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Státní vedecká knihovna

Staatliche wissenschaftliche Bibliothek


Adresse. nám. Dr. E. Beneše 23, 460 53 Liberec
Telefon. (048) 42 29 37, 42 27 51, 42 11 04 (Direktor)
Telefax. (048) 42 11 04
e-mail. [library@svkli.cz]
Internet. http://www.svkli.cz
Bibliothekssigel. <LIA 001>

Unterhaltsträger. Ministerstvo kultury Ceské republiky [Ministerium für Kultur der Tschechischen Republik]
Funktionen. Öffentliche wissenschaftliche Bibliothek, Bezirks- und Stadtbibliothek, Regionalbibliothek.
Sammelgebiete. 1. Allgemeine Sammelgebiete: Alle Wissensgebiete. - 2. Besondere Sammelgebiete: Regionale Literatur, besonders Literatur zur Region Liberec und zum ehemaligen Kreis Nordböhmen; Germanica aus den tschechischen Ländern (Bohemica, Moravica, Silesiaca) sowie insbesondere Sudetica; Literatur zur Glas- und Textilindustrie.

Benutzungsmöglichkeiten. Ausleihbibliothek mit Präsenzbestand. - Öffnungszeiten: Auskunft, Ausleihe: Montag, Mittwoch bis Freitag 10-18 Uhr. Lesesaal: Montag, Mittwoch bis Freitag 10-18 Uhr; Sonntag 8-12 Uhr. - Leihverkehr: nationaler Leihverkehr und internat. Leihverkehr über die Nationalbibliothek der Tschechischen Republik.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergeräte, Microfiche-Lesegeräte, reprographischer Dienst, Computer-Arbeitsplätze für Online-Recherchen in hauseigenen Datenbanken.
Gedruckte Informationen. Státní vedecká knihovna. Staatliche wissenschaftliche Bibliothek. The State research library. Liberec 1995 [Faltblatt in tschechischer, deutscher und englischer Sprache].
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche, telefonische oder e-mail-Anmeldung empfehlenswert. Bestände können vorbestellt und bereitgestellt werden. - Regelmäßige Bahn- und Busverbindungen von Prag und Zittau. Fußwegnähe vom Bahnhof (ca. 20 <HR> Minuten). Oder

 Straßenbahnverbindung in Richtung  Lidové sady (Linie 1) bis Haltestelle
Šaldovo námestí (Fußwegnähe 5 Minuten). - Von Prag E 65 bis Turnov [Turnau], dann E 442 bis Liberec. Parkmöglichkeiten in der Nähe der Bibliothek.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 In der Region um Reichenberg lebte seit Jahrhunderten eine deutsche Bevölkerungsgruppe als Minderheit. Eine erste deutsche Volksbibliothek existierte seit 1902. Mit dem Ziel, eine wissenschaftliche Bibliothek für die auf dem Gebiet der Tschechoslowakei lebenden Deutschen aufzubauen, wurde hier 1923 die von einem Verein getragene Bücherei der Deutschen gegründet. Sie sollte ursprünglich der Deutschen Universität dienen, die aus Prag nach Reichenberg übersiedeln sollte, und war zudem als Nationalbibliothek für die Deutschen in Böhmen konzipiert. Zu dieser Umsiedlung kam es jedoch nicht. Bereits im Juni 1924 konnte die Bibliothek eröffnet werden, deren Anfangsbestand auf Spenden von deutschstämmigen Bürgern Reichenbergs und Prags zurückgeht.

1.2 Von großer Bedeutung für die Bestandserweiterung war der 1923 gefaßte Beschluß des deutschen Verlagsbuchhandels in der Tschechoslowakei, der Bibliothek Werke der eigenen Produktion zur Verfügung zu stellen. Zudem wurden einige Privatbibliotheken inkorporiert wie die der Professoren Ottokar Weber (1860-1927) mit etwa 6000 Bdn, Rudolf Wolkan (1860-1927) und Adolf Hauffen (1863-1930) sowie des Politikers Ernst von Plener (1841-1923). Liberec [Reichenberg] 1 Staatliche wissenschaftliche Bibliothek 1.1

1.3 Der weitere rasche Aufbau der Bibliothek ist vor allem auf das Engagement ihres ersten Direktors, des Schriftstellers Friedrich Jaksch (1894-1946), und des Vorsitzenden des Vereins Bücherei der Deutschen, Professor Erich Gierach (1881-1943), zurückzuführen. Bestandserwerbungen wurden teilweise durch Spenden und teilweise durch Vereinsbeiträge finanziert. Für das Jahr 1925 ist ein Bestand von ca. 45.000 Büchern, 400 Zeitschriftentiteln und 4000 Bdn in der Handbibliothek belegt; ferner sind 4154 Ausleihen registriert. In Zusammenarbeit mit der Wissenschaftlichen Gesellschaft von Reichenberg wurde der Bibliothek im Jahre 1925 die Anstalt für sudetendeutsche Heimatforschung als Forschungsinstitut angegliedert. Zugleich besaß die Bibliothek eine Koordinations- und Leitfunktion für die übrigen deutschen Büchereien auf dem Gebiet der Tschechoslowakei; ihr oblag auch die Koordination des Bestandserwerbs. Ein Fernleihsystem mit anderen deutschen Bibliotheken auf dem Gebiet der Tschechoslowakei wurde ebenfalls eingerichtet.

