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Adresse. Täubchenweg 2 (im Grassimuseum), 04103 Leipzig;
[Karte]
Postfach 969, 04109 Leipzig
Telefon. (0341) 2 14 22 26 und 2 14 22 23
Telefax. (0341) 2 14 22 62
Bibliothekssigel. <L 228>
Unterhaltsträger. Freistaat Sachsen. Ministerium für Wissenschaft und Kunst
Funktion. Wissenschaftliche Fachbibliothek.
Sammelgebiete. Ethnographie, Ethnologie, Linguistik, Afrikanistik, Amerikanistik, Sinologie, Museologie und Grenzwissenschaften.
Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek (Lesesaal mit 20 Plätzen). Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 8-12.30 und 13.30-16 Uhr. Leihverkehr: DLV.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät, Mikrofilm-Lesegerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Ab Hauptbahnhof Straßenbahnverbindung (Linien 4, 6, 15, 20) bis Haltestelle Johannisplatz und ca. 3 Minuten Fußweg. Parkmöglichkeiten in begrenztem Umfang am Haus.
1.1 Als Gründungsjahr für Museum und Bibliothek gilt 1869, da am 24. November 1869 in der Leipziger Zeitung ein Aufruf von Persönlichkeiten der Universität und Geschäftswelt Leipzigs erschien, der zur Erwerbung der kulturhistorischen Sammlung des verstorbenen Oberbibliothekars Dr. Gustav Klemm (1802-1867) aus Dresden aufforderte, die 1871 erfolgte. Mit der Gründung des Vereins Deutsches Centralmuseum für Völkerkunde als Träger des Museums im gleichen Jahr entstand in Leipzig das erste ethnographische Museum auf dem Kontinent.
1.2 Offiziell eröffnet wurde das Museum 1874; im gleichen Jahr erschien der erste Bericht des Museums für das Jahr 1873, dem bis 1900 27 weitere folgten, die über die wichtigsten Erwerbungen, auch der Bibliothek, und die Erweiterungen der nationalen und internationalen Beziehungen unterrichteten. 1900 unterhielt die Bibliothek zu ca. 200 Partnern Schriftentausch. Erst nach der Übernahme des Museums in städtische Verwaltung (1904) begann 1906 der planmäßige Ausbau der Bibliothek. Für den Schriftentausch standen seit 1906 das Jahrbuch des Museums für Völkerkunde und seit 1907 die Veröffentlichungen des Museums für Völkerkunde zur Verfügung. 1910 hatte die Bibliothek bereits 250 Partner, darunter etwa 70 außerhalb Europas.
1.3 Im Jahre 1927 zog das Museum in das Neue Grassimuseum um. Dort bezog die Bibliothek 1930 eigene Räume und erhielt einen Lesesaal und eine Buchbinderei. In den Jahren zwischen der durch den Ersten Weltkrieg ausgelösten Inflation und der Weltwirtschaftskrise (1929) standen neben dem ansehnlichen Etat der Bibliothek zahlreiche Sondermittel zur Verfügung, die es gestatteten, die in Kriegs- und Inflationszeit entstandenen Lücken im Buch-, aber besonders im Zeitschriftenbestand zu schließen. Ab 1930/31 war es nur noch möglich, die wichtigsten Publikationen zu erwerben.
1.4 Zwischen 1926 und 1945 wurde in der Bibliothek die Sachgruppe Volkskunde besonders ausgebaut. Die Bibliothek des Vorsitzenden des Leipziger Vereins für Volks- und Heimatkunde, Paul Zinck (1867-1941), konnte erworben werden. 1943 umfaßte der Bestand etwa 24.000 Bde, davon etwa 10.000 Zeitschriftenbände. Am 4. Dezember 1943 wurde das Museum während eines Luftangriffes stark zerstört. Die Bibliothek erlitt aber kaum Verluste. Am 31. März 1945 zählte der Gesamtbestand 10.936 Titel in 14.004 Bdn sowie 1142 Zeitschriften- und Reihentitel in 9925 Bdn. Erneut entstandene Lücken Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges - wurden durch Streichung aller Mittel für eigene Publikationen noch vergrößert. Der Schriftentausch ging nach 1945 auf ein Minimum zurück. Die begrenzte Zuteilung von Devisen im Etat reichte nur zur Aufrechterhaltung laufender Zeitschriftenabonnements. Erst 1955 konnte die Bibliothek mit einem Gesamtbestand von ca. 30.000 Bdn wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Im Folgejahr begann die Umstellung der Bibliotheksbestände auf Numerus currens, die bis auf einzelne wissenschaftliche Altbestände (teilweise Sinica und Sondersammmlungen) 1966 abgeschlossen wurde.
