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     Home > Deutschland > Sachsen-Anhalt > Lutherstadt Wittenberg

Bibliothek der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt

Adresse. Collegienstraße 54, 06886 Lutherstadt Wittenberg [Karte]
Telefon. (03491) 42 03 114
Telefax. (03491) 42 03 270
E-Mail Petra.Grabowski@martinluther.de
Bibliothekssigel. <Wb 2>

Unterhaltsträger. Land Sachsen-Anhalt
Funktion. Wissenschaftliche Spezialbibliothek, öffentlich zugänglich.
Sammelgebiete. Reformationsgeschichte, Lutherforschung, Lutherdrucke, Lutherschriften; Flugschriften und Dialogliteratur des 16. Jhs; Bibeln, Gesangbücher, Kirchenordnungen, Katechismen.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung. Leihverkehr: DLV.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät. Digitalisierungstechnik
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erwünscht. Fußwegnähe vom Bahnhof (ca. 10 Minuten). A 9 (E 51), Ausfahrt Coswig, B 187. Parkplatz unmittelbar neben dem Lutherhaus.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Der Aufruf zur Museumsgründung im Lutherhaus erfolgte durch eine Anzeige im Wittenberger Kreisblatt vom 18. Februar 1877. Die Leitung im Gründungskomitee hatten der Merseburger Regierungspräsident Gustav von Diest (1826-1911) und der Wittenberger Bürgermeister Carl Heinrich Theodor Schild. Der Grundstock des Museums für Reformationsgeschichte war die bereits seit 1860 im Predigerseminar Wittenberg aufbewahrte Sammlung Augustin, die der preußische König Friedrich Wilhelm IV. aufgekauft und dem Lutherhaus geschenkt hatte. Benannt wird sie nach dem langjährigen Dom- und Oberdomprediger Christian Friedrich Bernhard Augustin (1771-1856) aus Halberstadt. Sie besteht aus annähernd 5000 Drucken der Reformationszeit, wovon jeweils ca. 1200 Lutherdrucke und Drucke seiner Zeitgenossen nachgewiesen sind. Bei etwa 2000 verbleibenden Drucken handelt es sich um anonyme Flugschriften. Die Aufstellung erfolgte jedoch erst 1880 im Lutherhaus.

1.2 1882 wurde die Bibliothek durch die Übernahme des Dezembertestaments (Wittenberg: Melchior Lotter d. J., 1522) um einen Druck von hervorragender Bedeutung bereichert. Eine wertvolle Zuwendung erhielt die Bibliothek 1885, als die Tischreden Luthers in der Ausgabe von 1569 (Eisleben: Urban Gaubisch) in ihren Besitz übergingen. Der Bestand erfuhr 1893 eine bedeutsame Erweiterung durch den Ankauf des Hauptteils der Sammlung Joachim Karl Friedrich Knaakes (1835-1905), des Begründers der Weimarer Lutherausgabe. Für 25.000 Mark wurden aus der Königlichen Bibliothek Berlin 3027 von 4168 dort vorhandenen Titeln erworben. Hauptsächlich handelte es sich dabei um Sammel- und Werkausgaben von Humanisten, darunter z. B. die von Erasmus edierte Erstausgabe des griechischen Neuen Testaments mit lateinischer Übersetzung (Basel: Johann Froben, 1516). Die zweite Auflage von 1519 dieses zweisprachigen Bibeltextes diente Luther als Übersetzungsgrundlage. In der Knaakeschen Sammlung findet sich auch Johannes Reuchlins Augenspiegel (Tübingen: Thomas Anshelm, 1511).

1.3 Mit der jährlichen Bereitstellung von 500 Mark ab 1908 und durch verschiedene Bücherzuwendungen, so u. a. 1911 als Geschenk des deutschen Kaisers Wilhelm II. ein Stammbuch mit handschriftlichen Eintragungen von Luther, Melanchthon, Justus Jonas (1493-1555) und weiteren Reformatoren, kamen weitere Neuerwerbungen hinzu. Ab 1912 begann mit dem Amtsantritt des Konservators Julius Jordan die systematische Erschließung der Sammlungen. Die Anlage von Inventaren und Katalogen ermöglichte die planmäßige Bestandserweiterung. Neue Sammelgebiete wie Flugschriften des Dreißigjährigen Krieges, Gesangbücher, Katechismen und Kirchenordnungen des 16. bis 18. Jhs wurden erschlossen. So fiel in das Jahr 1914 die Erwerbung von Luthers Operationes in psalmos (Wittenberg: Johann Rhau-Grunenberg, 1519-1521) und des Achtliederbuches (Nürnberg: Jobst Gutknecht, 1524).

