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Schloßbibliothek im Thüringer Landesmuseum Heidecksburg

Adresse. Schloßbezirk 1, 07407 Rudolstadt [Karte]
Telefon. (03672) 42 21 45 und 41 22 11

Unterhaltsträger. Landratsamt Rudolstadt
Funktion. Spezialbibliothek musealen Charakters. Sammelgebiet. Literatur des 18. Jhs.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung während der Öffnungszeiten des Museums Montag bis Freitag 9-15 Uhr. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erwünscht. Vom Bahnhof Rudolstadt Fußwegnähe (ca. 20 Minuten) zur Heidecksburg. A 4 (E 40), Ausfahrt Weimar, B 85, oder Ausfahrt Jena-Göschwitz, B 88; A 9 (E 49/51), Ausfahrt Hirschberg über Saalfeld nach Rudolstadt. Parkplatz vor dem Schloßgebäude.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das Barockschloß Heidecksburg, das weithin sichtbar die Silhouette der ehemaligen schwarzburgischen Residenzstadt Rudolstadt bestimmt, ist seit 1918 nach der Abdankung des Fürsten Günther Viktor von Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen (1852-1925; reg. von 1890 bis 1918) als Museum der Öffentlichkeit zugänglich. Schloß und Sammlungen, bestehend aus der fürstlichen Bildersammlung, dem Graphikkabinett, dem Bestand an Glas, Fayencen und Porzellan, den naturkundlichen Sammlungen und einer Bibliothek, wurden in die Fürst-Günther-Stiftung überführt und museal genutzt.

1.2 Die Büchersammlung geht auf die Fürstliche Handbibliothek zurück (s. Petzholdt, Adressbuch 1875, S. 359), die 1804/1805 auf der Burg verblieb, als unter Fürst Ludwig Friedrich II. (1767-1807; reg. seit 1793) die Obere Hofbibliothek durch die Ketelhodtische Bibliothek erweitert wurde und als Fürstliche Öffentliche Bibliothek (vgl. Historische Bibliothek der Stadt Rudolstadt, 1.12-1.14) in das günstig im Stadtzentrum gelegene Haus am Neumarkt umzog. Die fürstliche Privatbibliothek war im 19. Jh wahrscheinlich in den jeweiligen Privatgemächern untergebracht. Erst um 1870 entstand auf dem Schloß wieder ein separater Bibliotheksraum, 1896 werden in einem Raumverzeichnis die " Hofbibliothek" als Bildergalerie, ein " Vorzimmer zum Lesezimmer" und eine " Hofbibliotheksstube" erwähnt. Eine Photographie aus dem Jahre 1910 zeigt die Bücher in hohen, vergitterten Schränken, auf den Schränken steht eine Galerie Porträtplastiken, die Wände sind mit Bildern geschmückt. 1918 verblieb die Fürstliche Handbibliothek im Schloß, doch scheint sie nicht weiter beachtet worden zu sein, denn 1921 fand man sie " in einem völlig verwahrlosten Zustand vor". Die Bestände wurden nun der neu entstehenden Museumsbibliothek zugeordnet und z. T. mit ihr vermischt. Im Laufe der Jahrzehnte gelangten u. a. Bücher aus der ehemaligen F. S. Bautechnischen Bibliothek zu Rudolstadt (der sogenannten Baubibliothek), der Rudolstädter Gymnasialbibliothek und der Sammlung Ketelhodt auf die Heidecksburg. Eine Übersicht von 1934 verzeichnet 7500 Bde.

