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Wartburg-Bibliothek der Wartburg-Stiftung

Adresse. Wartburg, 99817 Eisenach [Karte]
Telefon. (03691) 250-261
Telefax. (03691) 20 33 43

Unterhaltsträger. Wartburg-Stiftung
Funktion. Spezialbibliothek für die wissenschaftliche Arbeit auf der Wartburg. Sammelgebiet. Literatur über die Wartburg (Sängerkrieg, Minnesänger) und Eisenach, die Hl. Elisabeth, Luther, die Reformation, die Burschenschaften, ferner zur allgemeinen Geschichte, Literatur-, Kunst- und Kulturgeschichte.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Benutzung nach Vereinbarung, während der Öffnungszeiten der Wartburg: täglich 9-16 Uhr. - Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erwünscht. - Ab Bahnhof Eisenach von Mai bis Oktober Busverkehr zur Wartburg, von der Haltestelle 10 Minuten Fußweg zur Burg. A 4 (E 40), Ausfahrt Eisenach-Ost oder -West, Parkschleife unterhalb der Wartburg, 10 Minuten Fußweg. Parkplätze am Stadtrand, in der Saison Pendelverkehr zur Wartburg.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Aus Anlaß des 400. Geburtstages von Martin Luther am 10. November 1883 rief der Weimarer Buchhändler Kühn mit Genegung des Großherzogs Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach (1818-1901, reg. seit 1853) zur Gründung einer Luther-Bibliothek auf, die auf der Wartburg ihren Platz finden sollte. Zahlreiche Spenden, namentlich verschiedene Bibelausgaben und Katechismen, gingen ein. Der Schriftsteller Richard Voß (1851-1918), 1884 zum Bibliothekar der Wartburg ernannt, gewann Heinrich Klemm (1818-1886), Königlich Sächsischer Kommissionsrat und Besitzer des Bibliographischen Museums zu Dresden, für die Fortsetzung des Unternehmens. 1885 skizzierte Klemm der seine erste Sammlung (5000 Bde) 1884 dem Leipziger Buchgewerbemuseum (heute Deutsches Buch- und Schriftmuseum in der Deutschen Bücherei Leipzig) übergeben hatte den Plan der neuen Wartburg-Bibliothek ( s. u. 4.2). Unter Mitbenutzung des bereits Vorhandenen sollte nicht nur die " auf die Wartburg selbst bezügliche ältere und neuere Literatur", sondern überhaupt alles vereinigt werden, " was über die thüringischen Lande im weitesten Sinne von jeher und bis auf die neueste Zeit geschrieben und gedruckt worden ist, sowohl in bezug auf allgemeine Geschichte von den ältesten Zeiten her, wie speziell über ihre stets hochangesehenen Fürstengeschlechter, über Land und Volk, Städte, Flecken, Burgen, Klöster, Sitten und Gebräuche aller Zeiten". Hinzu kam alles, was sich auf die Sammlungen ( z. B. die Rüstsammlung) bezog.

1.2 Eine zweite wichtige Aufgabe sah Klemm darin, " die schriftstellerischen Leistungen des großen Reformators D. Martin Luther in ihren seltenen Original-Ausgaben pietätvoll zu sammeln und sie der Nachwelt zu erhalten". Um ein Gesamtbild des Reformationszeitalters zu gewinnen, sollten auch die Schriften seiner Mitstreiter (Melanchthon, Zwingli, Hutten u. a.) und die der Gegner zusammengetragen werden. Klemm förderte tatkräftig das Projekt, indem er die Antiquariate in Deutschland, Österreich und der Schweiz nach Lutherdrucken absuchte, die er für die Eisenacher Bibliothek erwarb und ihr übereignete. Auch unterstützte er die Absicht, die Bibliothek, um ihre Benutzung zu erleichtern, von der Burg in die Stadt zu verlegen. Als sachkundiger Bibliophiler stellte er fest, daß die aus gleichem Anlaß 1883 gestiftete " Luther-Bibliothek des Paulus-Museums der Stadt Worms" ihr vom Bestand her nicht gleichkam. Sein plötzlicher Tod 1886 setzte seinem Wirken für die Luther-Bibliothek ein Ende.

