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Újezd Svatého Kríze [Heiligenkreuz]

Schloßbibliothek

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Schloß Heiligenkreuz gelangte am Ende des 17. Jhs als Erbe in den Besitz der Grafen Zucker von Tamfeld, die beim Aufbau ihrer Bibliothek auf die Büchersammlung der Freiherren Laminger von Albenreuth zurückgreifen konnten. Den größten Verdienst um die Bibliothek hatte Franziska Zucker von Tamfeld (1739-1794), die letzte Angehörige dieses Hauses, verheiratet mit dem Freiherrn Johann Joseph Dionyse Kotz von Dobrsch (1744-1807). Die Mehrzahl der Alten Drucke ist mit ihrem Namenszug versehen. Die weitere Entwicklung der Bibliothek wurde geprägt von den Freiherren von Kotz, hauptsächlich von Christian (1806-1883), seiner Gemahlin, der Prinzessin Aglaja von Auersperg (1812-1899), und ihrem Sohn Wenzel (1842-1912) mit seiner zweiten Gemahlin, der Gräfin Henriette von Kolowrat-Krakowský (1859-1908). Nach dem Zweiten Weltkrieg erlitt die Bibliothek große Verluste. Später kam ein Teil der aufgelösten Sammlung der zweiten Linie des gräflichen Hauses hinzu, der Familie Kotz von Dobrsch aus Hlavnovice [Hlawnowitz]. Die Schloßbibliothek wurde unter die Verwaltung des Nationalmuseums in Prag gestellt, in dessen Besitz sie sich heute befindet. Újezd Svatého Kríze [Heiligenkreuz]

1.2 Zur Sammlung gehört ein Teil der einst umfangreichen Renaissancebibliothek von Franz Gottfried Troilo von Lessotho (ca. 1580-ca. 1650) und ein Rest der Bibliothek der Grafen Hrzán von Harasov, vor allem mit den von Karl Joseph Hrzán (†1776) und von seinen Verwandten Putz von Adlersthurn erworbenen Beständen. Vorbesitzer der Bücher aus der Bibliothek Troilos waren die Markgrafen von Baden und die Herzöge von Sachsen-Lauenburg in Ostrov nad Ohrí [Schlackenwerth]. Darüber hinaus enthält die Bibliothek zahlreiche Fragmente von adligen und kirchlichen Sammlungen, die heute nicht mehr bestehen, z. B. der Bibliothek von Jaroslav Borita von Martinitz (1582-1649), der Sammlung des Grafen Friedrich Georg Wilhelm von Wied (1712-1779) oder der in den Jahren 1783 und 1784 aufgehobenen Konventsbibliotheken der Trinitarier und der Unbeschuhten Karmeliter in Prag. Die Bestände aus den Konventsbibliotheken tragen die Exlibris Conventus Pragensis Ordinis Excalceatorum Trinitatis de Redemptione Captivorum und Convent. Discal. Pragae.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Bibliothek umfaßt 7126 Bde, davon 85 Hss., 68 Drucke aus dem 16. Jh, ca. 200 Bde aus dem 17. Jh und ca. 1500 Bde aus dem 18. Jh. Der Rest stammt aus dem 19. Jh (ca. 4000 Bde) und vom Anfang des 20. Jhs. 250 Landkarten, Pläne und Atlanten ergänzen den Bestand. Etwa 70 Prozent des Bestandes sind deutsche Werke.

2.2 Im Bestand der Alten Drucke sind 30 Prozent der Bände in deutscher Sprache und ca. 25 Prozent in lateinischer. Sie wurden großenteils in Deutschland gedruckt. Einen bemerkenswert großen Bestandsanteil (überwiegend aus der Bibliothek der Grafen Hrzán) haben chemische, alchemistische, magische und kabbalistische Werke. Zu den ältesten Drucken zählen Theophrastus Paracelsus, Erster (Ander) Theil der Bücher vnd Schriften (Basel 1589); Robert Fludd, Utrisque cosmi maioris scilicet et minoris metaphysica ... (Oppenheim 1617) und Johann Rudolph Glauber, Miraculi mundi continuatio. Darinnen die gantze Natur entdeckt (Amsterdam 1657). Aus derselben Sammlung stammen zahlreiche medizinische und pharmazeutische Schriften, darunter Thesaurus pauperum. Schatz von Artznei (o. O. 1561) und Joseph Jakob von Plencks Chirurgische Pharmacie (Wien 1780).