1.5 Im Jahre 1963 wurde mit der Einrichtung des Grundstockes eines ethnographischen Zentralkataloges begonnen. Die Bibliothek übernahm mehr und mehr die Funktion einer ethnographischen Zentralbibliothek der DDR. Sie konnte Desiderate bei Auflösung von Gelehrtenbibliotheken erwerben. So übernahm sie Teile der Bibliothek (Afrikanistik, allgemeine Völkerkunde, Missionsgeschichte) des Jenenser Professors Bernhard Struck (1888-1971) und die Bibliothek (Tibetologie, Mongolistik) des Leipziger Professors Johannes Schubert (1896-1976). Diese Bibliotheken sind gesondert aufgestellt und mit Behelfskatalogen eingeschränkt benutzbar. 1993 erhielt die Bibliothek bedeutende Schenkungen aus den Bibliotheken des verstorbenen Sinologen Martin Piasek (Leipzig) und des Amerikanisten Karl Anton Nowotny (Heidelberg).
1.6 Im Zuge einer Gesamtrekonstruktion des Grassimuseums ist die gemeinsame Unterbringung der Bibliotheken des Museums für Völkerkunde und des Museums für Kunsthandwerk mit gemeinsamer Nutzung eines Lesesaals geplant.
Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen
2.1 Ende 1993 hatte die Bibliothek des Museums einen Bestand von 77.562 Bdn, einschließlich 28.122 Bdn Zeitschriften. Die Bibliothek führt 1895 Zeitschriftentitel, davon ein Drittel im laufenden Bezug. Zum Bestand kommen zuzüglich etwa 30.000 Bde Sondersammlungen, Gelehrtenbibliotheken und Karten.
2.2 Der historische Bestand umfaßt nach Auszählung des Standortkataloges 3847 Titel: 9 des 17. Jhs (3 deutsch, einer englisch, 5 in sonstigen Sprachen), 101 des 18. Jhs (67 deutsch, 4 lateinisch, 16 französisch, 8 englisch, 4 in sonstigen Sprachen) und 3737 des 19. Jhs (2706 deutsch, 4 lateinisch, 250 französisch, 504 englisch und 273 in sonstigen Sprachen). Systematische Übersicht
2.3 Neben den allgemeinen Anforderungen des Museums an seine Bibliothek bestimmten die weitreichenden, seit Ende des 19. Jhs bestehenden Tauschbeziehungen den Bestandsaufbau. Die Bibliothek ist systematisch gegliedert, besitzt einen Standortkatalog und ist nicht nur in ihrer Spezifik als Museumsbibliothek, sondern auch aus Raumgründen dezentral aufgestellt.
2.4 Nach dem erhaltenen Standortkatalog umfaßte die Allgemeine Völkerkunde bis 1958 4400 Titel, davon 685 historische, vorwiegend deutschsprachige des 19. Jhs. Die Gruppe Hilfswissenschaften umfaßte bis 1955 916 Titel, davon 439 aus dem 19. Jh (301 deutschsprachige und 98 in sonstigen Sprachen). Im Bestand waren bis 1955 1667 Titel zur Urgeschichte, davon 57 historische, fast ausschließlich aus dem 19. Jh und vorwiegend deutschsprachig. Wesentliche Bestände zur deutschen und europäischen Urgeschichte wurden im Juni 1973 im Zuge der Bestandsprofilierung an das Museum für Urgeschichte Potsdam abgegeben.
