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Schloßbibliothek Lamberg

Adresse. Forstverwaltung Steyr, Berggasse 2, 4400 Steyr [Karte]
Telefon. (07252) 53 253-0

Unterhaltsträger. Österreichische Bundesforste
Funktion. Ehemalige Repräsentationsbibliothek der Familie Lamberg.
Sammelgebiete. Geschichte, Literatur, Theologie, Naturwissenschaften. - Der Bestand wird nicht vermehrt.
Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. - Benützung nur in Ausnahmefällen und nur für wissenschaftliche Zwecke möglich. Telefonische oder schriftliche Voranmeldung unbedingt erforderlich. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Hinweise für anreisende Benützer. Voranmeldung erforderlich. - Westbahn bis St. Valentin, dann mit Regionalzug bis Steyr. - A 1 bis Abfahrt Stadt Haag, B 42 bis Steyr.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Anfänge der Bibliothek gehen auf Georg Sigmund von Lamberg ( 1631) zurück, der als Burggraf von 1616 bis 1631 auf der Styraburg die Herrschaft ausübte und eine Büchersammlung anlegte. Sein Sohn Johann Maximilian (1608-1682) erwarb 1666 die Burg als Eigentum von Kaiser Leopold. Unter ihm erfuhr die Bibliothek eine große Bestandsvermehrung, da er als Gesandter und Diplomat in kaiserlichen Diensten von seinen Aufenthalten in Deutschland, Italien und Spanien zahlreiche wertvolle Bücher mitbrachte. Er hinterließ auch Tagebücher und Briefe, die sich heute im Oberösterreichischen Landesarchiv befinden. 1636 wurde Johann Maximilian in den Grafen-, 1641 in den Reichsgrafenstand erhoben.

1.2 Franz Josef von Lamberg (1637-1712) setzte die bibliophile Sammeltätigkeit seines Vaters fort. 1707 erhielten die Lambergs den Rang von Reichsfürsten. In die Herrschaftszeit von Franz Anton (1678-1759) fiel der verheerende Stadtbrand von 1727, bei dem auch Teile der Styraburg beschädigt wurden. Von 1728 bis 1731 wurde die Burg nach Plänen des Architekten Domenico d'Angeli zum Schloß umgebaut und gleichzeitig eine neue Bibliothek errichtet. Die Räume sind in der damaligen Ausführung bis heute erhalten geblieben.

1.3 Ende des 18. Jhs gelangte die Herrschaft Steyr an eine Lambergsche Nebenlinie. Franzoseneinfälle in den Jahren 1800, 1805 und 1809 sowie der große Stadtbrand und starke Regenfälle im Jahr 1824, zur Zeit Karl Eugens (1764-1831), verursachten Schäden am Schloß wie auch in der Bibliothek. Das bisher zweistöckige Gebäude wurde nur mehr einstöckig wiedererrichtet. Trotz aller Schwierigkeiten vermehrte Karl Eugen die Bibliothek durch weitere Erwerbungen, vor allem durch Bücher der Klassischen Philologie. Um 1840 verfaßte der Lambergsche Hauslehrer Carl Weiss einen Katalog mit Standortverzeichnis, der nach dem Zweiten Weltkrieg als Grundlage für die Neuordnung herangezogen wurde, seither aber verschollen ist.