1.3 Zunächst waren die Bücher im obersten Stockwerk des Bergfrieds untergebracht. 1885 erhielten sie ihren Platz neben dem Pirckheimer-Stübchen in der 1878 von Michael Welter (1808-1892) mit Malereien ausgestatteten oberen Vogteistube, in die 1872 ein sogenannter " Nürnberger Erker" eingebaut worden war. In diesem als Lesezimmer eingerichteten Bibliotheksraum waren die Bücher in Schränken untergebracht. Doch schon bald erwies sich der Raum als zu klein.

1.4 1887 wurde aus der ehemaligen Gymnasialbibliothek, dem nicht juristischen Teil der Bibliothek des Appellationsgerichts, dem Vermächtnis des Hofrats aus Ruhla, Alexander Ziegler († 1887), und " dem weitaus größten Teil" der Wartburg-Bibliothek (als einem Teil des Großherzoglichen Krongutes) die Carl-Alexander-Bibliothek gebildet. Sie wurde 1889 in der ehemaligen, mit dem Gymnasium baulich verbundenen Predigerkirche eröffnet, wo die Bestände für die Einwohnerschaft leichter zugänglich waren. Die Wartburg-Bibliothek war hier als besondere Abteilung mit eigenen Katalogen aufgestellt. Sie verfügte aber über keinen eigenen Etat.

1.5 1893 besaß die Carl-Alexander-Bibliothek 14.400 Bde (darunter 9 Inkunabeln), 8400 Schulprogramme und einige Hss. meist historischen Inhalts. Die Wartburg-Bibliothek wurde parallel zu den übrigen Beständen überwiegend aus Geschenken erweitert, sie verfügte 1903 über 2600 Bde. 1926 wurde die Stiftung Carl-Alexander-Bibliothek eingerichtet. Beteiligt waren die Stadt Eisenach, das Land Thüringen und die Wartburg-Stiftung. Die Satzung enthielt die Bestimmung, daß bei Auflösung der Stiftung die Bücher in die Verwaltung derjenigen Stifter zurückfallen sollten, durch die sie eingebracht worden waren.

1.6 1947 gab es erste Bestrebungen, die Stiftung aufzulösen und die Bestände der Carl-Alexander-Bibliothek auseinanderzureißen. Der Burgwart Hermann Nebe (1877-1961) bemühte sich, die Bücher wieder auf die Wartburg zurückzuholen, sein Nachfolger, Wartburg-Direktor Sigfried Asche (1906-1985), verfolgte die gleiche Absicht. 1955 befanden sich die Bücher wieder auf der Burg; ein offizielles Übergabeprotokoll datiert vom 3. Februar 1958. Die Wartburg-Bibliothek war zu diesem Zeitpunkt in den beiden Zimmern des Torhauses aufgestellt, die Katalogisierungsarbeiten hatten begonnen. Mit ihr war die am Ort befindliche Arbeitsbibliothek der Wartburg (etwa 500 Bde) vereinigt worden. Von 1961 bis 1965 wurden Teile des Nebe-Nachlasses übernommen, die gesondert aufgestellt sind; 1966 kamen einige für die Wartburg interessante Stücke aus der aufgelösten Carl-Alexander-Bibliothek hinzu. 1967 wurde die Bibliothek im oberen Geschoß der Vogtei in den früheren Reformationszimmern untergebracht, wo sie sich heute noch befindet. Der Bestand wird laufend durch Neuerscheinungen und Antiquariatskäufe ergänzt, seit 1990 zunehmend auf der Grundlage des Schriftentausches.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Die Bibliothek enthält über 8000 Bde. Davon zählen 3186 (40 Prozent) zum historischen Buchbe- stand: 16. Jh 871 (27,3 Prozent), 17. Jh 120 (3,8 Prozent), 18. Jh 256 (8 Prozent), 19. Jh 1939 (60,9 Prozent). Hinzu kommt eine Inkunabel.

