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Gosudarstvennaja publicnaja istoriceskaja biblioteka Rossii

Staatliche Öffentliche Historische Bibliothek Rußlands


Adresse. Starosadskij pereulok 9, 101000 Moskva
Telefon. (095) 925 65 14, 928 02 84
Telefax. (095) 928 43 32
e-mail. [maf@shpl.ru], [zgm@shpl.msk.su]
Internet. http://www.shpl.ru

Unterhaltsträger. Ministerstvo kul'tury Rossijskoj Federacii [Ministerium für Kultur der Russischen Föderation]
Funktion. Wissenschaftliche Spezialbibliothek.
Sammelgebiete. Weltgeschichte, russische Geschichte, Sozial- und Geisteswissenschaften einschließlich Handschriften und Ephemera zu diesen Gebieten.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Die Drucke des 19. Jhs und Rara werden als Kopien bereitgestellt. - Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 9-20 Uhr, Sonntag 9-18 Uhr. Von Juni bis November Sonntag geschlossen. - Leihverkehr: nationaler und internat. Leihverkehr.
Technische Einrichtungen für Benutzer. Kopiergerät, Scanner.
Gedruckte Informationen. Gosudarstvennaja publicnaja istoriceskaja biblioteka Rossii [Staatliche Öffentliche Historische Bibliothek Rußlands]. Moskva 1992.
Hinweise für anreisende Benutzer. Für den Bibliotheksausweis werden 2 Paßfotos benötigt. - Metrostation Kitaj-gorod, Trolleybus (Linien 25, 45, 63) bis Haltestelle Armjanskij pereulok; von dort Fußwegnähe (ca. 10 Minuten). - Parkmöglichkeiten auf dem Bibliotheksparkplatz.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Als Grundstock für den Bestand der Staatlichen Öffentlichen Historischen Bibliothek Rußlands diente die Sammlung des russischen Archäologen und Historikers Aleksandr D. Certkov (1789-1858), die von ihm ursprünglich als Allgemeine Bibliothek Rußlands konzipiert worden war. Für seine Bibliothek, die auf der geerbten Familienbibliothek aufbaute, sammelte er Drucke (besonders fremdsprachige Drucke und Rara) zur Geschichte Rußlands und anderer slawischer Länder und Völker, die er im In- und Ausland käuflich erwarb. In der ersten Hälfte des 19. Jhs galt sie als eine der bedeutendsten Sammlungen zur russischen Geschichte. Bereits 1838 erschien ein Katalog der Bibliothek, dessen 2. Auflage später auch auszugsweise in deutscher Sprache veröffentlicht wurde (s. u. 3.3).

1.2 Die Bibliothek Certkovs wurde intensiv von bedeutenden russischen Schriftstellern genutzt, so von Vasilij A. Zukovskij (1783-1852), Aleksandr S. Puškin (1799-1837), Nikolaj V. Gogol' (1809-1852) und Lev N. Tolstoj (1828-1910), ferner von bedeutenden Historikern wie Michail P. Pogodin (1800-1875). 1863 wurde sie als erste öffentliche Bibliothek Moskaus frei zugänglich. In den Jahren von 1863 bis 1873 erschien, gestützt auf die Bestände der Bibliothek, die angesehene historische Zeitschrift Russkij archiv [Russisches Archiv], deren Verfasser und Redakteur Petr I. Bartenev (1829-1912) war, Historiker und ehemaliger Bibliothekar Certkovs. Als weiterer Bibliothekar arbeitete der russische Philosoph Nikolaj F. Fedorov (1828-1903).

1.3 Im Jahre 1871 wurde die Bibliothek Certkovs dem Zuständigkeitsbereich der Stadt-Duma übergeben, und ab 1875 entwickelte sich ihr Bestand zum Kernstück der damals neu gegründeten Bibliothek des Russischen kaiserlichen historischen Museums [Imperatorskij rossijskij istoriceskij muzej]. Die Museumsbibliothek hatte gesamtrussische Bedeutung und bestand bis zum Jahre 1922 im Gebäude des Historischen Museums. Zugänge erfolgten bis 1917 im wesentlichen durch Ankäufe oder Schenkungen bedeutender Privatsammlungen von Bibliophilen, Historikern und anderen Geisteswissenschaftlern. So erhielt die Bibliothek nicht nur bedeutende russische Werke, sondern auch deutsche und andere ausländische Drucke aus dem 15. bis 19. Jh. Einige dieser Sammlungen sind separat aufgestellt (im folgenden gekennzeichnet mit *, andere wurden in den Gesamtbestand inkorporiert.

1.4 Zu den besonders wertvollen Sammlungen zählen die 1734 Bde mit Handschriften sowie Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln aus der Zeit von 1700 bis 1865, die aus dem Besitz des Historikers Michail D. Chmyrov* (1830-1872) stammen und die das Museum von seinen Erben erwarb (s. u. 2.28). Im Jahre 1875 übergab die Stadt-Duma Moskaus dem Museum neben der Certkov-Bibliothek die Privatbibliothek des Fürsten Aleksandr N. Golicin* (1830-1911), die vornehmlich Rußland betreffende Literatur aus dem Zeitraum 1725 bis 1815 umfaßte. Von 1885 bis 1887 gingen in die Bibliothek verschiedene Privatsammlungen von Professoren ein, so von Dmitrij M. Šcepkin (1817-1857) mit den Schwerpunkten Sprachwissenschaft, Religion und Orientalistik, von Prof. Karl I. Gerc (Goertz, 1820-1883) Werke zur Kunstwissenschaft von der Urzeit bis zum 19. Jh und zur altchristlichen Archäologie sowie von Prof. Nikolaj N. Murav'ev-Karskij (1794-1866) Werke zur Militärgeschichte.

1.5 Im Jahre 1887 erhielt die Bibliothek die umfangreiche Privatbibliothek des Generalfeldmarschalls Aleksandr I. Fürst Barjatinskij* (1815-1879), die in ca. 40.000 Bdn mehrere eigenständige Sammlungen vereinte. Dazu zählen Sammlungen westeuropäischer Literatur zur Geschichte Rußlands und anderer slawischer Länder, zur Linguistik und Ägyptologie sowie eine Sammlung von Drucken der Französischen Revolution und der russischen revolutionären Emigration des 19. Jhs (z. B. Aleksandr I. Herzen). Gegen Ende des 19. Jhs beteiligte sich die Bibliothek am beginnenden Schriftentausch zwischen verschiedenen Bibliotheken Europas, wodurch der Bestand deutscher Drucke erheblich erweitert wurde.

