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Bibliothek des Servitenklosters

Adresse. Mariahilfberg, 2770 Gutenstein; [Karte]
Postadresse: Pfarramt Gutenstein, Nr. 14, 2770 Gutenstein
Telefon. (02634) 250 (Pfarramt); (02634) 263 (Kloster)

Unterhaltsträger. Servitenkloster Gutenstein
Funktion. Historische Studienbibliothek.
Sammelgebiete. Theologie, Philosophie und Geschichte. - Der Bestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. - Benützung nur nach schriftlicher Voranmeldung. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Südbahn bis Wiener Neustadt, Lokalbahn bis Gutenstein. - A 2 bis Wöllersdorf, B 21 bis Gutenstein.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Gründung des Servitenklosters geht auf das Jahr 1672 zurück, als sich Graf Johann Balthasar II. von Hoyos (1681) im Zusammenhang mit einer in den sechziger Jahren entstandenen Wallfahrt auf dem Mariahilfberg in Form einer Stiftung zum Bau eines Klosters samt Kirche tschloß. Provisorisch übernahmen die Serviten damals auch die pastoralen Agenden in der Pfarre Gutenstein. Zunächst bewohnten sie das um 1665/1666 erbaute Benefiziatenhaus, die sogenannte Residenz. Erst 1685 konnten sie in das neue Kloster übersiedeln; die Kirche wurde 1688 konsekriert. Servitenkloster

1.2 1708 vernichtete ein Brand die Kirche und Teile des Klosters, sodaß sich Philipp Josef Innozenz von Hoyos (1687-1762) zur Wiedererrichtung der Kirche sowie zur Restaurierung bzw. Erweiterung des Klostergebäudes genötigt sah. Die Bauzeit erstreckte sich von 1710 bis 1724. Nach finanziellen Streitigkeiten um die Dotation des Klosters zwischen Grundherrschaft und Servitenorden konnte 1724 die Kirche geweiht und die wirtschaftliche Basis der Ordensgemeinschaft durch eine neuerliche Stiftung gewährleistet werden.

1.3 Über die Geschichte der Bibliothek ist nur wenig bekannt. Lediglich aus den vorhandenen Exlibris läßt sich eine Reihe von Werken als Besitz der Familie Hoyos nachweisen. 1726 erhielten die Serviten diese Büchersammlung, um eine eigene Bibliothek anlegen zu können. Dabei handelt es sich um den ältesten heute noch erhaltenen Bestand, darunter sämtliche Inkunabeln und Frühdrucke. Ein weiterer Teil des Bestandes, vornehmlich medizinische Bücher, rührt von der Tätigkeit eines Serviten als Apotheker her. Nach 1724 war die ehemalige Residenz zu einer Apotheke umgebaut worden, die erst unter Josef II. aufgelöst werden mußte (1785).

1.4 Aufgrund seiner dezentralen Lage blieb das Kloster auch während der beiden Weltkriege von Verlusten weitgehend verschont, die Bestände der Bibliothek wurden aber auch nicht wesentlich vermehrt. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Konventes lag in der seelsorglichen Betreuung der Wallfahrt. Aus konservatorischen Gründen wurde 1993 ein Großteil der Bücher in einen neuen Raum transferiert. Die Bibliothek findet heute keine Verwendung mehr, wird aber zu wissenschaftlichen Zwecken zur Verfügung gestellt.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Bei einem Gesamtbestand von etwa 4000 Titeln sind 3270 vor 1900 erschienen. Rund 3000 sind in einem eigenen Bibliotheksraum, der Rest (darunter die ehemalige Volksbücherei) in einem Magazingang aufgestellt. Die Auszählung erfolgte in Ermangelung zureichender Kataloge am Regal. Die Zahlen wurden gerundet. 900 Titel stammen aus dem 19. Jh, 1680 aus dem 18. Jh, 300 aus dem 17. Jh und 100 aus dem 16. Jh; 4 sind Inkunabeln. Hinzu kommen etwa 150 Kartendrucke des 17. und 18. Jhs.