2.2 In deutscher Sprache liegen 2883 Bde vor (90,5 Prozent; 16. Jh 720, 17. Jh 76, 18. Jh 216, 19. Jh 1871), in lateinischer 211 (6,6 Prozent; 16. Jh 145, 17. Jh 36, 18. Jh 23, 19. Jh 7), in französischer 37 (1,2 Prozent; 17. Jh 4, 18. Jh 9, 19. Jh 24), in englischer 10 (19. Jh) und in weiteren Sprachen 45 (1,4 Prozent; 16. Jh 6, 17. Jh 4, 18. Jh 8, 19. Jh 27).

Systematische Übersicht

2.3 Die Luther-Bibliothek mit Originaldrucken aus der Reformationszeit und Literatur über Luther und sein Umfeld umfaßt 1645 Bde (51,6 Prozent), von denen etwa die Hälfte (854 Bde) aus dem 16. Jh stammen. Aus dem 17. Jh sind 72 Bde vorhanden, aus dem 18. Jh 104 und aus dem 19. Jh 615.

2.4 Die Sammlung der Lutherdrucke beginnt mit Eyn geystlich edles Buchleynn. von rechter underscheyd und vorstand, was der alt un[d] new mensche sey (Wittenberg 1516), es folgen Die Sieben pußpsalm mit deutscher außlegung (Wittenberg 1517), in beiden Drucken zeichnet " F. Martinus Luder" als Verfasser. Im August 1521 erschien in Wittenberg die Deutsch Außlegu[n]g des sieben un[d] sechtzigste[n] Psalme[s] [68.], den Luther im Mai 1521 auf der Wartburg übersetzte. Der Ratschlag von der Kirchen, eins ausschus etlicher Cardinel, Bapst Paulo des namens dem dritten, auff seinen befelh geschrieben und uberantwortet (Wittenberg 1538) ist mit einer Vorrede Luthers versehen.

2.5 Von der sogenannten Wittenberger Luther-Ausgabe sind die Bände 2-12 (Wittenberg: Rhau, Lufft, Seitz und Klug 1553-1572) vorhanden. Im September 1994 konnte die Sammlung durch eine Ausgabe von Luthers KirchenPostilla (Wittenberg 1562) ergänzt werden. Die darin enthaltene Weihnachtspostille (die sogenannte Wartburgpostille, zuerst 1522 in Wittenberg erschienen) entstand gleichfalls auf der Wartburg.

2.6 Die älteste Bibelausgabe im Bestand ist eine lateinische, mit Marginalien versehene Biblia (ohne Kolophon, Ende 15. Jh). Das Exemplar der Wittenberger Lufft-Bibel von 1541, zu der Lucas Cranach d. J. eine neue Holzschnitt-Titeleinfassung schuf und die mit Holzschnitten, die sehr wahrscheinlich aus der Cranach-Werkstatt stammen, ausgestattet ist, weist handschriftliche Eintragungen von Luther, Melanchthon und anderen Reformatoren auf. Die Bibliothek besitzt auch die Erstausgabe von Luthers Katechismus, Deutsch Catechismus (Wittenberg 1529).

2.7 Die Gruppe " Geschichte, Kulturgeschichte" (447 Bde, 14 Prozent; 17 Jh einer, 18. Jh 14, 19. Jh 432) enthält Literatur über Thüringen, Eisenach und die Burschenschaften. Zur Literatur und Literaturgeschichte sind 291 Bde vorhanden (9,1 Prozent; 18. Jh 13, 19. Jh 278).

2.8 Bei der Nebe-Bibliothek (190 Bde, 6 Prozent; 17. Jh 3, 18. Jh 15, 19. Jh 172) handelt es sich um eine Sammlung zur Regionalgeschichte, zur Wartburg und zur Reformationsgeschichte.

2.9 Die Gruppe Recht (115 Bde; 3,6 Prozent) setzt sich vorwiegend aus Werken des 16. bis 18. Jhs zusammen (16. Jh 16, 17. Jh 38, 18. Jh 58, 19. Jh 3), während die Bestände zur Kunstgeschichte und zum Kunsthandwerk überwiegend aus dem 19. Jh stammen (114 Bde, davon 2 aus dem 18. Jh). Das gleiche gilt für die Literatur zur Wartburg (112 Bde, davon einer aus dem 17. Jh und 7 aus dem 18. Jh.

