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Érseki Simor Könyvtár

Erzbischöfliche Simor-Bibliothek


Adresse. Mindszenty tér 2, H-2500 Esztergom
Telefon. (033) 413-690, 411-288
Telefax. (033) 411-085

Unterhaltsträger. Esztergomi Érsekség [Erzbistum Esztergom]
Funktion. Öffentliche kirchliche Bibliothek.
Sammelgebiete. Katholische Theologie und Randgebiete, ungarische Geschichte, Kirchengeschichte.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. - Der Forschungssaal wird mit dem Primatialarchiv gemeinsam genutzt. - Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 9-13 Uhr. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Vom Hauptbahnhof Busverbindung (Linie 1) bis zur Haltestelle Bibliotheca, von dort Fußwegnähe (5 Minuten). - Von Budapest Hauptstraße 11, oder Hauptstraße 10 bis Dorog und von dort weiter auf der Hauptstraße 11. Parkmöglichkeiten vor dem Erzbischöflichen Palais, in dem die Bibliothek untergebracht ist.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Der Erzbischof János Simor, Begründer der Bibliothek, stand von 1867 bis 1891 als Fürstprimas der ungarischen katholischen Kirche vor. Aus der Diözese Gyor [Raab], wo er als Bischof diente, brachte er seine Bücher mit (mehr als 10.000 Bde). Da die Bibliothek keine Gründungsurkunde besitzt, kann das Jahr seines Amtsantritts als Erzbischof als Gründungsjahr betrachtet werden. Zunächst brachte Simor seine Sammlung in der Kathedralbibliothek [Foszékesegyházi Könyvtár] von Gran (Bibliotheca Metropolitanae Ecclesiae Strigoniensis) unter (s. Eintrag dort). Seit der Fertigstellung eigener Bibliotheksräume im Erzbischöflichen Palais im Jahre 1883 werden beide Sammlungen getrennt voneinander aufbewahrt. Der neue Bibliothekssaal und das Regalsystem im Palais wurden nach den Plänen des Architekten József Lippert gestaltet. Der große Raum ist mit einem Eisengerüst in drei Ebenen geteilt und mit verstellbaren Regalen eingerichtet. Die zu jener Zeit sehr moderne Konstruktion macht die Bestände auch heute noch leicht zugänglich. Die zunächst nicht öffentliche Bibliothek wurde von einem Bibliothekar betreut. Als erster Amtsinhaber führte Antal Sujánszky (1815-1906) die bis heute beibehaltene Systematik ein.

1.2 Die Bibliothek hat ihre Blütezeit János Simor zu verdanken, der durch Ankauf und Geschenke 40.000 Bde sammelte. Er kaufte seine Bücher persönlich oder durch seine Beauftragten von Privatsammlern und von Buchhandlungen in fast allen Ländern Europas (u. a. in Österreich-Ungarn, Belgien, England, Frankreich, Italien und der Schweiz). Von den Pfarrämtern sammelte er jene Werke ein, die er für seine Bibliothek als wertvoll ansah. Auch aus den Dublettenbeständen ungarischer Bibliotheken besorgte er Exemplare, so z. B. aus dem Ungarischen Nationalmuseum [Magyar Nemzeti Múzeum] oder der Kathedralbibliothek in Kalocsa [Kolotschau]. Der Erweiterung der Bibliothek diente auch das XXXI. Diözesanstatut aus dem Jahre 1860. Danach hatten die Pfarrer der Diözese ein Exemplar ihrer Veröffentlichungen an den Hauptsitz abzugeben. Die Erzbischöfliche Bibliothek konnte in der Folgezeit durch die Bücher der späteren Erzbischöfe Kolos Vaszary (1892-1911), János Csernoch (1912-1927), Jusztinián Serédi (1928-1945), József Mindszenty (1945-1975) und László Lékai (1974-1986) bereichert werden. Von den Büchern des Fürstprimas József Mindszenty sind nur noch jene im Bestand, die er bis zum Ende seines Aufenthalts in Gran (1948) gesammelt hatte. Die Bestandserweiterung erfolgte ferner durch die pädagogischen Veröffentlichungen des seit 1892 in Gran ansässigen Oberschulinspektorats der Erzdiözese.