2.2 Der Anteil der lateinischsprachigen Werke ist aufgrund des vorwiegend aus dem 16. bis 18. Jh stammenden Bestandes mit 75 Prozent relativ hoch. 20 Prozent entfallen auf Ausgaben in deutscher Sprache. Der Rest verteilt sich auf Französisch, Italienisch, Griechisch und Hebräisch.

Systematische Übersicht

2.3 Die Bibliothek besitzt 4 Inkunabeln, die bei den einzelnen Fachgebieten aufgestellt sind. Es sind dies 3 homiletische Schriften und eine Ausgabe von Augustinus' De Trinitate (Basel: Johannes von Amerbach 1489).

2.4 An Biblica finden sich 90 Werke, darunter zwei alte Bibeleditionen, das Novum Testamentum Graece (Straßburg 1524), die Testamenti Novi Editio Vulgata (Dillingen 1565) sowie eine frühe Konkordanz (Concordantiae Maiores Sacrae Bibliae, Basel 1543). Die Patristik ist nur mit 5 Titeln vertreten, darunter Werke von Augustinus, Hieronymus und Cyprian von Carthago (z. B. Hieronymus' Epistolae selectae, Paris 1583).

2.5 Der Dogmatik sind 180 Titel zuzurechnen. Hinzu kommen 15 Protestantica und kontroverstheologische Schriften, z. B. Martin Luthers Von den Jueden und Iren Luegen (Wittenberg 1543) und Johannes Ecks Contra Lutherum et alios Declamatoria (Augsburg 1533). Zur Apologetik sind 60 Titel vorhanden, zur Moraltheologie 165, vor allem Standardwerke, wie z. B. Anaklet Reiffenstuels Theologia Moralis (München 1692).

2.6 Die Homiletik umfaßt 510 Titel und bildet einen Schwerpunkt der Sammlung. Im Gegensatz zu den übrigen Fachgebieten findet sich hier eine größere Anzahl von Werken aus dem 19. Jh. Zu den ältesten Drucken zählt Johann Nas' Sibenzehen Predig. Von dem Hochwürdigsten H. Sacrament des Altars. Von zeitlichen von ewigen tod (Ingolstadt 1572). Aber auch Abraham a Sancta Claras Judas Der Erz-Schelm (Salzburg 1692) befindet sich unter den Homiletica. 190 Titel beziehen sich auf die Katechetik (z. B. Petrus Canisius' Catechismus graecolatinus, Wien 1672), 40 auf die Pastoraltheologie.

2.7 Ein größerer Bestandskomplex sind die Aszetica (inklusive Meditatio und Pia Exercitia) mit 825 Titeln, die Mehrzahl stammt aus dem 18. Jh. Das älteste Werk ist Thomas von Kempens De Imitatione Christi (Wien 1561, in dieser Ausgabe noch fälschlich Johannes Gerson zugeschrieben). Darüber hinaus sind Werke von Ludwig von Granada (La prima parte dell' Oratione et meditatione, Venedig 1582), Franz von Sales (Tractatus Amoris Divini, Wien 1643) und Nicolaus Caussin (Heilige Hoffhaltung, München 1657) vertreten. Unter den 140 Liturgica sind vor allem das Breviarium secundum chorum Ecclesie Pataviensis, pars estivalis (Venedig 1515) sowie eine frühe Sammlung von Hymni et collectae item Euangelia, Epistolae, Introitus, Gradualia, et Sequentiae etc. (Köln 1573) hervorzuheben. Auch ein Calendarium Officiorum Ordinis Servorum B. M. V. (Innsbruck 1680) liegt vor.