2.3 Zahlreich vertreten sind zudem Werke zu Mathematik, Geometrie und vor allem Technik und Architektur, ferner zu naturwissenschaftlichen Disziplinen einschließlich der Hippologie. Nennenswerte Titel aus dem 18. Jh sind Johann Theobald Bion, Neuer cursus mathematicus (Wien 1745) und Paolino Chelucci, Institutiones analyticae earumque usus in geometriae (Wien 1761) zur Mathematik sowie Bernard Forest de Bélidor, Architectura hydraulica (Augsburg 1764) zur Architektur. Unter den Geisteswissenschaften ist nur die Geschichte nennenswert vertreten; Schwerpunkte liegen bei der Genealogie, numismatischer Literatur und Werken zur böhmischen Geschichte. Den Rest der Alten Drucke bilden Werke antiker Autoren, Theaterliteratur des 18. Jhs, Memoiren und Biographien, gängige Belletristik, Wörterbücher und Gesetzessammlungen.

2.4 Die Sammlung des 19. und 20. Jhs thält zu ungefähr 80 Prozent deutsche Schriften. Sie konzentriert sich wiederum auf Chemie und andere Naturwissenschaften. Nennenswert sind u. a. Georg Adolf Suckows Anfangsgründe der Mineralogie (Leipzig 1804), Johann Joseph von Prechtls Grundlehren der Chemie (Wien 1813-1815) und Johann Friedrich Blumenbachs Handbuch der Naturgeschichte (Wien 1816). Zum Bereich der Bildenden Kunst finden sich neben kunsttheoretischen und kunsthistorischen Handbüchern umfangreiche Bestände an künstlerischen Reproduktionen, Auktionskatalogen u. a. Es liegen beispielsweise vor Jules Gailhabaud, Denkmäler der Baukunst (Hamburg 1842-1852) und Liberat Hundertpfund, Die Malerei auf ihre einfachsten und sichersten Grundsätze zurückgeführt (Augsburg 1847).

2.5 Zahlreich sind die juristischen Werke mit Gesetzessammlungen und Verordnungen sowie die Schematismen der Länder Österreich-Ungarns. Die historische und topographische Literatur ist hauptsächlich der Geschichte der böhmischen Länder gewidmet. Neben Belletristik des 19. Jhs enthält die Bibliothek ferner hippologische Publikationen, Schriften zum Jagd- und Forstwesen sowie landwirtschaftliche und kynologische Literatur. Erwähnenswert sind schließlich Schulbücher aller Fächer und als separate Gruppe eine Sammlung von Landkarten, Plänen, Atlanten und weiterer geographischer Literatur, vor allem zu Europa, aber auch zu einigen außereuropäischen Ländern.

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Standortkatalog [erstellt 1976-1977]

Standortkatalog - Handschriften, Karten

[erstellt 1986]

3.2 Historische Kataloge

Verzeichnis vorfindlicher Bücher in der Sr. Hoch Reichs Gräflichen Gnaden Frauen Franzisca ... Frey- inn Kotz v. Dobrsch ... gehörigen Büchersammlung in Heilig Kreutz. 1786 [befindet sich im Buchmuseum in Zdár nad Sázavou; Signatur Ms 8 b]

Bücher-Katalog Wlasko Kotz. 1872 [zur Bibliothek von Wenzel Kotz von Dobrsch; Signatur R 47]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Lifka, Bohumír: Knihovny v Horšovském Týne [Bibliotheken in Bischofteinitz]. In: Horšovský Týn. Státní zámek, mesto a okolí [Bischofteinitz. Staatsschloß, Stadt und Umgebung]. Praha 1953, S. 14

Mašek, Petr: Knihovna ze zámku Újezd Svatého Kríze [Die Bibliothek aus dem Schloß Heiligenkreuz]. In: Sborník Národního muzea v Praze, rada C [Sammelband des Nationalmuseums in Prag, Reihe C] 31 (1986) Nr. 1-2, S. 101-116

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Mašek, Petr: Schloßbibliothek Újezd Svatého Kríze. In: Günter Scholz (Hrsg.): Libri castellani. Europäische Bücherschätze aus Adelsbibliotheken in Böhmen. Böblingen 1992, S. 31, 48 [Ausstellungskatalog]

Stand: Dezember 1996

Petr Mašek


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.