2.5 Der übrige Bestand ist im alten Standortkatalog in regional mehr oder weniger eng begrenzte Gebiete aufgeteilt. Auf Europa entfallen laut Katalog 1070 Titel, darunter 488 fast ausschließlich deutschsprachige Titel des 19. Jhs. Über Afrika liegen 1352 Titel vor, davon 511 aus dem 19. Jh (399 deutsche, 40 französische und 41 englische). Erwähnung verdienen Odoardo Lopez, Warhafftige und Eigentliche Beschreibung des Königreichs Congo in Africa (Frankfurt a. M. 1597) sowie Jobus Ludolfus, Historia Aethiopica (Frankfurt a. M. 1681). Von den 2917 Titeln zu Asien zählen 868 zum historischen Bestand, davon aus dem 19. Jh 567 deutsche, 63 französische, 132 englische und 78 Titel in sonstigen Sprachen. Genannt seien Athanasius Kircher, La Chine (Amsterdam 1670), Abraham Roger, Le Theétre de l'Idolétrie ... (Amsterdam 1670), Johann Baptista du Halde, Ausführliche Beschreibung des Chinesischen Reichs (Rostock 1747), Johann Barrow, Reise durch China (Weimar 1804) und Hiram Cox, Voyage dans l'Empire des Birmans (Paris 1825). Zum Vorderen Orient liegen u. a. vor Demetrie Kantemir, Geschichte des osmanischen Reichs (Hamburg 1745), Augier de Marigny, Geschichte der Araber (Berlin 1753) und Carsten Niebuhr, Reisebeschreibung nach Arabien (Kopenhagen 1774). Von den 1584 Titeln zu Amerika gehören 603 zum historischen Bestand, davon aus dem 19. Jh 267 deutsche, 64 französische, 205 englische und 40 in sonstigen Sprachen. Zu nennen sind Louis-Armand de Lahontan, Voyages dans l'Amérique septentrionale (Den Haag 1703), George Juan, Voyage historique dans l'Amérique méridionale (Amsterdam 1752), Maximilian Prinz zu Wied, Reise nach Brasilien ( Wien 1825) und Reise in das Innere Nord-America (Koblenz 1839). Hinzu kommen 703 Titel zur Südsee (Australien und Ozeanien), von denen 237 bis 1900 und 229 Titel im 19. Jh erschienen sind (88 deutsche, 22 französische, 107 englische und 12 in sonstigen Sprachen), darunter James Cook, Voyage to the Pacific Ocean (London 1784).
2.6 Die enge Beziehung zwischen Völkerkunde und Geographie, die für das Museum und seine Bibliothek charakteristisch ist, zeigt sich auch an einem guten Bestand an Reisewerken. So sind etwa Philip Beavers African memoranda (London 1805), Louis Antoine de Bougainvilles Voyage autour du monde ... 1766-1769 (Paris 1771), David Cranz' Historie von Grönland (Barby 1765), O. Dappers Beschreibung von Afrika (Amsterdam 1670) oder Pieter Kolbes Beschryving van de Kap de Goede Hoop (Amsterdam 1727) vorhanden. Ähnliches gilt für andere Nachbarwissenschaften. Ein weiterer Schwerpunkt der Bibliothek ist die außereuropäische Kunst. Ebenfalls gut vertreten ist die Religionswissenschaft, einschließlich der Religions- und Missionsgeschichte. Gesammelt wurde weiterhin Literatur über Rechtsvorstellungen in der Gesellschaft und über alle Formen gesellschaftlicher und sozialer Beziehungen in historischen und gegenwärtigen Gesellschaftsordnungen oder Formationen, einschließlich der Wirtschaftsformen, der Technologie und des Handwerks. Für die Museumsarbeit war schließlich Literatur zur Konservierung und Restaurierung von Museumsgut wichtig.
2.7 Der Regionalkatalog enthält 127 Judaica, davon 37 deutsche und ein englischer Titel des 19. Jhs. Von den ostasiatischen Beständen der Bibliothek sei die japanische Ausgabe Honzo Komoku des chinesischen Bencau-Gangmu (Handbuch der Arzneikunde) in 45 Büchern aus dem Jahre 1714 genannt.
Alphabetischer Katalog
[in Zettelform, nach hauseigenen Regeln]
Systematischer Katalog
[nach hauseigener Systematik]
Standortkatalog [geführt bis 1956]
Zeitschriftenkatalog
[verzeichnet 1909 Titel, davon 450-500 laufende Zeitschriften]
Jahrbuch des städtischen Museums für Völkerkunde. Bd 8 (1918/21) [mit Bibliotheksbericht] Jahrbuch des städtischen Museums für Völkerkunde. Bd 26 (1969) [Veröffentlichung zum 100jährigen Bestehen]
Stand: März 1995
Peter Göbel