2.8 Zur Kirchengeschichte gehören 45 Titel sowie 50 Schematismen des 18. und 19. Jhs. Zu erwähnen ist eine frühe Ausgabe der Canones et Decreta Sacrosancti Oecumenici et generalis Concilii Tridentini (Dillingen 1565) sowie das Annalium Sacri Ordinis Fratrum Servorum B. M. V. (Lucca 1719). Unter den 15 hagiographischen Titeln befindet sich die Erstausgabe von Petrus Ribadeneiras Vita Ignatii Loiolae, qui religionem clericorum Societatis Jesu instituit (Ingolstadt 1590). 100 Titel beziehen sich auf die Profangeschichte (z. B. Prokops De rebus Gothorum, Persarum ac Vandalorum, Basel 1531), 10 auf die Hilfswissenschaften (z. B. Philippus Picinellos Mundus Symbolicus in emblematum universitate formatus, Köln 1694). 45 Werke befassen sich mit der Geographie.

2.9 Zum Kirchenrecht finden sich 80 Titel, darunter Antonius Cucchos Institutiones Iuris Canonici (Köln 1564), zum profanen Recht 40 (z. B. die Bairische Landtßordnung, München 1553, und Bartolus de Saxoferratos Distinctiones Iuris Civilis, Venedig 1564).

2.10 Der Philosophie widmen sich 50 Titel, u. a. eine alte Edition der Aristotelischen Nikomachischen Ethik in griechischer Sprache (Ethicon Nikomacheion, Straßburg 1563) und die Philosophia Thomistica Salisburgensis Ludwig Babenstubers (Augsburg 1738). 235 Werke befassen sich mit Literatur und Klassischer Philologie. Neben frühen Ausgaben von Werken Ciceros, Terenz', Ovids und Hesiods fehlen auch Homers Ilias und Odysseia (beide Straßburg 1550, in Griechisch) nicht. Hinzu kommen 10 Lexika und Wörterbücher (z. B. Sebastian Münsters Grammatica hebraea, Basel: Froben 1587). Ein einziges Werk behandelt die Musiktheorie (Johann Josef Fux' Gradus ad Parnassum, Wien 1725).

2.11 Die Naturwissenschaften (vorwiegend Mathematik und Astronomie) sind mit 35 Werken vertreten (z. B. Georg von Peuerbachs Theoricae novae planetarum, Wittenberg 1580). Weiters gibt es 30 medizinische Werke (z. B. Johannes Curios Conservandae sanitatis praecepta soluberrima, Frankfurt 1559). Es liegen 30 Kuriosa und Varia vor, darunter die Neu-eröffnete Guldene Kunst-Pforte zu Allerhand raren Curiositäten (Nürnberg 1734).

2.12 Bei den im Magazingang untergebrachten Werken (etwa 140 Titel) handelt es sich vor allem um Liturgica und Volksausgaben belletristischer Literatur.

Catalogus Bibliothecae Conventus Ordinis Servorum B. M. V.

[1. Band Autoren-, 2. Band Realkatalog, beide hschr., um 1820]

Catalogus Bibliothecae Conventus Ordinis Servorum B. M. V.

[1. Band Autoren-, 2. Band Realkatalog, beide hschr., 2. Hälfte 19. Jh]

Systematischer Katalog [in Heftform, hschr., 1927]

[Alle Kataloge sind unvollständig, die Bücher überdies nicht mit Signaturen versehen.]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Feuchtmüller, Rupert: Die Kunstdenkmale von Gutenstein. In: Heimat Gutenstein. Wanderung durch eine historische Landschaft. Wien 1955, S. 43-46

Kitlitschka, Werner: Mariahilfberg bei Gutenstein/N.Ö. Salzburg 1984, S. 13 f.

Ortner, Leo Maria: Gutenstein im Wienerwalde. Gutenstein 1972 [unveröffentlicht, mschr. Ms.]

ötscher, Augustin Maria: Mariahilfberg bei Gutenstein - Niederösterreich. Salzburg 1994

Stand: Juni 1994

Christoph Steiner


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.