1.3 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Bestände der Bibliothek des Hauptsitzes der fürstbischöflichen Domäne hier untergebracht, die größtenteils land- und forstwirtschaftlichen Charakters waren (36.146 Bde). Durch die Verstaatlichung der kirchlichen Ländereien hatte diese Bibliothek ihre ursprüngliche Funktion verloren. Die dem jeweils amtierenden Fürstprimas als Geschenk übergebenen Bücher sind die wesentliche Quelle des Bestandszuwachses bis in die Gegenwart. Daneben werden überwiegend theologische und historische Werke angekauft. Seit 1960 ist die Bibliothek öffentlich zugänglich.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Gesamtbestand zählt 37.870 Titel in 51.374 Bdn. Der überwiegend historische Bestand umfaßt 183 Hss. (11 aus dem Mittelalter) und 219 Inkunabeln (235 Bde), von denen 111 aus dem deutschen Sprachgebiet stammen, 103 aus Italien und 5 aus dem französischen Sprachraum (alle in lateinischer Sprache). Aus dem 16. Jh stammen 390 Titel, die nicht in Ungarn gedruckt wurden (davon 13 deutschsprachige), aus dem 17. Jh besitzt die Bibliothek 1178 Titel (davon 63 deutschsprachige, 1014 lateinische), aus dem 18. Jh stammen 5183 Titel (1014 deutschsprachige, 2689 lateinische) und aus dem 19. Jh 21.889 (11.138 deutschsprachige, 3031 lateinische). Die bis 1711 außerhalb Ungarns erschienenen Hungarica belaufen sich auf 54, davon sind 14 deutsch. Der Bestand des 20. Jhs, der z. T. noch bearbeitet wird, umfaßt schätzungsweise 10.000 Titel (bisher erfaßt sind 3580).

2.2 Die 12.228 deutschsprachigen Titel des historischen Bestandes wurden größtenteils im deutschen Sprachgebiet gedruckt. Im Bestand sind darüber hinaus 7150 Drucke in lateinischer, 6179 in ungarischer, 2043 in französischer, 784 in italienischer, 135 in englischer und 107 in slowakischer Sprache; den Rest bilden in sonstigen Sprachen gedruckte Bücher.

Systematische Übersicht

2.3 Die Systematik von Antal Sujánszky unterscheidet die Gruppen Opera figurata, Codices-Incunabula, Opera diversa.

2.4 Der Gruppe Opera figurata (ca. 3000 Titel, 3500 Bde) wurden illustrierte Bücher verschiedensten Inhalts sowie kunstgeschichtliche Werke zugeordnet. Im 20. Jh gelangten hierher auch Originalstiche, Photographien und Photoalben. Der Bestand umfaßt zu ca. 55 Prozent Germanica, darunter zahlreiche Prachtausgaben, hauptsächlich aus der zweiten Hälfte des 19. Jhs, wie Albert Brennecke u. a., Nordlandfahrten (Leipzig 1881-1883), Heinrich Penn, Die Geschichte der Stadt Wien (Brünn 1878) und Carus Sterne, Herbst- und Winterblumen (Prag und Leipzig 1886). Aus dem kleinen Bestand der deutschen Drucke des 16. Jhs finden sich in dieser Gruppe Sebastian Brant, Navis stultifera (Basel 1506), [Benedikt Kuripecic], Itinerarium. Wegraysz Kü. May. potschafft gen Constantinopel (Augsburg? 1531), Petrus Apianus, Inscriptiones sacrosanctae vetustatis (Ingolstadt 1534), Concilium das so zu Constanz gehalten ist worden (Augsburg 1536), Loosbuch zu Ehren der Römischen Ungarischen und Bohemischen Königin (Straßburg 1546), Agenda ecclesiastica (Würzburg 1564) und Theobald Müller, Eigentliche und gedenckwürdige Contrafacturen (Basel 1577). Das 17. Jh vertreten Matthäus Merian, Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae (Frankfurt 1650), Johann Joachim Becher, Parnassus medicinalis illustratus (Ulm 1663), Johann Jacob Fugger, Spiegel der Ehren des höchstlöblichen Kayser- und Königlichen Ertzhauses Oesterreich (Nürnberg 1668), Johann Kunckel, Ars vitraria experimentalis oder vollkommene Glasmacherei-Kunst (Frankfurt und Leipzig 1679), Matthias Tanner, Die Gesellschaft Jesu (Prag 1683) sowie Michael Mayer, Scrutinium chymicum (Frankfurt 1687).

