FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Ratsbibliothek

Adresse. Stadtarchiv Hof, Unteres Tor 9, 95028 Hof; [Karte]
Postfach 1665, 95015 Hof
Telefon. (09281) 815-612 oder -613
Telefax. (09281) 815-370 Telex. 6 43 706 st hof d

Unterhaltsträger. Stadt Hof
Sammelgebiete. Im wesentlichen abgeschlossener Bestand, keine planmäßige Sammeltätigkeit. Gelegentlich vereinzelte Neuerwerbungen lokalhistorisch bedeutsamer, vor 1800 erschienener Bücher.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbenutzung im Stadtarchiv Hof. Öffnungszeiten des Stadtarchivs: Montag 14-18 Uhr, Dienstag bis Freitag 8-11.45 Uhr, Donnerstag 14-16 Uhr. Leihverkehr: über die Stadtbücherei Hof.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Busverbindung ab Hauptbahnhof (Linie 1 oder 2), umsteigen am Busbahnhof (Linien 3, 4, 8) bis Haltestelle Unteres Tor. A 9, Ausfahrt Hof. Parkplätze kaum vorhanden.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Bestandsgeschichte der drei alten Bibliotheken Hofs (Ratsbibliothek, Schulbibliothek des Gymnasiums und Kirchenbibliothek bei St. Michaelis) ist eng miteinander verflochten, weil die Bücherbestände einst hauptsächlich dem Gebrauch der Schule dienten, teilweise ihren Standort in der Michaeliskirche hatten und zum großen Teil Eigentum des Rates der Stadt waren (s. auch Einträge der Dekanatsbibliothek und der Bibliothek des Jean-Paul-Gymnasiums, 1.1 ff.).

1.2 Nach der Reformation in Hof im Jahre 1529 wurden Reste der Klosterbibliothek der Franziskaner, durch bürgerliche Bücherspenden vermehrt, im Jahre 1538 als " librarei" in der Michaeliskirche aufgestellt, gingen aber nach und nach verloren. Im Jahre 1590 wurde im Zusammenwirken des Landeshauptmanns, des Rates, des Superintendenten und bürgerlicher Stifter ein neuer Anfang zu einer Büchersammlung für das 1546 gegründete Gymnasium gemacht. Diese wurde zunächst in einem Gewölbe der Klosterkirche untergebracht, nach 1603 in die Sakristei der Michaeliskirche überführt. Sie bildet heute noch den Grundstock der Kirchenbibliothek.

1.3 Als Rektor Paul Daniel Longolius (1704-1779) 1735 die Leitung des Gymnasiums übernahm, hatte sich der vorhandene Buchbestand schon wieder stark verringert, und so entschloß er sich, von neuem eine Schulbibliothek aufzubauen. Deren wesentlichsten Bestandteil bildete die Stiftung einer privaten Büchersammlung von ca. 1100 Bdn, die von drei Generationen der Familie von Waldeck stammte. Zahlreiche weitere Bücher wurden aus der Bürgerschaft gespendet, allein rund 300 Bde von dem Kaufmann Beuchold. Im Jahre 1765 kamen noch ca. 800 Bde juristische und historische Werke aus der Familie von Dürr hinzu. Auch Landeshauptmann Philipp Ludwig von Weitershausen (Amtszeit 1761-1795) vermachte 1795 seine Büchersammlung testamentarisch dem Gymnasium (zu den Stiftungen s. Eintrag Jean-Paul-Gymnasium, 1.5-1.7).

1.4 Diese neue Schulbibliothek war ebenfalls in einem Gewölbe der Klosterkirche untergebracht, wo sie um 1795 Rektor Johann Theodor Benjamin Helfrecht in sehr schlechtem Zustand, staubig und verschimmelt, vorfand. Er reinigte die Bücher, katalogisierte sie und lagerte sie in trockenen Räumen. Die bei der Verwaltung der Stadt bestehende kleine Ratsbibliothek durfte Rektor Helfrecht bei dieser Gelegenheit mit dem Bestand der Schulbibliothek, die seinerzeit noch städtisches Eigentum war, vereinigen.

