FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Stráznice [Straßnitz]

Schloßbibliothek

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Begründer der heutigen Schloßbibliothek in Straßnitz war Franz Graf Magnis (1596-1652). Er stammte aus einer alten, ursprünglich schwedischen und später italienischen Familie, deren Mitglieder seit dem 16. Jh wichtige Ämter im Habsburgerreich bekleideten. Seine Laufbahn begann Franz Magnis in der kaiserlichen Armee, später trat er in diplomatische Dienste des polnischen Königs Vladislaus IV. 1637 wurde er in den Stand der Reichsgrafen erhoben. Von 1640 an war er einer der drei höchsten mährischen Landesbeamten. Franz Graf Magnis erwarb Straßnitz im Jahre 1629 von den Brüdern Karl d. Ä. von Zierotin und Johann Dietrich von Zierotin. Das Schloß blieb bis 1945 im Besitz der Familie. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es unter die Verwaltung und in das Eigentum des Nationalmuseums in Prag. Stráznice [Straßnitz]

1.2 Franz Graf Magnis verfügte in seinem Testament, daß das Schloß bei einem etwaigen Erlöschen der Familie in eine Ritterakademie für 150 Söhne adeliger, ritterlicher und bürgerlicher Familien umgewandelt werden sollte. Für diese Akademie wurden auch Bücherkäufe ausgeführt, die in der Schloßbibliothek ==== verblieben, obwohl es nicht zur Gründung der Akademie kam. Aus dem schlesischen Besitz des Hauses Magnis in Jakartovice [Eckersdorf, bei Neurode] wurde die alte Bibliothek der Grafenfamilie von Götzen eingegliedert. Sie enthielt eine Reihe von schlesischen Büchern aus der Zeit, als Klodzko [Glatz] zu den böhmischen Kronländern gehörte. Nach Straßnitz gelangten weiterhin die Familienbibliotheken aus den Gütern Orechov und Prestavlky.

1.3 Anton Alexander Magnis (1751-1817), ein Politiker und Philosoph, korrespondierte u. a. mit Wieland über den Erwerb von Büchern. So half ihm Wieland im Jahre 1805 bei der Entscheidung über den Ankauf einiger Ausgaben seiner gesammelten Schriften. Im Jahre 1865 wurde Peter Faulhaber, der Arzt des Hauses und Magister der Chirurgie, zum Bibliothekar ernannt. Faulhaber ordnete die Bestände in vorbildlicher Weise. 1896 wurde die Aufsicht über die Bibliothek von dem Archivar Leopold Nopp übernommen, der einen neuen Zettel- und Bandkatalog anfertigte (s. u. 3.2).

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Bibliothek umfaßt 14.536 Bde aller Sachgebiete. Etwa die Hälfte des Bestandes sind Alte Drucke (7062 Bde), darunter 3 Inkunabeln und 32 Drucke aus dem 16. Jh. Etwa drei Viertel dieser Werke sind in deutscher, der Rest ist vorwiegend in französischer und lateinischer Sprache erschienen.

2.2 Zu den Alten Drucken gehören topographische Werke über die einzelnen deutschen Länder und umfangreiche geographische Werke aus der Zeit um 1600, die durch zahlreiche Reisebücher ergänzt werden. Politische Publizistik findet sich bereits aus der Zeit des Gründers der Bibliothek, Franz Graf Magnis. Sie steht hauptsächlich mit dem Namen seines Bruders, des Philosophen, Kirchendiplomaten und Kapuzinerpaters Valerian Magnis (1586-1661), in Verbindung. Aus der militärischen Laufbahn von Franz Graf Magnis und weiteren Mitgliedern der Familie erklärt sich das Interesse an Kriegserinnerungen. Ferner finden sich Werke zu Architektur und Bauwesen. Bei der Verwaltung des umfangreichen Grundbesitzes der Familie konnte auf einen umfangreichen Bestand an landwirtschaftlicher Literatur zurückgegriffen werden. Wie bei den meisten Adelsbibliotheken finden sich auch genealogische Literatur und Schrifttum über das Jagdwesen. Geringfügiger bei den Alten Drucken vertreten sind naturwissenschaftliche und medizinische Bestände, darunter auch einige Werke zur Alchemie.

