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Wissenschaftliche Bibliothek im Sudetendeutschen Haus

Adresse. Hochstraße 8, 81669 München [Karte]
Telefon. (089) 48 00 03-20
Telefax. (089) 48 00 03-38
Bibliothekssigel. <M 457>

Unterhaltsträger. Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Bundesministerium des Innern. Die Verwaltung der gesamten Bibliotheksbestände erfolgt durch das Collegium Carolinum.
Funktion. Öffentlich zugängliche Spezialbibliothek zur Geschichte und Landeskunde der böschen Länder.
Sammelgebiete. Collegium Carolinum: wissenschaftliche Literatur über die Tschechoslowakei bzw. ihre beiden Nachfolgestaaten und zur Geschichte der böschen Länder. Ackermann-Gemeinde: Theologie, Geschichte, Recht, Vertriebenenproblematik sowie sudetendeutsche Belletristik.

Adalbert Stifter Verein: Kunstgeschichte und Kunsttopographie des böschen Raumes; biographische Literatur; Belletristik. Sudetendeutsches Archiv: Dokumentation zur Vertriebenenproblematik, Volks- und Landeskunde der Sudetenländer; Belletristik deutschsprachiger Autoren der böschen Länder.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 9-17 Uhr, Freitag 9-16 Uhr. Benutzung im Leseraum und einem Seminarraum des Collegium Carolinum mit Handapparat sowie Handapparat des Adalbert Stifter Vereins. Bereitstellung der gewünschten Literatur bei vorheriger Anmeldung möglich. Leihverkehr: DLV (in Ausnahmefällen).
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät, Filmprojektor, Mikrofilm-Lesegerät.
Gedruckte Informationen. Informationsblatt.
Hinweise für anreisende Benutzer. S-Bahnverbindung ab Hauptbahnhof (Linien 1-7) bis Haltestelle Rosenheimer Platz. - Tiefgarage im Haus.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Der Bibliotheksvertrag von 1985 zwischen dem Collegium Carolinum e. V., dem Sudetendeutschen Archiv e. V., der Ackermann-Gemeinde e. V., dem Adalbert Stifter Verein e. V., der Historischen Kommission für die Sudetenländer e. V. und der Sudetendeutschen Stiftung legte den Grundstein für die Bibliothek im Sudetendeutschen Haus in München. Die Sudetendeutsche Stiftung stellte als Hauseigentümer Räumlichkeiten und technische Einrichtungen zur Verfügung, ohne selbst einen Bibliotheksbestand einzubringen. Die Bestände stehen bei getrennten Eigentums- und Ergänzungsverhältnissen unter der Verwaltung des Collegium Carolinum. Die Ursprünge der einzelnen Bibliotheken vor ihrer Zusammenfassung reichen bis zur Gründung der Ackermann-Gemeinde 1946, des Adalbert Stifter Vereins 1947, des Sudetendeutschen Archivs 1955 und des Collegium Carolinum 1956 jeweils in München zurück.

1.2 Die Bibliothek des Collegium Carolinum entstand 1957, ein Jahr nach der Gründung dieses Forschungsinstituts, das von der Bundesregierung und vom Freistaat Bayern eingerichtet wurde und vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst finanziell getragen wird. Die Beschäftigung mit der Entwicklung der Länder, Völker und Staaten auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen und Slowakischen Republik spiegelt sich, der Zielsetzung des Collegium Carolinum entsprechend, im Bestand der Bibliothek wider. Die Sammeltätigkeit konzentriert sich vorwiegend auf die wichtigsten Quellenwerke und Darstellungen zur Geschichte der böschen Länder und ihrer Beziehungen zu den Nachbarstaaten. In der Folgezeit bestimmten darüber hinaus besondere Arbeits- und Forschungsbereiche, wie die Geschichte der Habsburgermonarchie, Polens, Ungarns sowie Osteuropas nach 1945 und die Emigrationsforschung im 20. Jh, die Richtung des Bestandsaufbaus. Begünstigt durch die räumliche Nachbarschaft, erfolgte bald eine Zusammenlegung der Bibliotheksbestände des Collegium Carolinum mit denen des Sudetendeutschen Archivs, wobei Anfang der sechziger Jahre die gemeinsamen Bestände etwa 10.000 Bde umfaßten.