1.6 Beträchtliche Zugänge an älteren und seltenen Schriften ergaben sich aus der Verstaatlichung und Konfiskation von Bibliotheken, die die Regierung der UdSSR im Zeitraum 1918/19 durchführte. Die Bibliothek des Historischen Museums erhielt damals ca. 500.000 Bde aus den Bibliotheken aufgelöster Institutionen und Gesellschaften, aus orthodoxen und andersgläubigen Gemeinden, von adeligen Gutshöfen und aus anderem Privatbesitz. Dabei wurden für den Bibliotheksbestand die historisch oder buchwissenschaftlich wertvollen Drucke ausgewählt, die dem Profil der Bibliothek entsprachen. So erhielt sie die bedeutende Familienbibliothek des Bildungsministers Sergej Semenovic Graf Uvarov (1786-1855; s. u. 2.23 -2.25) mit ihrem umfangreichen Bestand zur Archäologie, Byzantinistik, Geschichte Westeuropas und des Balkans. Hinzu kam die Sammlung deutschsprachiger Werke aus der lutherischen Michaelsgemeinde, der ältesten, seit 1575 in Moskau ansässigen lutherischen Gemeinde. Die Bücher tragen den Stempel Eccles. ev. luther. prisca ad St. Michaelem Moscov 1575. Insgesamt bewahrt die Bibliothek mehr als 40 private Sammlungen, die nicht separat aufgestellt, sondern in den Hauptbestand inkorporiert sind. Bemerkenswert sind ca. 2000 Exlibris aus privaten Bibliotheken.

1.7 Die Bibliothek war 1922 über den Umfang einer reinen Museumsbibliothek hinausgewachsen und erhielt folglich den breiteren Status einer Staatlichen Historischen Bibliothek beim Historischen Museum. Seither erhielt sie Pflichtexemplare inländischer Literatur, ausländisches Schrifttum wurde weiterhin durch Ankauf oder durch Schriftentausch erworben. Die Bedeutung des Germanica-Bestandes in dieser Bibliothek wird daran deutlich, daß im Jahre 1923 die vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels veranstaltete große Ausstellung des deutschen Buches hier stattfand. Etwa 30.000 Bde wurden ausgestellt und anschließend auf die Bibliotheken Moskaus verteilt.

1.8 Im Jahre 1938 wurde die Staatliche Historische Bibliothek mit den Beständen der Vereinigten Bibliothek der Institute der Roten Professur (eine von 1921 bis 1938 existierende Hochschule) sowie mit einer Reihe weiterer kleinerer Bibliotheken zusammengelegt. Diese nun als Staatliche Öffentliche Historische Bibliothek der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik bezeichnete Institution arbeitet seit 1938 in dem Gebäude, in dem sie bis heute untergebracht ist. Während des Zweiten Weltkrieges wurden die wertvollsten Teilbestände ins Landesinnere verlagert, die Bibliothek selbst blieb jedoch in Moskau weiterhin geöffnet. Der Zuwachs an älteren ausländischen Drucken (bis 1900) war seit den späten dreißiger Jahren nur noch gering. Eine Ausnahme bilden die im Zeitraum von 1945 bis 1948 aus Deutschland hierher verbrachten Bücher.

1.9 Heute dient die Bibliothek mit ihren allgemeinen und Sonder-Lesesälen sowie ihren Abteilungen täglich ca. 1000 Benutzern. Dazu zählen die Rara-Abteilung sowie die Abteilung der russischen ausländischen Literatur (Abteilung Exilliteratur); an Lesesälen stehen u. a. der allgemeine Lesesaal, die Lesesäle für vaterländische und für allgemeine Geschichte, das Orient-Kabinett, der Zeitschriften-Lesesaal und der Lesesaal für Geschichtslehrer an Mittelschulen zur Verfügung. Jährlich verzeichnet die Bibliothek ca. 325.000 Besucher und 1,5 Millionen Ausleihen (in Bänden). Unter der Leitung oder unter Beteiligung des Zentrums für wissenschaftliche bibliographische Arbeit der Bibliothek werden nahezu alle größeren bibliographischen Projekte aus den Bereichen Geschichte und Geisteswissenschaften realisiert und Kataloge russischer Bücher des 18. und 19. Jhs erstellt, z. B. Istorija Rossii v dnevnikach i vospominanijach sovremennikov [Die Geschichte Rußlands in Tagebüchern und Memoiren von Zeitgenossen], Sovetskoe obšcestvo v vospominanijach i dnevnikach [Die sowjetische Gesellschaft in Erinnerungen und Tagebüchern] oder Spravocniki po istorii dorevoljucionnoj Rossii [Nachschlagewerke zur Geschichte des vorrevolutionären Rußland] und Istorija istoriceskoj nauki v SSSR [Geschichte der historischen Wissenschaften in der UdSSR].

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Zu Anfang des Jahres 1997 belief sich der Bibliotheksbestand auf 3.200.000 bibliographische Einheiten, davon 2.014 .000 Monographien. Der Anteil fremdsprachiger Drucke, vornehmlich westeuropäischer Herkunft, beträgt 677.000 bibliographische Einheiten. Da die Bestandszählung in der Bibliothek nicht nach Erscheinungsjahren oder Sprachen erfolgt, kann der Anteil historischer deutscher Drucke (bis 1900) nicht genau bestimmt werden. Man kann lediglich feststellen, daß unter den bis zu Anfang des 20. Jhs erschienenen Drucken die deutschsprachigen neben den französischsprachigen überwiegen. Für die nachfolgende Beschreibung der deutschen historischen Drucke wurden der Rara-Bestand sowie die literarischen und bibliographischen Quellen zum Bestand untersucht. Nur in Einzelfällen wurden die Zettelkataloge hinzugezogen, in denen schätzungsweise 5 bis 10 Prozent der Einträge deutschsprachige Werke verzeichnen. Die Sondersammlungen werden separat beschrieben (s. u. 2.18 ff.).