1.5 Da die Stadt Hof seit 1810 zum Königreich Bayern gehörte, wurde das Gymnasium im 19. Jh eine staatliche Einrichtung. Dadurch wurde in den Jahren 1846 und 1868/69 und dann erneut 1906 und 1911 die Frage nach den Eigentumsrechten an der Schulbibliothek aufgeworfen. Als man damals die Absicht hegte, veraltete und wertlos gewordene Bücher zu veräußern, betonte der Stadtmagistrat 1868, daß die Bücher aus der Zeit vor der Errichtung des staatlichen Gymnasiums städtisches Eigentum seien. Noch 1906 bestätigte Rektor Dr. Hermann Hellmuth, daß alles, was vor 1846 bereits dagewesen sei, der Stadt gehöre. Er habe jedoch die Bücher nach den Bedürfnissen der Schule aufgeteilt: in einen größeren Teil, welcher hauptsächlich geschichtliche und sprachliche Werke enthalte, die von Lehrern und Schülern benützt werden könnten, und in einen kleineren Teil, vor allem theologischen und juristischen Inhalts, der unbenützt in der Aula stünde.

1.6 Diese nach schulpraktischen Gesichtspunkten erfolgte Aufteilung wurde vom Stadtmagistrat mit Beschluß vom 16. Oktober 1906 anerkannt. Der den Zwecken des Gymnasiums dienende größere Teil wurde für Staatseigentum erklärt (heutige Gymnasialbibliothek), der unbenützte theologische und juristische Teil, der viele Schriften aus der Reformationszeit enthält, wurde als Eigentum der Gemeinde beansprucht (heutige Ratsbibliothek). Letzterer Bestand wurde in städtische Verwahrung übernommen und ab 1928 durch Staatsbibliothekar Dr. Hildebrecht Hommel katalogisiert. Er ist heute im Stadtarchiv untergebracht, im Magazinbau neben der Hospitalkirche (ehemaliges Pfründnerhaus, Unteres Tor 9).

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Ratsbibliothek umfaßt ca. 3000 Bde aus der Zeit vor 1900, darunter zahlreiche Sammelbände. Die Zahl der Einzeltitel wird auf ca. 5000 geschätzt. Diese sind lediglich im Alphabetischen Katalog vollständig erfaßt, während der Standortkatalog jeweils nur den ersten Titel jedes Sammelbandes verzeichnet. Eine genaue Zählung des Bestandes liegt deshalb noch nicht vor.

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Es sind 12 Bde Inkunabeln vorhanden und 171 Titel aus dem frühen 16. Jh. Der übrige Bestand ist nach Sachgebieten und Formaten gegliedert. Er ist chronologisch nicht weiter unterteilt, aber begrenzt auf Bücher vor 1800. Ein kleiner Bestand (ca. 800 Bde) aus der Zeit von 1800 bis ca. 1860 aus allen Bereichen wird neuerdings als getrennter Anhang zur Ratsbibliothek geführt.

2.3 Der Gesamtbestand der Ratsbibliothek besteht annähernd je zur Hälfte aus lateinischen und deutschsprachigen Werken. Die Zahl der hebräischen, griechischen, französischen und englischen Bücher ist nicht sehr groß. Vereinzelt sind syrische, spanische, italienische und tschechische sowie polyglotte Werke vertreten. Systematische Übersicht

2.4 Der von Dr. Hommel ab 1928 erstellte Katalog gliedert den Bestand in die drei Hauptgruppen Theologie, Jurisprudenz, Geistes- und Naturwissenschaften. Die Frühdrucke werden fachübergreifend beschrieben.

2.5 Unter den 12 Inkunabeln finden sich 4 Bde einer lateinischen Bibel des Nicolaus von Lyra (Koberger-Druck), eine Legenda aurea (Straßburg 1490) und ein Kräuterbuch (Augsburg 1488). Unter den 171 Frühdrucken sind zu erwähnen Werke des Athanasius von Alexandria, des Bernhard von Clairvaux und das Buch der Offenbarung der Birgitta von Schweden. Aus der Reformationszeit ist eine Reihe Schriften von Luther (darunter ein früher Druck der Thesen), Melanchthon, Dietrich, Erasmus, Eck und Zwingli vorhanden. An juristischen Werken sind zu nennen der Sachsenspiegel (1528, 1545), der Laienspiegel (1512, 1518) und das Corpus iuris (1513).