1.3 Das Sudetendeutsche Archiv arbeitet satzungsgemäß an Dokumentationen zur Geschichte der sudetendeutschen Volksgruppe, zur sudetendeutschen Frage sowie zur Volks- und Heimatkunde der Sudetendeutschen. Die Sammlung von sudetendeutschen Heimatzeitungen, Periodika und tschechischen Tageszeitungen nach 1945 ist in ihrem Umfang und ihrer Zusammensetzung wohl einmalig in der Bundesrepublik Deutschland. Das Archiv unterstützt durch eine Arbeitsgemeinschaft sudetendeutscher Heimatsammlungen die Arbeit von weit über 100 regional ausgerichteten Heimatmuseen und -sammlungen. Der Bibliotheksbestand von etwa 34.000 Bdn (Stand Ende 1989) ist auf diesen Zweck hin ausgerichtet.

1.4 Die Anfänge der Bibliothek der Ackermann-Gemeinde reichen in das Jahr 1950 zurück. Die Bemühungen konzentrierten sich zunächst auf die Anlage einer Handbibliothek, aus der sich eine für Externe nicht zugängliche Präsenzbibliothek entwickelte. Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre konnten umfangreiche Erwerbungen eingebracht werden. Ende 1989 waren die Bestände der Ackermann-Gemeinde schließlich voll in den Gesamtbestand im Sudetendeutschen Haus integriert.

1.5 Der Adalbert Stifter Verein verfolgt satzungsgemäß das Ziel, " die schöpferischen Kräfte der Deutschen aus den Ländern Böhmen, Mähren und Schlesien zu sammeln und die deutsche wissenschaftliche und künstlerische Tradition der Sudetenländer im Bereich der gesamtdeutschen und europäischen Kultur weiterzutragen". Die Wiederbelebung und Fortführung der Tradition der sudetendeutschen kulturellen Einrichtungen fand ihren Niederschlag auch bei der Einrichtung einer Bibliothek. Den Grundstock für die Bibliothek der Abteilung II Wissenschaft des Adalbert Stifter Vereins bildeten Bücherspenden, darunter zwei größere Posten aus dem Besitz der Lippischen Landesbibliothek und der Bayerischen Staatsbibliothek sowie Verlagsspenden.

1.6 Mit der Zusammenfassung der einzelnen Institutsbibliotheken im Jahre 1985 entstand in Westeuropa die größte und bedeutendste Bibliothek zur Geschichte der böschen Länder, der Tschechoslowakei bzw. ihrer beiden Nachfolgestaaten sowie der Nachbarvölker, mit besonderer Berücksichtigung der Sudetendeutschen vor und nach der Vertreibung. Mit einem durchschnittlichen jährlichen Zuwachs von etwa 5000 bibliographischen Einheiten umfaßt die Bibliothek etwa 110.000 bibliographische Einheiten einschließlich Zeitungen und Zeitschriften. Der größte Anteil mit 54,4 Prozent entfällt auf das Collegium Carolinum, darauf folgen das Sudetendeutsche Archiv mit 31,6 Prozent, die Ackermann-Gemeinde mit 8,7 Prozent, der Adalbert Stifter Verein mit 4,8 Prozent und die Historische Kommission für die Sudetenländer mit 0,5 Prozent. Obwohl der Aufbau erst in der Nachkriegszeit einsetzte, gelang es den Instituten, einen relativ umfangreichen historischen Buchbestand zusammenzutragen.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Der Großteil des Bestandes ist in einer Kompaktanlage im Numerus currens aufgestellt. Die vollständige Auszählung des historischen Bestandes erfolgte nach dem alphabetischen Zettelkatalog, aus dem zugleich die Zuordnung der Titel in die Themenbereiche des Sachkatalogs ersichtlich ist. Titel ohne Angabe des Erscheinungsjahres blieben unberücksichtigt, so daß der quantitative Rahmen ein Minimum darstellt.

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Bei einem Gesamtbestand von 110.000 bibliographischen Einheiten umfaßt der historische Bestand 4996 Titel (davon 3216 nichtbösche). Die ältesten Werke stammen aus dem 16. Jh: 6 Titel aus dem Themenbereich bösche Länder, der einen eindeutigen Schwerpunkt auch in der Literatur der folgenden Jahrhunderte darstellt. 35 Titel erschienen im 17. Jh, davon 28 aus dem Bereich bösche Länder, 207 Titel im 18. Jh, davon 126 aus dem Bereich bösche Länder. Aus der ersten Hälfte des 19. Jhs sind 562 Titel vorhanden, davon 324 aus dem Bereich bösche Länder. Mit Abstand den größten Umfang erreicht die Literatur der zweiten Hälfte des 19. Jhs mit 3186 Titeln, davon 2038 aus dem Bereich bösche Länder.