1.4 Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm der tschechoslowakische Staat die Bibliothek. Sie wurde weitergeführt als tschechische Staatliche Studienbibliothek [Státní studijní knihovna] mit einem Sonderbestand an sudetendeutscher Literatur. Die Bibliothek war auch Sammelstelle für Buchbestände aus ehemaligem deutschen Besitz. 1947 erhielt sie - als einzige in Böhmen außerhalb Prags - ein Pflichtexemplarrecht. Ein wesentlicher Teil des Bestandes, annähernd 250.000 Bde, wurde 1954 bei einem Bibliotheksbrand zerstört. Dank der für Tauschzwecke angelegten Reservebestände und einer Reihe von Spenden ließ sich ein Teil der Sammlung später wiederherstellen. 1959 kam es zur Vereinigung der Restbestände aus der Volksbibliothek [Lidová knihovna] mit denen der Staatlichen Studienbibliothek.

1.5 Die Wissenschaftliche Bibliothek hatte zwar seit den fünfziger Jahren den staatlichen Auftrag, Germanica aus den böhmischen Ländern zu sammeln, doch konnte der Bestand aus politischen Gründen nicht kontinuierlich erweitert werden. Diese Sudetica-Sammlung wurde 1954 großenteils vernichtet, konnte aber später wieder aufgebaut werden, zum einen durch zuvor unbearbeitete Bestände, die beim Brand in Magazinen außerhalb des Hauptgebäudes untergebracht waren, zum anderen durch Schenkungen aus Bibliotheken in Brno [Brünn], Ústí nad Labem [Aussig], Opava [Troppau] und besonders aus Prag. Die Sudetica-Sammlung war bis 1989 für Benutzer nur mit einer Ausnahmegenehmigung zugänglich, ihre Bestände nur in Dienstkatalogen verzeichnet; danach wurde sie wieder öffentlich zugänglich gemacht.

1.6 Inzwischen bestehen Voraussetzungen und Pläne, die Bibliothek zu einem Dokumentationszentrum für Germanica aus den böhmischen Ländern aufzubauen und einen tsprechenden Gesamtkatalog der Germanica auszuarbeiten (auch als Datenbank). 1991 wurden die zuvor in Magazinen ausgelagerten Bestände der Sudetica zur Bestandsrevision und zur bleibenden Aufstellung in das Hauptgebäude gebracht. Die Bestände wurden elektronisch katalogisiert und zum Teil restauriert. Eine spezielle Arbeitsgruppe der Bibliothek widmet sich seitdem in Zusammenarbeit mit deutschen und österreichischen Forschungsinstituten dem Aufbau einer der umfangreichsten Sudetica-Sammlungen überhaupt und ist bemüht, Sudetica-Bestände aus dem In- und Ausland für die Bibliothek hinzuzugewinnen oder sie bibliographisch in einer im Aufbau befindlichen Datenbank zu erfassen.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Der Gesamtbestand der Bibliothek umfaßte im Jahre 1996 ca. 1.010.000 Einheiten, davon 640.000 Bücher, 47.000 Bde Periodika (ohne Zeitungen) und 700 Titel Zeitungen und Zeitschriften, 360.000 Einheiten Patentschriften, 23.000 Einheiten gedruckte Staatsnormen, 19.000 Bde Musikalien, 8500 Schallplatten und 2500 Karten. Jährlich kommen etwa 35.000 Einheiten hinzu, davon etwa 8000 als Pflichtexemplare. Im Lesesaal ist eine Handbibliothek mit etwa 4000 Bdn aufgestellt. Ebenfalls vorhanden ist eine Sondersammlung der Sudetica. Der Germanica-Bestand umfaßt ca. 20.000 Bde (einschließlich Zeitschriften). Aus besonderen Gründen ist eine detaillierte Beschreibung der Bestände nach Fächern z. Z. nicht möglich.

2.2 Der historische Bestand der Bücher und Broschüren umfaßt ca. 50 Bde des 16. Jhs, 100 des 17. Jhs, 250 des 18. Jhs und 1100 Bde des 19. Jhs. Sprachlich dominiert im Bestand aus dem 16. Jh noch das Lateinische. Aus späterer Zeit liegen überwiegend deutschsprachige Werke vor; so sind es z. B. 600 Bde aus dem 19. Jh. Etwa zur Hälfte ist der Bestand in Böhmen gedruckt, zur anderen Hälfte in anderen Ländern. Der historische Anteil unter den Periodika läßt sich derzeit nicht genauer bestimmen.

