FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Opocno [Opocen]

Schloßbibliothek

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Im Schloß Opocen haben sich im Laufe der Jahrhunderte einige zusammenhängende Buchbestände angesammelt, die von den Angehörigen der gräflichen und fürstlichen Häuser von Colloredo und von Mannsfeld erworben wurden. Den Grundstock der Bibliothek legte Rudolph Colloredo-Wallsee (1585-1657). Einen großen Beitrag leistete sein Neffe Ludwig Colloredo (1631-1693), ein Sammler philosophischer, theologischer, historischer und naturwissenschaftlicher Literatur. Hieronymus Colloredo (1674-1726) hat die Bibliothek besonders mit Literatur aus den Bereichen Jurisprudenz, Geschichte und Architektur bereichert. Gleichzeitig ließ er einen beträchtlichen Teil der Bestände neu binden und mit seinem Exlibris und Supralibros versehen. Hieronymus kaufte Bücher hauptsächlich aus Norditalien und in Böhmen. Ein späterer Eigentümer der Bibliothek, Rudolph Joseph Colloredo (1705-1788), ließ einen Katalog erarbeiten (s. u. 3.2) und ergänzte die Sammlung mit zahlreichen Hungarica und Werken der Aufklärung. Zu Rudolph Josephs Zeit wirkte C. G. Stive als Bibliothekar.

1.2 Durch die Heirat von Gundakar Colloredo (1731-1807) mit Maria Anna Isabella von Mannsfeld (1750-1794) erbte die Familie das Vermögen der Fürsten von Mannsfeld einschließlich ihrer umfangreichen Büchersammlungen, die hauptsächlich in Dobriš untergebracht waren (s. Eintrag dort). Gundakar bereicherte die Opocener Bibliothek durch seine persönliche Sammlung aus Wetzlar. Zu seiner Zeit wurde die Bibliothek um 400 Bde erweitert. Sein Exlibris stammt aus der Werkstatt des Kupferstechers Jan Berka. Mit Rokoko- und Empireliteratur ergänzte sein Sohn Rudolph Joseph (1772-1843) die Bibliothek, ein Liebhaber des Theaters und Sammler von Theaterliteratur. In dieser Zeit waren jedoch auch einige Verluste zu verzeichnen.

1.3 Neben Opocen besaßen die Colloredos auch eine Büchersammlung in ihrer Prager Residenz. Diese Bibliothek wurde später teilweise nach Opocen gebracht, teilweise ging sie an Wilhelmine von Colloredo-Mannsfeld (1826-1898), die mit Prinz Vinzenz Karl von Auersperg (1812-1867) verheiratet war. Dieser Teil der Bibliothek wurde als Mitgift in das Schloß Zleby [Zleb] überführt (s. Eintrag dort). Die neuesten Bestände wurden von Joseph Franz Hieronymus Colloredo-Mannsfeld (1813-1895) erworben sowie von Joseph (1866-1957), einem Historiker, der sich vor allem mit der Geschichte des Hauses Mannsfeld befaßte. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Bibliothek unter die Verwaltung des Nationalmuseums in Prag. Heute befindet sie sich im Besitz des Denkmalamtes für Ostböhmen [Památkový ústav Východních Cech] in Pardubice [Pardubitz].

1.4 In Opocen befinden sich heute vier Colloredo-Mannsfeldsche Sammlungen: die alte Fideikommiß-Bibliothek, die sogenannte Jüngere Bibliothek, der Bestand Opocen-Dobriš, der unter der Colloredo-Verwaltung in das Schloß gebracht worden ist, sowie der Teil der Dobrišer Bibliothek, der nach dem Zweiten Weltkrieg nach Opocen kam (Bestand Dobriš-Opocen). Neben Beständen der Colloredo-Provenienz finden sich auch Bücher aus älteren, vorwiegend böhmischen Sammlungen, z. B. von Václav Voríkovský von Kunratice, Jan Mladota von Solopisk oder aus den juristischen Sammlungen von Christoph Maximilian Preibisch und Adam Franz Franek.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Fideikommiß-Bibliothek sowie die sogenannte Jüngere Bibliothek umfassen zusammen 10.330 Bde, davon 12 Hss., 8 Inkunabeln, 297 Drucke des 16. Jhs und etwa 8000 Drucke bis 1800. Etwa 40 Prozent der Fideikommiß-Bibliothek sind deutschsprachig, der Rest vorwiegend französisch (Theaterliteratur und philosophische Werke). Die Fideikommiß-Bibliothek enthält lateinische theologische Literatur, die in Deutschland, vor allem aber in Österreich, gedruckt wurde sowie Literatur zum Kirchenrecht. Es folgen medizinische und chemische Schriften, eine kleinere Zahl von mathematischen und astronomischen Werken und Militaria.

2.2 Einen größeren deutschsprachigen Bestand bilden historische Literatur, geographische Schriften, Topographie, Reisebücher, Chroniken, historische Biographien, Werke zur Geschichte der deutschen Staaten und Böhmens, Genealogie, Heraldik und Numismatik. Umfangreich ist der Bestand an juristischer Literatur. Er umfaßt Gesetzessammlungen, kaiserliche Gesetzbücher und juristische Studien, hauptsächlich zum Bürgerlichen Recht. Kleinere Gruppen bilden philosophische Werke, Grammatiken und Wörterbücher, Belletristik aus der zweiten Hälfte des 18. Jhs sowie Zeitschriften und allgemeine Enzyklopädien. Aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs stammt eine Gruppe von Büchern zur Kunstgeschichte.

