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Adresse. Veski 32, 51014 Tartu
Telefon. (07) 42 12 79 und 42 22 66
Telefax. (07) 42 22 54
e-mail. [erm@erm.ee]
Internet. http://www.erm.ee
Bibliothekssigel. <ERM>
Unterhaltsträger. Eesti Rahva Muuseum [Estnisches
Nationalmuseum]
Funktion. Öffentlich zugängliche Spezialbibliothek.
Sammelgebiete. Ethnographie und Volkskunde Estlands und anderer finnougrischer Völker.
Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. - Öffnungszeiten
der Handbibliothek: Montag bis Freitag 9-16 Uhr. - Leihverkehr:
nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergeräte,
Fotowerkstatt, CD-ROM Terminal.
Hinweise für anreisende Benutzer. Vom Bahnhof Busverbindung
(Linie 6) bis Haltestelle Kuperjanovi, von dort
Fußwegnähe (ca. 5 Minuten); vom Busbahnhof Busverbindung (Linie
5) bis Haltestelle Kuperjanovi. - Keine Parkmöglichkeiten bei der Bibliothek.
1.1 Das Estnische Nationalmuseum wurde 1909 zur Erinnerung an den Folkloristen Jakob Hurt (1839-1907) als private Institution gegründet. Die Objektsammlung des Museums sowie der Gründungsbestand seiner Bibliothek entstanden durch Schenkungen von verschiedenen Institutionen und von Privatpersonen. Als einer der Initiatoren des Museums und sein erster Vorstandsvorsitzender veranlaßte
Oskar Kallas (1868-1946) die Übernahme der Büchersammlungdes Vereins studierender Esten [Eesti Üliõpilaste Selts; gegr. 1870; ca. 10.000 Bde Estica]. Weitere Bücher gelangten als Schenkungen und durch Kauf in die Bibliothek. Während der zehnjährigen Amtszeit von Kallas gingen einige größere Schenkungen ein, die den Bestand rasch wachsen ließen, so u. a. auch ca. 6000 Bde
aus der Dublettensammlung derÖffentlichen Bibliothek in St. Petersburg. Die Russische Akademie der Wissenschaften schenkte 1914 96 Bde, die Druckerei Heinrich Laakmann im Jahre 1916 ca. 4000 Bde und die Erben von Villem Reiman (1861-1917) ca. 1500 Bde aus dessen Sammlung. Weitere Bücher kamen aus verschiedenen Zensor-Archiven (Babanov in Dorpat, H. Jannsen in Tallinn [Reval] und M. Pukits in St. Petersburg). Im Jahre 1918 zählte der Bestand 30.000 Bde Estica und andere Baltica.
1.2 Den Ersten Weltkrieg überstand die Bibliothek ohne größere Verluste. Mit Erlangung der nationalen Unabhängigkeit Estlands erhielt die Bibliothek 1918 das Pflichtexemplarrecht auf alle estnischen Drucke. Im Jahre 1933 war der Bestand auf 105.897 Bde angewachsen. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg war die Sammlung gegliedert in eine Zentralbibliothek (Archivbibliothek) und die sogenannte Ethnographische Handsammlung. Letztere entstand 1923 auf Initiative des damaligen Museumsdirektors Ilmari Manninen (1894-1935). Die Umwandlung der Republik Estland in die Estnische Sozialistische Sowjetrepublik führte im Jahre 1940 zur Verstaatlichung des Nationalmuseums und zur Trennung seiner beiden Büchersammlungen. Aus der Ethnographischen Handsammlung wurde die Bibliothek des Staatlichen Ethnographischen Museums [Eesti NSV Riiklik Etnograafiamuuseum]. Die Archivbibliothek bildete mit anderen, zuvor dem Nationalmuseum unterstellten Institutionen den Grundstock für die Sammlung des Staatlichen Literaturmuseums [Eesti NSV Riiklik Kirjandusmuuseum], die heutige Archivbibliothek des Estnischen Literaturmuseums [Eesti Kirjandusmuuseumi Arhiivraamatukogu] (s. Eintrag dort).
1.3 Die Bibliothek ist besonders während der letzten Jahrzehnte erheblich gewachsen (1964 8141 Titel, 1970 10.000). Der Etat der Bibliothek erlaubte den regelmäßigen Ankauf von Drucken aus der UdSSR. Wesentliche Bedeutung für den Bestandszuwachs hatte von Anfang an auch der Schriftentausch, vor allem seit dem Erscheinen des Museumsjahrbuchs (1925). Tauschkontakte bestanden zu Bibliotheken von Museen und Forschungsinstitutionen in verschiedenen Ländern, so 1931 zu 156 Partnern. Heute unterhält die Bibliothek Tauschkontakte mit ca. 50 Partnern.
2.1 Bei einem Gesamtbestand von 24.277 Titeln umfaßt die Bibliothek 350 Titel aus dem Erscheinungszeitraum vor 1900, davon 40 aus der Zeit vor 1800. Der größte Teil des historischen Bestandes ist deutschsprachig (ca. 270 Titel), es folgen russische (39), estnische (19), finnische (15) und französische (8) Werke. Außerdem liegen schwedische Werke (7), englische (6), holländische (6), lateinische (2), ungarische (2), tschechische und polnische (je eines) vor.