1.3 In den siebziger Jahren des 20. Jhs begann die Neuinventarisierung der vorgefundenen historischen Buchbestände, die die Grundlage für die heute vorgenommene bibliographische Erfassung bildet. Nach langwierigen Restaurierungsarbeiten wurde die Schloßbibliothek in den historischen Räumen im Obergeschoß des Nord-Westflügels der Heidecksburg am 25. September 1992 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie " präsentiert sich ganz im Stil des ausgehenden 18. Jhs": Der erste Raum wurde als Arbeitsraum eingerichtet, der zweite und dritte Raum nehmen die etwa 5000 Bde auf, die thematisch geordnet sind: Altertum, Atlanten, Archäologie, Bibel, Baukunst, Bauhandwerk, Graphik (inklusive Kinderbücher und Almanache), Kalender, Kunstgeschichte, Kunsthandwerk, Kulturgeschichte, lateinisch-griechische Literatur, Lexika, Malerei, Marstall, Ostasiatika, Pädagogik, Plastik, Reisebeschreibungen, Zeitschriften und, als größte Bestandseinheit, die 1257 Bde des 16. bis 18. Jhs aus dem Naturhistorischen Museum (s. Eintrag dort). Die Schloßbibliothek gilt als abgeschlossene Sammlung, lediglich die Dienstbibliothek wird durch neue Literatur ergänzt.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Gesamtbestand der Schloßbibliothek einschließlich der Museumsbibliothek zählt etwa 4500 Bde. Der am Regal ausgezählte historische Buchbestand umfaßt 1786 Bde (39,7 Prozent): 16. Jh 48 (2,7 Prozent des historischen Bestandes), 17. Jh 62 (3,5 Prozent), 18. Jh 582 (32,6 Prozent), 19. Jh 1094 (61,2 Prozent).

2.2 Der Bestand ist zu 84,8 Prozent deutschsprachig (16. Jh 20, 17. Jh 46, 18. Jh 493, 19. Jh 955). In französischer Sprache sind 168 (9,4 Prozent; 17. Jh einer, 18. Jh 52, 19. Jh 115), in lateinischer 71 (4 Prozent; 16. Jh 23, 17. Jh 12, 18. Jh 28, 19. Jh 8), in englischer 17, in weiteren Sprachen 16.

Systematische Übersicht

2.3 Einige besonders kostbare Drucke gingen zu Anfang des 19. Jhs nicht an die Öffentliche Bibliothek ( s. o. 1.2), sondern verblieben in fürstlichem Privatbesitz. Sie kommen heute den musealen Sammelaspekten " illustriertes Buch" und " bildliche Darstellung" sehr entgegen. Sie stammen vornehmlich aus dem Besitz des Fürsten Ludwig Günther II. (1702-1790; reg. seit 1767), der in der Ludwigsburg " eine beträchtliche Anzahl von guten Bücher gesammelt [hatte], die er kannte und zu benutzen wußte." Er pflegte besonders die Schönen Künste und Wissenschaften. Bei seinem langen Aufenthalt in den Niederlanden und in Italien hatte er " nicht allein Gelegenheit gefunden, sich mit den besten dahin einschlagenden ältern Werken bekannt zu machen, sondern er gieng auch mit dem Neuen fort und las täglich, auch noch in seinem hohen Alter ..." (Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Schwarzburgica, A VIII 5a Nr. 8, Bl. 33-35). Der Rudolstädter Hof stand in dem Ruf, literarischen Strömungen gegenüber aufgeschlossen zu sein.

2.4 Unter den 615 Bdn der Gruppe Belletristik (34,4 Prozent; 17. Jh 2, 18. Jh 272, 19. Jh 341) finden sich Erstausgaben und mehrere Werkausgaben, auch eine kleine Sammlung von Taschenbüchern, darunter das Taschenbuch für Damen (Tübingen, in den Jahrgängen 1800-1803, 1805, 1807, 1808, 1810, 1813) und ein kolorierter " neuer Almanach" aus Paris unter dem Titel L'Optimisme des nouveautés ou l'effusion sentimentale, 1788. Die Amsterdamer Ausgabe von Boccaccios Il Decamerone (1665) befand sich ursprünglich in der Gymnasialbibliothek Rudolstadt. Weiterhin liegen Sämmtliche Kleinere Gedichte von Luise Adelgunde Victoria Gottsched (Leipzig 1763) vor.

2.5 Neben Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre (Berlin 1795-1796) und Wilhelm Meisters Wanderjahre (Stuttgart und Tübingen 1821) ist auch dessen fingierte Ergänzung Wilhelm Meisters Wanderjahre (Quedlinburg 1823-1828) von Johann Wilhelm Pustkuchen-Glanzow vorhanden. Weiterhin liegen Goethes Dichtung und Wahrheit (Tübingen 1811-1814) und seine Schrift Zur Naturwissenschaft überhaupt, besonders zur Morphologie (Stuttgart und Tübingen 1817-1824) vor. Von Schiller, der enge Beziehungen zu Rudolstadt hatte, besitzt die Bibliothek ein noch ungebundenes Exemplar der Horen (Stück 1-12, 1795-1797), Wallenstein (Tübingen 1800), das Theater von Schiller (Tübingen 1805-1806) und die Briefe an den Freiherrn Heribert von Dalberg (Karlsruhe und Baden 1819).