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Die Bibliothek besitzt 48 im deutschen Sprachgebiet gedruckte Inkunabeln, 250 Frühdrucke (bis 1550) und 265 Drucke aus der zweiten Hälfte des 16. Jhs, von denen 251 deutschsprachig sind. Nach den Druckorten verteilen sich die Inkunabeln auf Nürnberg (14 Titel), Straßburg (11), Köln (5) sowie Leipzig und Mainz (je 4 Titel). Aus der ersten Hälfte des 16. Jhs verteilen sich die Werke auf Wittenberg (77 Titel), Straßburg (26), Köln (22), Nürnberg (15), Leipzig und Frankfurt a. M. (je 13), aus der zweiten Hälfte des 16. Jhs auf Frankfurt a. M. (93), Leipzig (22), Wittenberg (21), Straßburg (18), Nürnberg (7) und andere Orte Deutschlands. Die aus dem 17. Jh stammenden Drucke zählen mehr als 2000 Bde. Dabei überwiegen die Druckorte Frankfurt a. M., Köln, Leipzig, Nürnberg und Straßburg. Von den 48 deutschen Inkunabeln seien genannt: Almanach auf das Jahr 1494: Deutsch (Nürnberg: Kaspar Hochfeder, ca. 1494); Stephan Fridolin, Schatzbehalter der wahren Reichtümer des Heils (Nürnberg: Anton Koberger 1491) sowie Johann Geiler von Kaisersberg, Heilsame Lehre und Predigt (Ulm: Johann Zainer, nach 1490).

2.3 Die Bibliothek besitzt auch in anderen europäischen Ländern in deutscher Sprache publizierte Drucke. In erster Linie handelt es sich dabei um Drucke, die in deutschen Städten erschienen, die zeitweilig zu anderen Staaten gehörten (z. B. Bremen zu Schweden oder Schleswig zu Dänemark). Es finden sich in der Bibliothek unter den 117 aus der Schweiz stammenden Drucken 12 deutschsprachige, unter den 62 in Schweden erschienenen Drucken 15 deutschsprachige und unter den 20 in Dänemark erschienenen Werken 10 deutschsprachige, davon 8 aus Schleswig. Ferner besitzt die Bibliothek 964 in Frankreich erschienene Werke, darunter einen Band aus Straßburg (17. Jh).

Systematische Übersicht

2.4 Einen beträchtlichen Teil des Bestandes machen die Bereiche Theologie und Religion aus. Zwei Bibelausgaben (Basel: Johann Froben 1491; Nürnberg: Anton Koberger 1479), gehören zu den ältesten in der Bibliothek erhaltenen Inkunabeln. Zu den kirchlichen Konzilen aus dem 13. und 15. Jh finden sich verschiedene Materialien, u. a. zu den Konzilen zu Trier (Mainz 1525), zu Regensburg (Wittenberg 1641) und zu Konstanz (1414 bis 1418, Hagenau 1500). In größerer Anzahl vorhanden sind Werke von Päpsten, u. a. die Werke von Papst Pius II., z. B. Epistolae familiares (Nürnberg 1481), und die Bullen und Werke von Papst Paul III., z. B. Bulla des Antichrists (Magdeburg: Christian Röding 1550).

2.5 Umfangreich vertreten sind im 15. und 16. Jh in Deutschland gedruckte theologische und scholastische Werke. In erster Linie handelt es sich um patristische Schriften, z. B. Vitae Sanctorum Egiptiorum (Nürnberg: Anton Koberger 1478), des weiteren um Traktate wie Thomas von Aquins Summa Theologica (Mainz: Peter Schoeffer 1467) - die älteste in der Bibliothek erhaltene Inkunabel. Erwähnt seien ferner Computus novus totius fere astronomiae fundamentum pulcherrimum continens (Leipzig 1508), Augustinus' De civitate dei (Freiburg i. Br.: Kilian Fischer 1494) sowie der Pseudo-Augustinus, De vita Christiana (Leipzig: Nicolaus Wolrab 1539). Hinzu kommen u. a. Werke von Raimundus Lullus (De alchimia opuscula, Nürnberg: Johann Petrus 1546) und von Bischof Nicolaus de Cusa.

2.6 Zu den Autoren des frühen Mittelalters und der Karolingerzeit zählen Bischof Isidor von Sevilla (De officiis ecclesiasticis libri duo ..., Leipzig: Michael Blum 1534), Alkuin (De psalmorum usu, hominum necessitatibus quotidie emergentibus accomodato, Köln 1571) sowie Paulus Diakonus (Historiographi verissimi de Langobardorum origine et gestis, Basel 1532).

2.7 Die deutsche Reformation wird in erster Linie durch die Werke Luthers repräsentiert, der mit 62 Drucken des 16. Jhs vertreten ist, beginnend mit der Assertio omnium articulorum (Wittenberg: Hans Lufft 1520). Darüber hinaus findet sich sein Schrecklich geschicht und gericht Gottes über Thomas Müntzer (Straßburg 1525). Zu den übrigen Reformatoren liegen zahlreiche Beispiele vor, so Melanchthon, Annotationes (Wittenberg 1522); Ulrich Zwingli, Diese nachbestimte Artiekell bekenne ich Huldrich Zuingly mich in der lobichen Statt Zürich ... (Zürich 1523); Eobanus Helius Hessus, Epistolarum familiarum (Marburg 1543). Hinzu kommen mehrere Schriften von Johannes Sleidanus, darunter Ordenliche [sic] Beschreibung und Verzeychniß allerley fürnemer Händel (Straßburg 1568) oder Tres gallicarum rerum scriptorum nobiles (Frankfurt a. M. 1578).

2.8 Das weltliche Schrifttum des 15. bis 17. Jhs ist inhaltlich breit gestreut. Ein umfangreiches Gebiet stellen die in Deutschland publizierten Übersetzungen antiker Autoren dar, z. B. Vitruvs' De Architectura libri X (Straßburg 1550); Plinius d. Ä., Bücher von der Natur (Frankfurt 1584); Flavius Josephus, Judische Chronic ... (Frankfurt 1552)

 sowie Werke von Plutarch,
Herodot oder Quintilian. Humanistische Literatur ist vertreten mit Ulrich von Huttens Arminius, Dialogus Huttenicus ... (Wittenberg 1538), Erasmus' Epistola ... (Leipzig 1516) sowie Laurentius Vallas Romani dialecticarum disputationum libri tres eruditissimi (Köln 1530).

