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Bibliothek im Museum Schloß Molsdorf

Adresse. Gothaer Str. 1, 99192 Molsdorf [Karte]
Telefon. (036202) 9 05 05

Unterhaltsträger. Stadtverwaltung Erfurt, Kulturdirektion
Funktion. Spezialbibliothek. Sammelgebiet. Erotica.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung wochentags während der Öffnungszeiten des Museums: Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Vom Hauptbahnhof Erfurt Busverbindung (Linien 70 und 170) nach Schloß Molsdorf, Haltestelle vor dem Schloß. A 4 (E 40), Ausfahrt Arnstadt oder Wandersleben. Parkplatz vor dem Schloßpark.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Schloß Molsdorf, eine ehemalige Wasserburg, zwischen Arnstadt und Erfurt gelegen, wurde einst das Thüringer Versailles genannt. Seine Glanzzeit lag zwischen 1733 und 1748, als der Diplomat, Königlich Preußische Oberhofmarschall, Kurator der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin und später auch General-Postmeister Gustav Adolph Graf von Gotter (1692-1762) die barocken Pläne seines Vorgängers fortführend, Schloß und Park zu seinem Wohnsitz ausbauen und zu einem Zentrum adliger Geselligkeit werden ließ. Sein Wahlspruch " Vive la joie", der auf den Eremiten-Orden am Gothaer Hof zurückgeht, ziert die vier Ecken im Festsaal des Hauses.

1.2 Der für mehrere tausend Bände konzipierte holzgetäfelte Bibliotheksraum ist im Originalzustand erhalten. Seine Entstehungszeit ist unbekannt. Die Wände sind mit 12 medaillonförmigen Idealporträts römischer Kaiser geschmückt, die aus Holz angefertigt und vergoldet wurden. Der kleine Saal befindet sich im Dachgeschoß. Ihm angeschlossen ist ein nach 1910 eingerichtetes, im Jugendstil gehaltenes " Tränenkabinett" - die Bezeichnung leitet sich von den tropfenförmigen Perlmuttverzierungen her -, das vermutlich als Lese- und Meditationsraum diente.

1.3 Die " auserwählte Bibliothek", die der kunst- und wissenschaftsliebende Gotter aufstellen ließ, wurde 1762 zusammen mit dem Gebäude von Herzog Friedrich III. von Sachsen-Gotha und Altenburg (1699-1772, reg. seit 1732) erworben, jedoch zunächst, wie alle Bibliotheken der Lustschlösser um Gotha, am Standort belassen. Erst nach dem Tod Herzog Augusts von Sachsen-Gotha und Altenburg (1772-1822, reg. seit 1804) wurde mit der Einverleibung der Bestände in die Gothaer Herzogliche Bibliothek auf dem Friedenstein begonnen (s. Eintrag Forschungs- und Landesbibliothek Gotha). Der Bibliothekskatalog ist in Gotha überliefert, danach umfaßte die Gottersche Bibliothek 2188 Bde.

1.4 Das Schloß wechselte häufig die Besitzer. 1748 mußte Gotter das von einem großen französischen Garten umgebene Schloß aus finanziellen Gründen verkaufen, doch behielt er sich u. a. das Wohnrecht vor. Seit 1937 ist das Schloß in Staatsbesitz. Verschiedenen Zwecken dienend, entging es in den fünfziger Jahren nur knapp dem Abriß. Nach aufwendigen Rekonstruktions- und Restaurierungsarbeiten ist es seit 1966 wieder der Besichtigung zugänglich.

1.5 Im Jahre 1982 wurde das Erotica-Cabinett mit Graphik-Sammlung und Bibliothek gegründet. Den Kern der Büchersammlung bildete die Stiftung des Ingenieurs Adolf Reißmann (1880-1947) und seiner Ehefrau Martha Reißmann (1897-1979). Hinzu kamen Mitte der achtziger Jahre medizinische Werke aus der Provenienz des Weimarer Arztes Peter Gustav Hesse (1909-1994). Die Bibliothek wird laufend ergänzt. In die Sonderausstellungen zu wechselnden Themen sind auch die Bibliotheksbestände mit einbezogen.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Bibliothek umfaßt 768 Bde, von denen 42 zum historischen Buchbestand zählen (18. Jh 10, 19. Jh 32). Bis auf einen Band in französischer Sprache sind alle deutschsprachig.

2.2 Zu dem kleinen Belletristik-Bestand aus der Privatbibliothek Martha Reißmann gehören Christoph Martin Wielands Araspes und Panthea (Zürich 1763) und Cyrus (Leipzig 1760), Altdeutsche Gedichte aus den Zeiten der Tafelrunde (Teil 2, Wien 1811), übertragen von Felix Franz Hofstaeter, Die Frithiofs-Sage (Stuttgart 1887), bearbeitet von Emil Engelmann, und Die Jobsiade (Leipzig 1868) von Carl Arnold Kortum sowie Werke von Heinrich Heine, Charles Dickens, Adelbert von Chamisso, Theodor Storm und Fritz Reuter. Die Neue Chronik von Erfurt oder Erzählung alles dessen, was sich vom Jahr 1736 bis zum Jahr 1815 in Erfurt Denkwürdiges ereignete (Erfurt 1818, mit Nachträgen 1823) von Constantin Beyer enthält die bekannte, von Beyer nach einer alten, mit der Feder entworfenen Skizze gezeichnete Ansicht des Erfurter Domes.

2.3 La discipline (London 1889) von E. D. wurde " Zur Eröffnung des Erotica Cabinetts im Schloß Molsdorf" am 20. Mai 1982 von dem Berliner Bibliophilen Wolfram Körner gestiftet. Zu den Werken aus der Stiftung Reißmann gehören die Erzählungen aus Tausend und eine Nacht (Stuttgart 1838-1841), nach dem arabischen Urtext von Gustav Weil und mit 2000 Bildern und Vignetten versehen von F. Groß, die Deutsche Kultur- und Sittengeschichte (Leipzig 1887) von Johannes Scherr, Boccaccios Decameron oder die 100 Erzählungen (Berlin 1888), übersetzt von Dietrich Wilhelm Soltau, Der Fall Wilde, das Problem der Homosexualität. Ein Prozeß und ein Interview (Leipzig 1896) von O. Sero und Aber die Liebe (München 1893) von Richard Dehmel mit Illustationen von Fidus.

2.4 Erwähnenswert ist ein Einband des Weimarer Kunstbuchbinders Otto Dorfner (1895-1955), der um 1935 für die " Molsdorfer Ritterschaft" angefertigt wurde.

3. KATALOGE

Zugangsverzeichnis

[in Bandform, Berichtszeit ab 1981]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Museen in Thüringen. 1. Aufl. Frankfurt a. M. 1995 [S. 69 über Schloß Molsdorf]

Schloß Molsdorf. Gotha 1995 [Faltblatt]

Stand: April 1996

Felicitas Marwinski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.