Gotha 1753-1760) von Johann Georg Brückner, die Geschichte und Beschreibung des Herzogthums Gotha (Gotha 1779-1780) von Johann Georg August Galletti und die Kirchen- und Schulen-Verfassung des Herzogthums Gotha (Gotha 1790-1799; ursprünglich Eigentum der Kirche zu Nazza) von Johann Heinrich Gelbke.

2.3 Über die Verhältnisse im 19. Jh unterrichten Ludwig Bechsteins Thüringen in der Gegenwart (Gotha 1843) und die Heimathskunde für die Bewohner des Herzogthums Gotha (Gotha 1845-1847) von Adolf Moritz Schulze. Arwed Emminghaus verfaßte eine Biographie über Ernst Wilhelm Arnoldi (Weimar 1878), der in Gotha die erste deutsche Handelsschule (1818), den Gewerbeverein (1823) und Versicherungsanstalten (1821, 1827) gründete. Die Geschichte der Lebensversicherungsbank für Deutschland zu Gotha (Weimar 1877) erschien zur Feier der 50. Wiederkehr des Gründungstages.

2.4 Zur Allgemeinen Geschichte und Volkskunde liegen 90 Bde vor (13,8 Prozent; 18. Jh 3, 19. Jh 87), zur Ur- und Frühgeschichte 51 Bde (19. Jh), darunter Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart (Berlin 1900) von Adolf Wuttke, Die vorgeschichtliche Zeit (Jena 1874) von Sir John Lubbock und Der Mensch vor der Zeit der Metalle (Leipzig 1880) von Nicolas Joly.

2.5 Auf Allgemeines, Nachschlagewerke, Lexika, Kalender, Zeitungsnummern entfallen 63 Bde (9,7 Prozent; 18. Jh 21, 19. Jh 42). Von dem Noth- und Hülfs-Büchlein für Bauersleute oder lehrreiche Freuden- und Trauer-Geschichte des Dorfes Mildheim besitzt die Bibliothek den ersten Teil (Gotha und Leipzig 1789) und den zweiten Teil (Gotha 1798). Der Auszug aus des Herrn D. Johann Georg Krünitz Ökonomisch-technologischen Encyklopädie (Berlin 1786-1811) und der Gothaisch-Verbesserte Historien-Calender (1749 ff.) sind mit Lücken vorhanden. Eine kleine Sammlung von einzelnen Zeitungsnummern (66 Positionen) umfaßt vorrangig Gothaer und Thüringer Blätter.

2.6 Die Bereiche Musik, Theater, Kunst sind mit 58 Bdn vertreten (8,9 Prozent; 18. Jh einer, 19. Jh 57). Über Conrad Ekhof (1720-1778), den künstlerischen Leiter des 1775 gegründeten Gothaer Hoftheaters, des ersten festen Ensembles in der deutschen Theatergeschichte, informiert Otto Müller in seiner Schrift Ekhof und seine Schüler (Bd 1, Leipzig 1863). Zu diesen Schülern gehörte auch August Wilhelm Iffland (1759-1814), von dem der autobiographische Titel Über meine theatralische Sendung (Heilbronn 1886) vorliegt. Heinrich August Ottokar Reichard (1751-1828), Bibliothekar in Gotha, Verwaltungsdirektor des Hoftheaters und Herausgeber des ersten deutschen Theaterkalenders, hinterließ eine Selbstbiographie, die Hermann Uhde überarbeitete und herausgab (Stuttgart 1877). Aus dem 19. Jh sind einige Theaterzettel im Bestand.

2.7 Zu Staat, Recht, Verwaltung liegen 54 Bde vor (8,4 Prozent; 18. Jh 6, 19. Jh 48), darunter eine Herzoglich-Sachsen-Gothaische Gerichts- und Prozeßordnung (Gotha 1776) mit Ergänzungen (1781/1827), Die Landesgesetze des Herzogtums Sachsen-Gotha (Gotha 1867) von Moritz Brückner und die Gesetzsammlung für das Herzogtum Gotha für den Zeitraum von 1827 bis 1873.

2.8 An religiösem Schrifttum, Bibeln und Gesangbüchern sind noch 21 Bde vorhanden (17. Jh 2, 18. Jh 2, 19. Jh 17). Die bereits 1930 erwähnte Sammlung von Gesangbüchern und Bibeln (s. o. 1.2) wurde vermutlich ein Opfer der Nachkriegswirren. Im Bestand finden sich u. a. noch ein Gebet in der Wochentlichen Bet-Stunde zu gebrauchen ([Gotha] 1684), einige Gothaer Gesangbücher, z. B. das Gesangbuch zum Gebrauche in Kirche, Schule und Haus für die Herzogtümer Sachsen-Coburg und Gotha (Gotha 1897 und 1898), und eine Allgemeine wohlfeile Volks-Bilderbibel (Leipzig 1844).

