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Rychnov nad Kneznou [Reichenau an der Knezna]

Schloßbibliothek

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Grafen von Kolowrat erwarben das Schloß Reichenau im Jahre 1640. Der älteste Teil der Bibliothek mit mehreren Handschriften geht jedoch auf Albrecht IV. von Kolowrat zurück (1463-1510). In der Zeit um 1600 wurde die Büchersammlung erweitert durch Albrecht VII. (1583-1648) und seinen Bruder, den Olmützer Jesuiten Ferdinand Wilhelm Libštejnský (1581-1639). Ein großer Förderer der Bibliothek war Franz Karl von Kolowrat (1620-1700), dessen eigenhändige Vermerke in zahlreichen Büchern zu finden sind. Neben ihm ist noch Norbert Leopold von Kolowrat (1655-1716) zu nennen. Rychnov nad Kneznou [Reichenau an der Knezna] 1.1

1.2 Als in der Mitte des 19. Jhs die Linie der Grafen Kolowrat-Libštejnský ausstarb, fiel ihr Eigentum an die Linie von Kolowrat-Krakowský. Neben der alten Fideikommiß-Bibliothek entstand in der Folgezeit eine jüngere Bibliothek, die der Schriftsteller Graf Zdenek von Kolowrat-Krakowský (1836-1892) gründete und deren Ausbau seine Söhne Bohuslav (1876-1934) und Zdenek (1881-1941) fortsetzten. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Bibliothek unter die Verwaltung des Nationalmuseums in Prag. Im Jahre 1992 wurde sie den Nachfolgern der Familie Kolowrat-Krakowský im Rahmen der Restitutionsmaßnahmen zurückgegeben.

1.3 Fast die gesamten Bestände sind mit heraldischen Exlibris der Grafen von Kolowrat versehen. Neben der Fideikommiß-Bibliothek beherbergte Schloß Reichenau im 19. Jh auch die bedeutende Bibliothek von Franz Anton von Kolowrat-Krakowský (1778-1861), die ihr Besitzer später dem Nationalmuseum in Prag vermachte (s. Eintrag dort). Neben Büchern mit Besitzvermerken des Hauses Kolowrat enthält der Bestand auch eine Reihe von Büchern fremder Provenienz. Zu nennen ist vor allem das Fragment einer Bibliothek mit dem Supralibros I. B. P. Z. O. W., das vermutlich für Johann Baptist Pächelob steht. Daneben finden sich Reste der Sammlungen von bedeutenden böhmischen Historikern des 17. und 18. Jhs wie Tomáš Pešina z Cechorodu (1629-1680), František Martin Pelcl (1734-1801) und Jan Bohumír Dlabac (1758-1820). Weitere Besitzvermerke stammen von böhmischen Adelsfamilien, z. B. von Lobkowicz, von Nostitz, von Martinitz, von Sternberg oder von Thun-Hohenstein.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Insgesamt umfaßt die Bibliothek 12.277 Bde, davon 169 Hss., 34 Inkunabeln, ca. 200 Bde des 16. Jhs, ca. 900 Bde des 17. Jhs und ca. 1100 Bde des 18. Jhs. Der Rest stammt aus dem 19. und frühen 20. Jh.

2.2 Fideikommiß-Bibliothek. Der Bestand des 16. Jhs stammt ungefähr zu 30 Prozent aus deutschen Gebieten. Schwerpunkte sind Rechtswissenschaft, Werke antiker Autoren, theologische Schriften, historische Werke und vor allem die Naturwissenschaften einschließlich der Alchemie. Die Drucke des 17. Jhs sind zu etwa 40 Prozent deutscher Provenienz und liegen überwiegend in lateinischer Sprache vor. In diesem Zeitraum dominieren historische Werke, es folgen Rechtswissenschaft und Theologie, Philosophie sowie Publikationen über das Haus Kolowrat. Geographische, medizinische, alchemistische und astronomische Werke bilden kleinere Gruppen. Nennenswerte Drucke des 17. Jhs sind z. B. Philippus Frauendorffers Tabula smaragdina medico-pharmacentica (Nürnberg 1699) und G. A. Wolters Pyrotechnicum opusculum, de cauteriorum Wratislaviae (1672).

2.3 Im 18. Jh beträgt der Anteil der Germanica ungefähr 70 Prozent, von denen die Mehrzahl wiederum der Geschichte gewidmet ist. Von kaum geringerer Zahl sind die Publikationen über geheime Gesellschaften, hauptsächlich über die Freimaurer. Der drittgrößte Bereich ist das Forstwesen. Neben Geographie- und Reisebüchern, österreichischen Gesetzessammlungen, ungefähr 20 Werken zur Alchemie und derselben Zahl von Kolowratiana thält dieser Teil der Sammlung auch Theaterliteratur und poetische Werke. Schließlich liegt ein umfangreicher Bestand mit Bohemica in tschechischer, deutscher und lateinischer Sprache vor.