2.3 Die sogenannte Jüngere Bibliothek enthält hauptsächlich französische und holländische Literatur. Im historischen Bestand bis 1800 (etwa 25 Prozent) finden sich philosophische Werke, eine große Zahl von Memoiren und gedruckter Korrespondenz, genealogische und heraldische Werke, Militaria, Reisebücher und eine kleinere Gruppe naturwissenschaftlicher Publikationen und Jagdbücher. Zum Bestand der Literatur des 19. Jhs gehören in der Jüngeren Bibliothek zahlreiche Kataloge von Buch- und Kunstauktionen, Schriften zur Bibliotheksgeschichte und zum Bibliothekswesen sowie kunstgeschichtliche Publikationen. In einer zweiten Gruppe finden sich wiederum Memoiren und gedruckte Korrespondenz, Literatur zu Genealogie und Heraldik, zur Geschichte der Aristokratie sowie Militaria, insbesondere Schriften zur Geschichte der österreichischen Kriege und Beschreibungen der österreichischen Armee. Aus der Zeit um 1900 stammen Reisebücher und Werke über Landwirtschaft und Jagdwesen.

2.4 Der Bestand Dobriš-Opocen umfaßt 411 Bde, davon 16 Drucke des 16. Jhs und 60 Drucke bis 1800. Der ältere Bestand enthält Mannsfeldiana, hauptsächlich über Ernst von Mannsfeld, sowie Kleindrucke über den Verlauf des Dreißigjährigen Krieges, insbesondere über den Böhmischen Krieg. Auch die Werke des 19. Jhs (Monographien und belletristische Bearbeitungen) sind vielfach diesem Thema gewidmet. Ein kleinerer Bestand betrifft die Landwirtschaft. Eine Reihe von numismatischen Werken stammt vom Anfang des 20. Jhs.

2.5 Der Bestand Opocen-Dobriš umfaßt 1303 Bde aus dem 19. Jh. Er enthält Belletristik (historische Romane, Abenteuer- und Reiseromane), österreichische und böhmische Gesetzbücher, Militärschematismen und Handbücher für verschiedene Waffen der österreichischen Armee. Politische Werke betreffen die innere Verfassung Österreich-Ungarns. Als Autor ist vor allem der böhmische Politiker Graf Adalbert von Sternberg (1868-1930) vertreten. Den Rest des Bestandes bilden österreichische Zeitschriften, Lehrwerke und landwirtschaftliche Handbücher.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Gesamtkatalog der Schloßbibliotheken unter der Verwaltung des Nationalmuseums in Prag

Standortkatalog Jüngere Bibliothek

[erstellt 1956-1959]

Standortkatalog Bibliothek Opocen

[erstellt 1959]

Standortkatalog Bibliothek Opocen, Teil Dobriš

[erstellt 1962]

Standortkatalog Bibliothek Dobriš, Teil Opocen

[erstellt 1962]

3.2 Historische Kataloge

Libri in folio, quarto, octavo

[vom Anfang des 18. Jhs]

Catalog der Fürst Colloredo-Mansfeldschen Schloßbibliothek in Opocen. 1907 [Signatur 6559]

Bibliotheca Colloradiana MDCCXLII. 1742

Catalogus librorum Bibliothecae Colloradianae. 1747

Catalogus der in der Bibliotheque des Grafen von Colloredo Exzellenz zu Wetzlar befindlich gewesenen Büchern. 1787

Catalogus librorum Bibliothecae Celsissimi S.R.I. Principis Gundacari a Colloredo-Mansfeld, Cancellariae, Imperialis, Aulica, Procancellarii ...1793

Catalogus Bibliothecae Illustrissimi Comitis Rudolphi de Mansfeld [vom Ende des 18. Jhs]

Domaine Schloßbibliothek Opocno

[vom Ende des 19. Jhs]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Lifka, Bohumír: Zámecké a palácové knihovny v Cechách. Prehled historicko-topografický [Schloß- und Palaisbibliotheken in Böhmen. Eine historisch-topographische Übersicht]. In: Ceský bibliofil [Der tschechische Bibliophile] 6 (1934) S. 38

ders.: Zámecké knihovny v Opocne a na Dobriši a kníze Josef z Colloredo-Mannsfeldu jako bibliofil [Die Schloßbibliotheken in Opocen und Dobriš und der Fürst Joseph von Colloredo-Mannsfeld als Bibliophiler]. Praha 1936

ders.: Colloredovská a Mannsfeldská bibliografie a ikonografie [Die Colloredosche und Mannsfeldsche Bibliographie und Ikonographie]. Praha 1936, S. 257-302

ders.: Knihovny na zámku v Opocne [Die Bibliotheken im Schloß Opocen]. In: Opocno. Státní zámek a okolí [Opocen. Staatsschloß und Umgebung]. Praha 1957, S. 9-12

Kneidl, Pravoslav: Knihovna Národního musea v Praze [Die Bibliothek des Nationalmuseums in Prag]. Praha 1959, S. 143

Valentová, Jana: Zámecká knihovna v Opocne [Die Schloßbibliothek in Opocen]. Praha 1969 [Diplomarbeit an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität in Prag, Lehrstuhl für Bibliothekswesen]

Stand: September 1996

Petr Mašek


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.