2.9 Die Gruppen Pädagogik und Schulwesen, einschließlich einiger Schulprogramme von Gothaer Schulen, umfassen 32 Bde (18. Jh 2, 19. Jh 30), darunter die beiden Schriften von Johann Christoph Friedrich GuthsMuts, Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes für die Jugend ... (Schnepfenthal 1802) und das Handbuch der Geographie für Lehrer zur Vorbereitung und für Freunde der Erdkunde (Leipzig 1818-1819).

2.10 Besonderes Interesse wird dem Schriftsteller, Historiker und Journalisten Gustav Freytag (1816-1895) entgegengebracht, der seit 1851 in dem nahegelegenen Dorf Siebleben wohnte. Vorhanden sind das hier entstandene Lustspiel Die Journalisten (1852), der Kaufmannsroman Soll und Haben (1854), Die verlorene Handschrift (1864), die aus Grenzboten-Artikeln erwachsenen Bilder aus der deutschen Vergangenheit (1859-1867) und Teile seines Hauptwerkes Die Ahnen (1872), deren Handlung unweit von Siebleben auf der Mühlburg beginnt. Seit 1879 hielt sich Freytag in Wiesbaden auf, von dort aus betreute er die Edition seiner Gesammelten Werke, die in der 2. Auflage (Leipzig 1896-1898) vorhanden sind. Den Briefwechsel zwischen Gustav Freytag und Heinrich von Treitschke aus den Jahren 1863 bis 1894 (Leipzig 1900) enthält ein brauner Lederband, der mit den goldgeprägten Namenszügen der beiden Korrespondenten verziert ist.

Sondersammlung Kartographie

2.11 Das 1985 gegründete Kartographische Museum besitzt inzwischen eine auf über 5000 Einzelexponate angewachsene Kartensammlung. In den Ausstellungsräumen finden sich unter dem Thema " Imago mundi Bild der Welt" Karten aus Sebastian Münsters Cosmographia (1544), aus dem Mercator-" Atlas" (1595), von Hondius (1620), Blaeu, Homann, Seuffer und Stieler (Originalblatt " Italien" aus dem Hand-Atlas). Es folgt eine Auswahl aus dem Gothaer kartographischen Verlagsschaffen und ein Überblick über die Thüringer Kartenverlage des 19. Jhs. Der Bestand enthält auch Bücher, z. B. Carsten Niebuhrs Reisebeschreibung nach Arabien und anderen umliegenden Ländern (Kopenhagen 1774-1778).

2.12 Der originale Arbeitstisch eines Kartokupferstechers und der eines Kartolithographen veranschaulichen die Arbeitsgänge bei der Kartenherstellung. Im Mittelpunkt der Präsentation stehen die Geographische Anstalt von Justus Perthes und thüringische kartographische Verlage, z. B. das Geographische Institut in Weimar (1804 aus dem Bertuchschen Landes-Industrie-Comptoir hervorgegangen, bis 1905 bestehend), der durch seine Wanderkarten bekannt gewordene Verlag H. Kahle in Eisenach (gegr. 1856) und Joseph Meyers Bibliographisches Institut in Hildburghausen.

2.13 Von den Atlanten sind ein Allgemeiner Post-Atlas von Teutschland in 60 Sektionen von Carl Ferdinand Weiland (Taschenformat, Weimar 1820), Meyer's Zeitungs-Atlas für Krieg und Frieden ... zum bequemen Gebrauch für Zeitungsleser (Hildburghausen und Amsterdam 1849-1850) und Stielers Hand-Atlas in mehreren Ausgaben hervorzuheben.

3. KATALOGE

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform, nach hauseigenen Regeln, über den Gesamtbestand]

Systematischer Katalog

[in Zettelform, nach eigener Systematik, 6 Hauptgruppen, insgesamt 61 Untergruppen; Sondergruppe Kartographie]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Siegert, Jutta: 10 Jahre Kartographisches Museum Gotha. In: Gothaer Museumshefte (1995) S. 99-107

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Siegert, Jutta: Die deutsche Landesvermessung des 18. und 19. Jhs. In: Gothaer Museumshefte (1991) S. 30-48 [S. 45-47: Amtliche Kartenwerke im Besitz der Kartographischen Sammlung]

Stand: April 1995

Felicitas Marwinski

Jekaterina Vogel


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.