1.4 1938 war die Herrschaft der Fürsten von Lamberg beendet. Das Schloß wurde zunächst deutsches Eigentum (Reichsgau Oberdonau), nach Kriegsende kam es in den Besitz der Republik Österreich (Land Oberösterreich). Nach 1945 diente die Bibliothek der amerikanischen Besatzungsmacht als Büro. Die Bücher verlagerte man in andere Räume - zunächst als Bücherhaufen, später wahllos in provisorischen Regalen. Dennoch mußten kaum Verluste verzeichnet werden. 1956 erwarben die Österreichischen Bundesforste das Schloß Lamberg als Sitz ihrer Verwaltung. Darin eingeschlossen war auch die Bibliothek. Nach der Restaurierung der Schränke, der Parkettböden und der Stuckdecken durch das Bundesdenkmalamt konnten die Bücher 1975 gemäß der alten Aufstellung, die durch den Weiss-Katalog bekannt war, wieder ihren Platz in den Regalen finden. Nach dem Einbau weiterer Installationen und einer Alarmanlage ist die Bibliothek seit 1993 für öffentliche Führungen zugänglich. Der Bücherbestand wird nicht mehr vermehrt.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Gesamtbestand der Lambergschen Bibliothek umfaßt etwa 10.300 Bde. Alle Werke sind bis 1900 erschienen. Es gibt 4 Inkunabeln, 200 Bde aus dem 16. Jh, 2150 aus dem 17. Jh, 3000 aus dem 18. Jh sowie 4950 aus dem 19. Jh. Die Angaben beruhen auf einer Auszählung am Regal.

2.2 Etwa 45 Prozent der Werke sind in deutscher Sprache verfaßt, 30 Prozent in Latein, 10 Prozent in Französisch und jeweils 5 Prozent in Italienisch, Spanisch und diversen anderen Sprachen (Ungarisch, Griechisch, etc.). Die Zahlenangaben wurden geschätzt.

Systematische Übersicht

2.3 Die Bibliothek besitzt 4 Inkunabeln, darunter, als ältester Druck, Ludolf von Sachsens De vita Jesu Christi (Nürnberg: Anton Koberger 1478).

2.4 Der Bereich Geschichte stellt mit 3067 Bdn den Schwerpunkt der Büchersammlung dar. Zur Geschichte im allgemeinen zählen 2265 Bde, darunter Conrad Lycosthenes' Wunderwerck Oder Gottes unergründtliches vorbilden (Basel 1557), Matthaeus Merians Theatrum Europaeum (Frankfurt 1635-1702) und Valentin Preuenhuebers Annales Styrenses (Nürnberg 1740). Die Kirchengeschichte ist mit 260 Bdn vertreten, z. B. Bartolomé de las Casas' Brevissima relacion de la destruycion de las Indias (1552), die Kulturgeschichte mit 30, darunter Jost Ammans Im Frawenzimmer wirt vermeldt von allerley schönen Kleidungen unnd Trachten der Weiber (Frankfurt 1586) und Friedrich Ludwig Jahns Die Deutsche Turnkunst (Berlin 1816).

2.5 Zu den historischen Hilfswissenschaften liegen 52 Bde vor. Zur Geographie sind 191 Bde vorhanden, darunter die zwei berühmten niederländischen Atlanten, Atlas Novus sive descriptio geographica totius Orbis Terrarum (Amsterdam 1638, Erstausgabe) des Verlegers Johannes Janssonius mit Tafeln des Gerhard Mercator und Henricus Hondius sowie das Theatrum Orbis Terrarum sive Atlas Novus (Amsterdam 1645) des Kartographen Johannes Blaeu. Die Genealogie umfaßt 91 Bde, z. B. Wolfgang Lazius' Commentariorum Genealogiam Austriacam (Basel 1564), die Bibliothekswissenschaft 44 (Catalogus Bibliothecae Caesareae Vindobonensis, Wien, Nürnberg 1690) und das Militärwesen und die Waffenkunde 134.

2.6 Breiten Raum nimmt die Literatur mit insgesamt 2971 Bdn ein. 339 Bücher gehören der Weltliteratur an, etwa die Gesammelten Werke Gotthold Ephraim Lessings (Berlin 1796) und Johann Gottfried Herders (Wien 1813). 1613 Bde sind Unterhaltungsliteratur. Die Klassische Philologie ist mit 356 Bdn vertreten, z. B. Titus Livius' Decades (Venedig: de Rusconibus 1501) und Flavius Josephus' De bello Iudaico (Köln 1524). 79 Bücher betreffen die Literatur- und Sprachwissenschaft.