2.9 Zu den ältesten in der Bibliothek vorhandenen Chroniken gehören zwei Exemplare der Weltchronik von Hartmann Schedel, Liber chronicarum (Nürnberg: Anton Koberger 1493). Zahlreiche mittelalterliche Chroniken behandeln den Kampf der Deutschen gegen die polabischen und pommerschen Slawen vom 11. bis ins 13. Jh, die Eroberung Livoniens oder die Kriege gegen Polen, so etwa Helmold von Bosaus Chronica Slavorum (Frankfurt 1581), Saxo Grammaticus' Danica historia libris XVI (Frankfurt a. M. 1576) und Balthasar Ruessows Chronica der Provinz Lyfflandt (Rostock 1574 und Reval 1584). Von besonderem Interesse sind auch die Keyserliche Chronick ... (Frankfurt 1588) und Lambert von Hersfelds De rebus gestis Germanorum (Frankfurt 1566). Hinzu kommen Chroniken der türkischen Eroberungen in Europa, z. B. Giovanni Antonio Menavinos Türkische Historien (Frankfurt 1563) und Johann Turozis Chronik von Ungarn (Brünn: Konrad Stachel 1488). An diesen Bestand knüpfen die aus historiographischer Sicht wertvollen Ausgaben zur deutschen und europäischen Genealogie und Heraldik an, z. B. Martin Schrots Wappenbuch des Heiligen Römischen Reichs (München 1581) und das Turnierbuch ... (Frankfurt a. M. 1578) von Georg Rüxner mit einer Beschreibung des Hofzeremoniells.

2.10 Bemerkenswert ist die Sammlung der Reisebeschreibungen von Ausländern, die Rußland besuchten. Deutsche Ausgaben des 16. Jhs, die einen Eindruck vom Leben in Moskau zur Zeit des Großfürsten Vasilij III. vermitteln, sind z. B. Siegmund von Herbersteins Die Moscovitische Chronica ... (Frankfurt 1579), das Werk des Jesuiten Antonio Possevino, Moscovia ... (Köln 1587) sowie Mattheus Mechovskij, Tractat von beiden Sarmatien und andern anstossenden Landen in Asia und Europa ... (Augsburg 1518). Bei den Reisebeschreibungen findet sich Adam Olearius' Auszführliche Beschreibung der kundbaren Reyse nach Moskow und Persien ... (Schleswig 1663) in 7 Ausgaben sowie eine Schweizer Ausgabe der Beschreibung der sechs Reisen, welche Johan Baptista Tavernier ...in Turkey, Persien und Indien ...verrichtet (Genf 1681).

2.11 Unter den Drucken des 17. Jhs nehmen die historischen Schriften einen besonderen Platz ein. Dazu zählen u. a. zahlreiche Lebensbeschreibungen von Kaisern, Päpsten, Kurfürsten sowie anderen historisch bedeutenden Persönlichkeiten, ferner offizielle Dokumente und Urkunden, kaiserliche Erlasse, Edikte und Mandate, die entweder Beschreibungen historischer Ereignisse oder Vereinbarungen mit dem Ausland zum Gegenstand haben. Hier findet sich z. B. ein Courieuser Geschichts-Calender für die Jahre 1417-1424 (Bremen 1699), ...1424-1512 (Bremen 1699) und ...1600-1699 (Stettin 1700).

2.12 Werke zur Geographie - Beschreibungen verschiedener Länder, Regionen und Städte einschließlich Karten und Pläne - sind ebenfalls umfangreich vorhanden. Ein früher Titel ist z. B. Bartholomaeus Anglicus, De proprietatibus rerum (Straßburg: Georg Husner 1485). Des weiteren sei erwähnt Caius Julius Solinus, Polyhistor rerum toto orbe memorabilium thesaurus locupletissimus ... (Basel 1538). Hinzu kommen mehrere Titel zu Jurisprudenz, Philosophie, Mathematik, Medizin und eine große Zahl von Dissertationen. Zur Philosophie finden sich zwei frühe Drucke von Boethius' De consolatione philosophiae (mit Kommentar des Pseudo-Thomas de Aquino; Straßburg: Johann Prüss 1491 und Köln: Heinrich Quentell 1493). Bei einem weiteren frühen Titel handelt es sich um das Albertus Magnus zugeschriebene Werk Secreta mulierum et virorum, cum commento (Genf: Louis Cruse 1487). Zur Mathematik ist vorhanden Balthasar Licht, Algorithmus linealis cum pulchris conditionibus regule de tri ... (Leipzig: Melchior Lotter [1500]). Von den Dissertationen seien genannt Valentin Alberti, Dissertatio de urnis feralibus (Leipzig 1688); Joseph Corniger, Dissertatio theorico-practica de nobilissima ac frequentissima Hanreitatum materia ... ([Leipzig] 1623) oder Eberhard Rudolph Roth, Dissertatio de devotis patriae, quam in inclito Ulmensium lyceo ... (Ulm 1683).

2.13 Die meisten deutschsprachigen Titel liegen erwartungsgemäß zur deutschen Geschichte vor. Von den 800 Katalogzetteln zum Stichwort Berlin sind 5 Titel des 18. Jhs und 99 des 19. Jhs deutschsprachig. In den Bereichen, die sich nicht unmittelbar auf die Geschichte Deutschlands beziehen, ist der Anteil deutscher historischer Drucke geringer. So finden sich etwa unter den Nachschlagewerken zur Geschichte des Altertums (insgesamt 162 Titel, darunter 111 in europäischen Sprachen) 11 deutsche Drucke des 19. Jhs (6,8 Prozent) und zur Geschichte des Mittelalters (insgesamt 287 Titel in europäischen Sprachen) 9 deutsche Titel (3 Prozent). Vornehmlich handelt es sich um gängige Ausgaben, z. B. Denkmäler des klassischen Altertums: Zur Erläuterung des Lebens der Griechen und Römer in Religion, Kunst und Sitte, hrsg. von August Baumeister (München und Leipzig 1884-1888); Lorenz Clement Gratz, Handbuch der biblischen Erd- und Länderkunde (Landshut 1844) und August Potthast, Wegweiser durch die Geschichtswerke des Europäischen Mittelalters bis 1500 (Berlin 1896).

2.14 Bei den Periodika sind 22 deutsche Zeitschriftentitel des 18. Jhs vorhanden. Die Zahl der Zeitschriften des 19. Jhs ist schwer zu ermitteln; es sind jedoch 19 Zeitschriftentitel aus den ersten Jahrzehnten des 19. Jhs vorhanden. Am vollständigsten erhalten sind z. B. die Zeitung für die elegante Welt (Leipzig 1801-1805, 1816); das Journal de Francfort (Frankfurt 1818-1820, 1839-1851); die Evangelische Kirchen-Zeitung (Berlin 1855-1856) und die Allgemeine Zeitung. Beilage (Augsburg 1856-1882). Die russische deutschsprachige Presse ist z. B. durch die St. Petersburgische Zeitung (1754, 1807, 1828-1832) vertreten.