2.6 Die Bestandsgruppe " Baukunst und Bauwesen" enthält 296 Bde (16,6 Prozent; 16. Jh einer, 17. Jh 8, 18. Jh 116, 19. Jh 171). Der Mathematiker, Architekt und Bergrat Johann Friedrich Penther (1693-1749) ist mit Collegium Architectonicum oder Anleitung zur Civil-Bau-Kunst (Göttingen 1738), Ausführliche Anleitung zur Bürgerlichen Bau-Kunst (Augsburg 1744-1745) und Bau-Anschlag oder richtige Anweisung in zweyen Beyspielen (Augsburg 1753) vertreten. Hirschfelds Theorie der Gartenkunst (Leipzig 1779-1785) stammt aus dem Besitz des Fürsten Ludwig Günther.

2.7 Zur Malerei, Plastik, Graphik und Kunstgeschichte sind 199 Bde (11,1 Prozent; 16. Jh einer, 17. Jh 4, 18. Jh 28, 19. Jh 166) nachgewiesen, darunter die Ansichten von Palästina von Ernst Friedrich Karl Rosenmüller (Leipzig 1810-1814) und die Reise durch Sachsen von Nathanael Gottfried Leske (Leipzig 1785). Kupfertafeln zu Reisewerken über den Orient, Ägypten und die Polarländer sind ebenso vorhanden wie die " malerischen Ansichten" sächsischer Gegenden, des Rheins oder der Bäder des Taunus. Hervorzuheben sind die Teutsche Academie der Bau-, Bildhauer- und Maler-Kunst, worinn die Regeln und Lehrsätze dieser Künste gegeben von Joachim Sandrart (Nürnberg 1768-1775), die zweisprachige (lateinisch-italienische) Prospectiva de pittori e architetti von Andrea Pozzi (Teil 1, Rom 1693) und der Todten-Tantz, wie derselbe in der löblichen und weitberühmten Stadt Basel, als ein Spiegel Menschlicher Beschaffenheit, gantz künstlich gemahlet und zu sehen ist (Frankfurt 1696).

2.8 In der " Altertumskunde und Archäologie" finden sich 128 Bde (7,2 Prozent; 17. Jh einer, 18. Jh 27, 19. Jh 100), darunter die Collection of Etruscan, Greek, and Roman Antiquities from the Cabinet of the Hon. W. Hamilton (Neapel 1766-1767) von Pierre-François Hugues (gen. d'Hancarville), eines der schönsten Stücke der Sammlung. Philipp Baron von Stoschs französisch-lateinische Gemmae antiquae caelatae scalptorum nominibus insignitae, illustriert von Bernard Picart, diente den fürstlichen Sammlern in Rudolstadt zum Aufbau ihrer eigenen Daktyliothek. Der Recueil des marbres antiques qui se trouvent dans la Galerie du Roy de Pologne à Dresden (Dresden 1733) enthält eine Dedikation (20. August 1761) an Fürst Johann Friedrich von dem Direktor der Meißener Porzellanmanufaktur Carl Sigismund von Nimptsch; der Band ist von Fürst Ludwig Günther signiert. Auch Homer, nach Antiken gezeichnet von Heinrich Wilhelm Tischbein, mit Erläuterungen von Christian Gottlob Heyne (Göttingen 1801) ist zu nennen.

2.9 Unter den historischen und kulturgeschichtlichen Werken (90 Bde, 5 Prozent; 16. Jh 20, 17. Jh 28, 18. Jh 28, 19. Jh 14) ist das illustrierte Theatrum Europaeum, begonnen von Matthaeus Merian (21 Bde, Frankfurt 1643-1738), mit der Provenienz Fürst Ludwig Günther hervorzuheben. Unter 17 Topographien sind die Topographia Superioris Saxoniae, Thüringiae, Misniae, Lusatiae etc. von Martin Zeiller (Frankfurt 1650). Ein weiterer Merian-Druck, Der Fruchtbringenden Gesellschafft Vorhaben, Nahmen, Gemählde und Wörter (Frankfurt 1646), zusammengestellt von Ludwig von Anhalt-Köthen, ist in 2 Exemplaren vorhanden. Die OEuvres posthumes des Königs Friedrich II. von Preußen (15 Bde, Berlin 1788) stammen aus dem Vorbesitz Fürst Ludwig Günthers.