2.7 Weiters gibt es 72 Biographien, z. B. Johann Christoff Huebers Historia Martini Lutheri. Das ist Kurze Beschreibung seiner Handlungen und Geschrifften (Ingolstadt 1582), 106 Memoiren sowie 78 Briefe. Von den 328 Reisebeschreibungen ist L.D.C.'s (Pseudonym für François-Timoléon de Choisy) Journal ou Suite du Voyage de Siam (Amsterdam 1687) zu erwähnen.

2.8 1344 Bde betreffen die übrigen geistes- und religionswissenschaftlichen Fächer. Der Theologie sind 660 Werke zuzurechnen, darunter Abraham a Sancta Claras Mercks Wienn (Wien 1618) und Johannes Taulers De vita et passione Salvatoris nostri Iesu Christi (Köln: Quentel 1548), beides Erstausgaben. An philosophischen Werken finden sich 457 Bde, z. B. Hugo Grotius' De jure belli ac pacis (Utrecht 1596) und René Descartes' Principia Philosophiae (Amsterdam: Elzevir 1664). Mit der Pädagogik befassen sich 76 Bde, darunter die Erstausgabe von Johannes Amos Comenius' Orbis sensualium pictus (Nürnberg 1658), weiters Johann Heinrich Pestalozzis Sämmtliche Schriften (Stuttgart, Tübingen 1819, Erstausgabe) und Adolph von Knigges Ueber den Umgang mit Menschen (Hannover 1822). Mit der Musik beschäftigen sich 20 Bde, mit Kunst und Architektur 131 (Vitruvs Zehen Buecher von der Architectur und kuenstlichem Bawen, Basel 1614).

2.9 Die juristischen Fächer umfassen 1711 Bde. Der Schwerpunkt liegt mit 1155 Bdn auf dem Profanrecht. 118 Bde entfallen auf das Kirchenrecht, 438 auf die Staatswissenschaften, z. B. Hieronymus Osorius Lusitanus' De regis institutione et disciplina (Köln 1574). Weiters finden sich Lexika (481 Bde) und einige Periodika (29 Bde).

2.10 Mit den Naturwissenschaften befassen sich 697 Bde, mit der Naturwissenschaft im allgemeinen 432. Hier sind besonders hervorzuheben: Konrad Gesners Thierbuch (Zürich 1583) für die Zoologie, Rainer Gemma Frisius' Arithmetica practica (Wittenberg 1567) für die Mathematik, Galileo Galileis Systema Cosmicum (Lyon 1641) für die Astronomie, Athanasius Kirchers Ars magna lucis et umbrae (Rom 1646) für die Physik und Andreas Libavius' Alchymica (Frankfurt 1506) für die Chemie. Zur Medizin sind 77 Bücher verzeichnet, darunter Oswald Gäbelkhoverns Arzneybuch (Tübingen 1596) und Christoval Acostas Tractado delas Drogas, y medicinas de las Indias Orientales (Burgos 1578). 188 Bde betreffen die Ökonomie und Landwirtschaft, z. B. Wolf Helmhard von Hohbergs (auch Hohenberg) Georgica Curiosa oder Adeliches Landleben (Nürnberg 1701).

Eine Erfassung der Buchbestände durch EDV ist derzeit in Arbeit.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Brandl, Manfred: Neue Geschichte von Steyr. Vom Biedermeier bis Heute. Steyr 1980 [zur Bibliothek S. 49]

Lutz, Volker: Von der Styraburg zum Schloß Lamberg. Sonderdruck der Kulturzeitschrift Oberösterreich. Linz 1974 [zur Bibliothek S. 1]

Lutz, Volker: Schloß Lamberg in Steyr - Geschichte und Zukunft. In: Kulturzeitschrift Oberösterreich 27 (1977) Heft 4, S. 11-18

Winkler, Gerhard: Die Fürstlich Lamberg'sche Bibliothek in Steyr. In: Mitteilungen aus dem Oberösterreichischen Musealverein 5 (1975) Folge 5, S. 1

Stand: August 1994

Erika Seitlinger


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.