2.15 Die nicht im deutschprachigen Raum erschienenen deutschen Drucke stammen zumeist aus dem Russischen Reich oder den slawischen Ländern (Tschechien, Slowakei, Slowenien), die früher Teilgebiete Österreich-Ungarns waren. Laut Gesamtkatalog der in Rußland im 18. Jh publizierten fremdsprachigen Bücher (s. u. 3.2) sind in der Bibliothek ca. 200 Titel vorhanden, darunter seltene Drucke, wie z. B. das in anderen großen Bibliotheken Rußlands fehlende Werk Cantatilla zum Andenken des H. W. B. Carl Christian Scheibeners in der Trauerversammlung der E. Loge zum Apollo in St. Petersburg aufgeführt den 6ten November 1779 (St. Petersburg [1779]). Eine Analyse der deutschen historischen Drucke Rußlands des 19. Jhs wurde 1996/97 von Gottfried Kratz unternommen (s. u. 5).

2.16 Die slawischen deutschsprachigen Drucke, vor allem Werke der sogenannten Slawischen Erwecker,

 betreffen vornehmlich den Zeitraum der sogenannten
Slawischen Wiedergeburt (Werke vom Ende des 18. Jhs bis 1878). Überwiegend stammen sie aus der Certkov-Bibliothek sowie aus dem Besitz der Slawisten Aleksandr A. Kotljarevskij (1837-1881) und Osip M. Bodjanskij (1808-1877) sowie des Kaufmanns und Sammlers Petr V. Šcapov (1848-1888). Bei den tschechischen (böhmischen) Drucken sind zwei- und mehrsprachige Wörterbücher vorhanden sowie historische oder literaturwissenschaftliche Werke mit Bezug zu Böhmen (z. B. František Martin Pelcl, Geschichte der Böhmen, Prag 1817). Hinzu kommen deutsche Übersetzungen von Grundlagenwerken zu Böhmen wie Paulus Stránskýs Staat von Böhmen (Prag 1792-1803).

2.17 Bei den slowakischen Drucken seien die Flugschriften gegen die Magyarisierung hervorgehoben, so L'udevít Štúr, Die Beschwerden und Klagen der Slawen in Ungarn (Leipzig 1843). Die slowenischen, serbokroatischen und sorbischen Titel sind durch traditionelle Werke der slawischen Nationalbewegung vertreten, darunter Wörterbücher, Werke zur Geschichte und Sprachwissenschaft. Die Druckorte dieser deutschsprachigen slawischen Bücher sind Leipzig, Innsbruck, Wien, Praha [Prag], Budapest und L'viv [Lemberg].

Sondersammlungen

Bibliothek Certkov

2.18 Die Bibliothek von Aleksandr D. Certkov wird separat aufbewahrt und trägt gesonderte Signaturen (A1-A52). Eine Ausnahme stellen die Schriften und Periodika des 15. bis 17. Jhs dar, die jeweils in die Rara-Abteilung und in die Periodika-Abteilung eingegliedert wurden. Zur Sammlung gehören sowohl der von Certkov selbst gesammelte Bestand als auch später ergänzte Drucke (bis 1918, und in kleinerem Umfang auch später erworbene Werke). Bei der nachträglichen Ergänzung orientierte man sich an den Sammelschwerpunkten Certkovs, der Geschichte Rußlands und anderer slawischer Länder. Daneben erwarb man allgemeingeschichtliche Werke wie Reisebeschreibungen, landeskundliche und statistische Materialien. Der Bestand umfaßt 20.000 Bde, von denen etwa 1980 Bde deutschsprachig sind (ca. 10 Prozent), davon 133 aus dem 20. Jh.

2.19 Chronologisch verteilen sich die vor 1900 erschienenen deutschsprachigen Drucke auf 378 Bde aus dem 18. Jh, 784 Bde aus den Jahren 1800-1862 und 611 Bde des Zeitraums 1863-1899. 74 Bde weisen keine Angaben zum Erscheinungsjahr auf. Die Drucke stammen aus Deutschland (769 Bde: 239 des 18. Jhs, 505 des 19. Jhs, 25 ohne Jahresangabe), aus Rußland (781 Bde: 87 des 18. Jhs, 682 des 19. Jhs, 12 ohne Jahresangabe) sowie aus anderen Ländern (zusammen 297 Bde: 52 des 18. Jhs, 208 Bde des 19. Jhs, 37 ohne Jahresangabe).

2.20 Die in Rußland erschienenen deutschsprachigen Drucke (781 Bde) verteilen sich auf die Städte des damaligen Russischen Reiches: St. Petersburg 590 Bde (48 Bde des 18. Jhs, 538 Bde des 19. Jhs; 4 Bde ohne Erscheinungsjahr), Riga 66 Bde (29 Bde des 18. Jhs, 37 Bde des 19. Jhs), Moskau 36 Bde (3 Bde des 18. Jhs, 31 Bde des 19. Jhs, 2 Bde ohne Erscheinungsjahr), Tartu [Dorpat] 33 Bde des 19. Jhs, Tallinn [Reval] 13 Bde (3 Bde des 18. Jhs, 12 Bde des 19. Jhs), Jelgava [Mitau] 13 Bde (3 Bde des 18. Jhs, 10 Bde des 19. Jhs), Helsinki, Odessa und Vilnius [Wilna] jeweils 2 Bde des 19. Jhs, Smolensk ein Band des 18. Jhs, Kazan' ein Band des 19. Jhs sowie Warschau ein Band ohne Erscheinungsjahr. Ohne Erscheinungsort, aber vermutlich in Rußland erschienen sind 19 Bde (14 Bde des 19. Jhs, 5 Bde ohne Erscheinungsjahr).

2.21 Um die Druckorte der in Deutschland und in anderen Ländern (außer Rußland) erschienenen deutschsprachigen Drucke festzustellen, wurden als Stichprobe 395 der 769 Bde unter den Signaturen A1-A9 ausgezählt. Von den untersuchten Drucken aus Deutschland stammen 34 Prozent aus Leipzig, 20 Prozent aus Berlin und 4,5 Prozent aus Frankfurt a. M. In etwa 20 Prozent der Werke fehlt die Angabe zum Druckort. Deutschsprachige Drucke aus anderen Ländern (es wurden 81 von 297 Bdn untersucht) stammen in erster Linie aus Österreich-Ungarn, darunter etwa 30 Titel (10 Prozent) aus Wien, 13 Titel (4,3 Prozent) aus Prag und einzelne Titel aus Zagreb, Budapest, Bratislava [Preßburg] und aus anderen Städten der Monarchie. Hinzu kommen Drucke aus den Niederlanden (Amsterdam), Dänemark (Kopenhagen), England (London), Frankreich (Paris) und Schweden (Stockholm).