2.10 Kleinere historische Bestände enthalten die Gruppen Numismatik, Heraldik (59 Bde; 17. Jh 5, 18. Jh 40, 19. Jh 14); Allgemeines, Nachschlagewerke (43 Bde; 18. Jh einer, 19. Jh 42); Hl. Elisabeth (37 Bde; 19. Jh); Musik (37 Bde; 19. Jh); Burgenkunde (34 Bde; 18. Jh 2, 19. Jh 32); Denkmalpflege (33 Bde; 19. Jh) und Waffenkunde (29 Bde; 16. Jh einer, 19. Jh 28).

2.11 Zu den wertvollsten Stücken gehören zwei Pergament-Handschriften: das (nach Ritgen) sogenannte Gebetbuch der Hl. Elisabeth (illuminiert, letztes Drittel des 13. Jhs, wahrscheinlich nordfranzösisch oder maasländisch, aus dem Prämonstratenserinnenkloster Altenberg bei Wetzlar) und eine weitere vom Anfang des 14. Jhs, u. a. mit den sieben Bußpsalmen, geistlichen Sprüchen und Legenden (Herkunft unbekannt). Weiterhin liegt eine Papier-Handschrift (Gebetbuch?) in mitteldeutscher Mundart aus dem 15. Jh vor, u. a. mit der Legende von der Hl. Ursula und den elftausend Jungfrauen (vermutlich auch aus dem Altenberger Kloster).

3. KATALOGE

3.1 Moderne Kataloge

Die Lutherdrucke sind chronologisch aufgestellt. Ein Gesamtkatalog fehlt, ein EDV-gestützter Katalog ist im Aufbau.

3.2 Historische Kataloge

Oesterheld, August: Luthers Schriften in der Carl-Alexander-Bibliothek. Eisenach 1892 (Jahresbericht des Carl-Friedrich-Gymnasiums in Eisenach. 1891/1892; Programm Nr. 670, Beilage)

[verzeichnet Nr. 1-200 der Lutherdrucke aus den Jahren 1516-1523; Fortsetzung für den Zeitraum von 1524-1546 angekündigt, aber nicht erschienen.

Das Exemplar in der Stadtbibliothek Eisenach weist 9 zusätzliche, hschr. ergänzte Titel für 1522 auf.]

Teil-Katalog II der Karl-Alexander-Bibliothek Eisenach. Abteilung: Wartburg-Bibliothek. Jena 1910

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Archiv Wartburg-Stiftung Eisenach: Stiftung Carl-Alexander-Bibliothek. Nr. 53. 1924-1935; Nr. 54. 1935-1955

Schriftwechsel Bibliothek. 1952ff. [Nr. 041]

Carl-Alexander-Bibliothek 1956-1958 [Nr. 041]

Schriftwechsel Nebe-Bibliothek. 1963-1964 [o. Nr.] Stiftungsausschuß-Protokolle. 1954-1959 [Nr. 514]

4.2 Darstellungen

Klemm, Heinrich: Plan der neuen Wartburg-Bibliothek [in Eisenach]. Eingerichtet 1885. Dresden 1885

Baumgärtel, Max; Ritgen, Otto von: Die Bibliothek. In: Die Wartburg. Ein Denkmal deutscher Geschichte und Kunst. Berlin 1907, S. 497-499

Zugwurst, Karl: Die Wartburgbibliothek. In: Wartburgland. Heimat-Beilage der Eisenacher Tagespost (1925) Nr. 111, S. 449-450

Zugwurst, Karl: Die Wartburgbücherei. In: Wartburg-Jahrbuch 5 (1927) S. 50-52

Malberg, Wilhelm: Fünfzig Jahre Wartburg-Bibliothek (1883-1933). In: Wartburg-Jahrbuch 11 (1933) S. 69-75

Brunner, Reinhold: " Verschwundene Bücher". Zur

Geschichte der Eisenacher Carl-Alexander-Bibliothek. In: Eisenach-Jahrbuch 1 (1992) S. 62-76

Wenke, Ursula: Kurzer Abriß zur Geschichte der Wartburg-Bibliothek. In: Wartburg-Jahrbuch 2 (1993) S. 181-194

Stand: Dezember 1993

Ursula Wenke

Felicitas Marwinski


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.