2.4 Neue Bibliothek. Dieser Teil der Sammlung enthält vorwiegend Drucke des 19. Jhs und vom Anfang des 20. Jhs, daneben einzelne Werke zur böhmischen Geschichte vom Ende des 18. Jhs. Die Bibliothek ist nach Sprachen aufgeteilt und umfaßt tschechische, französische, italienische, englische, spanische und deutsche Werke. Der deutsche Teil (ca. 40 Prozent) thält vor allem historische und historisch-topographische Werke. Dieselbe Thematik haben auch zahlreiche Zeitschriften. Es folgen Publikationen über Literaturtheorie, geographische und topographische Werke, Literatur über die Reichenauer Region und über das Forstwesen sowie wirtschaftliche und politische Schriften. Der Bestand wird ergänzt durch Ausstellungs- und Auktionskataloge und durch Schriften über Numismatik und Genealogie. Zahlreich ist die deutsche und ins Deutsche übersetzte Belletristik des 19. Jhs. Erwähnenswert sind ferner Werke von Prager deutschen Autoren vom Anfang des 20. Jhs.

3. KATALOGE

3.1 Moderner Katalog

Standortkatalog [erstellt 1959]

3.2 Historische Kataloge

Katalog der Kolowrat-Bibliothek, Gräfin von Kinský. Histoire, Voyages, Politique, Religionsschriften, Religion, Literarische Geschichte, Klassiker, Schöne Wissenschaften I.-III., Philosophie I.-II., Geschichte, Landeskunde, Politik I.-II., Vermischte Schriften

[Anfang des 19. Jhs; verzeichnet zuerst französische, dann deutsche Werke; Signatur 8724-8740]

Catalogus librorum, quos Bibliotheca Comitum a Kolowrat-Libsteinský in arce Rychnowiensi continet

[erstellt 1852-1853; 2 Teile; Signaturen 8747, 8749]

Catalogus librorum, quos Bibliotheca Comitum a Kolowrat in arce Rychnowiensi continet. 1893

[Signatur 8748]

Katalog der Kolowrat-Bibliothek

[erstellt 1870-1880; Signatur 8743]

Standort- und Zugangskatalog der Reichenauer Bibliothek [erstellt 1880-1890; verzeichnet deutsche, lateinische und tschechische Bestände; Signatur 8741-8742]

Zámecká knihovna pana Bohuslava, Ríšského hrabete Krakovského-Libsteinského z Kolovrat v Rychnove nad Kneznou [Schloßbibliothek des Herrn Bohuslav, Reichsgrafen Krakowsky-Libsteinský von Kolowrat in Reichenau an der Knezna]

[Standortkatalog; bearb. von Bohumír Lifka in den zwanziger Jahren des 20. Jhs]

Alphabetischer Zettelkatalog. Bearb. von Bohumír Lifka [erstellt in den zwanziger Jahren des 20. Jhs]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Zíbrt, Cenek: Bibliografie ceské historie [Bibliographie der böhmischen Geschichte]. Bd 1. Praha 1900, Nr. 3175, 3685.

Lifka, Bohumír: Rychnovská zámecká knihovna [Die Reichenauer Schloßbibliothek]. In: Rychnov, státní zámek a okolí [Reichenau, Staatsschloß und Umgebung]. Praha 1953, S. 18-20

Hejtmánková, Jitka: Zámecká knihovna v Rychnove nad Kneznou, její vývoj, soucasný stav a kulturní význam [Die Schloßbibliothek in Reichenau an der Knezna, ihre Entwicklung, gegenwärtiger Stand und kulturelle Bedeutung]. Praha 1989 [Diplomarbeit an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität in Prag, Lehrstuhl für wissenschaftliche Informationen und Bibliothekswesen]

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Lifka, Bohumír: Kolovratské knizní odkazy [Kolowrater Buchnachlässe]. In: Vitrinka [Die Vitrine] 5 (1928) S. 115-119

Mašek, Petr: K historickým knihovním fondm [Zu historischen Buchbeständen]. In: Marie Mzyková (Hrsg.): Navrácené poklady. Restitutio in integrum [Zurückgegebene Schätze]. Praha 1994, S. 160 [Ausstellungskatalog]

Stand: Februar 1995

Petr Mašek


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.