2.3 Inhaltlich nimmt theologische Literatur den größten Raum ein. Historische und regionale Schriften sind ebenfalls gut vertreten. Durch die industriellen Begebenheiten der Region bedingt ist ein umfangreicher Bestand zur Textil- und Glasfabrikation.

2.4 Der Periodikabestand umfaßt ca. 47.000 Bde mit Fachpublikationen aus allen Wissensbereichen. Hinzu kommt ein gesonderter Zeitungsbestand mit etwa 700 Titeln. Vorhanden sind Zeitschriftenjahrgänge der Mitteilungen der Bücherei der Deutschen und des Anzeiger für die deutschen Bibliotheken.

Sondersammlung

2.5 Die Sondersammlung der Sudetica umfaßt ca. 20.000 Bde, davon 13.000 Bücher und Broschüren sowie 700 Bde Zeitungen und Zeitschriften (in ca. 300 Titeln). Es handelt sich um Germanica aus den böhmischen Ländern, vorwiegend aus der Zeit um 1900.

3. KATALOGE

Alphabetischer Katalog des Gesamtbestandes

[in Zettelform]

Alphabetischer Katalog der Alten und seltenen Drucke

[in Zettelform]

Systematischer Katalog

[1954-1996; in Zettelform; nach DK; als EDV-Katalog fortgesetzt]

Schlagwortkatalog

[in Zettelform]

Standortkatalog des historischen Bestandes

[in Zettelform]

Kartothek sudetendeutscher Autoren

[begonnen in Zettelform; EDV-Katalog und Datenbanken z. Z. in Arbeit]

[Alle Kataloge werden seit 1954 geführt.]

Die Katalogisierung der Buchbestände mit EDV (abgesehen von den Periodika) ist nahezu abgeschlossen. Retrospektiv wurden nur die Sudetica und die Musikalien bearbeitet. Eine EDV-Katalogisierung der Periodika ist in Arbeit, zunächst für die Bibliothek selbst, danach für die Bibliotheken der Region.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Die Bücherei der Deutschen in ihrem fünfjährigen Bestande. In: Bücherei der Deutschen. Monatliche Mitteilungen und Anzeiger für die Deutschen Büchereien in der Tschechoslowakei (1928) Nr. 3, S. 1-15

Lehmann, Emil: Bücherei der Deutschen in Reichenberg. In: ders.: Handbuch der sudetendeutschen Volksbildung. Reichenberg 1931, S. 156-173

Lug, Viktor: Die Bücherei der Deutschen in der Tschechoslowakischen Republik. In: Heimatkunde des Bezirkes Reichenberg. Hrsg. vom Lehrerverein Reichenberg. Heft 4. Reichenberg 1938, S. 114-115

Lug, Viktor: Schriften über Reichenberg und den Reichenberger Kreis. 2. Aufl. Reichenberg 1942

Plott, Adalbert: Zwanzig Jahre wissenschaftliche Bücherei des Sudetenlandes. In: Reichenberger Tagesbote (29./30. Mai 1943) Nr. 123, S. 5

Státní vedecká knihovna Liberec. Výrocní zpráva [Staatliche wissenschaftliche Bibliothek. Jahresbericht] (1991-1995)

Krícek, Václav; Trojanová, Katerina: Malé dejiny knihovny. Pametní spis [Kleine Historie der Bibliothek. Gedenkschrift]. Liberec 1994 [parallel in tschechischer und deutscher Sprache, S. 41-75]

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Auszug aus dem alphabetischen Verfasserverzeichnis A-Z. Reichenberg, Bücherei der Deutschen 1928-1931. In: Anzeiger für die Deutschen Büchereien in der Tschechoslowakei [in der Beilage; der verzeichnete Bestand verbrannte 1954]

Knobloch, Erhard J.: Kleines Handlexikon. Deutsche Literatur in Böhmen, Mähren, Schlesien von den Anfängen bis heute. München 1976, S. 115

Vlozka o databázi germanik v ceských zemích [Einlegeblatt über die Datenbank der Germanica in den böhmischen Ländern]. Liberec 1996 [Faltblatt in tschechischer und deutscher Sprache]

Výberový soupis zajímavých starých tisk z fond Vedecké a lidové knihovny v Liberci [Ein Auswahlverzeichnis interessanter Alter Drucke aus den Beständen der Wissenschaftlichen und Volksbibliothek in Reichenberg]. Liberec 1968 [verzeichnet 138 Titel des historischen Bestandes]

Wolkan, Rudolf: Böhmens Antheil an der deutschen Literatur des XVI. Jahrhunderts. 1. Theil. Bibliographie der deutschen Literatur Böhmens im XVI. Jahrhunderte. Prag 1890 [von der Schenkung R. Wolkans blieben beim Brand 1954 nur die Alten Drucke erhalten; zusätzlich sind die Signaturen der Bibliothek verzeichnet]

Stand: Oktober 1997

Vera Vohlídalová


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.