2.3 Aus der Zielsetzung der Institute ergibt sich weitgehend die Provenienz der Literatur. Naturgemäß sind die deutsche und die tschechische Sprache am stärksten vertreten. 3172 Titel (79,3 Prozent) sind in deutscher Sprache abgefaßt, wobei vor allem im 19. Jh die Bereiche Wirtschaft und Gesellschaft (547), Geschichte (637), Kultur (936) sowie Staat und Politik (518) dominieren. Der Schwerpunkt der 678 tschechischen Titel liegt auf den Bereichen Kultur (244) und Geschichte (162). Die lateinische Sprache ist mit 107 Titeln vertreten, wobei Kirche und Religion den größten Anteil haben (33, davon 19 im 18. Jh). Die französische Sprache ist mit 25 Titeln vertreten, davon 9 zu Staat und Politik im 19. Jh. Der Rest verteilt sich auf 14 englische, 4 bulgarische sowie einen italienischen und einen polnischen Titel.

Systematische Übersicht

2.4 Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf Titel, die sich nicht speziell mit der böschen Geschichte befassen. Die größte Gruppe mit 802 (454) Titeln bilden die Periodika, Hilfsmittel und Quellen sowie Literatur zu Themen des Bildungswesens, der Wissenschaft und Kultur. Hervorzuheben sind u. a. die Oesterreichische National-Encyklopädie (1835-1837) und der relativ seltene Strucny vseobecny slovnik vecny (Kurzgefaßtes allgemeines Sachlexikon, 1874-1882) von Jakub Maly, das erste wissenschaftliche Werk seiner Art in tschechischer Sprache. Außerdem sind so gut wie alle gedruckten Quellen zur Geschichte der älteren Epochen zu finden. Aus dem Bereich Demographie und Nationalitäten sind 76 (61) Titel vorhanden.

2.5 Werke zur allgemeinen Geschichte sind mit 377 (203) Titeln vertreten, dabei sind 127 (89) Titel keiner einzelnen Epoche zuzuordnen. Das größte Interesse findet die Zeit vor Maria Theresia, wobei der Abschnitt bis 1525, der die für die bösche Geschichte entscheidende Hussitenzeit einschließt, 99 (23) Titel aufweist. Der Dreißigjährige Krieg mit seinen Folgen bis zum Jahre 1740 bildet mit 79 (15) Titeln einen weiteren Schwerpunkt. Der Zeit zwischen 1525 und 1618 hingegen widmen sich nur 32 (6) Titel. Erst die für die Habsburgermonarchie bedeutenden Ereignisse von 1848 bis 1866 bilden mit 21 (21) Titeln einen weiteren Schwerpunkt. Die Zeit Maria Theresias, der Napoleonischen Kriege und der Vormärz sowie die Zeit nach der Entscheidung von Königgrätz 1866 sind mit 9 (22), 6 (19) und 4 (8) Titeln vertreten. Hervorzuheben sind die Erstausgabe von Melchior Goldasts De Bohemiae regni iuribus ac privilegiis (1627), die Chronologische Geschichte Böhmens von Franz Pubitschka (1770-1801) sowie die Nowá Kronyka Czeská w kteréz pribehy obywateluw zeme Czeské od pocátku az do nynejssich casu von Frantisek Martin Pelcel (1791-1792). Die Bösche Chronik des Hajek von Libotschan in der deutschen Übersetzung von Johann Sandel (1697) stellt den ältesten Titel des Sudetendeutschen Archivs dar.

2.6 Heimat-, Landes- und Volkskunde sowie Geographie liegen mit 621 (189) Titeln vor, zu denen Jaroslaus Schallers Topographie des Königreichs Böhmen (1785-1791), Johann Gottfried Sommer, Das Königreich Böhmen, statistisch-topographisch dargestellt (1833-1849) sowie von Gregor Wolny Die Markgrafschaft Mähren, topographisch, statistisch und historisch geschildert (1835-1842) gehören. Ein großer Teil dieser Gruppe besteht aus broschierten Orts- und Regionalgeschichten und -beschreibungen sowie Jubiläumsschriften für Vereine, Personen, Institutionen u. a. An literaturwissenschaftlichen Abhandlungen im engeren Sinn sind nur 12 (8) Titel vorhanden.