2.3 Eine große Gruppe unter den Alten Drucken bildet die theologische Literatur. Verhältnismäßig umfangreich ist auch die Rechtsliteratur. Die sorgfältige Verwaltung der Bibliothek dokumentiert sich u. a. in der bibliographischen Literatur und der Aufbewahrung von historischen Katalogen aus schlesischen Bibliotheken und aus der Olmützer Lyzeumsbibliothek, so z. B. Catalogus librorum qui in Bibliotheca Lycei Olomucensis ...oder Verzeichnis der jenigen Bücher, welche ... (o. O. o. J.). Der umfangreiche Bestand an Silesiaca setzt sich vor allem aus heimatkundlichen und ökonomischen Zeitschriften des späten 18. Jhs zusammen. In deutscher Sprache liegt auch eine Reihe von Publikationen zur Geschichte von Böhmen und Mähren vor. Zu nennen sind schließlich einige wenige Werke von Angehörigen des Hauses Magnis, z. B. von Valerian, Ferdinand und Franz Anton Magnis.

2.4 Bei der deutschsprachigen Literatur des 19. Jhs überwiegt die Belletristik. So finden sich Gesamtausgaben Goethes, Ifflands, Wielands u. a. Hinzu kommen Übersetzungen ins Deutsche, so z. B. von den Werken Knut Hamsuns. Zahlreich vertreten sind auch deutsche Ausgaben von griechischen und römischen Klassikern. Bei der Fachliteratur sind vor allem ökonomische Schriften zu nennen. Mehrbändige Werke liegen zu den Naturwissenschaften vor; daneben findet sich medizinische und pharmazeutische Literatur. Die umfangreiche Reiseliteratur thält Werke über den Fernen Osten und China, wohin ein Angehöriger der Familie um 1900 eine Reise unternahm. Religiöse Literatur ist vor allem durch Gebetbücher und Werke über die Jugenderziehung vertreten. Zu den Bohemica zählen Werke deutscher Autoren aus Böhmen sowie deutsche Übersetzungen zeitgenössischer tschechischer Autoren, u. a. des tschechischen Physikers und Teilnehmers an Polarexpeditionen Dr. František Behounek. Die Bibliographie ist u. a. durch Constant von Wurzbachs Bibliographisch-statistische Uebersicht der Literatur des österreichischen Kaiser Staates. Erster Bericht (Wien 1853) oder das Allgemeine Bücher-Lexicon von Wilhelm Heinsius vertreten.

3. KATALOGE

3.1 Moderner Katalog

Standortkatalog

[erarbeitet von J. Skácel, F. Grauber und Mitarbeitern der Bibliothek des Nationalmuseums in Prag, Prag 1973]

3.2 Historische Kataloge

Buecher Eckersdorf (Jakartovice ve Slezsku) - Strassnitz [3 unvollständige Autorenkataloge in Bandform; erstellt in der ersten Hälfte des 20. Jhs; Signatur R 6]

Verzeichnis der in der hochgräflichen Magnis'schen Bibliothek zu Strassnitz befindlichen Bücher, Urkunden u. Manuskripte. Geordnet vom ... Mag. Chir. P. Faulhaber ... im Jahre 1865

Katalog der gräflich Magnis'schen Bibliothek zu Stráznitz [Bandkatalog; erstellt von Leopold Nopp]

Zettelkatalog [erstellt von Leopold Nopp]

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Kneidl, Pravoslav: Zámecké knihovny [Die Schloßbibliotheken]. In: Knihovna Národního musea v Praze [Die Bibliothek des Nationalmuseums in Prag]. Praha 1959, S. 155

Sousedík, Stanislav: Valerián Magni, kapitola z kulturních dejin Cech 17. století [Valerian Magnis. Ein Kapitel aus der Kulturgeschichte Böhmens im 17. Jahrhundert]. Praha 1983

Stand: Dezember 1994

Luboš Antonín


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.