2.10 Zur Pädagogik sind 80 Bde vorhanden (4,5 Prozent; 16. Jh 4, 17. Jh 8, 18. Jh 21, 19. Jh 47), darunter auch der vielgelesene Roman Carl von Carlsberg oder über das menschliche Elend von Christian Gotthilf Salzmann (Leipzig 1783-1788), illustriert von Chodowiecki und Pentzel.

2.11 Der Bestand an Lexika und Atlanten umfaßt 67 Bde (3,8 Prozent; 18. Jh 31, 19. Jh 36). Aus der Provenienz Fürst Johann Friedrich von Schwarzburg-Rudolstadt (1721-1767; reg. seit 1744) stammen das Allgemeine Künstler-Lexicon (Zürich 1763) und das Allgemeine Lexicon der Künste und Wissenschaften von Johann Theodor Jablonski (Königsberg und Leipzig 1748). Auch der Novus Atlas sive theatrum orbis terrarum von Willem und Jan Blaeu (Amsterdam 1659) ist im Bestand.

2.12 Die Gruppe Theologie umfaßt 45 Bde (2,5 Prozent; 16. Jh 20, 17. Jh 4, 18. Jh 9, 19. Jh 12). Die Biblia (Wittenberg: Lufft 1541) und Die Propheten alle Deudsch (Wittenberg: Lufft 1541) weisen die Einbandprägung " Iohan. Graf von: Aldenburgk" auf. Neben dem Chorbuch von Orlando di Lasso Patrocinum musices ... (München: Adam Berg 1573) sind auch Zwölff Leichpredigten ... zu Franckenhausen gehalten von Heinrich Eckhard (Leipzig 1614) zu nennen.

2.13 Unter der Bezeichnung " Marstall" sind 22 Bde Pferdeliteratur zusammengefaßt (1,2 Prozent; 16. Jh 2, 17. Jh 8, 18. Jh 10, 19. Jh 2), darunter einige kostbare Werke. Von Johann Elias Riedinger (1698-1767) sind die Neue Reit-Kunst (Augsburg 1722), Abbildung der Jagtbaren Thiere mit derselben angefügten Fährten und Spuhren (Augsburg 1740) und Vorstellung und Beschreibung derer Schul und Campagne Pferden nach ihren Lectionen ... (deutsch und französisch, Augsburg 1760) vorhanden.

2.14 Von dem Berghauptmann, Kameralisten und Stallmeister Georg Engelhard Löneyßen (Löhneyss, Löhneisen, †/ um 1623), der eine eigene Druckerei eingerichtet hatte, besitzt die Bibliothek Von Zeumen. Gründtlicher Bericht des Zeumens und ordentliche Außteilung der Mündtstück und Stangen ... (Grüningen 1588) und die Neubearbeitung unter dem Titel Neu-eröffnete Hof-, Kriegs- und Reit-Schul von Valentin Trichter (Nürnberg 1729). Die Neu-eröffnete Reit-Bahn oder Der Vollkommene Bereuter des Herzogs von Newcastle ist in der französisch-deutschen Übersetzung vorhanden (Nürnberg 1700). Aus der Provenienz des Fürsten Ludwig Günther stammt der Cours d'hippiatrique ou traité complet de la médicine des chevaux von Etienne-Guillaume Lafosse (Paris 1772).

2.15 Unter den 245 Zeitschriftenbänden (13,7 Prozent; 18. Jh 40, 19. Jh 205) befinden sich Der (Neue) Teutsche Merkur (1773-1805), hrsg. von Christoph Martin Wieland, sowie Bertuchs Journal des Luxus und der Moden (Weimar, 1786-1822) und das Frankfurter Journal des dames et des modes (1799-1847), beide mit Lücken.

3. KATALOGE

Alphabetischer Katalog

[in Zettelform; nach hauseigenen Regeln]

Systematischer Katalog

[in Zettelform; nach hauseigener Systematik, 12 Sachgruppen]

EDV-gestützter Katalog [im Aufbau]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Henkel, Jens: Geschichte und Gegenwart einer fürstlichen Büchersammlung. In: Jahrbuch. Landkreis Rudolstadt (1994) S. 138-144

Stand: März 1995

Felicitas Marwinski

Weronika Röser


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.