2.7 Die Gruppe Religion und Kirchen umfaßt 208 (85) Titel, wobei auch Bau- und Kunstgeschichten einzelner Kirchen enthalten sind. In dieser Abteilung ist der Frühdruck einer tschechischen Bibel, der Biblij Czeská w Benátkách tisstená (Bösche Bibel, Venedig 1506), zu nennen. Staatslehre, Verfassungsgeschichte, Politik, politische Parteien sowie Organisationen werden in 91 (133) Titeln behandelt. Wirtschaft und Gesellschaft sind durch 196 (181) Titel repräsentiert.

Sondersammlungen

2.8 Die Sammlung von Karten und Plänen umfaßt etwa 1500 teilweise alte und seltenere Exemplare. Es handelt sich um Touristenführer, Wanderkarten, Stadt- und Ortspläne des böschen Raumes sowie Reproduktionen der Josefinischen Landesaufnahme. Sie werden in erster Linie vom Sudetendeutschen Archiv gesammelt. Nur die wenigsten Stücke lassen sich zeitlich eindeutig zuordnen und in die Zeit vor 1900 datieren. Zwei historische Karten entstanden im 18. Jh, 7 in der ersten Hälfte des 19. Jhs wie auch 10 amtliche Karten, eine politische und eine Verkehrskarte. Der zweiten Hälfte des 19. Jhs lassen sich 7 amtliche Karten zuordnen, 4 historische, 2 politische, 7 Touristen- und Wanderkarten und eine Verkehrskarte. 5 Exemplare gehören zu den " Militärischen Hand- und Generalstabskarten". Den Hauptanteil stellen die amtlichen Karten (210).

2.9 Verschiedene Nachlässe zeitgeschichtlich bedeutender Persönlichkeiten bereichern den historischen Buchbestand, wenn auch nur begrenzt, so die Nachlässe des Lehrers und Heimatforschers Franz Peschel (1889-1968), des Volkskundlers Josef Hanika (1900-1963), Wilhelm Weizäckers (1886-1961), eines der bedeutendsten Vertreter der deutschen Rechtsgeschichte, sowie des Textilindustriellen Eric Paesold (1906). Letzterer brachte etwa 130 Titel ein, davon etwa ein Drittel aus der Zeit vor 1900. In den siebziger Jahren erwarb das Collegium Carolinum nach dem Tode von Vladimir Pekelsky, einem tschechischen Emigranten, das von diesem aufgebaute Bohemia-Archiv, das umfangreiche Bestände enthält.

3. KATALOGE

  Alphabetischer Katalog

[nach PI; mit Titelnachweisen fremder Bibliotheken und Aufsätzen aus dem Periodikabestand]

Systematischer Katalog

[ohne bösche Länder; nach Hausregeln]

Systematischer Katalog

[bösche Länder; nach Hausregeln]

Chronologischer Katalog für bösche Länder von der Vor- und Frühgeschichte bis zur Gegenwart

[ca. 1984 abgebrochen]

Allgemeiner Länderkatalog

[Länder und Landesteile ohne die böschen Länder]

Regionalkatalog

[bösche Länder bzw. Tschechoslowakei und ihre beiden Nachfolgestaaten]

Personenkatalog

[Personen und Familien]

Alphabetischer Zeitschriftenkatalog

Systematischer Zeitschriftenkatalog [nach Hausregeln]

Standortkataloge für die Handbibliotheken im Lese- und Seminarraum

Katalog der Kartensammlung

Die Bestände sind weder im Bayerischen Zentralkatalog noch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

25 Jahre Collegium Carolinum München 1956-1981. München 1981

Doskocil, Walter: Studienbibliothek der Ackermann-Gemeinde. In: Sudetenland 24 (1982) S. 38-42 [auch als Sonderdruck der Ackermann-Gemeinde]

Zelenka, Ales: Die Bibliothek im Sudetendeutschen Haus in München. In: Bibliotheksforum Bayern 18 (1990) S. 48-52

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Im Rahmen der Tätigkeitsberichte des Collegium Carolinum in: Bohemia, Jahrbuch des Collegium Carolinum 1 (1960) ff.,

ab Bd 21 (1980): Bohemia, Zeitschrift für Geschichte und Kultur der böschen Länder

Stand: Dezember 1989

Alexander Usler


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.