2.22 Die inhaltliche Zusammensetzung der Sammlung Certkov entspricht in etwa der des Gesamtbestandes. Es handelt sich vornehmlich um Werke zur Geschichte, Philologie und anderen Geistes- und Sozialwissenschaften. Die im 18. Jh in deutscher Sprache erschienenen Schriften behandeln zu 60 Prozent die Geschichte Rußlands. Von den Drucken des 19. Jhs - ohne die Schriften der Russischen Akademie der Wissenschaften (363 Bde) - betreffen 36 Prozent die Geschichte. Jeweils 24 Prozent verteilen sich auf Philologie und Allgemeines, darunter Adreßkalender und offizielle Dokumente von deutschen Gesellschaften und Organisationen in Rußland.

Sammlung Uvarov

2.23 Auch die Bibliothek von Sergej S. Uvarov blieb als eigenständige Sammlung erhalten und umfaßt unter den Signaturen U1-U25 6000 Titel (s. o. 1.6). Es handelt sich nur um einen Teil der ursprünglichen Sammlung, die gegen Ende des 19. Jhs insgesamt 70.000 Bde umfaßte (s. u. 3.3; A. Ladrague, S. 9). Ein Teil der Sammlung wurde anderen Bibliotheken übergeben (z. B. der Russischen Staatsbibliothek die Inkunabeln) oder der Russischen Nationalbibliothek. Ein anderer Teil dieser Sammlung wird im Hauptbestand oder in anderen Abteilungen der Bibliothek aufbewahrt, z. B. in der Rara-Abteilung. Andererseits wurde die Sammlung durch die Inkorporation von Werken mit ähnlicher Thematik bis in die sechziger Jahren des 20. Jhs ergänzt.

2.24 Von insgesamt 6000 Bdn sind 1154 deutschsprachig (19 Prozent). Davon erschienen 3 Bde vor 1700, 12 Bde im 18. Jh, 777 Bde im 19. Jh und 350 Bde im Zeitraum von 1900 bis 1950. 12 Bde tragen kein Erscheinungsdatum; es handelt sich aber vermutlich um deutsche historische Drucke. 880 Bde erschienen in Deutschland (76,3 Prozent), davon 2 Bde vor 1700, 12 Bde aus dem 18. Jh, 535 Bde aus dem 19. Jh und 319 Bde von 1900 bis 1950. 12 Bde sind ohne Erscheinungsdatum. Daneben liegen 75 deutschsprachige in Rußland erschienene Bände vor (6,5 Prozent; 61 Bde aus dem 19. Jh, 14 Bde von 1900 bis 1950) und 199 in anderen Ländern erschienene Bände (17 Prozent; ein Band vor 1700, 181 Bde aus dem 19. Jh, 17 Bde von 1900 bis 1950).

2.25 Inhaltlich betreffen die deutschsprachigen Drucke vornehmlich Kunst und Architektur, Urgeschichte, Archäologie, Numismatik und Museologie. Ein vollständigeres Bild der ursprünglichen inhaltlichen Zusammensetzung bietet der systematische Generalkatalog von A. Ladrague, der in der Privatbibliothek von Uvarov als Bibliothekar tätig war. Er verzeichnet die ausländischen Werke zu Theologie, Recht, Philosophie, politischer Ökonomie, Naturwissenschaften und Literaturgeschichte. Der Katalog wurde bisher noch nicht auf den Anteil deutscher Werke hin untersucht.

Masonica-Sammlung

2.26 Der fremdsprachige Teil der ursprünglich aus der Bibliothek Uvarov stammenden Masonica-Sammlung ist Teil der Rara-Abteilung und umfaßt 1307 Titel. Davon entfallen 22 Titel auf das 16. Jh, 221 auf das 17. Jh, 735 auf das 18. Jh, 324 auf das 19. Jh und 5 Titel auf das 20. Jh. Thematisch gliedern sich die Werke vor allem in die Bereiche Mystik, Theologie, Theosophie, Hermeneutik und Alchemie. Weitere Werke sind der Geschichte, den Ritualen sowie der Philosophie der Rosenkreuzergemeinden und der Freimaurerlogen gewidmet. Das Kernstück dieser Sammlung war die umfangreiche Sammlung des Grafen Aleksej K. Razumovskij (1748-1822), die sein Schwiegersohn Sergej S. Graf Uvarov (1786-1855) und dessen Sohn, der Historiker und Archäologe Aleksej S. Uvarov (1825-1884), erbten. Der Bestand wurde weiter ergänzt und ein Katalog unter dem Titel Sciences secrètes: Bibliothèque Ouvaroff. Catalog specimen herausgegeben (s. u. 3.3). Als die Sammlung nach 1918 Bestandteil der Bibliothek des Historischen Museums wurde, erhielt sie weitere Masonica aus anderen Privatbibliotheken. Von diesen seien genannt die Bibliotheken des Volkskundlers und Literaturwissenschaftlers Elpidifor V. Barsov (1836-1917), des Fürsten Aleksandr I. Barjatinskij (s. o. 1.5), des Senators Sergej S. Lanskoj (1787-1882) sowie die des Professors Stepan V. Eševskij (1829-1865).

2.27 Einen bedeutenden Teil der Masonica-Sammlung bilden Werke deutscher Herkunft. In großer Zahl sind die Werke des Mystikers Jacob Böhme vertreten - sowohl durch Ausgaben des 17. Jhs (z. B. Des gottseeligen hocherleuchteten Jacob Böhmens ...alle theosophischen Wercken ..., Amsterdam 1682) als auch durch später erschienene Schriften. Die thematische Vielfalt der Sammlung veranschaulichen folgende Titel: Paul Hildenbrandt, Auriferae artis, das ist, Der Goldtkunst: Die man Chemiam nennt ... (Frankfurt a. M. 1597); Elias Reusner, Genealogiae regum, electorum, ducum, principum ...qui ... Wedekindo deducunt (Leipzig 1610); das anonym erschienene Werk Magica, dasz ist: Wunderbarliche Historien von Gespensten und mancherley Erscheinungen der Geister ... (Eisleben 1600); Philippe Mey, Chiromantia et physiognomia medica, mit einem Anhange von den Zeichen auff den Nägeln der Finger ... (Dresden und Leipzig 1691) und Marcus Friedrich Rosencreutzer [Franz Ritter], Astronomia inferior, oder septem Planetarum terrestrium spagyrica recensio, Das ist: Erzehlung und Erwehlung der sieben jrdischen Planeten ... (Nürnberg 1674).