2.5 Auch unter den Germanica des 18. und 19. Jhs sind Werke der unterschiedlichsten Wissensgebiete. Die Kunstgeschichte betreffen Neu eröffneter historischer Bilder-Saal (Nürnberg 1697-1714), Galerie der Meisterwerke altdeutscher Holzschneidekunst (Nürnberg 1858), Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Westpreußen (Danzig 1884-1885) und Alterthümer von Pergamon (Berlin 1885). Zur Geographie finden sich der Atlas portabilis Germanicus (Nürnberg 1733) sowie Friedrich Nicolai, Beschreibung einer Reise durch Deutschland (Berlin und Stettin 1783-1787). Weitere erwähnenswerte Bestandsbeispiele sind ein Koch-Buch (Augsburg 1721), Johann Georg Leopoldt, Nützliche ...Einleitung zu der Landwirtschaft (Sorau 1750) und Jacob von Mellen, Series regum Hungariae e nummis aureis (Breslau und Leipzig 1750).

2.6 Die Gruppe Codices-Incunabula umfaßt neben 20 Bdn Hss., 219 Inkunabeln (235 Bde) und Titel, die zwischen 1501 und 1526 gedruckt wurden, in ca. 145 Bdn. Inhaltlich handelt es sich überwiegend um theologische (einschließlich liturgischer) sowie philosophische Werke, die insgesamt ca. 70 Prozent der Gruppe ausmachen. Den übrigen Bestand bilden Werke zu Rechtswissenschaft, Geschichte, Naturwissenschaften, Medizin und Literatur des Altertums. Mit Ausnahme von Hartmann Schedels Buch der Chroniken (Nürnberg 1493) ist der Bestand lateinischsprachig. Im deutschen Sprachgebiet erschienen ca. 55 Prozent des Bestandes. Deutsche Inkunabeln sind u. a. Joannes Angeli, Astrolabium (Augsburg 1488), Dialogus inter Clericum et Militem (Köln 1490), Epistola de miseria curatorum (Köln 1480), Henricus Herpf, Speculum morum (Nürnberg 1481) sowie Jacobus de Voragine, Historia Lombardica (Nürnberg 1482).

2.7 Die Gruppe Opera diversa stellt den Stammbestand der Bibliothek. János Simor kaufte in erster Linie aktuelle Publikationen mit den Schwerpunkten Theologie und Philosophie. Daneben berücksichtigte er insbesondere Politik, Geschichte, Rechtswissenschaft und Pädagogik sowie Geographie (einschließlich Reisebeschreibungen), Archäologie und Kunstgeschichte. Literatur weiterer Sachgebiete gelangte vornehmlich durch Schenkungen in die Bibliothek, so u. a. Titel zu Naturwissenschaften, Medizin, Landwirtschaft und in geringem Umfang Schöne Literatur. Unter den Titeln des 16. Jhs im Bestand der Gruppe finden sich Georgius Bauer, Drey christlich Predigt (Ingolstadt 1523), Alexandrinus Appianus, De civilibus Romanorum bellis (Mainz 1529), Julius Caesar, Wahrhaftige Beschreibung aller Kriege (Frankfurt 1565), Horaz, Poemata (Heidelberg 1575), Joannes Thomas Freigius, Latina grammatica (Nürnberg 1582) und Zwo Leichen-Predigten (Ingolstadt 1598). Die Germanica des 17. Jhs sind u. a. repräsentiert durch Titel wie Hieronymus Ortelius, Chronologia oder historische Beschreibung (Nürnberg 1602), Türkische Propheceyung (o. O. 1664), Eröffnete französische geheime Raths-Stube (o. O. 1673) und Athanasius Kircher, Scrutinium physico-medicum (Leipzig 1683). Erwähnenswerte Germanica des 18. und 19. Jhs sind u. a. Christianus Serpilius, Die göttliche Käfer-Strafe (Regensburg 1713), Salomon Gessner, Schriften (Zürich 1777-1778), Joseph von Sonnenfels, Gesammelte Schriften (Wien 1783-1787), Johann Christian Gotthard, Das Ganze der Pferdezucht (Erfurt 1800-1804) und François Sabbathier, Sitten, Gewohnheiten und Gebräuche der alten Völker (Wien und Prag 1801).