2.6 Die theologischen Schriften sind unterteilt in Ascetica, Biblia, Dogmatico-polemica, Exegetica, Theologia miscellanea und Theologia practica. Unter den Bibeln befindet sich die 1736 in Hof gedruckte Markgrafenbibel (mit Porträtstichen und Biographien der Markgrafen von Brandenburg) sowie ein von dem Orientalisten Kirsch in Hof herausgegebener syrischer Pentateuch (1787), in der Abteilung " Dogmatico-polemica" Melanchthons Corpus doctrinae (Leipzig 1560, Zerbst 1588), unter den " Exegetica" Veit Dietrichs Summaria über die ganze Heilige Schrift (Nürnberg 1597, 3 Exemplare). Die Abteilung " Theologia miscellanea" enthält die Summa theologica des Thomas von Aquin (Köln 1640), die Historia et Monumenta des Johannes Hus (Nürnberg 1558) und verschiedene Ausgaben von Luthers und Melanchthons Werken.

2.7 Die juristischen Bücher gruppieren sich nach den Sparten Cameralia, Ius canonicum, Ius criminale, Ius germanicum, Ius miscellaneum, Ius practicum, Ius publicum und Ius romanum. In der Abteilung " Cameralia" ist die Ordnung des Rats zu Leipzig (1596) enthalten, in " Ius germanicum" das Sächsische Weichbild (Bautzen 1557) und in " Ius practicum" neben 2 Ausgaben der Carolina eine Reihe von Schriften Benedikt Carpzovs. " Ius publicum" enthält die Verneute Reformation der Stadt Nürnberg (Nürnberg 1564) und " Ius romanum" Mathäus Wesenbecks Paratitla (Basel 1572), Pandectas (Basel 1595) und Commentarii (Basel 1589). In der Abteilung " Ius miscellaneum" sind 325 juristische Disputationen und 134 juristische Dissertationen gesammelt. Unter den Druckorten der Universitätsschriften erscheinen vorwiegend Altdorf, Frankfurt/Oder, Halle, Hamburg, Jena, Kiel, Leipzig, Rostock, Straßburg, Tübingen, Ulm und Wittenberg.

2.8 Unter den Geistes- und Naturwissenschaften sind zusammengefaßt Historia, Naturalia, Philologica, Philosophica und Res patriae. Unter " Historia" ist die Bayerische Chronik des Aventinus zu finden (Frankfurt 1580), unter " Naturalia" die Chirurgia Magna des Paracelsus (Straßburg 1573) und unter " Res patriae" die Cosmographie Sebastian Münsters ( o. O. 1550). Unter den Enzyklopädien befindet sich Diderots Encyclopédie (36 Bde, Genf 1777-1799).

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform, hschr.; verzeichnet Verfasser und Sachtitel; erstellt ab 1928 von Hildebrecht Hommel]

Systematischer Katalog

[zugleich Standortkatalog; in Bandform, hschr.; erstellt von H. Hommel]

Die Bestände sind nicht im Bayerischen Zentralkatalog nachgewiesen.

3.2 Historischer Katalog

Helfrecht, Johann Theodor B.: Ueber die Höfer Schulbibliothek. 3 Teile. Hof 1795-97. 4 Nachträge. Hof 1799, 1803, 1807, 1808 [verzeichnet den gesamten um 1800 vorhandenen Bibliotheksbestand]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Longolius, Paul Daniel: Von der Bibliothec. In: ders.: Des Höfischen Gymnasiums Geschichte. 2. Teil. Hof 1746, S. 100-103

Helfrecht, Johann Theodor B., s. o. 3.2 Hommel, Hildebrecht: Von Hofer Bibliotheken. In: Mein Frankenland 4 (1931) Heft 6, S. 203-206

Dietlein, Ernst: Auch Bücher haben ihre Schicksale. Aus der Geschichte unserer Stadtbibliothek. In: Alt-Hof. Heimatgeschichtliche Beilage zur Bayerischen Ostmark (1937) S. 21-24, 31-32, 36-39

Schindler, Edgar: Aus der Geschichte der Hofer Bibliotheken. In: Kulturwarte. Nordostoberfränkische Monatsschrift für Kunst und Kultur 11 (1965) Heft 9, S. 185-194

Heiland, Hans: Bücherschätze in Hofer Bibliotheken und ihre Erhaltung. In: Kulturwarte. Monatsschrift für Kunst und Kultur 23 (1977) S. 53-54

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Hommel, Hildebrecht: Lutherschriften in Fränkischen Bibliotheken. In: Die Frankenwarte. Blätter für Heimatkunde. Beilage zum Würzburger Generalanzeiger Jg. 1933, Nr. 45

Hommel, Hildebrecht: Ein Spottgedicht Martin Luthers. In: Die Frankenwarte. Blätter für Heimatkunde. Beilage zum Würzburger Generalanzeiger Jg. 1936, Nr. 13

Stand: Februar 1992

Fred Händel †


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.