1.4 Nach dem Tode des langjährigen Kuratoriumsmitgliedes K. Kawerau ging u. a. dessen etwa 100 Drucke umfassende Lutherbibliothek in die Lutherhalle über. Zwischen 1931 und 1933 erfolgte mit 142 Drucken der Ankauf eines kleinen Teils der Fürstlichen Bibliothek von Stolberg-Wernigerode, deren wertvolle Sammlung 1929 geschlossen worden war und ab 1928 zur Schuldendeckung veräußert wurde. Seit 1932 besitzt die Lutherhalle als Unikat die zweite Auflage des Klugschen Gesangbuches (Wittenberg: Joseph Klug, 1533). Mit der Übernahme des Nachlasses des Kirchenhistorikers und Lutherforschers Johannes Ficker (1861-1944) gelangten auch einige Druckwerke der Zeit bis 1800 in den Bestand. Die letzte bedeutsame Anschaffung für die Bibliothek stellte 1982 der Ankauf der Erstausgabe von Luthers Weihnachts- und Adventspostille (Wittenberg: Johann Rhau-Grunenberg, Februar 1522) dar.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Ermittlung der statistischen Angaben beruht auf der Auszählung von weiten Teilen des Bestandes und anschließender Hochrechnung. Sie spiegeln nicht die Ergebnisse einer Inventur wider. Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Bei einem Gesamtbestand von etwa 15.000 Bdn besitzt die Bibliothek 50 Inkunabeln, 8060 Bde aus dem 16. Jh, davon 2100 Lutherdrucke. Das 17. und 18. Jh sind mit 2836 Drucken vertreten.

2.3 Schätzungsweise 80 Prozent der Titel liegen in deutscher Sprache vor. Fast 20 Prozent der Schriften sind in lateinischer Sprache und nur einzelne in französischer, isländischer, niederländischer, griechischer und hebräischer Sprache. Systematische Übersicht

2.4 Der Bestand veranschaulicht die Geschichte der Reformation. Im Mittelpunkt stehen dabei das Leben und Werk Martin Luthers. Sein Schaffen wird umfassend dokumentiert, das seiner Zeitgenossen in Auswahl. Die drei reformatorischen Hauptschriften des Jahres 1520, An den christlichen Adel deutscher Nation, von des christlichen Standes Besserung (Wittenberg: Melchior Lotter d. J.), Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche (Wittenberg: Melchior Lotter d. J.) und Von der Freiheit eines Christenmenschen (Wittenberg: Johann Rhau-Grunenberg), liegen in Erstausgaben vor. Ebenso ist der erste deutschsprachige Druck Luthers vorhanden, Ein geistig edles Büchlein vom rechten Unterschied und Verstand, was der alte und neue Mensch sei (Wittenberg: Johann Rhau-Grunenberg, 1516).

2.5 Der Bestand an Inkunabeln spiegelt die geistigen und kulturellen Strömungen des ausgehenden 15. Jhs wider. Er ist durch thematische Vielfalt und durch die Seltenheit einiger Drucke gekennzeichnet. Die Augustinsche Sammlung enthält eine Inkunabel, die Bibliothek Knaake verzeichnet 14 Frühdrucke und der Ficker-Nachlaß 5 Titel. Die verbleibenden 28 Wiegendrucke wurden ab 1908 im Antiquariatsbuchhandel erworben. Besonders hervorzuheben ist Hartmann Schedels Weltchronik (Nürnberg: Anton Koberger für Sebald Schreyer und Sebastian Kammermaister, 1493) mit ihren über 1800 Holzschnitten.