Sondersammlungen

Sammlung zur Wiener Revolution 1848/49

2.8 Die Sammlung umfaßt Wiener Zeitungen und Flugschriften der Jahre 1848 und 1849, die sich auf die Revolutionsereignisse beziehen. Obgleich diese Werke nicht separat aufgestellt sind, bilden sie doch eine selbständige Einheit, die im Sachkatalog mit der Signatur Forr gekennzeichnet ist. Ein Handbuch von Antal Sujánszky erleichtert die Orientierung

Prunksammelbücher

2.9 Diese Sondersammlung wurde erst 1992 angelegt und separat aufgestellt. Bei den 297 Bdn handelt es sich meist um Geschenke an die Erzbischöfe, die das Leben und den Beruf des Geistlichen veranschaulichen, so u. a. Gratulationen, Urkunden, Photos in Prachteinbänden aus Leder, Samt oder Seide, die vereinzelt in Prunketuis liegen. Die Sammlung umfaßt Material aus der Zeit von 1867 bis 1945, darunter nur wenige Drucke. Eine Bibliographie der Prunksammelbücher aus der Amtszeit von János Simor wurde in Strigonium Antiquum publiziert.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Alphabetischer Verfasserkatalog

[mschr., in Zettelform; angelegt 1975; verzeichnet fortlaufend den Gesamtbestand]

EDV-Katalog

[verzeichnet seit 1996 die Neuzugänge und den Gesamtbestand retrospektiv; Datenformat Orbis]

3.2 Historische Kataloge

Sujánsky, Antal: Catalogus bibliothecae Joannis Cardinalis Simor ...secundum cognomina auctorum descriptus. Strigonii 1887

Sujánsky, Antal: Catalogus operum Bibliothecae Joannis Cardinalis Simor ...quae ab anno 1896 usque praesens tempus comparata fuere. Strigonii 1904

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Quellen zur Geschichte der Bibliothek finden sich vor allem im Primatialarchiv. Die Signaturen der Archivalien sind: Simor Cat. B., Cat. C., Cat. H., Cat. 44. Simor Archivum Secretum; Csernoch Cat. H., Cat. 44.; Serédi Cat. H., Cat. 44. - Diese Gruppen umfassen Material der Jahre 1867 bis 1940. Material nach 1941 ist über den Index und das Register der Schriften der Kirchenverwaltung zugänglich.

4.2 Darstellungen

Pulszky, Ferenc: Simor János bibornok könyvtára [Die Bibliothek des Kardinals János Simor]. In: Pesti Napló [Pester Tagebuch] 1. Dezember 1874, S. 1

[Dankó, József]: Az érseki könyvtár [Die Erzbischöfliche Bibliothek]. In: Emlékkönyv ...Simor János aranymiséjének ünnepén [Gedenkbuch zur Feier der Goldenen Messe von János Simor]. Esztergom 1886, S. 176-180

Dankó, József: Simor János bibornok könyvtára [Die Bibliothek des Kardinals János Simor]. In: Magyar Sion [Ungarisches Zion] 18 (1887) S. 641-657

Lenhardt, Vilmos: Érseki Simor János Könyvtár [Die Kardinal János Simor-Bibliothek]. In: Esztergomi sematizmus 1982 [Esztergomer Schematismus 1982]. Esztergom 1982, S. 163

Beke, Margit: Simor János tudománypártolása és könyvgyujteménye [Die Buchsammlung von János Simor und seine Bestrebungen bei der Förderung der Wissenschaften]. In: Margit Beke (Hrsg.): Strigonium Antiquum 1. Budapest 1992, S. 23-29

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Csapodi, Csaba: Filipesz János nagyváradi püspök könyvei [Die Bücher des Großwardeiner Bischofs János Filipecz]. In: Magyar Könyvszemle [Ungarische Bücherschau] 83 (1967) S. 243-249

Dankó, Josephus: Monimentum quinquagenariorum sacerdotii eminentissimi domini Joannis Cardinalis Simor I.H.R. primatis archiepiscopi Strigoniensis. Strigonii 1886, S. 645-656

Dankó, József: Történelmi, muirodalmi és okmánytári részletek az esztergomi foegyház kincstárából [Historische, literarische und Urkundenunika (Details) in der Schatzkammer der Erzdiözese Esztergom]. Esztergom 1880

Szelestei Nagy, László: Fráter György a püspöki tisztségrol [Fráter György über den Bischofsberuf]. In: Magyar Könyvszemle 101 (1985) S. 48-54

Stand: September 1993

Margit Beke


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.