Sammlung Chmyrov

2.28 Die Sammlung von Michail D. Chmyrov umfaßt Zeitungs- und Zeitschriftenausschnitte sowie Handschriften aus dem 18. Jh und frühen 19. Jh, die in 1734 Bdn zusammengefaßt sind (s. o. 1.4). Die Materialien sind unter 305 Schlagwörtern erfaßt. Sie betreffen in erster Linie die Geschichte Rußlands, bedeutende in- und ausländische Persönlichkeiten als auch die Geographie, Geschichte und Wirtschaft anderer Länder. Die Artikel stammen aus russischen und ausländischen Periodika, die damals in Moskau und St. Petersburg erhältlich waren. Der Anteil der Ausschnitte aus deutschen Periodika ist gering (z. B. keine des 18. Jhs), und deutschsprachige Materialien sind hier eher selten (im Gegensatz zu Publikationen in französischer Sprache). Dies steht wahrscheinlich in Zusammenhang mit den guten Französischkenntnissen des Vorbesitzers. Dennoch finden sich in seiner Sammlung seltene Drucke deutscher Provenienz, so etwa Karten und Stiche aus dem 19. Jh. Unter den österreichischen Drucken sei die von Joseph Zakomsky im Jahre 1838 herausgegebene Karte der Österreichischen Monarchie erwähnt. Zu Deutschland findet sich u. a. die 1806 erschienene Neueste Postkarte von ganz Deutschland ...Nouvelle Carte des Postes d'Allemagne ...par Müller á Vienne chez Artariz et Comp. Ferner sind 15 von C. Jügel in Frankfurt a. M. gedruckte Stiche mit Ansichten von Kissingen von der Westseite vorhanden.

Sammlung zur Geschichte Asiens und Afrikas

2.29 Diese eigenständige Sammlung wurde im März 1939 aufgestellt, als man in der Bibliothek einen speziellen Lesesaal für die Geschichte Asiens und Afrikas, das sogenannte Orient-Kabinett, einrichtete. Die Sammlung umfaßt heute 45.000 Bde Monographien und Zeitschriften sowohl in russischer Sprache als auch in europäischen und orientalischen Sprachen. Als Grundstock wurde die orientalische Literatur aus dem Hauptbestand ausgesondert, die ursprünglich aus den Bibliotheken Uvarovs (s. o. 2.23-2.25), des Ingenieurs und Münzsammlers Pavel V. Zubov (1862-1921) sowie des Historikers und Archäologen Graf Aleksej A. Bobrinskij (1852-1927) stammte. Danach sammelte man systematisch weitere Drucke, und ältere Werke wurden in Antiquariaten oder bei Privatpersonen angekauft. Die aus Deutschland in der Nachkriegszeit abtransportierten Bestände aus dem Zeitraum 1917 bis 1945 wurden genutzt, um Bestandslücken zu ergänzen, da damals keine Neuzugänge an fremdsprachigen Titeln in die Bibliothek eingingen. Im Orient-Kabinett finden sich nur 418 Titel Germanica (fast ausnahmslos Werke des 19. Jhs). So sind z. B. bei den Periodika alle Bände der Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft (Leipzig 1847 bis heute) vorhanden.

2.30 Vorhanden sind auch die Werke von deutschen Gelehrten aus dem 18. und 19. Jh, wie Karl F. Geldner, Richard Pischel, Franz Bopp, Max Müller (Essays, Leipzig 1869-1876) und Christian Lassen (Indische Alterthumskunde, Leipzig 1847-1862). Hinzu kommen die unter der Leitung des deutschen Indologen Albrecht Weber in der Reihe Indische Studien (1849-1883) erschienenen Titel. Weiterhin vorhanden sind Quellenwerke zur Literatur und Geschichte Indiens sowie Übersetzungen deutscher Orientalisten. Dazu zählen z. B. Rigveda (übersetzt von Max Müller, Theodor Aufrecht, Hermann Grassmann und Alfred Ludwig); Atharvaveda (hrsg. von Rudolf Roth); Jajurveda (übersetzt von Albrecht Weber); Samaveda (übersetzt von Theodor Benfey) und Upanischad (übersetzt von Ludwig Poley). Von ca. 9000 Bdn sind ca. 3000 in westeuropäischen Sprachen (Englisch, Französisch, Deutsch). Erwähnenswert ist das Tibetisch-Deutsche Wörterbuch (1841) von Isaak Jakob Schmidt, das im Auftrag des Grafen Sergej S. Uvarov für die Professoren und Studenten der St. Petersburger Universität in Leipzig gedruckt wurde.

2.31 Der Bestand zur Geschichte arabischer Länder umfaßt mehr als 2000 Bde, von denen ca. 1000 in westeuropäischen Sprachen vorliegen. Auch hier sind Grundlagenwerke deutscher Orientalisten und Editionen literarischer und historischer Quellen vorhanden, z. B. Ahmad Muhammad (Ibn Arabsah), Fructus imperatorum et locatio ingeniosorum (Bonn 1832) und Wilhelm Pertsch, Die Arabischen Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Gotha (Gotha 1878-1892). Ferner findet sich Literatur zur Geschichte des Nahen Ostens, Zentralasiens, Japans und der Länder Afrikas.

3. KATALOGE

3.1 Moderne allgemeine Kataloge

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform; geordnet nach kyrillischem und lateinischem Alphabet; orientalische Titel in lateinischer Transliteration; Neuzugänge werden seit 1993 parallel mit EDV katalogisiert]

Systematischer Katalog

[in Zettelform; angelegt in den fünfziger Jahren nach hauseigenen Regeln]

Sachkatalog

[in Zettelform]

Alphabetischer und Systematischer Aufsatzkatalog

[verzeichnet Aufsätze aus Zeitschriften, Sammelbänden und Reihenwerken in Auswahl; angelegt in den fünfziger Jahren]

Weitere Sonderkataloge und Kataloge zu einzelnen Abteilungen in Zettelform stehen zur Verfügung.