2.2 Der größte Teil des historischen Bestandes wurde in Dorpat gedruckt (96), gefolgt von Riga (65), St. Petersburg (41) und Helsinki (20). Einen erheblichen Anteil stellen auch die in verschiedenen deutschen Druckereien erschienenen Titel (u. a. aus Leipzig mehr als 20, aus Berlin 13). Insgesamt liegen Werke aus 76 Druckereien vor. Die ältere Literatur betrifft hauptsächlich Ethnographie und Geschichte; darunter sind Werke zur Kunstgeschichte und Landeskunde sowie Reisebeschreibungen. Überdies sind verschiedene Ausstellungskataloge und Wörterbücher vorhanden.
2.3 Das älteste Werk im Bestand ist Nicolas de Nicolay, Vier Bucher von de Raisz und Schiffart in die Turckey (Antorff 1577). Der älteste estnische Druck ist die 1773 in Reval gedruckte Piibli Ramat [Bibel]. Unter den Werken zur baltischen Ethnographie sind Kupfer zur Beschreibung aller Nationen des Russischen Reichs. Nationen vom Finnischen Stamm (St. Petersburg 1776), Leopold von Schröder, Die Hochzeitsbräuche der Esten und einiger anderer finnisch ugrischer Völkerschaften (Dorpat 1888) sowie Carl Russwurm, Eibofolke oder die Schweden an den Küsten Ehstlands und auf der Runö (Reval 1855). Die Geschichte des Baltikums behandeln u. a. August Wilhelm Hupel, Versuch die Staatsverfassung des Russischen Reichs darzustellen. II (Riga 1793), Eduard Pabst und Robert von Toll, Ehst- und Livländische Brieflade. Eine Sammlung von Urkunden zur Adels- und Gütergeschichte Ehst- und Livlands. Zweite Abtheilung: Schwedische und Polnische Zeit. I. Band. Die Jahre 1561 bis 1650 (Reval 1861) und Zweite Abteilung: Schwedische Zeit. II. Band. Die Jahre 1651 bis 1697 (Reval 1864), Friedrich Ludwig von Maydell, Fünfzig Bilder. Geschichte der deutschen Ostsee-Provinzen Rußlands (Dorpat 1839) sowie Theodore Beise, Das Ereignis in Dorpat am 8. Januar 1472 und die Gründung des Klosters Petschur (Dorpat 1876).
2.4 Der Bestand zu Kunstgeschichte und Architektur umfaßt einige Germanica des 18. Jhs, so Lorenz Johann Daniel Suckow,
Erste Gründe der Bürgerlichen Baukunst in einemZusammenhange (Weimar 1763), Johann Christian Friedrich Keferstein, Anfangsgründe der bürgerlichen Baukunst für Landleute (Leipzig 1776) und Bruchstücke der Gothischen Baukunst gesammlet und dem Studium der Baukünstler und dem Vergnügen der Liebhaber gewidmet von Johann Gottfried Grohmann (Leipzig 1799). Aus dem 19. Jh liegen vor Gottfried Kinkel, Geschichte der bildenden Künste bei den christlichen Völkern ...Die altchristliche Kunst (Bonn 1845) und Gotthard von Hansen, Die Kirchen und ehemaligen Klöster Revals (Reval 1885). Mit der Geographie benachbarter Länder befassen sich Arthur de Capell Brooke, A Winter in Lapland and Sweden (London 1827), Albin
Kohn und Richard Andrée, Sibirien und das Amurgebiet (Leipzig 1876) sowie Sophus Ruge, Norwegen (Leipzig 1899). Der Bestand der Reisebeschreibungen schließt an historischen fremdsprachigen Titeln ein Leopold von Schrenck, Reisen und Forschungen im Amur-Lande. Bd III: Die Völker des Amur-Landes (St. Petersburg 1881-1891), Matthias Alexander Castrén, Reiseberichte und Briefe aus den Jahren 1845-1849, herausgegeben von Anton Schiefner (St. Petersburg 1856) und Peter Simon Pallas, Reise durch verschiedene Provinzen des Russischen Reichs (1. Teil St. Petersburg 1771 und 1801, 2. Teil St. Petersburg 1773 und 3. Teil St. Petersburg 1776).
2.5 Erwähnenswerte Germanica im Bestand der Ausstellungskataloge und Verzeichnisse sind der Catalog der Estnischen ethnographischen Sammlung auf der Ausstellung des X. archäologischen Congress zu Riga 1896 (Dorpat 1896), der Katalog der Rigaschen culturhistorischen Ausstellung veranstaltet von der Gesellschaft für Geschichte und Alterthumskunde der Ostseeprovinzen Russlands (Riga 1883) und das Adressbuch für das Gouvernement Livland, zum Gebrauch für Behörden (Riga 1871). Unter den Wörter- und Sprachlehrbüchern der Sammlung sind August Wilhelm Hupel, Ehstnische Sprachlehre für beide Hauptdialekte, den revalschen und den dörptschen; nebst einem vollständigen Wörterbuch (Mitau 1818) und Andreas Johan Sjögren, Livisch-deutsches und deutsch-livisches Wörterbuch (Bd II, Teil 2, St. Petersburg 1861).
Alphabetischer Katalog
[Kartenkatalog; nach Autoren, gelegentlich auch nach Titeln geordnet; angelegt 1923]
Schlagwortkatalog
[Kartenkatalog; angelegt 1923]
Kürzere Darstellungen zur Geschichte der Bibliothek finden sich in einigen Aufsätzen des Jahrbuchs des Estnischen Nationalmuseums [Eesti Rahva Muuseumi Aastaraamat].
Veröffentlichungen zu den Beständen der Bibliothek liegen nicht vor. In den Jahresberichten, die im Museumsjahrbuch veröffentlicht werden, finden sich die jeweils aktuellen Bestandszahlen.
Stand: November 1996
Toivo Sikka