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Adresse. Rathaus, Marktplatz 6, 95632 Wunsiedel;
[Karte]
Postfach 140, 95620 Wunsiedel
Telefon. (09232) 60 21 22
Telefax. (09232) 60 21 14
Bibliothekssigel. <Wu 3>
Unterhaltsträger. Stadt Wunsiedel
Funktion. . Spezialbibliothek, öffentlich zugänglich; Amtsbibliothek des Stadtarchivs Wunsiedel.
Sammelgebiete. Stadt-, Schul- und Kirchengeschichte Wunsiedels, des ehemaligen Sechsämterlandes und des Raumes Oberfranken und Oberpfalz.
Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek (Ausleihe nur in Ausnahmefällen). Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 8-12 Uhr und 14-16 Uhr, Freitag 8-12 Uhr. Leihverkehr: DLV (in Ausnahmefällen).
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät, Mikrofiche-Lesegerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Telefonische oder schriftliche Anmeldung erforderlich. Bahnstation Wunsiedel-Holenbrunn. A 9, Ausfahrt Bad Berneck; B 303.
1.1 Im Jahre 1504 vermachte der Wunsiedler Bürger Dr. Andreas Friesner (1448-1504) testamentarisch seine Bibliothek in Rom seiner Heimatstadt. Erst 1515 errichtete man für die Bücher ein eigenes Gebäude in Wunsiedel. Nordöstlich der Kirche, teilweise auf dem Grund des Pfarrhofes, baute man ein neues Beinhaus und setzte darauf einen großen Saal zur Aufnahme der Bibliothek. Das Gebäude steht heute noch. Die Bibliothek erfuhr das tragische Geschick, dem großen Umbruch von Reformation und Humanismus nicht standhalten zu können. So gut wie alle Bücher des Andreas Friesner waren Werke scholastischer Gelehrter. Nur zehn Jahre nach Vollendung der Bibliothek galten sie auch in Wunsiedel als toter Nachlaß einer untergegangenen Epoche.
1.2 Im 17. Jh waren von der Friesnerschen Bibliothek nur noch wenige Exemplare vorhanden. Zum einen zerstörte der Stadtbrand von 1607 einen Großteil des Bestandes, zum anderen gingen während des Dreißigjährigen Krieges Bücher verloren. Schließlich vernichtete der Stadtbrand von 1646 den Dachstuhl des Bibliotheksgebäudes. Die letzten Überreste der ehemaligen Bibliothek und eine neue angesammelte " rare" Bibliothek vernichtete der Brand von 1731, dem fast die ganze Stadt zum Opfer fiel. Nicht mehr als 6 Bde der nach vorsichtiger Schätzung immerhin mehrere hundert Bde zählenden Bibliothek konnten gerettet werden.
1.3 Ab etwa 1760 bauten Rektoren des Wunsiedler Lyceums eine neue Schulbibliothek auf, bei der sie besonderes Gewicht auf den Erwerb von Büchern aus früheren Zeiten durch Stiftung legten. Gegen Ende des 18. Jhs umfaßte diese Bibliothek bereits wieder einen Bestand von 800 Bdn. Zwischen 1784 und 1802 errichtete die Wunsiedler Gesellschaft zur Erforschung vaterländischer Geschichte, Sitten und Rechte einen " Büchersaal", der später mit der Schulbibliothek vereint wurde. Mit Auflösung des Wunsiedler Lyceums ging diese Schulbibliothek 1812 in den Besitz der Stadt über. Zwischen 1828 und 1856 wurde auf Betreiben des Stadtrates erstmals ein (nach heutigen Gesichtspunkten unzulänglicher) Katalog angelegt und eine Revision aller Bestände vorgenommen. Danach scheint die Stadt die Bibliothek gänzlich vergessen zu haben. Erst 1888 fand man sie in verwahrlostem Zustand auf dem Boden der Hospitalkirche.
1.4 Im Jahre 1922 wurde die Bibliothek in einen sicheren Raum im Wunsiedler Rathaus verbracht, ihren jetzigen Unterbringungsort. Ab 1926 erfuhr sie eine sachgemäße, noch heute bestehende Ordnung, Ausbesserung und Aufstellung. Der damalige Bestand umfaßte über 2000 Bde. Da ein Großteil der Bücher theologischen Inhalts war, wurde die Neuordnung gemeinsam von der Stadt Wunsiedel und dem Evangelischen Pfarramt finanziert. Man gab der Bibliothek den Namen Stadt- und Kirchenbibliothek Wunsiedel.
1.5 Mit der Einstellung einer ehrenamtlichen Archivarin in den fünfziger Jahren und eines hauptamtlichen Archivars in den achtziger Jahren wurde die Bibliothek dem Stadtarchiv unterstellt. Gleichzeitig begann man mit dem systematischen Aufbau einer Amtsbibliothek für das Stadtarchiv neben dem Altbestand, der nicht mehr erweitert wird. Dagegen werden für den Neubestand, der mittlerweile mit dem Altbestand einen Umfang von 5818 Bdn hat, kontinuierlich Werke zur Geschichte der Stadt, des ehemaligen Sechsämterlandes und der Geschichte des Regierungsbezirkes Oberfranken und Oberpfalz angekauft und gesammelt.
Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen
2.1 Der historische Bestand umfaßt 2793 Bde (Gesamtbestand 5818 Bde). Davon entfallen 394 auf das 16. Jh, 635 auf das 17. Jh, 1379 auf das 18. Jh und 385 auf das 19. Jh. Dazu kommen 5 Inkunabeln und 7 mittelalterliche Hss. Den Angaben liegt eine Auszählung nach dem Standortkatalog zugrunde. Angegeben ist die Zahl der Bände. Der prozentual hohe Anteil an Werken des 18. Jhs stammt aus der regen Sammeltätigkeit der damaligen Rektoren des Wunsiedler Lyceums (vor allem von Johann Konstantin Friedrich Wernlein, 1765-1830, dem Verfasser der Wunsiedler Schulgeschichte).
2.2 Etwa 65 Prozent des Bestands sind in lateinischer Sprache, etwa 30 Prozent in Deutsch, der Rest verteilt sich auf Französisch, Griechisch, Hebräisch und Italienisch. Systematische Übersicht
2.3 Bei der Neuordnung der Bibliothek (s. o. 1.4) erfolgte eine Aufstellung nach 19 Sachgruppen in Formaten. Innerhalb der Sachgruppen wurde nach dem Numerus currens aufgestellt.
2.4 Der Bestand umfaßt die Gruppen Autores graeci (31 Bde), Autores latini (52), Biblia (37), Bibliographica (32), Biographia (75), Frühdrucke (106), Grammatica (199), Handschriften (9), Historia (543), Incunabula (5), Juridica (240), Litterae (76), Naturalia (367), Orientalia (18), Periodica (350), Philologica (39), Philosophia (183), Theologica Practica (286) und Theologica Theoretica (325).
2.5 Der hohe Anteil an " Naturalia" geht auf die rege Sammeltätigkeit der 1784 von dem Wunsiedler Superintendenten Dr. Johann Georg Wunderlich (1734-1802) gegründeten Gesellschaft zur Aufklärung vaterländischer Geschichte, Sitten und Rechte, dem ältesten Geschichtsverein Deutschlands, zurück. Unter anderem wurden Werke zur Botanik, Chemie, Entomologie, Klimatologie, Medizin, Mineralogie, Physik und allgemeinen Technik angeschafft. Auch der hohe Anteil der Periodika steht mit dieser Gesellschaft in Zusammenhang, die sich bemühte, ihren Mitgliedern die neuesten Zeitungen, Zeitschriften u. ä. in der Bibliothek zur Verfügung zu stellen.
2.6 Die Bestände " Grammatica" und " Historia" stammen aus der ehemaligen Schulbibliothek des Wunsiedler Lyceums, deren Rektoren die Schüler zur Abgabe nicht mehr gebrauchter Bücher aus ihrem privaten Besitz anhielten (s. o. 1.3). Für die Sachgruppe " Juridica" wurden der Bibliothek im Laufe der Jahrhunderte auf Grund des akademischen Bildungsstandes der Wunsiedler Stadtschreiber immer wieder juristische und verwaltungswissenschaftliche Werke zugeführt, die entweder als Nachlaß Eingang fanden oder in der Städtischen Verwaltung nicht mehr benötigt wurden.
2.7 Der hohe Anteil von Werken der Sachgruppe " Theologica Practica" und der Sachgruppe " Theologica Theoretica" stammt z. T. aus den Nachlässen Wunsiedler Geistlicher und aus einer kleinen Amtsbibliothek des Wunsiedler evangelischen Pfarramtes.
Für den historischen Bestand der Stadt- und Kirchenbibliothek Wunsiedel bestehen eigene Kataloge.
Standortkatalog
[in Buchform nach Numerus currens; getrennt nach Folio, Quart und Oktav]
Systematischer Katalog
[nach 18 Sachgruppen in Karteiform aufsteigend nach Folio, Quart und Oktav]
Die Bestände sind nicht im Bayerischen Zentralkatalog nachgewiesen.
4.1 Archivalien
Akten, Bände und Rechnungen des Stadtarchivs Wunsiedel. Speziell StdA Wun Akt V 52, 53 und 105.
4.2 Darstellungen
Hommel, Hildebrecht: Die Bibliotheksausstellung im Rathaus zu Wunsiedel. In: Bote aus den Sechs Ämtern, Nr. 171 (1928) Hommel, Hildebrecht: Wunsiedels Bibliothek. In: Jubiläumsschrift der Stadt Wunsiedel. Wunsiedel 1928, S. 82-85
Held, Paul: Die Wunsiedler Stadt- und Kirchenbibliothek. In: Mainbote von Oberfranken 16 (1931) S. 36-37 Hommel, Hildebrecht: Archiv und Bibliothek. Zwei Zeugen von Wunsiedels Geschichte und Kultur. In: Der Siebenstern 8 (1934) S. 134-138
Wittmann, Pius: Handschriften und Frühdrucke im Besitze der kgl. bayerischen Stadt Wunsiedel. In: Correspondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine 43 (1895) S. 143-144
Stand: Dezember 1989
Wolfgang Daum