3.2 Gedruckte Sonderkataloge

Svodnyj katalog knig na inostrannych jazykach, izdannych v Rossii v XVIII veke 1700-1800 [Gesamtkatalog der in Rußland im 18. Jh herausgegebenen fremdsprachigen Bücher]. 3 Bde. Moskva 1984-86

Izdanija Niderlandov 17 veka [Die in den Niederlanden im 17. Jh erschienenen Drucke]. 4 Bde. Moskva 1980

Izdanija Francii 17 veka [Die in Frankreich im 17. Jh erschienenen Drucke]. 5 Bde. Moskva 1983

Izdanija Belgii 17 veka [Die in Belgien im 17. Jh erschienenen Drucke]. Moskva 1986

Izdanija Švejcarii 17 veka [Die in der Schweiz im 17. Jh erschienenen Drucke]. Moskva 1988

Izdanija Skandinavii 17 veka [Die in Skandinavien im 17. Jh erschienenen Drucke]. Moskva 1994

3.3 Historische Kataloge

Certkov, Aleksandr D.: Vseobšcaja biblioteka Rossii ili Katalog knig dlja izucenija našego otecestva vo vsech otnošenijach i podrobnostjach [Die Allgemeine Bibliothek Rußlands oder Katalog der Bücher zum Studium unseres Vaterlandes in allen Beziehungen und Einzelheiten]. Moskva 1838; 2. Aufl. Moskva 1863-64

Die Tschertkowsche Bibliothek in Moskau. In: Archiv für die wissenschaftliche Kunde von Rußland. Hrsg. von A. Erman. Bd 23. Berlin 1865 (repr. The Hague 1971)

Ladrague, A.: Sciences secrètes: Bibliothèque Ouvaroff. Catalog specimen. Moscou 1870

4.DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Sokrovišcnica knigi: Jubilejnyj sbornik [Die Bücherschatzkammer: Jubiläumssammelband]. 2 Bde. Moskva 1988

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Cemerisskij, I. A.: Osnovnye etapy formirovanija kniznych fondov biblioteki [Die wichtigsten Etappen bei der Herausbildung der Bibliotheksbestände]. In: Gosudarstvennaja publicnaja istoriceskaja biblioteka [Staatliche Öffentliche Historische Bibliothek]. Moskva 1958, S. 9-27

Deutschsprachige Bücher in der Moskauer Historischen Bibliothek. Hrsg. von Gottfried Kratz und G. Uebe. Mit Beiträgen von Michail D. Afanas'ev [im Druck]

Fondy Gosudarstvennoj publicnoj istoriceskoj biblioteki: Sbornik trudov [Die Bestände der Staatlichen Öffentlichen Historischen Bibliothek: Sammelband]. Moskva 1973

Kazakov, A. A.: Organizacija fondov periodiki i obsluzivanie citatelej [Die Organisation der Periodika-Bestände und die Benutzerdienste]. In: Gosudarstvennaja publicnaja istoriceskaja biblioteka [Staatliche Öffentliche Historische Bibliothek]. Moskva 1958, S. 45-62

Kazakov, A. A.: Chmyrovskaja biblioteka v fonde knigochranenija Gosudarstvennoj publicnoj istoriceskoj biblioteki [Die Chmyrovsche Bibliothek im Bestand der Staatlichen Öffentlichen Historischen Bibliothek]. In: Biblioteka i istorija [Bibliothek und Geschichte]. Hrsg. von der Staatlichen Öffentlichen Historischen Bibliothek. Bd 2. Moskva 1991, S. 67-85

Kratz, Gottfried: Die Certkovsche Bibliothek in Moskau und ihre deutschsprachigen Bestände. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 44 (1997) Heft 6, S. 619-640

Kratz, Gottfried: Deutschsprachige Literatur russischer Verlage und deren Erschließung in der Historischen Bibliothek in Moskau. Vortrag, gehalten auf der 27. ABDOS-Tagung Göttingen 18.-21. Mai 1998. In: 27. ABDOS-Tagung ...Referate und Beiträge. Zusammengestellt von Walter Andreesen. Berlin 1998, S. 277-284

Kratz, Gottfried: Nemeckojazycnye knigi moskovskich izdatelstv kak cast' Vseobšcej biblioteki Rossii [Die deutschsprachigen Bücher Moskauer Verlage als Teil der Allgemeinen Bibliothek Rußlands]. In: Nemcy Moskvy: istoriceskij vklad v kul'turu stolicy. Mezdunarodnaja naucnaja konferencija, posvjašcennaja 850-letiju Moskvy [Die Deutschen in Moskau: ein historischer Beitrag zur Kultur der Hauptstadt. Internationale wissenschaftliche Konferenz zum 850-jährigen Bestehen Moskaus]. 5. Juni 1997. Moskva 1997, S. 292-315

Mezenceva, Ol'ga V.: Literatura i istocniki po istorii Indii v fondach Gosudarstvennoj publicnoj istoriceskoj biblioteki RSFSR [Die Literatur und die Quellen zur Geschichte Indiens in den Beständen der Staatlichen Öffentlichen Historischen Bibliothek der RSFSR]. In: Narody Azii i Afriki [Die Völker Asiens und Afrikas] 3 (1981) S. 171-188

Pašaeva, Nina M.: Nemeckojazycnye knigi slavjanskich buditelej [Die deutschsprachigen Bücher der slawischen Erwecker]. In: Slavjane i nemcy: Srednie veka - rannee novoe vremja [Die Slawen und die Deutschen: Mittelalter - frühe Neuzeit]. Moskva 1997, S. 124-125

Severskaja, Ljudmila P.: Formirovanie fonda inostrannoj literatury GPIB RSFSR [Die Herausbildung des Bestandes der fremdsprachigen Literatur in der Staatlichen Öffentlichen Historischen Bibliothek der RSFSR]. In: Biblioteka i istorija [Bibliothek und Geschichte]. Hrsg. von der Staatlichen Öffentlichen Historischen Bibliothek. Bd 2. Moskva 1991, S. 61-67

Austellungskataloge:

Spravocno-bibliograficeskaja literatura po istorii Drevnego mira [Verzeichnis der Bibliographien zur Geschichte des Altertums]. Moskva 1994

Spravocno-bibliograficeskaja literatura po istorii zapadnoevropejskogo srednevekovja [Verzeichnis der Bibliographien zur Geschichte des westeuropäischen Mittelalters] (5. Jh-1642). Moskva 1994

Stand: Januar 1999

Michail D. Afanas'ev


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.