2.6 Erwähnenswert ist das Corpus iuris civilis (Mailand: Johannes Antonius de Honate für Petrus Antonius de Castelliono und Amrosius de Caymis, 1482) sowie ein Sammelband, der u. a. Mirabilia Romae (Rom: Johann Besicken, 1501) und Stationes urbis Romae (Leipzig: Melchior Lotter, 1500) enthält.

2.7 An Bibeldrucken umfaßt der Bestand lateinische und vorlutherische deutsche Ausgaben. Eine Seite aus der achtundvierzigzeiligen Bibel von Johannes Fust und Peter Schöffer (Mainz 1462) sowie die Biblia cum concordantijs (Venedig 1511) sind vorhanden. Von 18 deutschsprachigen Bibelübersetzungen vor Luther befinden sich drei im Bestand: die Drucke von Anton Sorg (Augsburg 1480), Hans Otmar (Augsburg 1507) und die niederdeutsche Bibel von Lorenz Stuchs und Ludwig Trutebul (Halberstadt 1522). Vollständig sind die zu Luthers Lebzeiten erschienenen Gesamt- und Teilausgaben seiner Bibelübersetzung im Bestand; so das September- und Dezembertestament (Wittenberg: Melchior Lotter d. J. für Lukas Cranach und Christian Döring, 1522), die Propheten alle Deutsch (Wittenberg: Hans Lufft, 1532), die Gesamtbibel (Wittenberg: Hans Lufft, 1534) und die letzte vom Reformator betreute Ausgabe des Neuen Testaments 1546. Insgesamt liegen 127 Bibeln des 16. Jhs, 49 des 17. Jhs und 86 des 18. Jhs vor.

2.8 Aus dem 16. Jh sind 66 Gesangbücher inventarisiert. Das Klugsche Gesangbuch (Wittenberg: Joseph Klug, 1533) aus der Bibliothek des Theologen Ernst Salomon Cyprian ist das bisher einzige nachgewiesene Exemplar der 2. Auflage von 1533. Aus dem 17. Jh sind 15 und aus dem 18. Jh 73 Titel erfaßt.

3. KATALOGE

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform; Anlage nach PI mit einer Besonderheit: Lutherdrucke nach dem Verzeichnis von Gustav Kawerau (Luthers Schriften. 2. Aufl. Leipzig 1929) in der Reihenfolge ihres Erscheinens geordnet]

Bestandserschließung innerhalb des GBV

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Jordan, Julius: Zur Geschichte der Sammlungen der Lutherhalle 1877-1922. Wittenberg 1924

Joestel, Volkmar: Die Bibliothek der Staatlichen Lutherhalle Wittenberg. Geschichte, Bestand, Perspektiven. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen 97 (1983) S. 432-435

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Die Inkunabeln der Staatlichen Lutherhalle Wittenberg. Katalog. Hrsg. von der Staatlichen Lutherhalle Wittenberg. Bearb. von der Inkunabelabteilung der Deutschen Staatsbibliothek Berlin. Wittenberg 1983

Joestel, Volkmar (Bearb.): Martin Luther 1483 bis 1546. Katalog der Hauptausstellung in der Lutherhalle Wittenberg. 2. verb. und erw. Aufl. Berlin 1993

Starke, Elfriede; Herre, Volkmar: Kostbarkeiten der Lutherhalle Wittenberg. Berlin 1982

Heling, Antje: Zu Haus bei Martin Luther : ein alltagsgeschichtlicher Rundgang. Lutherstadt Wittenberg 2003

Treu, Martin: Martin Luther in Wittenberg : ein biografischer Rundgang. Lutherstadt Wittenberg 2003

Joestel, Volkmar; Strehle, Jutta: Luthers Bild und Lutherbilder : ein Rundgang durch die Wirkungsgeschichte. Lutherstadt Wittenberg 2003

Treu, Martin: "Von daher bin ich" - Martin Luther und Eisleben : ein Rundgang durch die Ausstellung im Geburtshaus. Lutherstadt Wittenberg 2007

Luthers Schatzkammer : Kostbarkeiten im Lutherhaus Wittenberg / hrsg. von Volkmar Joestel. Dößel 2008

Stand: Januar 2009

Petra Grabowski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.